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Titelregister zu:

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Elbląg - Elbing

Elbląg [ˈɛlblɔŋk] (deutsch Elbing) ist eine kreisfreie Stadt in der Woiwodschaft Ermland-Masuren im nördlichen Polen nahe der Ostseeküste im früheren Ostpreußen (bis 1920 Westpreußen). Die Stadt hat fast 130.000 Einwohner und ist seit 1992 Sitz einer katholischen Diözese.

Geographische Lage

Elbląg liegt rund 55 Kilometer ost-südöstlich von Danzig am Südwestrand der Elbinger Höhe in der Elbinger Niederung nahe der Mündung von Elbing und Nogat in das Frische Haff. Bis 1945 führte die Reichsstraße 1 durch die Stadt, auf deren Trasse heute die Droga krajowa 22, die Droga wojewódzka 500 und die Droga wojewódzka 504 angelegt sind.

Geschichte

Die Stadt wurde im Jahre 1237 als Elbing in Pogesanien, damals Teil des Deutschordenslandes, nahe dem altpreußischen Handelsort Truso an der Bernsteinstraße, gegründet.[2][3] Diesen Ort Truso am Flusse Ilfing erwähnt schon der angelsächsische Reisende Wulfstan im Jahre 900. 1241 erhielt Elbing das Stadtrecht nach Lübischem Recht.

Elbing war zusammen mit Danzig und Thorn (Toruń) eine der führenden Hansestädte im östlichen Mitteleuropa.

Unter dem Deutschen Orden

Schon bevor der Deutsche Orden nach Preußen kam, hatten Lübecker Kaufleute in Elbing mit dem Bau einer Handelssiedlung begonnen. Vor 1238 wurde die Stadtpfarrkirche St. Nikolai erbaut. 1238 ließ Landmeister Hermann von Balk die Liebfrauenkirche und ein Dominikanerkloster errichten. Bis 1246 erfolgte große Einwanderung von Neubürgern, die vor allem aus Lübeck stammten. Elbing erhielt Lübisches Recht sowie das Privileg, seine eigene Münze zu schlagen. In den Jahren 1251 bis 1309 war Elbing die stellvertretende Hauptstadt des Ordensstaates (Hauptstädte waren damals Akkon und später Venedig) und Sitz der Landmeister von Preußen und des Großspittlers, gleichzeitig Residenz des ermländischen Bischofs Anselm, der hier 1274 starb. In diesem Zeitraum erwarben die Elbinger große Handelsprivilegien bei den Königen von Polen, den Herzögen von Pommern, den skandinavischen Herrschern und sogar bei König Philipp IV. von Frankreich.

Die Kirche zum Heiligen Jakob (Filiale der Stadtpfarrkirche) entstand 1256. Die Corpus-Christikirche mit einem Aussätzigenhospital wurde 1292 erbaut. Der Orden erbaute 1300 die Befestigungen der Stadt mit 14 Wehrtürmen. Gleichzeitig entstanden neue Vorstädte außerhalb der Stadtmauer. 1314 wurde der Elbinger Stadtturm erbaut. Ab 1350 beteiligte sich die Elbinger Flotte an den Kämpfen der Hanse gegen norwegische und dänische Seeräuber in der Ostsee. Die Pest wütete 1360 in Elbing: etwa 13.000 Einwohner starben (etwa 90 %).

1367 trat Elbing mit Kulm (Chełmno) und Thorn (Toruń) der Kölner Konföderation bei. Die Kirche zur Heiligen Brigitta von Schweden wurde nach 1379 erbaut. 1397 entstand der Eidechsenbund: der Aufstand des Adels und der Städte gegen die Herrschaft des Ordens begann. Nach der Schlacht bei Tannenberg wurde Elbing acht Wochen lang von polnischen Truppen besetzt. Polnische Truppen belagerten 1414 das Elbinger Ordensschloss, jedoch ohne Erfolg.

Die preußischen Handelsstädte, unter ihnen Elbing, und das Rittertum des Landes bildeten 1440 den Preußischen Bund, der gegen die Herrschaft des Ordens gerichtet war und einen Anschluss an Polen-Litauen als wünschenswert ansah.

Unter dem Schutz der polnischen Krone

1440 hatten die preußischen Hansestädte Elbing, Danzig und Thorn den Preußischen Bund geschlossen. 1452 ließen sich die Preußischen Städte ihre Rechte und Privilegien von Kaiser Friedrich III. bestätigen, damit diese nicht vom Deutschen Orden geschmälert würden.

Die Bürger Elbings nahmen 1453 an der Belagerung des Ordensschlosses durch die Polen teil und zerstörten das Schloss nach dessen Kapitulation. Die Ruinen des Schlosses wurden 100 Jahre später abgetragen. Ein Teil steht bis heute. Die Stadt huldigte 1454 dem Jagiellonen Polenkönig Kasimir IV. als Schutzherrn. Er und seine Nachfolger bestätigten der Stadt sämtliche alten Privilegien und verliehen viele neue. Der Städtekrieg innerhalb Preußens („Dreizehnjähriger Krieg“) für und gegen den Orden beginnt. Im Zweiter Thorner Friede von 1466 musste der Orden Pommerellen, das Culmer Land und Ermland, sowie Danzig, Elbing und Marienburg an Polen abtreten und das Preußen königlichen Anteils entstand. Für den Rest des Ordenslandes musste der Orden die polnische Oberhoheit anerkennen, dieses Land nannte man ab 1525 Herzogtum Preußen, polnisch: Prusy Ksiazece. Dieses wurde weder vom Papst noch vom Kaiser anerkannt, der 1530 einen neuen Hochmeister, Walter von Cronberg, seit 1526 Administrator Preußens, auf dem Reichstag von Augsburg mit dem Land Preußen belehnte.

Die Alte und die Neue Stadt, seit 1477 Stadtrepubliken, schlossen sich 1478 zusammen. Das Heer des letzten Hochmeisters Albrecht von Brandenburg-Ansbach belagerte 1521 vergeblich die Stadt, die Elbinger Bürger bleiben dem Preußischen Bund unter Hilfe der polnischen Krone treu. Dieser Siegestag wurde mehrere Jahrhunderte am ersten Freitag nach Sonntag Laetare als „Freudetag“ in der Stadt gefeiert.

1536 wurde das erste evangelische Gymnasium von Willem van de Voldersgraft bzw. Wilhelm Fullonius, einem Glaubensflüchtling aus Den Haag, eingerichtet. Christoph Hartknoch beschrieb in seiner Acta Borussica III dessen Leben oder Vita Guilielmi Gnaphei. In Hartknochs Arbeiten findet man auch die preußischen Städte einschließlich Elbing. Der Rektor des Elbinger Gymnasiums musste auf Grund des Erlasses des katholischen Fürstbischofs von Ermland Elbing verlassen und wurde dann Rat des Herzogs Albrecht von Preußen und Rektor und Professor der Universität Königsberg. 1576 bestätigte König Stephan Báthory das Privileg der protestantischen Schule, die bis zum Direktorat Süverns 1803 einen akademischen Anspruch hatte.

Um 1550 sicherte König Sigismund II. August der protestantischen Stadt Elbing die volle Religionsfreiheit zu. und die Kirche St. Annen entsteht. Die Lutheraner übernehmen 1577 die Nikolaikirche und somit sind auch Kirchenbücher mit Eintragungen der Elbinger Taufen, Heiraten, Tote seit dieser Zeit vorhanden. Ab 1579 unterhielt die Stadt enge Handelsbeziehungen zu England, das freien Handel in Elbing ausüben konnte. Viele englische und schottische Kaufleute kamen und wurden Bürger der Stadt Elbing. Sie organisierten sich in der Fellowship of Eastland Merchants. Die Church of Scotland gründet die Bruderschaft der Schottischen Nation in Elbing. Familiengräber mit Namen Ramsay, Slocombe konnte man noch bis 1945 auf dem St.-Marien-Friedhof in der Altstadt Elbings finden. Andere Familien aus diesem Kreis waren die Lamberts, Paynes, Lardings, Wilmsons unter anderen. Der Aufruhr der Danziger gegen König Stephan Báthory von Polen wurde 1580 von den Elbingern, die dem König treu bleiben, geschickt ausgenützt. Nun spielte Elbing eine Schlüsselrolle im polnischen Überseehandel. Durch die Nogat, die damals tiefer war als die Weichselmündung bei Danzig, ging der ganze polnische Getreideexport nach Westeuropa und der ganze Import der westlichen Luxuswaren bis weiter nach Polen.

Die Stadt zählte 1594 30.000 Einwohner, und der Umsatz von Waren, die von Elbinger Kaufleuten in diesem Jahre verkauft wurden, erreichte die für damalige Zeiten hohe Summe von 1.247.850 Talern. Die Stadtpfarrkirche wurde 1617 dem katholischen Klerus zurückgegeben.

Schwedische Kriege und Ende der polnischen Adelsrepublik

Um 1620 trat die Stadt wegen der starken Englandverbindungen aus der Hanse aus. 1625 folgte ein neuer Ausbruch der Pest in der Stadt. 3.608 Menschen sterben. Die Truppen des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf nahmen 1626 die Stadt ein und hielten sie bis 1635 als Hauptquartier im Kampf zur Unterstützung der Evangelischen gegen die Katholischen im Dreißigjährigen Krieg. Der schwedische König setzte seinen Vertrauten und Reichskanzler Axel Oxenstierna in Elbing als Generalgouverneur für die neuen schwedischen Besitzungen ein. Dieser führte von 1626 bis 1631 neben den regionalen Geschäften auch einen Teil seiner nationalen Aufgaben von Elbing aus. In den erhaltenen etwa 1500 Briefen Oxenstiernas aus Elbing spiegeln sich militärische, ordnungs-, wirtschafts- und außenpolitische Themen der Zeit. Die Schweden nahmen Preziosen, Möbel, Bücher als Kriegsbeute und schickten die Beute in ihre Heimat.

1646 dokumentierte der Elbinger Stadtschreiber Daniel Barholz, dass der Elbinger Stadtrat Bernsteindreher (Paternostermacher) anstellt. Spätere Mitglieder der Familie Barholz wurden Stadtrat, Bürgermeister und Barockdichter; vgl. Daniel Bärholz. Die Verarbeitung von Bernstein (preußisches Gold) war mit die wichtigste „Industrie“ jener Zeit, nicht nur zu Schmuck und kirchlichen Artikeln, sondern als Heilmittel und zur Fabrikation zum Polierlack. Die Gildemitglieder der Paternostermacher unterstanden besonderen Gesetzen. 1655 bis 1660 war eine zweite schwedische Okkupation Elbings während des Polnischen Krieges des Königs Karl X. Gustav. Er verfährt auf dieselbe Weise wie sein Onkel Gustav Adolf. Der Polenkönig Johann II. Kasimir verpfändete Elbing 1657 an den Großen Kurfürsten für die Summe von 400.000 Talern.

Kurfürst Friedrich III., der spätere König Friedrich I. von Preußen, nahm die Stadt 1698 in Besitz, da die obige Summe nicht zurückgezahlt worden war. Polen stellte 1700 die polnischen Reichskleinodien als Sicherheit für die Schuld bei Brandenburg. Friedrich III. gab die Stadt an den König zurück. Obwohl die Schuld auf 300.000 Taler herabgesetzt worden war, hat Brandenburg im Jahre 1703 noch immer keine Zahlung erhalten; Friedrich III. ergriff aufs Neue den Besitz der Stadt, wurde aber noch im selben Jahre von Karl XII. von Schweden verjagt. Die schwedische Okkupation dauerte bis 1709. Die Stadt musste eine riesige Kontribution zahlen, wurde aber trotzdem geplündert und in Brand gesetzt.

Die Russen okkupierten 1710 bis 1712 die Stadt und raubten den verbliebenen Schweden ihre reiche Beute. Die Stadt kam 1713 zur Krone Polens (Kurfürst von Sachsen) zurück und wurde bis 1734 von sächsischen und russischen Truppen besetzt gehalten. Die Stadt huldigte 1734 dem König von Polen August III., der durch den Marienburger Woiwoden von Hutten-Czapski vertreten war. Elbing und Danzig waren von Russen und Sachsen belagert. Die Einwohnerangaben, Taufen, Heiraten, Tote, wurden vom Erzbischof von Köln, der gleichzeitig Hochmeister des Deutschen Ordens war, dokumentiert.

Der kaiserliche Mathematiker und Geograf Johann Friedrich Endersch vollendete 1755 eine Karte Ermlands mit dem Titel Tabula Geographica Episcopatum Warmiensem in Prussia Exhibens. Diese Karte zeigt Stadt und Land Elbing westlich des Ermlandes und jedes Dorf in der Gegend. Diese Karte von 1755 zeigt auch den Namen 'Prussia Orientalis (auf deutsch: Ostpreußen). Endersch fertigte ebenfalls einen Kupferstich des Segelschiffes (Galiot), benannt D.Stadt Elbing (D=der Erbauer), später auch als Die Stadt Elbing bekannt, welches 1738 in Elbing erbaut wurde. Während des Siebenjährigen Krieges wurde die Stadt 1758 von russischen Truppen okkupiert und bis 1762 besetzt gehalten. 1772 folgte die Wiedervereinigung aller Teile Preußens, (die sogenannte Erste Teilung Polens), Elbing kam an das Königreich Preußen.

Unter der königlich-preußischen Krone

Ab 1775 erholte sich Elbing langsam von den Schrecken der Kriege und der Okkupationen. Friedrich II. unterstützte Elbing durch viele Steuererleichterungen und der Handel fing wieder an, zu blühen. Napoléons Truppen besetzten 1807 Elbing und erzwangen innerhalb von vier Tagen eine Kontribution von 200.000 Talern. Am 8. Mai 1807 kam Napoléon I. nach Elbing und hielt eine große Truppenparade ab. Vom Dezember 1812 bis Januar 1813 musste die Stadt nach seinem gescheiterten Russlandfeldzug 60.000 zurückflutende französische Mannschaften, 8.000 Offiziere und 22.000 Pferde ernähren.

Nach den Stein-Hardenbergschen Verwaltungsreformen war Elbing ab 1815 Teil des Kreises Elbing im Regierungsbezirk Danzig der Provinz Westpreußen. Elbing blieb bis 1945 Verwaltungssitz dieses Landkreises, wurde aber 1874 ein Stadtkreis (kreisfreie Stadt) und unterstand seither nicht mehr der Zuständigkeit des Landratsamts.

Industrialisierung und Verkehrswegebau bestimmten das Schicksal der Stadt im 19. Jahrhundert. 1828 wurde in Elbing das erste Dampfschiff Ostpreußens gebaut. 1837 werden die Schichau-Werke gegründet. 1840 bis 1858 wurde der Oberländische Kanal zwischen Deutsch Eylau, Osterode und Elbing vom königlich Preußischen Baurat Georg Steenke gebaut. Am 23. Oktober 1844 erfolgte die Gründung der Baptistengemeinde Elbing. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts verfügten die im Hafen von Elbing vertretenen Reeder über 14 Handelsschiffe.[4] 1853 wurde die Eisenbahnlinie nach Königsberg fertiggestellt. 1858 bis 1918 erfolgte ein großer wirtschaftlicher Aufschwung der Stadt. Die Stadt hatte viele Fabriken: die Schichau-Werke, die jetzt auch unter anderem Lokomotiven herstellen, die Zigarrenfabrik Loeser & Wolff, eine große Brauerei und Schnapsbrennerei, eine Schokoladefabrik, eine Autofabrik, Komnick und viele andere Betriebe. In der Industriestadt Elbing erhielt die SPD stets die Mehrheit der Wählerstimmen, bei den Reichstagswahlen 1912 sogar 51 %. Laut der preußischen Volkszählung von 1905 waren in den Kreisen Elbing Stadt und Elbing Land 94.065 Personen deutschsprachig und 280 Personen polnisch- bzw. kaschubischsprachig.

Weimarer Republik und Drittes Reich

In der Stadt befanden sich im Jahre 1918 Bücherschätze von europäischem Rang. Das im 17. Jahrhundert gegründete Stadtarchiv besitzt viele wertvolle Pergamente aus dem 13. Jahrhundert und wertvolle historische Sammlungen aus dem 15. Jahrhundert. Die Bibliothek am Gymnasium (15.000 Bände) besitzt unter anderem ein polnisches Gesetzbuch aus dem 13. Jahrhundert. Die Bibliothek an der Nikolaikirche (gegründet vor 1403) besitzt 23 alte Handschriften und 1.478 alte theologische Werke. Die Bibliothek an der Marienkirche besitzt eine Sammlung von Musikbüchern – 520 Werke aus der Zeit vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Die Stadtbibliothek (gegründet 1601) hat die wertvollste Sammlung: 30.000 Bände, darunter 214 Handschriften, 123 Inkunabeln und 770 Landkarten. Das Stadtmuseum beherbergt die ehemalige Bibliothek der Dominikaner, unter anderem 50 Handschriften und 15 Inkunabeln. Alle diese Bücherschätze sind seit 1945 verschollen.

Aufgrund der Bedingungen des Versailler Vertrags musste Deutschland 1920 den größten Teil Westpreußens an Polen und die ethnisch deutsche, politisch aber von Polen abhängige Freie Stadt Danzig abtreten. Die westlich der Nogat gelegenen Teile des Landkreises fielen an den neuen Danziger Staat. Die Stadt Elbing gehörte zu den Gebieten, die bei Deutschland bleiben konnten und wurde nach Auflösung der Provinz Westpreußen an das benachbarte Ostpreußen angegliedert. Die neu hinzugekommenen westpreußischen Gebiete bildeten dort den Regierungsbezirk Westpreußen, dessen Verwaltungssitz sich in Marienwerder befand, in dem Elbing jedoch die größte Stadt war.

Die Weltwirtschaftskrise nach 1929 beeinflusste Elbings Situation sehr ungünstig. In den Jahren der Weimarer Republik war Elbing eine Hochburg der KPD. Die auf Deutschlands Aufrüstung eingerichtete Politik der NSDAP brachte ab 1933 einen großen wirtschaftlichen Aufschwung für Elbing, hauptsächlich durch den Ausbau der Schichau-Werke, den Bau einer Flugzeugfabrik und die Eröffnung vieler neuer Schulen. 1937 hatte die Stadt 76.000 Einwohner. Elbing fiel 1939 an den Regierungsbezirk Danzig im Reichsgau Danzig-Westpreußen. Während des Zweiten Weltkrieges wurden in Elbing fünf Arbeitslager für vor allem polnische Zwangsarbeiter errichtet, die dem KZ Stutthof als Außenlager unterstellt waren. Außerdem gab es im Kreis Elbing 15 weitere Zwangsarbeitslager, die für die Rüstungsproduktion arbeiteten.

Um den 23. Januar 1945 begann die Belagerung Elbings durch die Rote Armee. Die Stadt mit ihrer strategisch wichtigen Lage wurde bis zum 10. Februar hartnäckig verteidigt. Am Ende lagen 60 Prozent der Gebäudesubstanz der Stadt in Trümmern (insgesamt 5.255 Gebäude). Alle Baudenkmäler waren stark beschädigt, nur sechs Häuser in der Altstadt blieben stehen, darunter das Kramer-Zunfthaus und das Postamt. Etwa 5.000 deutsche Soldaten fielen, viele Zivilisten ertranken im Frischen Haff während der panischen Flucht aus der belagerten Stadt.

Volksrepublik Polen

Bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges hatte die bis dahin zum Deutschen Reich gehörende Stadt rund 100.000 vorwiegend evangelische Einwohner deutscher Nationalität. Nachdem die Stadt im Frühjahr 1945 unter polnische Verwaltung gestellt wurde, erhielt sie die polnische Bezeichnung Elbląg. Die deutschen Einwohner wurden fast vollständig vertrieben.

Die ersten Vertreter der kommunistischen Behörden erschienen im März 1945 in Elbing. Sämtliche Maschinen in den Fabriken, die unzerstört blieben – zum Beispiel in den Schichau-Werken – wurden zwischen 1945 und 1946 demontiert und in die Sowjetunion abtransportiert. Auch Küchenherde, Kachelöfen, Badewannen, Junkers-Öfchen, Türschlösser und -klinken aus unzerstörten Privathäusern wurden dorthin verbracht. Zwischen 1946 bis 1947 erfolgte die Vertreibung der verbliebenen deutschen Bevölkerung, vor allem in die britische Besatzungszone Deutschlands. Gleichzeitig begann die Ansiedlung von Polen, die aus ihrer Heimat östlich des Bug umgesiedelt wurden bzw. im Rahmen von Auslobungsverfahren aus Zentralpolen geworben wurden. Die sowjetischen Militärbehörden gaben 1946 den Seehafen an die polnische Stadtverwaltung. Da die Ausfahrt zur Ostsee bei Baltijsk (Pillau) nunmehr unter sowjetischer Kontrolle stand, war die Nutzung des Hafens nur sehr eingeschränkt möglich.

1948 hatte die Stadt 40.000 Einwohner. Ab 1950 begann der Wiederaufbau der Elbląger Industrie. Elbląg wurde wieder zu einem wichtigen Zentrum der Maschinen- und Transportindustrie, außerdem besitzt die Stadt Holz-, Lebensmittel- und Textilindustrie. Die Stadt hatte 1962 81.400 Einwohner. Viele Bewohner von Elbląg beteiligten sich 1970 zusammen mit Bürgern in Danzig und Stettin am Aufstand gegen die kommunistische Regierung in Polen. Elbląg wurde im Zuge der Polnischen Verwaltungsreform 1970 Hauptstadt der gleichnamigen Woiwodschaft. Die Streiks im August 1980 führten zum Aufbau der freien Gewerkschaft Solidarność unter Beteiligung vieler Einwohner Elblągs.

Dritte Polnische Republik

Ab 1990 wurde die Altstadt unter Verwendung historistischer Bauformen, wie spitze Giebel zur Straße, Fachwerkimitation wieder aufgebaut. Nach dem Jahr 2000 stehen wieder viele Gebäude nahe, aber nicht direkt an der Elbląger „Waterkant“. Die Stadt wurde 1992 zum Sitz eines katholischen Bistums erhoben, das zum neugeschaffenen Erzbistum Ermland gehört. Der Hafen bekam 1994 seine Rechte als Seehafen mit eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten zurück, da die Ausfahrt zur offenen Ostsee unverändert über russisches Hoheitsgebiet durch die Pillauer Meerenge in der Frischen Nehrung verläuft.

Elbląg verlor bei der Verwaltungsreform 1998 seinen Rang als Hauptstadt einer Woiwodschaft, gehört seitdem zur von Olsztyn (Allenstein) aus verwalteten Woiwodschaft Ermland-Masuren und ist dort wieder Stadtkreis und Sitz der Kreisverwaltung für den Powiat Elbląski. Die Stadt erhielt 1999 den EU-Preis für Umweltpflege. Die Stadt erhielt 2000 die internationale Auszeichnung „Europäische Fahne“.

Sehenswürdigkeiten

  • Ehemalige Stadtpfarrkirche St. Nikolai, heute Dom zum Heiligen Nikolaus (gotisch, 13. bis 15. Jahrhundert, umgebaut im 18. Jahrhundert)
  • St. Marien Kirche zur Heiligen Jungfrau Maria, (gotisch, 13. bis 16. Jahrhundert), wiederaufgebaut 1960 bis 1982, heute Kunstgalerie Galeria EL, ehemalige Dominikanerkirche
  • Dominikanerkloster (gotisch, von 1238), Ruine
  • Corpus-Christi-Kirche (gotisch, um 1400), heute Zentrum der christlichen Kultur
  • Kirche zum Heiligen Geist mit dem Hospital (gotisch, 14. Jahrhundert), heute Stadtbibliothek
  • Dorotheenkirche, Fachwerkbau, um 1705, Barock
  • Einige erhaltene oder wiederaufgebaute Bürgerhäuser mit gotischen, Renaissance- und barocken Ornamenten (14. bis 17. Jahrhundert)
  • Das Markttor (gotisch, 1314)
  • Gotischer Speicher
  • Fragmente der gotischen Bauten des Schlossvorhofs (13. Jahrhundert) und der Stadtmauer (13. Jahrhundert)
  • Denkmal der Opfer des antikommunistischen Aufstandes von 1970
  • Unweit der Stadt: Schlosshotel Cadinen, polnisch Kadyny bei Tolkemit, bis 1945, seit 1899 Besitz des preußischen Königshauses. Hier verbrachte der Kaiserenkel und spätere Chef des Hauses Hohenzollern, Prinz Louis Ferdinand von Preußen die Kriegsjahre zusammen mit seiner Familie. Die vom letzten Kaiser Wilhelm II. gegründete Majolikamanufaktur ist wieder in Betrieb.
  • Die Siedlung Truso bei Hansdorf am Draussensee (Nachbau).

Politik

Städtepartnerschaften

Elbląg unterhält mit 13 Städten Partnerschaften:

  • Leer, Niedersachsen
  • Kaliningrad, Russland
  • Baltijsk, Russland
  • Ronneby, Schweden
  • Druskininkai, Litauen
  • Liepāja, Lettland
  • Nawahradak, Weißrussland
  • Ternopil, Ukraine
  • Compiègne, Frankreich
  • Trowbridge, Vereinigtes Königreich
  • Coquimbo, Chile
  • Baoji, China
  • Tainan, Taiwan

Wirtschaft und Infrastruktur

Fernverkehr

Elbląg liegt an den Droga krajowa 7 (ehemalige deutsche Reichsstraße 130) (Danzig–Warschau) und 22 (ehemalige Reichsstraße 1 nach Gorzów Wielkopolski (Landsberg an der Warthe) bzw. Kaliningrad (Königsberg (Preußen)) sowie am Abschnitt Malbork–Braniewo–Mamonowo (Marienburg–Braunsberg–Heiligenbeil) der ehemaligen Preußischen Ostbahn. Über ebendiese besteht eine tägliche Direktverbindung von Gdynia (Gdingen) über Elbing nach Kaliningrad Pass (Königsberg Hbf).

Für den Schiffsverkehr wurde im Juni 2006 ein neuer Seehafen am Fluss Elbląg in Betrieb genommen, in dem jährlich bis zu 750.000 Tonnen Güter umgeschlagen werden können. Der Hafen ist auch für den Personen- und Autofährverkehr auf der Ostsee vorgesehen. Des weiteren wurde der Jachthafen modernisiert. Elbląg verfügt jedoch über keinen freien Zugang zur Ostsee, der Schifffahrtsweg führt über das Frische Haff (polnisch Zalew Wislany, russisch Kaliningradski Zaliw) durch russische Hoheitsgewässer (Oblast Kaliningrad). Im Mai 2006 wurde dieser Weg von russischer Seite für den internationalen Verkehr gesperrt. Um diesem Problem aus dem Weg zu gehen, gibt es die Idee, einen Kanal durch die Frische Nehrung (polnisch Mierzeja Wiślana) zur Ostsee zu bauen.

Wirtschaft

Die ehemaligen Schichau-Werke wurden 1945 in ELZAM umbenannt und gehören seit 1990 zum Asea Brown Boveri-Konzern (heute Alstom). Der Betrieb produziert Turbinen und Elektromotoren. Die Brauerei Elbrewery (Marke EB) ist der zweitgrößte Arbeitgeber der Stadt. Außerdem besitzt die Stadt bedeutende Transportmittelindustrie, eine Schiffswerft, Milch-, Fleisch-, Leder-, Textil- und Möbelindustrie.

Kunst im öffentlichen Raum

Bewohner und Besucher der Stadt treffen an Straßen und Plätzen auf Skulpturen polnischer und internationaler Künstler und Künstlerinnen. Seit 1965 die erste Biennale der „Räumlichen Formen“ stattfand, sind zahlreiche bleibende Werke entstanden, die das Stadtbild von Elbląg mitprägen.

Prominenteste Teilnehmerin der ersten Biennale war Magdalena Abakanowicz mit der Stahlplastik „Standing Shape“. 1973 fanden die Ausstellungen erst einmal ein Ende. Seit 1986 gibt es sie wieder.

Eine wichtige Rolle bei der Durchführung der Biennale spielt die „Galeria-EL“, (Pani Marii), die sich in dem Gebäude der ehemaligen St.Marien Kirche, der ältesten Kirche Elbings, befindet. Diese war früher eine Dominikaner Kirche aus dem 13. Jahrhundert. Bis 1945 evangelische Kirche, wurde sie in polnischen Elbląg nach 1945 nicht mehr als Kirche benutzt. In der Galerie kann der Besucher Bilder und Skulpturen zeitgenössischer Künstler betrachten, die neben Grabplatten und Grabinschriften des ehemaligen St. Marien Kirche ausgestellt sind und an die Verdienste ehemaliger Adels- und Kaufmannsfamilien, Stadtpatrizier und Geistlicher erinnern.

Bildung

In Elbląg wirken heute folgende Lehranstalten:

  • Staatliche Fachhochschule zu Elbląg (Państwowa Wyższa Szkoła Zawodowa w Elblągu) mit den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften, Anwendungsorientierte Informatik, Bildungswissenschaften und Fremdsprachen und Technische Wissenschaften. Im Ranking der überregionalen Tageszeitung Rzeczpospolita eine der besten Fachhochschulen des Landes (2005 – erster Platz, 2006 – dritter Platz).
  • Höheres Priesterseminar
  • Hochschule für Geistes- und Wirtschaftswissenschaften (EUHE)
  • Bogdan-Janski-Hochschule für Wirtschaftswissenschaften

Sport

Der Fußballverein Olimpia Elbląg spielt in der 3. Polnischen Liga.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Georg Kleefeld (1522–1576), Danziger Bürgermeister
  • Hans von Bodeck (1582–1658), Diplomat und Kanzler des Kurfürsten von Brandenburg-Preußen
  • Samuel Hartlib (1600–1662), deutsch-englischer Wissenschaftler und Pädagoge
  • Friedrich Hoffmann (Elbing) (1627–1673), Poet, Rektor am Elbinger Gymnasium
  • Peter Sohren (~1630 - ~1692), Kirchenmusiker, Kantor und Lehrer am Elbinger Gymnasium
  • Daniel Bärholz (1641–1688), Elbinger Ratsherr, Dichter
  • Christoph Porsch (1652-1713) Elbinger evangelisch-lutherischer Theologe und geistlicher Dichter
  • Christian Wernicke (1661–1725), Epigrammatiker
  • Johann Ernst Schubert auch: Drusus Pruthenicus Westen (1717-1774) deutscher evangelischer Theologe
  • Gottfried Achenwall (1719–1772), Historiker und Jurist
  • Johann Heinrich Ammelung (1746–1796), Historiker
  • Wilhelm Baum (1799–1883), Mediziner und erster Ehrenbürger der Stadt Danzig
  • Ferdinand Schichau (1814–1896), Gründer der Schichau-Werke in Elbing und Danzig
  • Wilhelm Eduard Albrecht (1800–1876), Jurist, gehörte den Göttinger Sieben an
  • Bruno Erhard Abegg (1803–?), Politiker, Jurist, Polizeipräsident von Königsberg
  • Johann Benjamin Groß (1809–1848), Violoncellist
  • Hieronymus Truhn (1811–1886), Komponist
  • Armin Wegner (1840–1917), Architekt
  • Hugo Weiss (1842–?), Theologe
  • Albrecht Wernich (1843–?), Mediziner
  • Berthold Adolph Benecke (1843–?), Mediziner
  • Hermann Baumgart (1846–?), Literarhistoriker
  • Franz Komnick (1857–1938), Gründer der Komnick Automobilwerke
  • Max Georg Zimmermann (1861–1919), Kunsthistoriker
  • Max Gabriel (1861-1942), Komponist und Dirigent
  • Julius Levin (1862-1935), Mediziner, Schriftsteller und Geigenbauer
  • Reinhold Felderhoff (1865–1919), Bildhauer
  • Hans Goltz (1873–1927), Kunsthändler und Pionier der modernen Kunst
  • Paul Emil Gabel (1875–1938), Kunstmaler und Zeichner
  • Fritz Litten (1875-1940), Jurist und Hochschullehrer in Königsberg
  • Paul Fechter (1880–1958), Theaterkritiker, Redakteur und Schriftsteller
  • Georg Bessau (1884–1944), Mediziner
  • Hans Boltz (1883–?), Geodät
  • Albrecht Schaeffer (1885-1950), Schriftsteller
  • Lotte Pulewka (1893–1966), Sozialistin
  • Paul Pulewka (1896–1989), Pharmazeut und Toxikologe
  • Alfred Arndt (1896–1976), Architekt und Bauhausmeister
  • Max Reimann (1898–1977), Mitglied des Deutschen Bundestags, Vorsitzender der KPD bis 1956
  • Erich Brost (1903–1995), Redakteur
  • Hellmut Draws-Tychsen (1904–1973), Schriftsteller
  • Ulrich Grunwald (1928–2007), Priester und Ehrenkanoniker des Bistums Elbląg
  • Tilly Boesche-Zacharow (* 1928), Schriftstellerin
  • Horst-Günter Gregor (1938–1995), deutscher Schwimmsportler, er gewann u.a. drei Silbermedaillen bei Olympischen Sommerspielen
  • Ursula Karusseit (* 1939), Schauspielerin
  • Marie-Luise Salden (* 1939), Bildende Künstlerin und Museumspädagogin
  • Bernd Neumann (* 1942), Mitglied des Deutschen Bundestags, Kulturstaatsminister Deutschlands seit 2005
  • Ortwin Runde (* 1944), Mitglied des Deutschen Bundestags, Bürgermeister von Hamburg 1997 bis 2001
  • Adam Giersz (* 1947), Minister für Sport und Tourismus
  • Zenon Licznerski (* 1954), Leichtathlet und Olympiamedaillengewinner
  • Tadeusz Naguszewski (* 1954), Mediziner und Politiker
  • Piotr Wadecki (* 1973), Radrennfahrer
  • Radosław Wojtaszek (* 1987), polnischer Schachgroßmeister

Weitere mit der Stadt in Verbindung stehende Persönlichkeiten

  • Anselm (Bischof) - 1278 in Elbing, Bischof von Ermland
  • Ambrosius Feierabend, (ca.1490–1553?), Pfarrer und Reformator
  • Johannes Duraeus, (1595–?), Prediger der englischen Gemeinde
  • Johann Friedrich Endersch (1700–1769)
  • Johann Ludwig Hinrichs (1818–1901), Mitbegründer der deutschen Baptistengemeinden
  • Max Toeppen (1822-1893), Historiker, war 1882-1893 Rektor des Gymnasiums von Elbing
  • Leonhard Neubaur (1843–1917), Historiker, Bibliothekar und Stadtarchivar
  • Fritz Wildhagen (1878–1956), Maler
  • Kurt Wildhagen (1871–1949), Schriftsteller

Landgemeinde

Die Stadt Elbląg ist Verwaltungssitz der gleichnamigen Landgemeinde Elbląg, gehört ihr aber als eigenständige Stadtgemeinde nicht an. Die Landgemeinde Elbląg ist Teil des Powiat Elbląski bildet einen Gürtel um die kreisfreie Stadt Elbląg. Die Gemeinde zählt 6.463 Einwohner (31. Dez. 2006) auf einer Fläche von 191 km² und gliedert sich in folgende 24 Ortsteile:

  • Adamowo (Ellerwald II. Trift)
  • Cieplice
  • Czechowo (Böhmischgut)
  • Dłużyna (Langenreihe)
  • Drużno (Drausenhof)
  • Gronowo Górne (Grunau)
  • Janowo (Ellerwald IV. Trift)
  • Kazimierzewo (Ellerwald III. Trift)
  • Kępa Rybacka (Fischerskampe)
  • Kępiny Wielkie (Zeyersniederkampen)
  • Komorowo Żuławskie (Kämmersdorf)
  • Myślęcin (Meislatein)
  • Nowakowo (Terranova)
  • Nowina (Neuendorf auf der Höhe)
  • Nowe Batorowo
  • Nowotki (Neuhausen)
  • Pilona (Plohnen)
  • Przezmark (Preußisch Mark)
  • Raczki Elbląskie (Unter Kerbswalde)
  • Sierpin (Zerpien)
  • Tropy Elbląskie (Troop)
  • Weklice (Wöcklitz)
  • Węzina (Weeskendorf)
  • Władysławowo (Ellerwald I. Trift)

Die Landgemeinde umfasst weitere 13 Dörfer, die nicht den Status eines Ortsteils (sołectwo) haben, wie Dąbrowa (Damerau), Janów (Hansdorf), oder Rubno Wielkie (Groß Röbern).

Partnergemeinden der Landgemeinde Elbląg sind Barßel in Niedersachsen seit 2001 sowie Chechelnyk in der Ukraine seit 2004.[5]

Verweise

Literatur

  • Historia Elblaga. 6 Bände. Gdansk 1993–2006
    • Stanislaw Gierszewsky, Andrezej Groth (Hrsg.): Historia Elblaga. Bd. 1: do 1466r. Wydawnictwo Marpress, Gdansk 1993, ISBN 83-85349-25-1
    • Andrzej Groth (Hrsg.): Historia Elblaga. Bd. 2.1: 1466–1626. Wydawnictwo Marpress, Gdansk 1996, ISBN 83-85349-67-7
    • Krystina Greczychom (Bearb.): Historia Elblaga. Bd. 6: Bibliografia Elblaga. Wydawnictwo Marpress, Gdansk 2006, ISBN 83-89091-75-5.
  • Edward Carstenn: Geschichte der Hansestadt Elbing. 2. Auflage. Verlag von Leon Sauniers Buchhandlung, Elbing 1937.
  • Heinrich Gottfried Philipp Gengler: Codex iuris municipalis Germaniae medii aevi. Regesten und Urkunden zur Verfassungs- und Rechtsgeschichte der deutschen Städte im Mittelalter. Enke, Erlangen 1863, S. 709 (Digitalisat).
  • Bernhard Jähnig, Hans-Jürgen Schuch (Hrsg.): Elbing 1237–1987. Beiträge zum Elbing-Kolloquium im November 1987 in Berlin. Nicolaus-Copernicus Verlag, Münster 1991, ISBN 3-924238-14-6 (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Westpreußens 25).
  • Theodor Lockemann (Bearb.): Elbing. Dari, Berlin-Halensee 1926 (Deutschlands Städtebau), (Digiatlisat).
  • Hans-Jürgen Schuch: Elbing. Aus 750 Jahren Geschichte der Ordens- Hanse- und Industriestadt. Westkreuz-Verlag Berlin/Bonn, Bad Münstereifel u. a. 1989, ISBN 3-922131-65-4 (Ostdeutsche Städtebilder 5).
  • Alexander Nicolaus Tolckemit: Elbingscher Lehrer Gedächtniß, Das ist: Leben und Schriften aller Evangelischen Lehrer, die seit der Reformation an den sämmtlichen Kirchen, wie auch an dem Gymnasio in Elbing gelehret, nebst einem Anhange von den den auswärtig im Lehr-Amte stehenden Elbingern und einer Nachricht von den Elbingschen Medicis und Physicis, .... Schreiber, Danzig 1753 (Digitalisat der SUB Göttingen).

Fußnoten

  1. ↑ Główny Urząd Statystyczny „LUDNOŚĆ - STAN I STRUKTURA W PRZEKROJU TERYTORIALNYM“, Stand vom 30. Juni 2009 (WebCite)
  2. ↑ Johannes Voigt: Geschichte Preußens, von den ältesten Zeiten bis zum Untergang der Herrschaft des Deutschen Ordens, 2. Band: Die Zeit von der Ankunft des Ordens bis zum Frieden 1249, Königsberg 1827, S. 290.
  3. ↑ Max Toeppen: Historisch-Komparative Geographie von Preußen, Gotha 1858, S. 187-195.
  4. ↑ Übersicht der Preußischen Handelsmarine (E. Wendt & Co., Hrsg.); Stettin 1848, S. 9.
  5. ↑ Vgl. xxx
  6. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht .Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

 

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Neustadt in Holstein

Neustadt in Holstein (niederdeutsch: Niestadt in Holsteen) ist eine Stadt im Kreis Ostholstein in Schleswig-Holstein.

Geografie

Neustadt in Holstein ist eine Hafenstadt in Wagrien an der Lübecker Bucht (Ostsee), 32 km nördlich von Lübeck. In der Nähe liegende größere Orte sind an der Lübecker Bucht im Süden Sierksdorf und Scharbeutz, im Osten Grömitz, ferner westlich liegend Rogerfelde ein Ortsteil der Gemeinde Altenkrempe und nordöstlich Merkendorf ein Ortsteil der Gemeinde Schashagen.

Natur

Nordwestlich der Stadt befindet sich das Naturschutzgebiet Neustädter Binnenwasser, ein Brackwassersee mit angrenzenden Salzwiesen.

Stadtteile

Neustadt in Holstein gliedert sich in die Stadtteile Neustadt, Pelzerhaken und Rettin.

Geschichte

Neustadt wurde im Jahre 1244 von Graf Adolf IV. von Holstein als Neue Stadt von Altenkrempe gegründet, das landeinwärts am flachen Binnenwasser liegt. Dort findet sich eine bedeutende Basilika von 1140. Historisch von Belang sind die Kirche von 1244, das Hospital zum Heiligen Geist von 1344 und das Kremper Tor aus dem Mittelalter. In Neustadt besteht seit 1474 die älteste Fischerinnung Deutschlands.

Bereits zur Hansezeit stellte der Hafen von Neustadt einen wichtigen Anlaufhafen für holländische und dänische Schiffe dar. Schiffe der Hanse (universos mercatores de hansa Theutonicorum) liefen den Neustädter Hafen nur selten an, weil Neustadt nicht zur Hanse gehörte, aber lübsches Recht hatte. Dieses machte die Stadt für holländische Kauffahrer und für die Vitalienbrüder interessant, weil sie keine Stapelrechte beachten mussten. Die Haupteinnahmequellen von kleinen Dörfern wie dem nur 15 Kilometer entfernt gelegenem Grömitz waren die Landwirtschaft (gestützt durch das Kloster Cismar) und die Fischerei. Somit leisteten auch Ortschaften wie Grömitz einen bescheidenen Anteil an einem der Haupthandelsgüter - gesalzener Hering in Fässern, welcher aus dem Neustädter Hafen exportiert wurde. Der große Kronleuchter in der Stadtkirche gibt Zeugnis von einem der vielen großen Kriegsschiffe für die dänische Krone (Christian IV. und Friedrich III.), die in den Jahren von 1639 bis 1669 im Neustädter Hafen gebaut wurden.[2]

Das letzte Seegefecht der Schleswig-Holsteinischen Erhebung vor dem Gefecht von Idstedt fand am 20./21. Juli 1850 in der Neustädter Bucht statt. Dabei sank das Schleswig-Holsteinische Kanonenboot Nr. 1 von der Tann.

Neustadt/Pelzerhaken war Standort des Nachrichtenmittelversuchskommandos seit 1923 (Nachrichtenmittelversuchsanstalt, kurz NVA) zur Entwicklung der Funkmesstechnik (Radar). In der Zeit von 1964 bis 1992 diente der Fernmeldeturm M in Neustadt/Pelzerhaken der Fernmelde- und elektronischen Aufklärung durch den Marinefernmeldesektor 73.

Von Dezember 1944 bis zum 1. Mai 1945 befand sich in Neustadt das KZ Neustadt in Holstein. Der Komplex wurde später in das Krankenhaus eingegliedert.

Vor Neustadt wurde am 3. Mai 1945 die Cap Arcona und die kleinere Thielbek mit Häftlingen des KZ Neuengamme von alliierten Flugzeugen versenkt, eine der drei schwersten Katastrophen der Seefahrt in der Geschichte. Die Bewohner der Stadt selbst spielten in diesem Zusammenhang eine unrühmliche Rolle: Häftlinge aus dem KZ Stutthof bei Danzig, welche die SS mit Lastkähnen über die Ostsee transportieren ließ, sollten ursprünglich ebenfalls auf die Cap Arcona verschifft werden, wurden jedoch wegen Überfüllung des Schiffs abgewiesen. Angesichts der militärischen Lage und des Vorrückens britischer Vorauskommandos verließen die SS-Wachmannschaften die Lastkähne. Die Schiffe trieben ans Ufer, wo sich die Häftlinge am frühen Morgen des 3. Mai auf die Suche nach Nahrungsmittel im Raum Neustadt machten. Aufgeschreckte Neustädter Bürger, Angehörige der Kriegsmarine sowie einer Versehrteneinheit und des Volkssturms trieben daraufhin in der sogenannten „Sammelaktion“ die Häftlinge zusammen und erschossen fast 300 von ihnen, darunter Frauen und Kinder. Der Rest wurde auf das Schiff Athen gebracht, das am Marinehafenkai lag, wo etliche von ihnen den Luftangriffen zum Opfer fielen. Der britische Stadtkommandant gab nach Kenntnisnahme des Massakers Neustadt zur Plünderung frei − wohl auch, um auf diese Weise die Versorgung der überlebenden Häftlinge der Cap Arcona, der Athen und anderer Schiffe nicht selber organisieren zu müssen.

1969 erhielt die Stadt die Ehrenfahne des Ministerkomitees des Europarats und nennt sich seither Europastadt. Am 23. September 2008 erhielt die Stadt den von der Bundesregierung verliehenen Titel „Ort der Vielfalt“.

Wappen

Blasonierung: „In Rot ein auf blauen Wellen fahrendes goldenes Boot mit zwei Männern, von denen der eine die Schwurhand mit ausgestreckten Fingern erhebt, der andere das Steuer führt; über dem Boot das silberne holsteinische Nesselblatt.“[3]

Städtepartnerschaften

  • Europäische Partnerstadt Neustadts ist Rønne auf Bornholm.
  • Die Stadt ist auch Mitglied in der größten internationalen Städtefreundschaft Neustadt in Europa, einer Arbeitsgemeinschaft von 36 Städten und Gemeinden in sechs mitteleuropäischen Ländern, die den Namen Neustadt tragen.

Wirtschaft

Die Stadt hat Handels-, Marine- und Yachthafen und ist Sitz der Bundespolizei See (Küstenwache – die gleichnamige deutsche Fernsehserie entsteht hier). Außerdem befindet sich in Neustadt eine SAR-Schule der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Neustadt in Holstein ist Sitz der Reederei Peter Deilmann und damit Heimathafen des Hochsee-Kreuzfahrtschiffes MS Deutschland.

Neustadt ist staatlich anerkanntes Seebad, der Tourismus nutzt die Sandstrände in den Ortsteilen Pelzerhaken und Rettin und den Hansa-Park (Vergnügungspark) im Nachbarort Sierksdorf.

Die Stadt ist darum bemüht, den Tourismus der Vor- und Nachsaison mit Unterstützung von EU-Fördermitteln aus dem ELER-Programm zu beleben. So wurde 2008 im Ortsteil Pelzerhaken eine Swingolfanlage errichtet.

Ein weiterer wirtschaftlicher Schwerpunkt ist das Gesundheitswesen. So gilt Neustadt mit drei Krankenhäusern am Ort auch als Gesundheitsstadt. Die Ameos-Klinik, das Klinikum Neustadt und das Kinderzentrum Pelzerhaken sind weit über die Landesgrenzen bekannte Einrichtungen.

Verkehr

Neustadt liegt an der Vogelfluglinie nach Dänemark, mit zwei Autobahnanschlüssen (Autobahn A1). Neustadt liegt unmittelbar an der Verkehrsachse zwischen der Metropolregion Hamburg und der Öresundregion Kopenhagen-Malmö.

Regionalzugverbindungen bestehen nach Lübeck und Puttgarden. Der Personenbahnhof Neustadt ist ein Kopfbahnhof an einer kurzen, von der Vogelfluglinie aus Richtung Lübeck nach Osten abzweigenden Stichstrecke. Über eine Verbindungskurve konnte früher auch nordwärts auf die Vogelfluglinie gefahren werden.

Nächster Flughafen ist der Flughafen Lübeck-Blankensee. Ein Sportflugplatz befindet sich im nahe gelegenen Sierksdorf auf dem Hof Altona.

Hafen

Neustadt verfügt über einen Seehafen. Für Wassersportler bieten der kommunale Jachthafen sowie zwei weitere Marinas mehr als 1500 Liegeplätze. Entlang des Hafens wurde die Promenade am unteren Jungfernstieg 2006 ausgebaut; der Jachthafen wurde erheblich erweitert. An der Promenade befinden sich mehrere Plastiken, darunter Möwen aus weißem Marmor von Pierre Schumann und Strömung aus Anröchter Dolomit von Jochen Schumann.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

  • Kirche von 1244; ihr gotischer Altar stammt ursprünglich aus dem Schleswiger Dom und wurde nach Aufstellung des Brüggemann-Altars (1666) dort nach Neustadt verkauft.
  • Klassizistisches Rathaus von 1818/20, erbaut von Christian Frederik Hansen[4]
  • Pagodenspeicher (ehemaliger Kornspeicher) von 1830
  • Hornscher Speicher
  • Heiliggeist-Hospital von 1344
  • Lienaustift
  • Kremper Tor aus dem Mittelalter.
  • Nachrichtenmittelversuchskommando von 1920
  • Brückengeldeinnehmerhaus von 1846
  • Leuchtturm Pelzerhaken von 1843, umgebaut 1936

Museen

  • Ostholstein-Museum, mit Museum Cap Arcona, am Kremper Tor
  • Fischereimuseum im Neubau des Neustädter Fischeramts von 1474 am Hafen
  • Fanmuseum Küstenwache mit Requisiten und Dekorationen zur TV-Serie

Friedhöfe

  • Anstaltsfriedhof

Eine kulturelle Besonderheit ist der ehemalige Friedhof der Provinzial Irren- und Heilanstalt Neustadt in Holstein (später Landeskrankenhaus Neustadt i.H.). Auf dem 1895/96 angelegten Anstaltsfriedhof am Parkweg wurden in den 1930er und -40er Jahren Opfer des NS-Euthanasierungsprogramms, später auch weitere Kriegsopfer beigesetzt (s. Ereignis Cap Arcona).

  • Ehrenfriedhof Cap Arcona

Am Ortsrand von Neustadt Richtung Pelzerhaken, direkt am Ufer der Neustädter Bucht, liegt der Ehrenfriedhof Cap Arcona, auf dem viele der rund 7000 Opfer der Katastrophe (s. Ereignis Cap Arcona) vom 3. Mai 1945 in Massengräbern bestattet worden sind. Ein Gedenkstein nennt die Nationalitäten der Opfer in ihren Landessprachen, einschließlich des hebräischen Begriffes "Jehudim" für "Juden". Zwei Stelen zwischen Promenade und Ufer dokumentieren den Hergang und die damalige Position der Schiffe.

  • Jüdischer Friedhof

Beim jüdischen Friedhof in Neustadt in Holstein handelt es sich um einen in den Jahren 1945 bis 1947 als separater Teil des evangelischen Friedhofes belegten Begräbnisplatz, auf dem ehemalige KZ-Häftlinge bzw. Displaced Persons beigesetzt wurden. Die offizielle Einweihung des Friedhofes fand am 5. Januar 1947 statt. Die deutsche Inschrift auf dem zentralen Gedenkstein dokumentiert, dass die meisten der hier Beigesetzten am 3. Mai 1945 verstarben, dem Tag der Befreiung von Neustadt durch das Britische Militär. Es dürfte sich zum einem erheblichen Teil um Opfer von der "Cap Arcona" handeln. Die in den folgenden beiden Jahren Verstorbenen waren Insassen des großen DP-Lagers für ehemalige KZ-Häftlinge, das in dieser Zeit in Neustadt bestand. Viele der Insassen verstarben an den Folgen der erlittenen gesundheitlichen Schäden während der KZ-Zeit. Auf dem Friedhof wurden etwa 100 Beisetzungen vorgenommen. Die Grabsteine datieren vom 3. Mai 1945 bis 1947.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Neustadt veranstaltet seit 1951 alle drei Jahre das Europäische Folklore-Festival, das bis 2004 als Europäische Volkstums- und Trachtenwoche bezeichnet wurde
  • Alljährlich im Mai findet im Neustädter Hafen und auf der Lübecker Bucht die Max Oertz Regatta mit klassischen Segelyachten statt.
  • Neustädter Märchenzug - Großer Umzug an jedem Adventssonnabend vor Weihnachten
  • Jedes Jahr im Juli findet seit 1992 das Karate-Sommerlager statt, ausgerichtet vom Dojo Jiyu Neumünster
  • Besichtigung der Original-Drehorte zur ZDF-Serie Küstenwache
  • Jährliche Gogenkrog-Ausstellung

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Max Oertz (1871–1929), Yachtkonstrukteur, Aeronaut und Erfinder
  • Heinrich Bornhövd (1879–1960), Politiker (DVP), Reichstagsabgeordneter.
  • Carl Schröter (1888–1952), Politiker (DVP, CDU), MdB, MdL (Preußen, Schleswig-Holstein)
  • Kay Hoff (* 1924), Schriftsteller
  • Elisabeth Plessen (* 1944), Schriftstellerin
  • Ernst-Otto Schlöpke (* 1922), niederdeutscher Schriftsteller
  • Harald Schliemann (* 1944), Jurist und Politiker, ehemaliger Justizminister in Thüringen (CDU)
  • Carl Friedrich Trahn (1806–1888), Zimmermeister, Erbauer von 100 Windmühlen und des Pagodenspeichers

Einzelnachweise

  1. ↑ Statistikamt Nord: Bevölkerung in Schleswig-Holstein am 31. März 2010 nach Kreisen, Ämtern, amtsfreien Gemeinden und Städten (PDF-Datei; 500 kB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ Schiffbau im Neustädter Hafen im 17. Jahrhundert
  3. ↑ Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein
  4. ↑ Wiederaufbau Neustadts in den Jahren 1818-1820

Literatur

  • Johannes Hugo Koch: Heimatbuch Neustadt in Holstein. Selbstverlag J.H. Koch, Neustadt in Holstein 1967.
  • Wilhelm Lange: Cap Arcona. Dokumentation. Struve's Buchdruckerei und Verlag, Eutin 1988, ISBN 3-923457-08-1.
  • Franz-Josef Huschens: Neustadt in Holstein. Sutton Verlag GmbH, Erfurt 2002, ISBN 3-89702-476-4.
  • Hans-Joachim Birkholz: Historische Heimatkunde. Balticum-Verlag, Neustadt in Holstein 2006.

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Cismar

Cismar ist ein Ort mit etwa 800 Einwohnern in der Gemeinde Grömitz im Kreis Ostholstein in Schleswig-Holstein.

Kern des Ortes ist ein ehemaliges Benediktinerkloster, das Kloster Cismar, das 1245 von Lübeck nach Cismar verlegt wurde. Im Zuge der Säkularisation wurde das Kloster aufgehoben und in einen Gutshof umgewandelt.

Seit 1999 gehört Kloster Cismar zur Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf. In den Ausstellungsräumen des Klosters finden seitdem Kunstausstellungen von überregionaler Bedeutung statt, im Winter Konzerte des Förderkreis Kloster Cismar e.V. Dieser Verein veranstaltet jährlich an jedem zweiten Wochenende im August das Klosterfest Cismar, einen nostalgischen Kunsthandwerkermarkt.

Das Haus der Natur Cismar verfügt über die größte Sammlung von Schnecken und Muscheln in Deutschland.

Im „Weißen Haus“ dem Wohnhaus der Schriftstellerin Doris Runge werden Lesungen abgehalten.

Cismar ist auch der zentrale Ort bei den Cismar-Detektiven, eine Kinderkrimi-Reihe von Simone Klages.

Seit 1956 erscheint eine kleine Zeitung, der Cismarer Bote, in dem dreimal jährlich die Ereignisse im Ort als Brief an den „Buten-Cismaraner“ Hein gesandt werden - eine originelle und besonders liebevolle Form von Dorfchronik.

Persönlichkeiten

Joachim von Ahlefeldt († 1698), Amtmann und Landrat von Cismar.

Literatur

  • Carsten Fleischhauer: Kloster Cismar. 2., völlig neu bearbeitete Auflage. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2004 (= DKV-Kunstführer Nr. 229/4)
  • Kurt Borchard: Der älteste Flügelaltarschrein. Cismar und seine Sehenswürdigkeiten. Dialog-Verlag 1996, ISBN 3923707010
  • Jan Martin Meissner: Die Klosterkirche zu Cismar. Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 1969 (= Große Baudenkmäler, Heft 229)
  • Jürgen Nagel: Zum Beispiel Cismar - Menschen in einem deutschen Dorf

 

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Grömitz

Grömitz ist ein Ostseebad im Kreis Ostholstein. Grömitz liegt auf der Halbinsel Wagrien am Nordrand der Lübecker Bucht etwa zehn Kilometer östlich von Neustadt in Holstein unweit der Vogelfluglinie.

Geschichte

Grömitz ist bereits seit 1813 Seebad und damit eines der ältesten an der Ostsee. Der Ort bietet außer der Kirche aus dem 12. Jahrhundert keine historisch bedeutsamen Stätten, welche noch sichtbar erkennbar sind. Der Ortsname Grömitz entwickelte sich aus dem Namen eines Baches. Der kleine Ort Grömitz spielte zur Zeit der Christianisierung eine bedeutende Rolle – Groebeniz (so hieß Grömitz zum damaligen Zeitpunkt) war ein mit einer Wallanlage befestigtes Dorf, von dem heute nichts mehr übrig ist (die Befestigung bestand zum größten Teil aus Holz). Später wurde die Wehranlage nach Oldenburg in Holstein verlegt. Im Gegensatz zu Grömitz können dort auch heute noch Reste dieser Wallanlage bewundert werden. Ein in Oldenburg vorhandenes Museum vermittelt einen Überblick der einstigen Bedeutung.

Wenig bekannt ist die Tatsache, dass Grömitz bereits um 1400 einen seegängigen Hafen besaß und einen regen Handel mit an der Trave gelegenen Häfen führte. Lübeck, Travemünde, Oldesloe und auch dänische Städte zählten zu den Haupthandelsplätzen Grömitzer Schiffe. Begünstigt wurde der Hafen durch natürliche Sandbänke wie den Walkyriengrund. Der Fernhandelshafen verlor wieder an Bedeutung, da er im 17. Jahrhundert versandete. Mitte der 1960er Jahre wurde ein moderner Yachthafen gebaut, der heute zu den größten und bedeutendsten Marinas der Ostsee zählt.

Die zwölf Kilometer südwestlich gelegene Nachbarstadt Neustadt ist eng mit der wirtschaftlichen Geschichte von Grömitz verbunden. Bereits zur Hansezeit stellte der Hafen von Neustadt einen wichtigen und interessanten Anlaufhafen für holländische und dänische Schiffe dar. Schiffe der Hanse (universos mercatores de hansa Theutonicorum) liefen den Neustädter Hafen nur sehr selten an, weil Neustadt nicht zur Hanse gehörte, aber lübsches Recht hatte. Dieses machte die Stadt für holländische Kauffahrer und auch für die Vitalienbrüder um so interessanter, weil keine Stapelrechte zu beachten waren. Die Haupteinnahmequellen von kleinen Dörfern wie Grömitz waren die Landwirtschaft (gestützt durch das Kloster Cismar) und die Fischerei. Somit leisteten auch kleine Ortschaften wie Grömitz einen bescheidenen Anteil an einem der Haupthandelsgüter der Hanse – gesalzener Hering in Fässern, welche aus dem Neustädter Hafen exportiert wurden.

Im Gemeindegebiet liegt Cismar mit einem teilweise erhaltenen Kloster aus dem Mittelalter, das 1245 von Benediktinern gegründet wurde. In einem Flügel befindet sich eine Außenstelle des Schleswig-Holsteinischen Landesmuseums. Bekannt geworden durch die Johannes-Heilquelle und die Blut-Christi-Reliquie stellte das mittelalterliche Kloster einen wichtigen Wallfahrtsort für die Bevölkerung Nordeuropas dar. Die geistige Bedeutung des Klosters lässt sich auch noch heute in der dänischen Staatsbibliothek erahnen, die viele bedeutende Werke beheimatet, die ursprünglich aus dem Kloster Cismar stammen.

Seit 1949 ist Grömitz ein Ostseeheilbad.

Ortsteile

Grömitz besteht aus den Ortsteilen Brenkenhagen, Brunsteen, Cismar (Ort), Cismarfelde, Goldberg (Flurname), Groß-Horst (Flurname), Gruberhagen, Grömitz (Dorf), Grönwohldshorst, Guttau, Henriettenhof (Ort), Hohehorst, Hohelieth, Jasen, Karlsruh, Kattenberg, Klockenhagen, Klostersee, Kojendiek, Kolauerhof, Krähenberg, Körnick, Körnickerfelde, Langenkamp (Flurname), Lenste, Lensterbek, Lensterstrand, Moorhof, Morest, Niehof, Nienhagen, Poggenpohl, Rittbruch, Rotenhuse, Rüting, Sandberg, Schleuse, Schütthörn, Stadtfurth, Suxdorf, Söhlen, Voßberg, Wintersberg und Ziegelhof.

Politik

Seit dem 1. Januar 2007 bildet Grömitz eine Verwaltungsgemeinschaft mit den drei Gemeinden Dahme, Grube und Kellenhusen (Ostsee) aus dem ehemaligen Amt Grube, für die Grömitz die Verwaltungsgeschäfte mit durchführt.

Wappen

Blasonierung: „Gespalten. Vorn in Rot ein halbes silbernes Nesselblatt, hinten in Silber ein halber schwarzer Adler am Spalt mit goldener Bewehrung und goldenem Nimbus.“[2]

Partnerschaften

  • Kühlungsborn
  • Nienhagen (beide im Landkreis Bad Doberan, Mecklenburg-Vorpommern)
  • Patenstadt des Schnellboots S55 Alk vom 5. Schnellbootgeschwader (mittlerweile aufgelöst)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Die wichtigste Sehenswürdigkeit ist das Klosterdorf Cismar.

Im Gemeindegebiet liegt der Zoo Arche Noah. Berühmt wurde dieser durch seine drei Liger, Mischlingen aus Löwe und Tiger. Das letzte Tier musste im Februar 2008 eingeschläfert werden.

Mit 398 Meter ist die Seebrücke eine der längsten Deutschlands. Der Yachthafen, in welchem ein DGzRS-Seenotrettungskreuzer stationiert ist, ist neben dem von Heiligenhafen einer der größten gemeindebetriebenen Häfen (780 Liegeplätze). Die neue maritime Hafenpromenade bietet viel zum Staunen, gemütliche Cafes und einem neuen Spielplatz für die kleinen Gäste.

Im Hafen gibt es die Möglichkeit einen Segel-, Surf- oder Katamaranschein zu machen.

Der vor Grömitz in der Ostsee liegende Walkyriengrund ist ein beliebtes Ziel für Sportangler. Seit kurzem findet man eine Indoor-Soccer-Anlage im Ort.

Als kulturelle Einrichtung des Ortes bietet die FILMBÜHNE in Grömitz ganzjährig, in über 3.000 Filmvorführungen jährlich,ein abwechslungsreiches Filmprogramm. Sowohl aktuelle Filme, wie auch Filmklassiker stehen auf dem Programm. Für die Kinder-Programme wurde die Filmbühne für die Jahre 2005, 2006, 2007 und 2008 mit dem Kinoprogrammpreis für ein "Hervorragendes Kinder- und Jugendprogramm" vom Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien ausgezeichnet.

Wirtschaft und Infrastruktur

Grömitz ist nach Sankt Peter-Ording und Westerland drittwichtigster Ferienort in Schleswig-Holstein und vor Timmendorfer Strand der wichtigste an der Ostseeküste des Bundeslandes. Im Jahr 2002 buchten 96.116 Gäste, davon 413 (0,43 %) aus dem Ausland, 714.188 Übernachtungen. Der Ort verfügte über 8305 Gästebetten.

Verkehrsanbindung

  • von der Autobahn 1 verbindet die Bundesstraße 501 Neustadt/Holstein–Heiligenhafen die Seebäder Wagriens an der Lübecker Bucht.
  • Die nächsten Bahnhöfe sind in Neustadt in Holstein, Oldenburg in Holstein und Lensahn.

Persönlichkeiten

  • Reinhard Sager (* 1959), Politiker (CDU), wurde in Suxdorf geboren
  • David Reinhold von Sievers (* 1732, † 1814), Großfürstlicher Landrat von Cismar

Einzelnachweise

  1. ↑ Statistikamt Nord: Bevölkerung in Schleswig-Holstein am 31. März 2010 nach Kreisen, Ämtern, amtsfreien Gemeinden und Städten (PDF-Datei; 500 kB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein

    xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht .Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

 

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Schweden

Das Königreich Schweden (schwed. Konungariket Sverige) ist eine parlamentarische Monarchie in Nordeuropa. Das Staatsgebiet schließt – neben dem östlichen Teil der skandinavischen Halbinsel – die Inseln Gotland und Öland mit ein. Schweden ist Mitglied der EU und des Nordischen Rats.

Geographie

Schweden grenzt an das Kattegat, an die Staaten Norwegen und Finnland sowie an die Ostsee. Zu Schweden gehören etwa 221.800 Inseln, Gotland (2994 km²) und Öland (1347 km², beide in der Ostsee) sowie Orust (346 km², nördlich von Göteborg) sind die drei größten von ihnen. Die längste Ausdehnung von Norden nach Süden beträgt 1572 km, von Osten nach Westen 499 km. Die Landgrenze zu Norwegen ist 1619 km lang, die zu Finnland 586 km[4].

Während weite Teile des Landes flach bis hügelig sind, steigen entlang der norwegischen Grenze die Gebirgsmassive der Skanden bis auf über 2000 m Höhe an. Der höchste Gipfel ist der Kebnekaise mit 2111 m. Über das Land verteilt gibt es 28 Nationalparks. Die flächenmäßig größten befinden sich im Nordwesten des Landes.

Topografie

Süd- und Mittelschweden (Götaland und Svealand), das nur zwei Fünftel von Schweden umfasst, ist von Süden nach Norden in drei Großlandschaften geteilt, Nordschweden (Norrland), welches die restlichen drei Fünftel umfasst, ist von Westen nach Osten in drei Landschaften geteilt.

Die längsten Flüsse Schwedens sind Klarälven, Torne älv, Dalälven, Ume älv und Ångermanälven. Die größten Seen sind Vänern, Vättern, Mälaren und Hjälmaren.

Süd- und Mittelschweden

Der südlichste Teil, die historische Provinz Schonen (Skåne), ist eine Fortsetzung der Tiefebene Norddeutschlands und Dänemarks. In Schonen liegt der tiefste Punkt Schwedens (ausgenommen Seen und ähnliches) mit 2,4 Metern unter dem Meeresspiegel und der südlichste Punkt Schwedens, Smygehuk. Nördlich davon erstreckt sich das Südschwedische Hochland, eine Hochebene umgeben von einer Hügellandschaft mit einer großen Anzahl von lang gestreckten Seen, die durch eiszeitliche Erosion entstanden sind. Die dritte Großlandschaft ist die Mittelschwedische Senke, eine flache, jedoch zerklüftete Landschaft mit großen Ebenen, Horsten, Tafelbergen, Fjorden und einer Reihe von Seen.

Nordschweden

Der Westen Nordschwedens ist durch das Skandinavische Gebirge geprägt, das die Grenze zu Norwegen bildet. Die Gebirgskette weist Höhen zwischen 1000 und 2000 Metern über dem Meeresspiegel auf. Im Skandinavischen Gebirge liegt auch Schwedens höchster Berg, der Kebnekaise (2111 m). Im Dreiländereck Norwegen/Schweden/Finnland befindet sich mit Treriksröset Schwedens nördlichster Punkt.

Nach Osten hin schließt das Vorland an, Schwedens ausgedehnteste Großlandschaft. Entlang des Gebirges erstrecken sich große Hochlandebenen auf einer Höhe von 600 bis 700 Metern über dem Meeresspiegel, die in ein welliges Hügelland übergehen, das nach Osten abfällt. In dieser Landschaft befinden sich auch die großen Erzvorkommen (Eisen, Kupfer, Zink, Blei) Schwedens. Die großen Flüsse Schwedens, die ihren Ursprung im Skandinavischen Gebirge haben, fließen beinahe parallel in tiefen Talgängen in Richtung Ostsee.

Entlang der Ostseeküste erstreckt sich die ebene Küstenlandschaft, die zwischen Härnösand und Örnsköldsvik von einem bis an die Ostseeküste reichenden Ausläufer des Vorlandes (Höga Kusten, Nationalpark) unterbrochen wird.

Geologie

Große Teile Schwedens bestehen aus Urgestein, wie Gneis und Granit. In Jämtland und Teilen von Mittel- und Südschweden (so auch auf den Inseln Öland und Gotland) findet man stellenweise umfangreiche Schichten aus dem Silur.

Die skandinavische Halbinsel war während der Eiszeiten zeitweise vollständig von Eis bedeckt. Der Druck und die Bewegung der Eismassen hat die Landschaft in vielen Teilen wesentlich mitgestaltet. Durch den großen skandinavischen Gletscher der letzten Eiszeit (Weichseleiszeit) ist die heutige Landschaft Schwedens mit den zahlreichen Seen, Flüssen (siehe auch Liste der Flüsse in Schweden) und Wasserfällen (siehe auch Liste der Wasserfälle in Schweden) entstanden. Die damit einhergehende Abschleifung und Aushöhlung hat neben den Moränen die charakteristischen Ablagerungen aus Kieseln und runden Steinen hinterlassen, die in Schweden åsar (dt. Os) genannt werden.

Ein auch heute noch wichtiger Faktor ist die Landhebung. Das Abschmelzen der Eismassen, die die Erdkruste niedergedrückt hatten, hat seit der letzten Eiszeit (ungefähr 10.000 v. Chr.) zu einer Landhebung von 800 m geführt. Heutzutage beträgt die Landhebung bis zu 10–11 mm jährlich im Höga Kusten, in der Stockholmer Gegend sind es jährlich etwa 6 mm.

Klima

Schwedens Klima ist für seine geografische Lage ziemlich mild. Es wird vor allem durch die Nähe zum Atlantik mit dem warmen Golfstrom bestimmt. Große Teile Schwedens haben daher ein feuchtes Klima mit reichlich Niederschlag und relativ geringen Temperaturunterschieden zwischen Sommer und Winter. Kontinental beeinflusstes Klima mit geringeren Niederschlägen und höheren Temperaturunterschieden findet man im Inneren des Südschwedischen Hochlandes und in einigen Teilen des Vorlandes des Skandinavischen Gebirges. Polares Klima kommt nur im nördlichen Hochgebirge vor. Die Durchschnittstemperatur für den Januar beträgt 0 °C bis –2 °C im Süden und –12 °C bis –14 °C im Norden (ausgenommen das Hochgebirge), die Durchschnittstemperatur für den Juli beträgt 16 °C bis 18 °C im Süden und 12 °C bis 14 °C im Norden. Kälterekorde wurden am 2. Februar 1966 in Vuoggatjålme, Gemeinde Arjeplog mit -52,6 °C, beziehungsweise am 13. Dezember 1941 in Malgovik, Gemeinde Vilhelmina mit -53 °C gemessen.[5]

Da sich Schweden zwischen dem 55. und 69. Breitengrad erstreckt und ein Teil nördlich des Polarkreises liegt, ist der Unterschied zwischen dem langen Tageslicht im Sommer und der langen Dunkelheit im Winter beträchtlich.

Flora und Fauna

In Nordschweden prägen die ausgedehnten borealen Nadelwälder das Bild. Je südlicher man jedoch kommt, desto häufiger gibt es Mischwälder. Als markanter Grenzraum für Flora und Fauna gilt der so genannte limes norrlandicus. In Südschweden mussten die Laubwälder dem Ackerbau Platz machen oder wurden wegen des schnelleren Wachstums durch Nadelwälder ersetzt.

Auf den Inseln Gotland und Öland findet man, bedingt durch das Klima und die geologischen Voraussetzungen, eine beeindruckende und vielfältige Flora vor. Hier gibt es eine einzigartige Mischung, unter anderem Pflanzen, die sonst in Europa nur im Balkanraum vorkommen. Besonders erwähnenswert sind die zahlreichen Orchideenarten.

Das Wildschwein ist im südlichen Schweden inzwischen wieder stark verbreitet, obwohl es im 18. Jahrhundert vollständig ausgerottet worden war. Es konnte sich jedoch nach Ausbrüchen von Wildschweinen aus in den 1940er Jahren angelegten Wildgehegen in den 1970er Jahren wieder eine lebensfähige wilde Population entwickeln, die heute rund 80.000 – 100.000 Tiere umfasst. Die Population wuchs seit den 1990er Jahren um jährlich 13 % an und nimmt auch heute noch zu. Zudem findet nach wie vor eine Ausbreitung in Richtung Norden statt, und so kommt das Wildschwein heute bis nach Dalarna und Hälsingland vor. Inzwischen werden in Schweden jährlich rund 25.000 Wildschweine erlegt.

Wie das Wildschwein ist auch der Rothirsch in Schweden vornehmlich in der südlichen Landeshälfte verbreitet. Er kommt vor allem in Götaland vor, isolierte Populationen gibt es aber auch in Dalarna, Jämtland und sogar Västerbotten. Die meisten Bestände beruhen auf gezielten Aussetzungen, nur in Schonen gibt es noch einen ursprünglichen Bestand. Das Reh ist im Vergleich zum Rothirsch etwas weiter verbreitet und kommt nordwärts bis Dalarna flächendeckend und zahlreich vor. Gebiete weiter nördlich sind nur äußerst spärlich vom Reh besiedelt.

Besonders bekannt ist Schweden für die größte Zahl an Elchen in Europa. Sie stellen eine recht große Gefahr im Straßenverkehr dar − 2006 wurden 4.957 Verkehrsunfälle mit Elchen gezählt. Die Elche richten auch großen Schaden in Waldpflanzungen an. In der Jagdsaison im Herbst wird bis zu einem Viertel des Elchbestands erlegt. Der Bestand ist durch die hohe Reproduktionsrate nicht gefährdet.

Raubtiere wie Braunbären, Wölfe und Luchse sind in den letzten Jahren dank strenger Umweltbestimmungen wieder auf dem Vormarsch. Die vielen Seen und langen Küsten bieten viel Lebensraum für Wassertiere: Süß- und Salzwasserfische gibt es reichlich, und auch Biber und Robben sind häufig anzutreffen.

Schweden richtete 1909 als erstes Land in Europa Nationalparks ein. Mittlerweile sind 11 % des Landes durch Naturschutzgebiete oder -reservate sowie 29 Nationalparks geschützt. Sollte die Einrichtung von zwölf neuen Nationalparks und die Erweiterung von sieben bereits bestehenden beschlossen werden, würde der Anteil der geschützten Fläche auf 11,5 % steigen.[6]

Bevölkerung

Schweden hat etwa 9,37 Millionen Einwohner [7]. 90,8 Prozent sind ethnische Schweden, 2,5 Prozent sogenannte Schwedenfinnen. Finnen bilden in Tornedalen eine starke Gruppe, die meisten leben jedoch in Mittelschweden (Finnland war etwa tausend Jahre lang ein Teil Schwedens). Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen viele „Einwanderer“ (invandrare) aus Finnland nach Schweden – die schwedischsprechende Minorität war überrepräsentiert. Die Kinder der finnischsprechenden Gastarbeiter sprechen oft noch Finnisch als Muttersprache. Heute leben noch etwa 20.000 Samen in Schweden. Die meisten sind assimiliert, und nur noch wenige beschäftigen sich mit der Rentierzucht (200 hauptberuflich, 3000 nebenberuflich). Von der Jagd oder Fischerei, den traditionellen samischen Erwerbszweigen, lebt heute keiner mehr. Die Rentierzucht begann erst Mitte des 17. Jahrhunderts, als König Gustav II. Adolfs Kriegsengagement immer mehr Steuergelder verzehrte und man auf der Suche nach neuen Einnahmequellen war. Er machte daraufhin auch die Samen steuerpflichtig. Da die traditionelle Jagd auf Rene nicht genug einbrachte, begann man, die Rene zu zähmen und zu züchten.

Etwa 14 Prozent der schwedischen Bevölkerung wurde im Ausland geboren, größte Gruppe sind hierbei Menschen aus Finnland mit 175.000 Personen. Weitere große Gruppen stellen Personen aus dem Irak (109.000), dem ehemaligen Jugoslawien (72.000, hinzu kommen 55.000 Personen aus Bosnien-Herzegowina), Polen (63.000) und dem Iran (57.000) [8].

Im Jahr 2008 waren 562.100 ausländische Staatsbürger in Schweden registriert, dies macht ca. 6 Prozent der Bevölkerung des Landes aus. Finnische Staatsbürger stellten mit 77.000 Personen die größte Gruppe dar. In den Grenzgebieten zu Norwegen und Dänemark leben auch Norweger (35.000) und Dänen (39.000). Größte nichtskandinavische Gruppe sind die Iraker (48.000), diese kamen meist in den 1990er Jahren aufgrund der liberalen Asylpolitik des Landes und ließen sich dort nieder. Es leben auch einige Tausend Polen und Deutsche in Schweden. Sie wohnen meist in den südlichen Landesteilen. Letztere sind auch im Gesundheitssektor als „Gastarbeiter“, beispielsweise als (Zahn-)Ärzte und Krankenschwestern beziehungsweise -pfleger, tätig [9].

Einen beachtlichen Anteil mit ca. 90.000–120.000 machen auch die christlichen Assyrer aus (auch bekannt als Aramäer, Suryoye oder Chaldäer). Allein im Umkreis der Stadt Södertälje, südwestlich von Stockholm, leben ca. 20.000. Sie stammen meist aus der Türkei und Syrien, aber auch aus dem Irak, Iran und dem Libanon. Die meisten von ihnen gehören der Syrisch-Orthodoxen Kirche an.

Die Geburtenrate von 1,85 Kindern pro Frau (2006) ist einerseits unter der Reproduktionsschwelle von 2,10, aber weit über dem EU25-Durchschnitt (1,52/2005).

Sprache

Seit dem 1. Juli 2009 ist Schwedisch nicht mehr de facto sondern de jure offizielle Amtssprache. In Tornedalen, entlang der schwedisch-finnischen Grenze, wird von ungefähr der Hälfte der Bevölkerung Tornedalfinnisch (Meänkieli) gesprochen. Samisch wird noch von einigen Tausend Menschen als Hauptsprache benutzt. Alle schwedischen Samen verwenden jedoch auch die schwedische Sprache. In Schweden haben Finnisch, Tornedalfinnisch, Jiddisch, Romani, Samisch und die schwedische Gebärdensprache Svenskt teckenspråk den Status anerkannter Minderheitensprachen.

Fast 80 % der schwedischen Bevölkerung sprechen Englisch als Fremdsprache, da Englisch zum einen die erste Fremdsprache an den Schulen darstellt und zum anderen im Fernsehen sehr stark vertreten ist (Spielfilme werden üblicherweise nicht synchronisiert, sondern nur untertitelt). Als zweite Fremdsprache wählt die Mehrheit der Schüler Spanisch. Auch Deutsch und Französisch werden als zweite Fremdsprache angeboten; Deutsch war wie auch im restlichen Skandinavien bis etwa 1945 die erste Fremdsprache. Die norwegische Sprache wird aufgrund starker Ähnlichkeiten zum Schwedischen zumeist verstanden; für das Dänische trifft das in geringerem Maße zu, insbesondere außerhalb der ehemals dänischen Landesteile Halland, Blekinge und Schonen.

Religion

72,9 % der schwedischen Bevölkerung gehören der evangelisch-lutherischen Schwedischen Kirche an, die von 1527 bis 1999 Staatskirche war. Seit 2000 ist diese Zahl deutlich rückläufig. Starke freikirchliche Gruppen dominieren nun im Raum Jönköping, in Bohuslän und in Västerbotten. Die zweitgrößte Religionsgemeinschaft, die der Muslime, lässt sich zahlenmäßig nur schwer einschätzen, ihre Mitgliederzahl liegt bei ungefähr 250.000 (2,7 %). Die römisch-katholische Kirche hat 150.000 Mitglieder (1,6 %) und die christlich-orthodoxe Kirche etwa 100.000 (1,1 %). Daneben gibt es in Schweden etwa 23.000 Zeugen Jehovas (0,25 %) und etwa 10.000 Menschen gehören einer jüdischen Gemeinde (0,1 %) an.

Bildungssystem

Das schwedische Bildungssystem umfasst vier Teilbereiche: Vorschule, Schule, Hochschulen und Universitäten sowie Erwachsenenbildung. Die Schulpflicht beträgt neun Jahre (7. bis 16. Lebensjahr), der sich ein freiwilliger dreijähriger Gymnasiumsbesuch anschließt. Etwa 30 % eines Jahrganges beginnt innerhalb von fünf Jahren nach dem Abschluss des Gymnasiums ein Studium.

Soziales Leben

„Das schwedische Modell“, ein Begriff vor allem der 1970er-Jahre, bezieht sich auf den Wohlfahrtsstaat, ein umfassendes System sozialer Sicherheit und sozialer Fürsorge, das das Ergebnis einer einhundertjährigen Entwicklung ist. Zwischen 1890 und 1930 wurden teilweise die Grundlagen für ein Sozialsystem geschaffen, aber erst ab den 1930er-Jahren – insbesondere nach der Regierungsübernahme der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei 1932 – wurde der Aufbau des Wohlfahrtsstaates als politisches Projekt vorangetrieben. Das schwedische Sozialsystem erfasste schließlich alle – vom Kleinkind (über die kommunale Kinderfürsorge) bis zum Rentner (über die kommunale Altenfürsorge). Erst im letzten Jahrzehnt kam es zu einschneidenden Veränderungen. Eine schwere Wirtschaftskrise zu Beginn der 1990er-Jahre führte zu einer Kürzung von Sozialleistungen und die erwartete demographische Entwicklung führte zu einem radikalen Umbau des Rentensystems, das nun an die wirtschaftliche Entwicklung gekoppelt ist.

Geschichte

Erstmals erwähnt wird Skandinavien in den naturalis historia Plinius’ des Älteren aus dem Jahr 79. Er schreibt über Scatinavia, eine große Insel, auf der das Volk der Hillevionen lebt (Buch 4,96). Manche sehen darin eine erste Erwähnung der Schweden. 98 findet sich in Gaius Cornelius Tacitus' Germania eine Erwähnung der Suionen (Absatz 44), die „im Ozean selbst“ leben und eine mächtige Flotte haben. Auf der Weltkarte des Ptolemäus um 120 ist Skandinavien erstmals kartographisch erfasst. In dem 5. Jahrhundert beschrieb Prokopios die Insel Thule im Norden, die zehnmal größer als Britannien sei und auf der im Winter 40 Tage lang keine Sonne scheine.

Während des frühen Mittelalters (um 800 bis 1000) beherrschten Wikinger die europäischen Meere und Küstengegenden. Schwedische Wikinger, genannt Waräger, orientierten sich vor allem Richtung Osten, nach Russland. Ab dem 9. Jahrhundert wirkten die auch Rus genannten Schweden am Aufbau der Kiewer Rus mit. Der erste Kontakt mit dem Christentum entstand durch die Missionstätigkeiten des heiligen Ansgars, des Erzbischofs von Hamburg-Bremen. Er unternahm um 830 und 853 zwei Missionsreisen nach Birka, dem wichtigsten Handelsplatz der Wikinger im Mälaren, die allerdings keinen Erfolg hatten. Im Jahr 1008 ließ Olof Skötkonung, König von Schweden, sich jedoch taufen. Doch bis ins 12. Jahrhundert waren weite Teile der Bevölkerung heidnisch. So wurde 1160 König Erik IX. von anti-christlichen Adligen nach dem Besuch der Messe ermordet.

Im Jahr 1397 bildete die dänische Königin Margarethe I. die Kalmarer Union. Durch Erbschaft und Heirat hatte sie zuvor die norwegische und schwedische Krone erlangt. Dieses Kombinat dreier Reiche unter dänischer Krone blieb bis 1523 bestehen. Zuvor hatten schwedische Adlige und später auch die nicht-adlige Bevölkerung gegen die dänische Hegemonie aufbegehrt. Diese Proteste nahm König Christian II. 1520 zum Anlass das Stockholmer Blutbad anzurichten. Im Jahr 1523 wurde Gustav I. Wasa zum König gewählt. Nach dem Volksaufstand litt das schwedische Reich unter hohen Schulden und König Gustav Wasa sah sich nach Möglichkeiten zur Verbesserung der finanziellen Lage um. Olavus und Laurentius Petri, zwei Brüder, hatten in Deutschland Bekanntschaft mit Martin Luther gemacht. Die Opposition des Luthertums zu Klöstern schuf eine Gelegenheit zur Auffrischung der finanziellen Situation. Aus diesem Grund unterstützte der König die Gebrüder Petri. Da die Bevölkerung zunächst nicht in Kontakt mit dem protestantischen Gedankentum kam, wurde die Reformation schrittweise eingeführt. Viele Traditionen − im deutschen Protestantismus aufgehoben − wurden beibehalten. 1544 wurde Schweden zum evangelischen Reich erklärt.

Vor allem das 17. Jahrhundert der schwedischen Geschichte ist geprägt von Versuchen seitens des Königshauses, eine Hegemonialstellung in Europa zu erlangen. Durch den Bürgerkrieg in Russland konnte Schweden die Kontrolle über Estland erlangen. Von 1611 bis 1613 fochten Dänemark und Schweden den Kalmarkrieg aus, der zu einem Sieg der Dänen und der Abgabe der Finnmark an das unter dänischer Herrschaft stehende Norwegen führt. König Gustav II. Adolf schaltete sich aktiv in den Dreißigjährigen Krieg ein und eroberte weite Teile der katholischen Gebiete. 1632 fiel er allerdings in der Schlacht bei Lützen. 1648 erlangt Schweden im westfälischen Frieden große Küstengebiete auf dem Boden des Kaiserreiches. Nach einem Krieg gegen Dänemark kam 1658 im Frieden von Roskilde das heutige Südschweden inklusive dem wichtigen Schonen hinzu. Ein jähes Ende fanden die Großmachtsträume unter König Karl XII., der im großen nordischen Krieg von den Russen und den Dänen geschlagen wurde. Schweden musste daraufhin seine Besitzungen im Baltikum abgeben.

In diese Zeit fallen auch verschiedene Kolonialisierungsbestrebungen. Diese sahen die Gründung von schwedischen Niederlassungen und Kolonien vor, scheitern letztendlich aber.

Erst nach dem Verlust Finnlands an das russische Zarenreich 1809 und den Napoleonischen Kriegen, in deren Folge Schweden von Dänemark das Königreich Norwegen abgetreten bekam, endete die schwedische Verwicklung in Kriege und größere Kampfhandlungen. Die so oft beschworene schwedische Neutralitätspolitik nahm ihren Anfang. Sie war zwar bis ins 20. Jahrhundert hinein nie eine offizielle politische Doktrin, sondern mehr Ausdruck pragmatischer Politik. So war man durchaus versucht (und hatte jeweils auch bereits mobilisiert), in die Kriege um Schleswig beziehungsweise Südjütland 1848/50 sowie 1864 auf Seiten Dänemarks einzugreifen sowie Norwegens Unabhängigkeitserklärung von Schweden 1905 militärisch zu verhindern. Weitere Krisensituationen ergaben sich für Schweden insbesondere im Zweiten Weltkrieg, als man im sogenannten Winterkrieg zwischen Finnland und der Sowjetunion 1939/40 Finnland mit Freiwilligen und Hilfsgütern unterstützte sowie nach der deutschen Besetzung Norwegens und Dänemarks.

Politik

Politisches System

Schweden ist eine parlamentarisch-demokratische Monarchie. Staatsoberhaupt ist seit 1973 König Karl XVI. Gustaf. Das Einkammer-Parlament, der Reichstag (schwed. Riksdag) hat 349 Abgeordnete und wird alle vier Jahre neu gewählt. Die acht im Reichstag vertretenen Parteien sind die konservative Moderate Sammlungspartei (Moderata samlingspartiet, m), die Liberale Partei (Folkpartiet liberalerna, fp), die Zentrumspartei (Centerpartiet, c), die Christdemokraten (Kristdemokraterna, kd), die Grünen (Miljöpartiet de Gröna, mp), die Sozialdemokratische Arbeiterpartei Schwedens (Sveriges socialdemokratiska arbetareparti, s), die Linkspartei (Vänsterpartiet, v) und die Schwedendemokraten (Sverigedemokraterna, sd). Der Reichstag ernennt den Ministerpräsidenten (statsminister), der seinerseits die weiteren Minister (schwed. statsråd) seiner Regierung ernennt.

Das Königreich ist in 21 Provinzen (schwed. län) gegliedert. Die staatlichen Verwaltungsaufgaben auf regionaler Ebene werden von einem Regierungspräsidenten (schwed. landshövding) und einer Provinzialregierung (schwed. länsstyrelse) wahrgenommen.

Im Gegensatz zu den meisten Demokratien hat Schweden ein politisches System (dessen Ursprünge in den Verwaltungsreformen des Axel Oxenstierna liegen), in dem die Minister, also die Regierung, die ausführenden Organe nicht direkt steuern dürfen (Ostnordische Verwaltungsform, auch in Finnland gebraucht). Vielmehr sind es die unabhängig agierenden Zentralämter (schwed. ämbetsverk) (beispielsweise Vägverket, Skolverket – es gibt ungefähr 200 in unterschiedlicher Größe), welche die Aufgaben erfüllen, die in anderen Ländern von Ministerien oder Landesverwaltungen realisiert werden. Demgegenüber haben die Ministerien die Aufgabe, Gesetzesvorlagen auszuarbeiten und im besten Fall die Möglichkeit, die Arbeit der Zentralämter durch Verordnungen zu beeinflussen.

Die kommunale Selbstverwaltung geschieht auf zwei Ebenen: den (seit 2003) 290 Gemeinden (schwed. kommun) und den Provinziallandtagen (schwed. landsting), welche eine Art Kommunenverbund darstellen (nicht zu verwechseln mit den staatlichen länsstyrelse). Die Gemeinden nehmen die kommunalen Aufgaben, wie unter anderem das Schulwesen, soziale Dienstleistungen, Kinder- und Altenbetreuung sowie die kommunale Infrastruktur wahr, jedoch werden die Rahmenbedingungen von den zentralen Behörden, beispielsweise Skolverket, bestimmt. Die Provinziallandtage hingegen sind für diejenigen Bereiche der kommunalen Selbstverwaltung zuständig, die die Kraft einzelner Gemeinden übersteigen, wie unter anderem das Gesundheitswesen und die Krankenpflege, den Regionalverkehr und die Verkehrsplanung. Die Gemeinden und die Provinziallandtage finanzieren ihre Tätigkeit durch die Erhebung von Einkommenssteuern, mit Abgaben und staatlichen Zuschüssen.

In Schweden gilt das Öffentlichkeitsprinzip, das heißt, dass behördliche Schriftstücke mit geringen Ausnahmen der Presse und allen Privatpersonen zugänglich sind. Niemand muss angeben, warum er ein Schriftstück einsehen möchte, noch muss man sich ausweisen. Es ist seit 1766 verfassungsrechtlich garantiert und ist damit die weltweit älteste Verfassungsregelung zur Informationsfreiheit. Auch auf dem Gebiet des Datenschutzes, dem Gegenstück zur Informationsfreiheit, gehört Schweden zu den Vorreitern: Während das weltweit erste Datenschutzgesetz 1970 in Hessen verkündet wurde, trat das weltweit erste nationale Datenschutzgesetz 1973 in Schweden in Kraft.

Eine weitere skandinavische Besonderheit ist das System der Ombudsmänner (schwed. ombudsman). Sie sollen die Rechte des Einzelnen beim Kontakt mit den Behörden schützen und die Befolgung wichtiger Gesetze sicherstellen. Bürger, die meinen, ungerecht behandelt worden zu sein, können sich an die Ombudsmänner wenden, die den Fall untersuchen und eventuell als Sonderankläger vor Gericht bringen. Gleichzeitig sollen sie in Zusammenarbeit mit den Behörden die Lage in ihren jeweiligen Bereichen erfassen, Aufklärungsarbeit betreiben und Vorschläge für Gesetzesänderungen machen. Neben den Justizombudsmännern gibt es einen Verbraucherombudsmann, einen Kinderombudsmann und einen Diskriminierungsombudsmann.

Schweden galt lange Zeit als sozialdemokratisches Musterland; es wurde von vielen europäischen Linken als gelungenes Beispiel für einen dritten Weg zwischen Sozialismus und Marktwirtschaft gesehen. Das hat sich spätestens seit den Reformen in den 1990er Jahren geändert.

Am 14. September 2003 wurde in Schweden über die Einführung des Euro als Landeswährung abgestimmt. Die Einführung war im Vorfeld kontrovers diskutiert worden, und letztlich setzten sich die Euro-Skeptiker durch (Wahlbeteiligung: 81,2 %, Wahlausgang: 56,1 % dagegen, 41,8 % dafür, 2,1 % Enthaltungen, 0,1 % ungültig). Die Skeptiker sahen in der Euro-Einführung eine Bevormundung der schwedischen Währungspolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB). Vor 2013 soll es nach der Ankündigung der schwedischen Regierung kein weiteres Referendum zur Einführung des Euro geben. Die Abstimmung wurde durch die Ermordung der schwedischen Außenministerin Anna Lindh schwer überschattet.

Die Reichstagswahlen 2006 gewann die aus vier bürgerlichen Parteien bestehende Allianz für Schweden; die Sozialdemokraten mussten sich mit 34,99 % zufriedengeben – auch wenn sie damit stärkste Partei im Reichstag blieben, stellte das ihr schlechtestes Ergebnis seit Einführung des allgemeinen Wahlrechts dar. Der neue Reichstag wählte am 5. Oktober 2006 Fredrik Reinfeldt (Moderata samlingspartiet) zum Premierminister, der tags darauf seine Regierung vorstellte und den bisherigen Premierminister Göran Persson ablöste.

Bei der Europawahl 2009 errang die schwedische Piratpartiet (eine Piratenpartei) aus dem Stand 7,1 % der Stimmen und entsendet erstmals einen der 18 schwedischen Abgeordneten ins Europaparlament. Die PP wurde damit fünftstärkste Partei, nach den Parteien Arbetarepartiet-Socialdemokraterna (24,6 %), Moderata Samlingspartiet (18,8 %), Folkpartiet liberalerna (13,6 %) und Miljöpartiet de gröna (10,8 %). Das bemerkenswert hohe Ergebnis der Piratenpartei, deren Hauptforderung „ein reformiertes Urheberrecht“ ist, wird auf die hohe Aufmerksamkeit der schwedischen Bevölkerung auf die Verurteilung von vier Verantwortlichen des Torrent-Portals The Pirate Bay zu Haftstrafen Mitte April 2009 zurückgeführt.

Der Demokratieindex der Zeitschrift The Economist weist Schweden vor Norwegen und Island als das demokratischste Land der Welt aus.

Verwaltungsgliederung

Schweden ist in 21 Provinzen (län) unterteilt. Diese lehnen sich teilweise an die historischen Provinzen (landskap) an, in die das Reich bis 1634 eingeteilt war, was sich in der Namengebung der Provinzen spiegelt. Mehr oder weniger deckungsgleich sind Gotland, Skåne, Blekinge, Östergötland, Värmland, Dalarne und Jämtland; in anderen Fällen sind die historischen Landschaften in mehrere heutige Provinzen aufgeteilt (z.B. das alte Småland) oder aber sind mehrere historische Landschaften in einer einzigen Provinz zusammengefasst (z.B. im Fall des heutigen Västra Götalands län).

Die heutigen Provinzen sind:

  • Stockholms län
  • Uppsala län
  • Södermanlands län
  • Östergötlands län
  • Jönköpings län
  • Kronobergs län
  • Kalmar län
  • Gotlands län
  • Blekinge län
  • Skåne län
  • Hallands län
  • Västra Götalands län
  • Värmlands län
  • Örebro län
  • Västmanlands län
  • Dalarnas län
  • Gävleborgs län
  • Västernorrlands län
  • Jämtlands län
  • Västerbottens län
  • Norrbottens län

Gemeinden (kommuner)

Die Gemeinden stellen die Verwaltungseinheit unter den Provinzen dar. In Schweden gibt es 290 Gemeinden.

Städte

Polizei und Militär

Die schwedische Polizei (Polisen) verfügt über ca. 23.000 Mitarbeiter, davon mehr als 16.000 Polizisten. Neben dem Reichspolizeiamt (Rikspolisstyrelsen) und dem Zentralen Kriminaltechnischen Labor (Statens Kriminaltekniska Laboratorium) gibt es 21 Polizeibehörden (Polismyndigheter) in den Provinzen des Landes.

Die schwedische Sicherheitspolizei (Säkerhetspolisen) ist ein Nachrichtendienst mit polizeilichen Befugnissen.

Die schwedischen Streitkräfte (schwedisch Försvarsmakten) bestehen aus den vier Teilstreitkräften

  • Schwedisches Heer (Armén)
  • Schwedische Marine (Svenska marinen)
  • Schwedische Luftwaffe (Flygvapnet)
  • Schwedische Heimwehr (Hemvärnet)

Die schwedische Armee untersteht dem Verteidigungsminister (zur Zeit: Sten Tolgfors). Den Oberbefehl sowohl in Friedens- als auch in Kriegszeiten führt ein Vier-Sterne-General mit dem Titel Överbefälhavaren. Die elfmonatige Wehrpflicht wurde am 1. Juli 2010 abgeschafft, nachdem seit Ende des Kalten Krieges bereits immer weniger Soldaten eingezogen wurden (45.000 Wehrdienstleistende im Jahr 1975 gegenüber 15.000 Wehrdienstleistenden im Jahr 2003).[11]

Der Verteidigungshaushalt beträgt umgerechnet etwa 4,2 Milliarden Euro (40 Mia. SEK, Stand: 2010), worin alle laufenden Aufwendungen für die Streitkräfte und Ausgaben für Forschung und Entwicklung sowie die Materialbeschaffung enthalten sind[12].

Europapolitik

Aufgrund des Kalten Krieges sah Schweden einen EU-Beitritt vor 1989 als unvereinbar mit seiner Neutralitätspolitik an. 1995 trat Schweden in der vierten Erweiterungsrunde der EU bei.[13] Die schwedische Regierung setzt sich für eine EU ein, die transparent arbeitet, Gleichberechtigung fördert und eine friedliche Globalisierung als Priorität versteht. Das Land sprach sich für die Erweiterung um die Länder Mittel-und Osteuropas, darunter auch die baltischen Staaten aus. Ferner gehört Schweden zu den stärksten Befürwortern eines EU-Beitritts der Türkei. Vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 2009 hatte Schweden die Präsidentschaft des Europäischen Rates inne.

Wirtschaft

Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts war Schweden ein ausgeprägter Agrarstaat, in dem 90 % der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebten. Erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte eine umfassende Industrialisierung ein, die bis zur Weltwirtschaftskrise von 1929 die Grundlagen für eine moderne Industriegesellschaft legte. Die Industrialisierung basierte anfänglich auf gutem Zugang zu Rohstoffen und der Verarbeitung dieser Ressourcen an Ort und Stelle (beispielsweise Eisenerz mit Hütten in Svealand, unendliche Wälder im Norden, „unendliche“ Sägewerke an der Norrländischen Küste). Erst in den 1890er-Jahren bildete sich eine mehr avancierte und sehr innovative Werkstattindustrie, vor allem in Mittelschweden, heraus (beispielsweise Nobel AB, ASEA (heute ABB), Bahco, LM Ericsson, Alfa Laval, SKF). Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Schweden zu einer der führenden Industrienationen der Welt. Die Entwicklung erreichte in der Mitte der 1960er-Jahre ihren Höhepunkt, seit den 1970er-Jahren geht die Anzahl der Beschäftigten in der Industrie zurück, während der Dienstleistungsbereich wächst. 2000 betrug der Anteil der Landwirtschaft am BIP nur noch 2 % und der des sekundären Sektors 28 %, während 70 % des BIP durch den tertiären Sektor erwirtschaftet wurden.

Die offizielle Arbeitslosenquote in Schweden beträgt 9,5 % (Juni 2010)[14] − die Zahl ist aber umstritten, da eine große Anzahl von Arbeitslosen in der Statistik als Studierende oder Langzeitkranke aufgeführt werden. Die im September 2006 gewählte liberal-konservative Regierung hat vor, die Statistik an internationale Normen anzupassen, um realistische Vergleiche mit anderen Ländern vornehmen zu können.

Land- und Forstwirtschaft

Die schwedische Landwirtschaft ist durch die geologischen Voraussetzungen und das Klima geprägt. 10 % der Staatsfläche werden landwirtschaftlich genutzt. 90 % der Anbaufläche befinden sich in Süd- und Mittelschweden. Ein Großteil der Landwirtschaftsbetriebe sind in Familienbesitz. Angebaut werden vor allem Getreide, Kartoffeln und Ölpflanzen. Mehr als die Hälfte der landwirtschaftlichen Einnahmen (58 %) wird aber durch die Tierhaltung erwirtschaftet, hier vor allem durch die Milchproduktion. Die Landwirtschaftssubventionen der EU belaufen sich auf 24 % der Einnahmen. Drei Viertel der landwirtschaftlichen Betriebe verfügen auch über Wald und verbinden Landwirtschaft mit Forstwirtschaft. Die Forstwirtschaft ist von einiger Bedeutung, da Schweden eines der waldreichsten Länder der Erde ist; 56 % der Staatsfläche ist von Wald bedeckt.

Bergbau und Industrie

Schweden ist reich an Bodenschätzen, die schon ab dem Mittelalter abgebaut wurden. Eisenerz wird – nach der Eisen- und Stahlkrise der 1970er-Jahre – nur noch in Norrland (Kiruna, Gällivare-Malmberget) abgebaut und exportiert. Kupfer, Blei und Zink übersteigen den Eigenbedarf um das Mehrfache und werden ebenfalls exportiert, während Silber zu 60 % und Gold zu 80 % den Eigenbedarf decken. Größere Erzreserven sind vorhanden, deren Abbau ist aber zurzeit unwirtschaftlich.

Was die schwedische Industrie auszeichnet, ist der verhältnismäßig hohe Anteil von Großunternehmen. Nach einer Krise am Beginn der 1990er-Jahre (mit einem Produktionsrückgang von 10 % innerhalb von zwei Jahren) hat sich die Industrie wieder erholt. Die größten Industriezweige sind Fahrzeugbau (1996: 13 % der industriellen Wertschöpfung) mit Unternehmen wie Volvo, Scania, Saab Automobile, Saab AB (Flugzeuge und Raumfahrttechnik) und andere, die Holz- und Papierindustrie (ebenfalls 13 % der industriellen Wertschöpfung) mit vier Großunternehmen, der Maschinenbau (12 % der industriellen Wertschöpfung) mit Unternehmen wie Electrolux, SKF, Tetra-Pak und Alfa Laval und die Elektro- und Elektronikindustrie (10 % der industriellen Wertschöpfung) mit den dominierenden Unternehmen Ericsson und ABB.

Energie

Hauptenergiequellen

Es gibt zwei Hauptenergiequellen: Wasser- und Atomkraft. Die in Schweden erzeugte elektrische Energie stammt zu einem Anteil von 50,8 % (2001) aus Wasserkraftwerken an den großen Flüssen (Luleälv, Indalsälv, Umeälv und Ångermanälv) im Norden des Landes und zu etwa 43 % aus Kernkraftwerken. Nur ungefähr 4 % der Stromproduktion stammt aus fossilen Energieträgern. Die Sonnenenergie ist zwar nicht unbekannt, wird aber hauptsächlich in Form von Modulen exportiert.

Atomausstieg

Nach der partiellen Kernschmelze in Three Mile Island in den USA (1979) wurde in Schweden eine Volksabstimmung gegen Kernenergie erfolgreich durchgeführt. Das hatte zur Folge, dass das Parlament 1980 entschied, keine weiteren Atomkraftwerke mehr zu bauen und die zwölf vorhandenen bis 2010 abzuschalten.

Dieser Ausstiegsplan wurde nur teilweise vollzogen. 1997 nahm der Schwedische Reichstag die Vorlage über „eine nachhaltige Energieversorgung“ an. Diese bestimmte unter anderem, einen der Reaktoren am Standort Barsebäck vor dem 1. Juli 1998 und den zweiten vor dem 1. Juli 2001 stillzulegen, allerdings unter der Voraussetzung, dass deren Stromproduktion kompensiert werden kann. Der frühere Beschluss, alle Reaktoren bis 2010 stillzulegen, wurde aufgehoben. Barsebäck Block 1 wurde schließlich am 30. November 1999 stillgelegt, Barsebäck Block 2 am 1. Juni 2005.

Der Verzicht auf die Nutzung der Kernenergie wird in Schweden kontrovers diskutiert. Die Industrie befürchtet den Verlust einer preiswerten Stromerzeugung und damit eine Beeinträchtigung ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Ein Verzicht auf die Kernenergienutzung ohne über ausreichende andere und verlässliche Stromerzeugungstechniken zu verfügen, habe erhebliche negative Folgen für die schwedische Volkswirtschaft. Auch dass man stattdessen gezwungen ist, baltischen Atomstrom und dänischen Kohlenstrom zu importieren, macht diese Frage nicht einfacher.

Die Leistung der drei noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke ist in den letzten Jahren erheblich gesteigert worden. Diese Steigerung ermöglichte die Kompensation des 2005 abgeschalteten Kernkraftwerks Barsebäck. Eine Ausnutzung von vorhandenen weiteren großen Wasserkraftpotenzialen ist nicht möglich. Der Schwedische Reichstag beschloss 1998, aus Naturschutzgründen keine weiteren Ausbauten von Gewässern zuzulassen. Per Gesetz geschützt sind die Flüsse Kalixälv, Piteälv, Torneälv und Vindelälv.

Trotz erheblicher Anstrengungen, wirtschaftlich tragfähige Alternativen zur Kernenergienutzung als auch zum Verbrauch fossiler Brennstoffe zu schaffen, ist davon auszugehen, dass Schweden noch weit über das Jahr 2010 hinaus auf die Nutzung der Kernenergie nicht verzichten kann. Die Betreiber von Kernkraftwerken gehen von einer Nutzungszeit der bestehenden Anlagen etwa bis zum Jahr 2050 aus. Diesbezüglich gab es 2004 einen Beschluss des Parlaments, dass ein Ausstieg „in den nächsten 30 bis 40 Jahren“ anzustreben sei. Im Januar 2008 sprach sich Jan Bjorklund, der Vorsitzende der liberalen Partei Schwedens, für einen Neubau von vier weiteren Reaktoren aus[15]. Eine Umfrage ergab dass 40 % der Schweden diesen Plänen zustimmen wohingegen 42 % lediglich den Betrieb der derzeitigen Anlagen befürworten, nicht aber einen Neubau weiterer Anlagen.[16] Am 5. Februar 2009 beschloss der Schwedische Reichstag den Neubau von zehn Reaktoren in den drei bestehenden Kraftwerken.[17]

Ölausstieg

Im Jahr 2006 kündigte die schwedische Regierung an bis 2020 vollständig auf erneuerbare Energien umsteigen zu wollen, um sich von der Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen zu befreien. Im selben Jahr richtete der sozialdemokratische Ministerpräsident Göran Persson für diesen Zweck ein Komitee für Öl-Unabhängigkeit (Komiteeen för att bryta oljeberoendet i Sverige till år 2020) ein, das infolge konkrete Umsetzungspläne erarbeitete. Der Bericht empfiehlt bis zum Jahr 2020 folgende Ziele umzusetzen:[18]

  • Verringerung des Ölkonsums im Straßenverkehr um 40 bis 50 Prozent
  • Einschränkung des Ölkonsums in der Industrie um 25 bis 40 Prozent
  • vollständiger Verzicht auf Ölheizungen bei Gebäuden
  • Erhöhung der Energieeffizienz um insgesamt 20 Prozent

Um die Ziele zu erreichen sollen bis zum Jahr 2020 mindestens 75 Prozent aller neuen Gebäude in Niedrigenergiebauweise errichtet werden. Bestehende Häuser sollen modernisiert und auf Fernheizung, Biokraftstoffe oder Wärmepumpen umgerüstet werden.

Ob die Empfehlungen tatsächlich umgesetzt werden ist jedoch mittlerweile fraglich, da die Sozialdemokraten bei den Septemberwahlen 2006 abgewählt wurden. Das Ziel bleibt jedoch weiterhin von internationalem Interesse.

Dienstleistungen

Der Dienstleistungsbereich erwirtschaftet heute 70 % des BIP, was sich vor allem darauf zurückführen lässt, dass der öffentliche Sektor in den letzten Jahrzehnten so stark gewachsen ist. Dennoch steht der private Dienstleistungsbereich für mehr als zwei Drittel der Produktion.

Außenhandel

Schwedens Wirtschaft ist stark vom internationalen Handel abhängig. Die wichtigsten Exportländer sind die USA (11,9 % des Exportes im ersten Quartal 2004), Deutschland (10,2 %), Norwegen (8,3 %) und Großbritannien (7,8 %). Die wichtigsten Exportprodukte sind Maschinen (15,5 % des Exportes im ersten Quartal 2004), Elektro- und Elektronikprodukte (14,9 %) und KFZ und KFZ-Bestandteile (14,4 %). Die wichtigsten Importländer sind Deutschland (19 % des Importes im ersten Quartal 2004), Dänemark (8,8 %) und Großbritannien (8 %). Die wichtigsten Importprodukte sind Elektro- und Elektronikprodukte (16,8 % des Importes im ersten Quartal 2004), Maschinen (11,4 %) und KFZ und KFZ-Bestandteile (11,3 %).

Vergleichsweise hoch ist der Anteil ausländischer Direktinvestitionen in Schweden. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass die schwedische Wirtschaft von einer kleinen Anzahl international tätiger Konzerne dominiert wird. Etwa 50 Konzerne kommen für zwei Drittel des schwedischen Exportes auf.

Fremdenverkehr

Der Fremdenverkehr trägt mit etwa 3 % (3,3 Mrd. Euro, 2000) zu Schwedens BIP bei. Vier Fünftel der Touristen sind Inländer und nur ein Fünftel kommt aus dem Ausland. Von den Auslandstouristen kamen 1998 23 % aus Deutschland, 19 % aus Dänemark, 10 % aus Norwegen und je 9 % aus Großbritannien und den Niederlanden.

Staatshaushalt

Der Staatshaushalt umfasste 2009 Ausgaben von umgerechnet 221,1 Milliarden US-Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 217,9 Mrd. US-Dollar gegenüber. Daraus ergibt sich ein Haushaltsdefizit in Höhe von 0,8 % des BIP.[19]

Die Staatsverschuldung betrug 2009 144,1 Mrd. US-Dollar oder 35,8 % des BIP.[19]

2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben (in % des BIP) folgender Bereiche:

  • Gesundheit:[20] 9,2 % (überwiegend durch regionale Landsting-Steuern finanziert)
  • Bildung:[19] 7,1 % (2005)
  • Militär:[19] 1,5 % (2005)

Verkehr

Eisenbahn

Schweden besitzt ein gut ausgebautes Eisenbahnnetz, das vor allem im dichter besiedelten Süden die wichtigsten Städte miteinander verbindet. Größter Anbieter sind die Statens Järnvägar (SJ). Daneben existieren mehrere kleinere Eisenbahngesellschaften mit lokaler Bedeutung. In den letzten Jahren ist das Eisenbahnnetz aus ökonomischen Gründen verkleinert worden. Das betraf beispielsweise die Inlandsbahn nach Nordschweden. Von Bedeutung ist der Hochgeschwindigkeitsverkehr mit dem modernen X2000, der Stockholm, Göteborg, Malmö/Kopenhagen und mehrere kleinere Städte miteinander verbindet. Schweden ist mit Dänemark zwischen Malmö und Kopenhagen über die Öresundverbindung verbunden. Größter Logistikanbieter im Schienengüterverkehr ist die Green Cargo AB.

Straße

Schweden besitzt ein sehr gut ausgebautes Straßennetz mit einer guten Infrastruktur an Raststätten, das auf stärker frequentierten Strecken autobahnartig ausgebaut wird. Autobahnen (motorväg) verbinden hauptsächlich die drei Ballungsregionen um Stockholm, Göteborg und Malmö. Auch über die Öresundbrücke verläuft eine mautpflichtige Autobahn.

Weit verbreitet sind bei Fernstraßen dreispurige Straßen, wobei die mittlere Spur als Überholspur jeweils einer Richtung benutzt wird. Diese Straßen bieten, kostengünstiger als Autobahnen, erheblich mehr Sicherheit als die gewöhnlichen Landstraßen. In ganz Schweden sind Landstraßen und kleinere Wege oftmals unbefestigt. Bis 1967 herrschte in Schweden Linksverkehr. (Siehe auch Dagen H, dem 3. September 1967, an dem der Rechtsverkehr eingeführt wurde.)

Überlandbus

Überlandbusse stellen ein beliebtes Verkehrsmittel dar, weil sie preisgünstig sind und ein engmaschiges Netz anbieten.

Flugverkehr

Von großer Bedeutung bei den längeren Inlandsverbindungen beispielsweise nach Nordschweden ist der Flugverkehr. Fast jede Mittel- und Großstadt verfügt über einen Verkehrsflughafen. Die größten Flughäfen sind die Flughäfen Stockholm-Arlanda, Göteborg-Landvetter, Stockholm-Skavsta sowie der Flughafen Malmö.

Schifffahrt

Als Land mit einer langen Küstenlinie und vielen natürlichen Seehäfen hat Schweden traditionell eine weit entwickelte Schifffahrt. Insbesondere die Küstenschifffahrt und die Fährverbindungen besitzen eine hohe Bedeutung. Wichtige Häfen befinden sich in Göteborg, in Malmö, in Helsingborg, in Trelleborg, in Karlshamn, in Karlskrona und im Raum Stockholm.

Marktführer der Personen- und Fahrzeugbeförderung mit Fähren ist die Stena Line.

Medienlandschaft

Radio und Fernsehen

Die öffentlich-rechtliche Fernsehgesellschaft Sveriges Television AB (SVT) sowie Sveriges Radio haben ihren Sitz in Stockholm. Dort befindet sich auch seit Anfang der 90er Jahre das private TV4, während das Ende der 1980er-Jahre gegründete private TV3 in London ihren Sitz fand, um das damalige Monopol von SVT zu umgehen.

Nachdem in den 80er Jahren Kabelfernsehen eingeführt wurde und somit auch ausländische Privatsender in Schweden zu sehen waren, wurden ab 1990 auch schwedische Anbieter für privates Radio und Fernsehen zugelassen.

Printmedien

Überregionale Tageszeitungen sind die in Stockholm erscheinenden Dagens Nyheter, Svenska Dagbladet und Dagens Industri. Zu weiteren Printmedien siehe auch die Liste von Zeitungen.

KulturMusik

Volksmusik

Zu den ältesten Volksmelodien dürften die Weisen der schwedischen Kuhhirtinnen gehören (vallåt). Die Melodien sind Signalrufe für andere Kuhhüterinnen, die verschiedene Bedeutungen haben können (verlorenes Tier, wiedergefundenes Tier usw.) oder direkte Anweisungen an die Herde (Rast, Schlaflieder, Weidelieder usw.). Ob die Melodiefolgen durch Musikinstrumente (Kuhhörner, Luren) geprägt sind oder von Anfang an gesungen wurden, kann nicht mit Sicherheit bestimmt werden.

Viele Hirtenweisen sind in die Tanzmusik übergegangen oder dienten als Quelle für die nationalromantische klassische Musik (Alfvén, Atterberg). In der Tanzmusik, die sich wohl vor allem im Barock entwickelte, dominieren die Geige (Spielmannsmusik), die sich seit Ende des 17. Jahrhunderts in Schweden verbreitete, und die Tanzformen der Polka und des Menuetts. Dabei ist man sich nicht einig, inwieweit die Tanzform der Polka teilweise bereits als Bauerntanz vor polnischen Einflüssen im 16. und 17. Jahrhundert existierte. Vor dem allgemeinen Gebrauch der Geige waren die Schlüsselfidel (schwedisch nyckelharpa, seit dem Spätmittelalter gebräuchlich) und die Sackpfeife übliche Volksinstrumente. Die nyckelharpa konnte sich als Instrument bis in die Gegenwart halten. Nach technischen Weiterentwicklungen (chromatische Nyckelharpa) erlebt sie heute einen neuen Aufschwung auch außerhalb der Volksmusik, beispielsweise in der Musik der Mittelalterszene.

Die schwedische Volksmusik geriet durch die pietistischen und frömmlerischen Bewegungen auf dem Lande im Laufe des 19. Jahrhunderts in starke Bedrängnis. Instrumente der Volksmusik galten als Troll- und Teufelszeug. Entscheidend zum Überleben der Volksmusik beigetragen hat der Maler Anders Zorn, der unterhalb des Gesundaberges am Siljanssee nahe seinem Heimatort Mora in Dalarna seit 1906 Volksmusikwettbewerbe durchführte. Auf diese Weise gelang es ihm, die alten Melodien und Instrumente wieder populär zu machen. Eine ähnliche Gefährdung erlebte die samische Volksmusik, der Joik und die Samentrommel, die während der Zeit der Missionierung im 17. und 18. Jahrhundert als Teufelsmusik verpönt waren. Die Trommeln wurden systematisch eingesammelt. Der Joik ist ein Lied, das im Text und lautmalerisch in der Melodie die Natur, Tiere, Menschen, freudvolle oder traurige Ereignisse beschreibt. Die Trommeln wurden im Rahmen von schamanistischen Bräuchen verwendet (Wahrsagen, Opfer, Voraussagen usw.).

Bekannte zeitgenössische Volksmusiker und Sänger sind z. B. Ulrika Bodén, Emma Härdelin, Lena Willemark, Anders Norudde und Benny Andersson.

Kunstmusik

Johan Helmich Roman (1694–1758) gilt als eigentlicher Vater der schwedischen Kunstmusik. Roman orientierte sich an Georg Friedrich Händel, schrieb Tafelmusik (Drottningholmsmusiken), aber auch die erste schwedischsprachige Messe (Then svenska messan). Unter Gustav III. erlebte die Oper eine erste Blütezeit (damals entstanden auch Werke mit betont nationalen Inhalten wie etwa Johann Gottlieb Naumanns „Gustav Vasa“).

Franz Berwald (1796–1868) und Adolf Fredrik Lindblad (1801–1878) gehören zu den ersten bedeutenden Sinfonikern, die an die deutsche Klassik und Romantik anknüpfen. Für beide ist Beethoven das große Vorbild. Berwald erlangte mit seinen Sinfonien auch internationale Anerkennung und schrieb erste Tondichtungen (Älvalek). Lindblad erlangte vor allem wegen seiner Chorwerke und Lieder große Beliebtheit. Ludvig Norman (1831–1855) dominierte als Sinfoniker die Mitte des 19. Jahrhunderts. Seine Symphonien schließen an die romantische Musik Niels Wilhelm Gades an und stehen der deutschen Romantik Schumanns und Mendelssohns nahe. Ivar Hallström folgte mit seinen Opern (Den Bergtagna) und Balletten französischen Vorbildern. Dagegen schloss sich Andreas Hallén der neudeutschen Schule an mit seinen Tondichtungen „Die Toteninsel“ oder seiner Oper „Harald Viking“, in der Anklänge an Wagners Werk unverkennbar sind.

Die Volksmusik und ihr reicher Melodienschatz wurde von August Söderman „wiederentdeckt“. Mit seinen Tanzsuiten, seiner Schauspielmusik und Chorwerken versucht er eine nationale schwedische Musiksprache zu finden. Seine Versuche wurden zur Inspirationsquelle der Spätromantiker. Die Musik der Jahrhundertwende wurde von mehreren großen Persönlichkeiten geprägt, denen es gelang, eine nationale schwedische aber auch sehr persönliche Musiksprache zu schaffen: Wilhelm Stenhammar, Hugo Alfvén und Wilhelm Peterson-Berger. Wilhelm Stenhammar ist von den dreien der „klassischste“ und der überlegene Beherrscher der musikalischen Großformen (Sinfonien, Klavierkonzerte, Kantaten). Brahms und Wagner sind für seine Musiksprache Vorbilder. Hugo Alfvén schuf mit seinen Rhapsodien (Midsommarvaka, Uppsala rapsodi, Dalarapsodi), die schwedische Volksmusik als Motive verwenden, eine nationale schwedische Musiksprache. Wilhelm Peterson-Berger schuf bedeutende Sinfonien, Opern (Arnljot) und Klavierwerke (Frösöblomster, I Somras), in denen er großartige Naturstimmungen in Klang und Melodie umsetzt. Auch er steht Wagner nahe, aber auch Edvard Grieg und klingt zuweilen überraschend modern und erinnert in seinen Klängen an den Impressionismus Debussys, den er eigentlich ablehnte.

Die Spätromantik ist intensiv und dauert bis um 1950 an. Dominante Musikerpersönlichkeit dieser Zeit ist Kurt Atterberg mit seinen Sinfonien, deren Musiksprache sich an Richard Strauss orientiert. Auch Atterberg gelingen ungewöhnliche Klangfarben zur Schilderung von Naturstimmungen, die zum Teil sein Vorbild Strauss an Raffinesse noch übertreffen. In den 1930er-Jahren beginnt eine Gruppe von Komponisten, die sogenannten „30-talisterna“, an neuere Musikströmungen anzuknüpfen mit neoklassizistischen Werken (Lars-Erik Larsson, Gunnar de Frumerie, Dag Wirén). Hilding Rosenberg wird mit seinen gewaltigen Sinfonien, die sich inhaltlich mit komplexen geistigen Zusammenhängen auseinandersetzen (Johannesapokalypse), zum großen Neuerer der Sinfonik. Karl-Birger Blomdahl setzt mit seiner Weltraumoper „Aniara“ (1959) neue Maßstäbe für die Entwicklung der modernen Musik in Schweden, in dem er auch elektronische Klänge (Tonband) einführt, obwohl die Musik sich zu einem großen Teil noch sehr konservativ an der neoklassizistischen Tonsprache der 1940er-Jahre orientiert. Heute ist Schweden international für seine Popmusik bekannt. Bands wie ABBA, Roxette, Ace of Base und Army of Lovers sind weltbekannt.

Film

Um 1910 begann man mit der regelmäßigen Produktion von Spielfilmen. Der schwedische Film erreichte bald eine Qualität, die ihn international bekannt machte. Aber mit der Einführung des Tonfilmes und der damit verbundenen Begrenzung auf den kleinen, schwedischsprachigen Markt sank der Film auf ein provinzielles Niveau ohne künstlerischen Anspruch ab. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte der schwedische Film einen neuerlichen künstlerischen Aufschwung, zuerst im Dokumentarfilm, beispielsweise Arne Sucksdorffs 1948 mit dem Oscar ausgezeichneten Film „Menschen in der Stadt“, und danach als Autorenfilm mit Ingmar Bergman, Jan Troell und Bo Widerberg als herausragende Persönlichkeiten. Auch schwedische Kinder- und Jugendfilme erlangten internationale Aufmerksamkeit. Die Schaffung des Schwedischen Filminstitutes in den 1960er-Jahren trug zu einer Qualitätssicherung bei, die bis heute andauert.

Weltkulturerbe

Sport

In Schweden erfreuen sich Mannschaftssportarten wie Eishockey, Handball, Innebandy, Bandy oder Fußball großer Beliebtheit. Daneben sind insbesondere Wintersportarten (speziell Nordischer Skisport) populär.

Das Eishockeyteam Schwedens gehört zu den besten der Welt. Unter anderem spielen Spieler wie Peter Forsberg, Markus Naslund, Mats Sundin, Henrik Zetterberg, Nicklas Lidström, Daniel Alfredsson für das „Tre Kronor“-Team. Bei den Olympischen Winterspielen 2006 in Turin holten sie die Goldmedaille im Finale gegen den Erzrivalen Finnland. Das bedeutete zugleich den 8. Weltmeistertitel für das schwedische Team. Die Damenauswahl konnte bei diesen Olympischen Spielen mit einem Sieg gegen die USA zum ersten Mal ein rein nordamerikanisches Finale verhindern. Im Endspiel scheiterte das Team aber an Kanada.

Die erfolgreichsten schwedischen alpinen Skiläufer sind Ingemar Stenmark, Pernilla Wiberg und Anja Pärson. Die bekanntesten Schweden im nordischen Skisport sind die Langläufer Gunde Svan, Thomas Wassberg und Torgny Mogren sowie der Skispringer Jan Boklöv, der als Erfinder des sogenannten V-Stils gilt.

Im Fußball stand Schweden 1958 bei der Fußball-Weltmeisterschaft im eigenen Land im Finale gegen Brasilien. 1950 und 1994 erreichte die Mannschaft Platz 3. Zuletzt spielten für das Nationalteam viele internationale Stars wie Henrik Larsson und Fredrik Ljungberg, derzeit noch Zlatan Ibrahimović und Olof Mellberg. An der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland nahmen sie ebenfalls teil, schieden aber im Achtelfinale nach einer Niederlage gegen Deutschland aus. Für die Weltmeisterschaft 2010 konnte sich Schweden aber nicht qualifizieren. Die Frauen-Nationalmannschaft gehört zu den besten der Welt und die schwedische Damallsvenskan gilt neben der deutschen Bundesliga als stärkste Liga Europas.

1954, 1958, 1990 und 1999 war die schwedische Männer-Handballnationalmannschaft Weltmeister. Europameister wurden das Land 1994, 2000 und 2002. 1992, 1996 und 2000 belegte das schwedische Handballteam jeweils den zweiten Platz bei den Olympischen Spielen. Aktuelle schwedische Nationalspieler sind unter anderem Stefan Lövgren, Marcus Ahlm, Pelle Linders, Kim Andersson, Mattias Andersson und Henrik Lundström. Der Schwede Magnus Wislander wurde zum Welt-Jahrhundert-Spieler gekürt.

Im Tennis hat Schweden einige der weltbesten Spieler hervorgebracht. Dazu gehören der fünfmalige Wimbledonsieger Björn Borg, sowie Mats Wilander (sieben Grand Slam Titel) und Stefan Edberg (sechs Grand Slam Titel). Auch im Tischtennis kamen einige Weltklassespieler aus Schweden, so u.a. Jan-Ove Waldner (zweifacher Weltmeister) und Mikael Appelgren.

In der Mannschaftssportart Unihockey (innebandy) gewann das schwedische Herrenteam sechs der bisher sieben ausgetragenen Weltmeisterschaften; die schwedischen Damen gewannen zweimal den Weltmeistertitel. Neben Finnland und der Schweiz gehört Schweden zu den Gründungsvätern des Unihockey-Weltverbandes IFF.

Auch im Motorsport gab es einige erfolgreiche Schweden wie z. B. die beiden Rallye-Weltmeister Björn Waldegard und Stig Blomqvist sowie in der Formel 1 den zweimaligen Vizeweltmeister Ronnie Peterson.

Schwedische Küche

Typisch schwedische Feste und Bräuche

Am 6. Januar wird Trettondedag jul (dreizehnter Weihnachtstag, auch Trettondag jul) begangen. Dieser Tag entspricht dem deutschen Dreikönigstag und ist im hauptsächlich protestantischen Schweden ein staatlicher Feiertag.

Am Tjugondedag jul (zwanzigster Weihnachtstag, auch Tjugondag jul) oder Tjugondag Knut (13. Januar) ist die Weihnachtszeit vorbei. Es finden gelegentlich Abschlussfeste mit Weihnachtsbaumplünderung statt. Die Kerzen und der Schmuck werden entfernt und der Baum hinausbefördert.

Påsk (Ostern) wird im ganzen Land gefeiert − bis in die 1970er Jahre hinein war der Karfreitag ein stiller Tag mit geschlossenen Geschäften und Trauermusik im Radio, heute ist das außer in strikt religiösen Kreisen Vergangenheit. Am Ostersonnabend laufen die Kinder als Osterhexen (påskhäxor) verkleidet herum, um Süßigkeiten oder Geld einzusammeln. Karfreitag und Ostermontag sind gesetzliche Feiertage.

Der Valborgsmässoafton wird am 30. April gefeiert und entspricht der deutschen Walpurgisnacht. Das Volk versammelt sich um große Lagerfeuer. Es werden Reden über den Frühling gehalten und Frühlingslieder gesungen.

Vor allem in den beiden alten Universitätsstädten Lund und Uppsala ist Valborg oder Siste april am Abend vor dem 1. Mai ein wichtiges Studentenfest. In Uppsala beginnt das Fest nach einem Sektfrühstück bereits um 10 Uhr, wenn selbstgebaute fantasievolle Boote beim Wettrennen durch den Fyrisån gesteuert werden. Im Anschluss an das feierliche Mützenaufsetzen um 15 Uhr zieht man im champagne-galopp den Carolinahügel hinunter bis in die überfüllten Studentenkneipen, wo ausgelassene Trinkgelage beginnen. Die Studenten feiern den beginnenden Frühling oft bis in die frühen Morgenstunden in den Parks und Straßen der Stadt mit Spielen, Picknick und übermäßigem Alkoholgenuss.

Der 6. Juni, Svenska flaggans dag, ist der offizielle Nationalfeiertag Schwedens. Ursprünglich als „Flaggentag“ 1916 ins Leben gerufen, ist der 6. Juni seit 1983 „Nationaltag“ und erst seit 2005 auch gesetzlicher Feiertag. Dieser Nationaltag wird jedoch nicht richtig gefeiert und unter der Bevölkerung als weithin unbedeutend empfunden.

Das Midsommarfest wird an der ersten Nacht zum Samstag nach dem 21. Juni gefeiert. Die Heftigkeit des Feierns dieses Wochenendes ist nur mit Weihnachten vergleichbar. Wenn am Johannisabend Ende Juni das Sonnenlicht im Norden 24 Stunden lang zu sehen ist und im Süden nur wenige Stunden lang in blauen Dämmerschein übergeht, ist Schweden am schönsten. Der Feiertag ist eine uralte Tradition und wurzelt in den vorgeschichtlichen Sommersonnenwendfeiern. Um den mit Birkenreisig und Blumen geschmückten Maibaum, das vielleicht bekannteste schwedische Nationalsymbol, wird überall in Schweden getanzt und gesungen. Im ganzen Land herrscht ausgelassene Feststimmung.

Im August kamen früher die ersten frischen Krebse auf den Markt. Das dazugehörige Fest wird Kräftskiva genannt und kann zu beliebigem Zeitpunkt stattfinden. Man isst, so viel man schafft, von den in einem kräftigen Dillsud gekochten Krebsen und trinkt dazu Schnäpse. Als Schmuck dienen Girlanden und lustige Hüte.

In Nordschweden gibt es zum Ende des Sommers noch das Surströmmingsskiva. Der Verzehr der in einer Dose vorgegorenen Heringe mit Kartoffeln oder tunnbröd (Dünnbrot – eine Vorstufe des Knäckebrots aus Norrland) erfordert aber unempfindliche Geruchsnerven.

Das Luciafest beginnt am Morgen des 13. Dezembers und ist in Schweden der Tag der Lichterkönigin. Die älteste Tochter erscheint als Luciabraut in einem weißen Kleid und einem Kranz aus Preiselbeerzweigen und brennenden Kerzen auf dem Kopf. Die „Lussebrud“ weckt die Familie und serviert das Frühstück am Bett. Im ganzen Land werden Schulen und Arbeitsstätten in den frühen Morgenstunden von magisch schimmernden Luciazügen besucht. Junge Mädchen in fußlangen weißen Gewändern mit Kerzen auf dem Kopf und in den Händen werden von weißgekleideten jungen Männern begleitet, den „Sternjungen“, die bei dieser Gelegenheit einen langen, spitzen, mit einem Stern gekrönten Hut tragen. Zusammen singen sie die traditionellen Gesänge, die zur Vorweihnachtszeit und zu Weihnachten gehören. Von diesem Tag an und über die gesamte Weihnachtszeit hinweg isst man ein besonderes, mit Safran gewürztes und gefärbtes, Hefegebäck (Lussekatter).

Sehenswürdigkeiten

Sonstiges

In der Nähe von Kiruna in Esrange wird ein Raketenstartplatz für den Start von Höhenforschungsraketen betrieben.

Literatur

  • Anemone Schlich: Das Bild der Europäischen Union in der schwedischen Öffentlichkeit. Der Andere Verlag, Osnabrück 2004, ISBN 3-89959-243-3.
  • Jörg-Peter Findeisen: Schweden. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. 2. Auflage. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2005, ISBN 3-7917-1561-5.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. ↑ Sv. Wikipedia: Svenskt teckenspråk
  2. ↑ Statistisk årsbok för Sverige 2009
  3. ↑ Bevölkerung nach Provinzen und Gemeinden am 31. Dezember 2009
  4. ↑ Alle Angaben dieses Absatzes aus SCB − Geografiska uppgifter, Seite 20
  5. ↑ Sveriges meteorologiska och hydrologiska institut − Sveriges temperaturrekord
  6. ↑ Naturvårdsverket: Förslag om 13 nya nationalparker
  7. ↑ Statistics Sweden: Many marriages and births during the first six months
  8. ↑ Statistics Sweden: Beskrivning av Sveriges befolkning 2008, S. 46.
  9. ↑ Statistics Sweden: Beskrivning av Sveriges befolkning 2008, S. 64.
  10. ↑ Svenska Kyrkan Statistiek pagina Medlemmar 1972–2008 excel file
  11. ↑ Schweden schafft die Wehrpflicht ab ARD Tagesschau, abgerufen am 1. Juli 2010
  12. ↑ About the Swedish Armed Forces, offizielle Seite der Försvarsmakten, abgerufen Juli 2010
  13. ↑ Botschaft Schweden
  14. ↑ Statistiska Centralbyrån
  15. ↑ World Nuclear News vom 14. Januar 2008 (englisch)
  16. ↑ Supporters of Nuclear Energy vom 26. Juni 2008 (englisch)
  17. ↑ Der Spiegel: Schweden baut wieder Atomkraftwerke 6. Februar 2009
  18. ↑ Making Sweden an OIL-FREE Society. In: Prime Minister's Office Commission on Oil Independence. 21. Juni 2006
  19. ↑ a b c d The World Factbook
  20. ↑ Der Fischer Weltalmanach 2010: Zahlen, Daten, Fakten. Fischer, Frankfurt, 8. September 2009, ISBN 978-3-596-72910-4.

 

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Geschichte Schwedens

Dieser Artikel bietet einen Überblick über die schwedische Geschichte von der Urzeit bis in die Gegenwart.

In vorgeschichtlicher Zeit

Gegen Ende der letzten Eiszeit (um 12.000 v. Chr.) begannen die ersten Menschen über eine Landbrücke zwischen dem heutigen Deutschland und Schonen in die Küstengebiete einzuwandern. Die ältesten Funde sind etwa 13.000 Jahre alt und wurden in Schonen entdeckt. Die nomadisierenden Jäger, Fischer und Sammler zogen aus Mitteleuropa nach Norden und als die Landbrücke um 5000 v. Chr. verschwand, waren Mittelschweden und die Küsten Nordschwedens besiedelt. Um ungefähr 4.000 v. Chr. hielt die Landwirtschaft ihren Einzug in Schweden und es entstanden feste Siedlungen. Aufgrund der Formen der Grabstätten und Grabbeigaben kann man in den folgenden Jahrtausenden zwischen unterschiedlichen Kulturen unterscheiden. Bekannte Beispiele sind die Megalithanlagen von Hagestad oder das Grab von Kivik mit seinen Felszeichnungen.

Die schwedischen Illustratoren Anders Lindgren, C. G. G. Hilfeling (1740-1823) und Nils Mansson Mandelgren (1813-1899) leisteten wichtige Arbeit bei der Dokumentation archäologischen Objekte, von denen einige inzwischen abgetragen sind.

Altertum

Erstmals schriftlich erwähnt wurde Skandinavien in der naturalis historia Plinius' des Älteren aus dem Jahr 79 und der Germania des Gaius Cornelius Tacitus, der als erster das Volk der Svear als Suionen erwähnte.

  • „Suionum hinc civitates ipso in Oceano praeter viros armaque classibus valent.“
  • „Die Stämme der Suionen darauf, direkt am Ozean, sind außer durch Männer und Waffen durch ihre Flotten mächtig.“
  • – Tacitus, Germania Kap. 44.

Er erwähnt, dass es bei den Suionen bereits einen König gegeben habe:

  • „Est apud illos et opibus honos, eoque unus imperitat, nullis iam exceptionibus, non precario iure parendi.“
  • „Bei ihnen steht auch der Reichtum in Ansehen, und darum hat einer die Herrschaft, nun schon ohne Ausnahmen, in unwiderruflicher Gehorsamspflicht.“
  • – Tacitus Germanis Kop. 44.

Man hat bereits früh die unter diesem König zusammengefassten Kleinstämme als die später im Upplandslag genannten Uppländer identifiziert, die von Snorri Sviþjóð genannt wurden und eine Kerngruppe des schwedischen Volkes darstellten.[1] Die Namen der drei Teilstämme („Folklande“) sind nicht überliefert. Sie wurden im Spätmittelalter nach der Zahl der ihnen zugehörigen Hundertschaften („hundare“) benannt: Tiundaland, Attundaland und Fjärundaland, dazu der Küstenraum Roden. Diese Folklande besaßen je ein regionales Thing. Das Zentrum der drei Folklande lag bei Alt-Uppsala, wo sich das zentrale Heiligtum befand, in dem nach Adam von Bremen drei Götter, Odin, Freyr und Thor verehrt wurden. In der frühen Vorzeit, so wird angenommen, dass Vanengottheiten, die für die Fruchtbarkeit zuständig sind, verehrt wurden. Später waren das die Asen. Dies wird dadurch wahrscheinlich, dass in der Ynglingatal berichtet wird, der König Domaldi wegen andauernder Missernten der Göttin Ceres geopfert worden sei. Auch wurden Markt und Thing in Alt-Uppsala als Disthing (= Dísa-þing, Thing der Disen) bezeichnet.[2] Die weitere Entwicklung liegt im Dunkeln. Die Auswertung der Texte und archäologischer Funde hat keinen Aufschluss darüber erbringen können, wann und auf welche Weise die Götalande, Småland, Värmland usw. in dieses Reich einverleibt wurden. Burgenbauten in Zentralschweden, in den beiden Götalanden, auf Öland und Gotland aus der Zeit zwischen 400 und 800 deuten scheinbar auf kriegerische Verwicklungen hin. Diese Meinungsverschiedenheiten in der Forschung hängen damit zusammen, dass dem Beowulflied und der Ynglingatal in Bezug auf einen historischen Kern ein unterschiedlicher Wert beigemessen wird. Erst bei Olof Skötkonung ist man sich einig, dass er über das gesamte Gebiet geherrscht habe.[3]

Den archäologischen Funden nach zu urteilen, fand zwischen Christi Geburt und dem Beginn des 5. Jahrhunderts ein lebhafter Handel mit dem Römischen Reich statt. Römische Importprodukte kamen bis in den hohen Norden, aus dem nordischen Raum kamen unter anderem Pelzwerk und öländische Pferde. Skandinavien wurde auch zum ersten Mal in römischen Schriften erwähnt.

Auf der Weltkarte des Ptolemäus um 150 ist Skandinavien erstmals kartografisch erfasst (siehe Scandza). Im Gegensatz zu der vorangehenden kollektiven Gesellschaftsform kam es nun auch zu einer stärkeren sozialen Schichtung, wie vor allem prächtig ausgestattete Kammergräber zeigen. Gegen Ende dieses Zeitraums wurde auch die Runenschrift eingeführt.

Zwischen 400 und 800 setzte sich die Machtkonzentration auf einige Zentren fort. Hügelgräber weisen darauf hin, dass es lokale Häuptlinge bzw. Stammesfürsten gab. Zahlreiche Fluchtburgen zeugen von den unsicheren Zeiten und dem Leben in ständiger Kriegsbereitschaft. Handelsplätze wie Helgö und später Birka lassen auf umfangreiche internationale Kontakte schließen.

Wikingerzeit (800–1050)

Um das Jahr 800 begannen die langen Wikingerfahrten, kombinierte Kriegs- und Handelszüge in westliche und östliche Richtung. Die Wikingerzüge aus dem heutigen dänischen und norwegischen Raum sowie Skåne und Bohuslän gingen nach Westen. Wikingerzüge der mittelschwedischen Bevölkerung (Väster- und Östergötland sowie Svealand) richteten sich meist nach Osten. Über die großen russischen Flüsse erreichten sie Konstantinopel (Miklagård) und das Seidenland am Kaspischen Meer (Särkland). Diese Wikingerzüge waren meist Raubhandelszüge, doch weisen historische und archäologische Quellen auf eine starke politische Betätigung der Rus (auch Waräger genannt) an der Entstehung des Großfürstentums von Nowgorod und Kiew hin, deren Fürsten skandinavischen Ursprungs waren. Auf die Schwedenzüge folgte in vielen Gebieten eine umfassende Kolonisation. Großfürst Jaroslav († 1054) holte sich als letzter Warägerfürst noch militärische Unterstützung aus Schweden. Jaroslav war mit Ingigerd, der Tochter Olof Skötkunungs verheiratet. Für die Mitte des 11. Jahrhunderts bezeugen die Runensteine Raubzüge auf beide Seiten des finnischen Meerbusens.[4]

Die weiten Handelszüge der Skandinavier führten zu einem markanten wirtschaftlichen Aufschwung, was sich in der Gründung von Handelsstädten niederschlug. Birka entstand nach 700, Sigtuna und Lund um 1000. Der internationale Handel mit Luxuswaren wie Silber und Seide aus dem Osten, Waffen und Gläsern aus dem Westen, Pelzen aus dem Norden sowie der Sklavenhandel bildeten die wirtschaftliche Grundlage dieser Städte.

Im 10. Jahrhundert wurde auch die Grundlage für die späteren skandinavischen Reiche gelegt. Erik Sägersäll war der erste christliche König. Doch kehrte er zum Heidentum zurück. Sein Sohn Olof Skötkonung blieb dann beim christlichen Glauben. Seine Taufe wird in den Quellen dem englischen Missionsbischof Siegfried aus York zugeschrieben und für das Jahr 1008 angesetzt. Dies führte zu einer anhaltenden Spannung zwischen den schon christianisierten Göthen und den heidnisch gebliebenen Svear.[5] Sein Sohn Anund gab auch seinem Schwager Olav dem Heiligen 400 Soldaten zur Rückeroberung seines Reiches mit. Er konnte das Heiligtum in Uppsala nicht zerstören, vielmehr nötigten ihn die Heiden, auf jegliche Bekehrungsarbeit zu verzichten und sich im Gebiet der christlichen Westgöthen niederzulassen, wo er in Skara einen Bischofssitz errichtete. Aber noch zu Zeiten des Saxo Grammaticus gab es noch keine feste Diözesaneinteilung. Selbst als 1123 zwischen dem Erzbischof von Hamburg und dem Papst Verhandlungen über den Status Skandinaviens begannen, war Uppsala noch fest in heidnischer Hand. König Erik Årsäll (1087–1088) war der letzte schwedische König, der in Uppsala opferte. Erster Bischof in Uppsala war Siward. Er musste 1133 aus Schweden in das Kloster Rastede bei Oldenburg fliehen. 1153 begannen die Verhandlungen für ein eigenes Erzbistum für Schweden.

Zu Beginn des 11. Jahrhunderts war das Königreich ein loser Verbund selbständiger Landschaften (Väster- und Östergötland, Svealand und die „kleinen Länder“, Småland, im Süden) mit eigenem Thing und eigenen Gesetzen und Richtern, zusammengehalten durch die Person des Königs, der nach seiner Wahl von Thing zu Thing reisen musste, um sich bestätigen zu lassen. Die königliche Macht war ziemlich gering.

In diese Zeit fällt auch die Christianisierung Schwedens. Der erste Kontakt mit dem Christentum entstand durch die Missionstätigkeit des heiligen Ansgar, des Erzbischofs von Hamburg-Bremen. Er unternahm um 830 und 853 zwei Missionsreisen nach Schweden, die allerdings keinen Erfolg hatten. Im Jahr 1008 jedoch ließ sich König Olof Skötkonung taufen. Dennoch waren bis ins 12. Jahrhundert große Teile der Bevölkerung heidnisch.

Hochmittelalter (1050–1389)

Die eigentliche Reichsgründung geschah im Hochmittelalter zwischen 1000 und 1300 und ging einher mit der Christianisierung Schwedens. Mit dem Erfolg der christlichen Missionstätigkeit in Götaland entstand nach 1000 auch die christliche Königswürde mit dem Anspruch auf Anerkennung sowohl in Göta- wie auch in Svealand. Sie war jedoch anfangs umstritten, instabil und meist nur von regionaler Bedeutung. Darüber hinaus war es ein Wahlkönigtum, was oft zu Kämpfen um die Thronfolge führte. So kämpften zwischen 1130 und 1250 die Geschlechter Sverkers und Eriks um die Königsmacht. Die wichtigste Machtposition nach dem König hatte im 12. und 13. Jahrhundert der Jarl inne. Der letzte und einer der mächtigsten Jarle in Schweden war Birger Jarl, dessen Sohn Waldemar 1250 zum König gewählt wurde. Dieser wurde jedoch von seinem Bruder Magnus Ladulås durch einen Staatsstreich abgesetzt. Unter Birger Jarl und den nachfolgenden Folkungern kam es zu umfassenden politischen und sozialen Reformen. Es gelang ihnen, eine Zentralmacht aufzubauen und die Gesellschaft nach dem Vorbild der feudalen europäischen Staaten zu organisieren. 1350 wurden schließlich die alten Landesgesetze durch ein im ganzen Reich geltendes Gesetz ersetzt.

Zeitgleich zum Ausbau der Königsmacht schritt der Aufbau der kirchlichen Organisation voran. Kirche und Königtum waren aufeinander angewiesen. Im 11. und 12. Jahrhundert wurden Bistümer mit Sitz in Skara, Linköping, Sigtuna und anderen Orten gegründet. Sitz des Erzbischofs von ganz Skandinavien war seit 1104 Lund im damaligen Dänemark. 1164 wurde Schweden ein unabhängiges Erzbistum mit Sitz in Uppsala. Auf dem Kirchentreffen von Skänninge 1248 erhielt die Kirche ihre eigene kanonische Kirchenordnung, die ihre Unabhängigkeit von der weltlichen Macht vergrößerte. Die Festigung der Position der Kirche hatte weitreichende kulturelle und gesellschaftliche Folgen, wie beispielsweise die Abschaffung der weitverbreiteten Sklaverei 1335.

Neben dem geistlichen Stand entstand auch ein Reichsadel aus den Gefolgsleuten des Königs und der Stammesfürsten, dem 1280 in den Satzungen von Alsnö Steuerfreiheit bewilligt wurde. Vertreter des Reichsadels und der Kirche (Bischöfe) bildeten den Reichsrat, ein Gegengewicht zur Königsmacht. Machtbasis des Reichsadels waren die – im Gegensatz zu vielen europäischen Ländern nicht erblichen – Lehen, deren Burgen Zentren der Verwaltung waren.

Im 12. und 13. Jahrhundert wurde auch die Expansionspolitik nach Osten hin aufgenommen, mit dem Ziel, sich Finnland einzuverleiben, dies geschah in Form von mehreren Kreuzzügen. Im Jahre 1288 wurde Gotland durch einen Vertrag an Schweden gebunden.

Der Beginn des 14. Jahrhunderts war durch Thronkämpfe innerhalb der Königsdynastie der Folkunger geprägt. Dies führte zu einer Stärkung des Hochadels und in weiterer Folge zu Konflikten zwischen König und Reichsrat beziehungsweise der Ratsaristokratie. König Birger Magnusson wurde 1317 vertrieben und sein Nachfolger Magnus Eriksson wurde 1363 abgesetzt. Auch der 1364 gewählte Albrecht von Mecklenburg wurde 1389 gestürzt, nachdem er versucht hatte, die Königsmacht zu stärken.

Kalmarer Union (1389–1523)

1388 wurde die dänische Königin Margarethe von einer aufständischen Adelsfraktion als schwedische Herrscherin anerkannt. Nach dem Sieg über Albrecht im Jahr danach wurden Dänemark, Norwegen und Schweden unter einem Regenten vereinigt. 1397 wurde Margarethes Neffe Erich von Pommern zum König der drei Reiche gekrönt und die Kalmarer Union errichtet. Sie bestand bis 1523, auch wenn sie selten funktionierte.

Margarethes und Erichs Politik zielte auf die Begrenzung und Zurückdrängung der Adelsmacht. Der Reichsrat wurde entmachtet und eine zentralisierte, von Dänemark ausgehende Verwaltung mit hauptsächlich dänischen und deutschen Vögten aufgebaut. Dies führte – unterstützt von den Bauern, denen neue umfassende Steuern auferlegt worden waren – zum Engelbrekt-Aufstand 1434−36, der mit der Absetzung und Vertreibung des Königs endete.

Die folgenden Jahrzehnte waren chaotisch und geprägt von inneren Kämpfen und häufigen Regierungswechseln. Die politische Macht lag bei der Ratsaristokratie, die aber zutiefst zwischen Befürwortern und Gegnern der Kalmarer Union gespalten war. Zu gewissen Zeiten waren die Unionskönige auch in Schweden anerkannt. Dazwischen regierten der schwedische König Karl Knutsson (1448−57, 1464−65 und 1467−70) beziehungsweise schwedische Reichsverweser.

In diesen Auseinandersetzungen entstand ein starkes schwedisches Nationalgefühl, das sich auch im Geistesleben bemerkbar machte. So wurde 1477 die erste schwedische Universität in Uppsala gegründet, 1483 durch den Lübecker Drucker Johann Snell der Buchdruck eingeführt und gegen Ende des 15. Jahrhunderts erschienen die ersten gedruckten Bücher in schwedischer Sprache.

Der Konflikt mit den Unionskönigen und der inneren Opposition kulminierte unter dem Reichsverweser Sten Sture dem Jüngeren, der zwischen 1512 und 1520 regierte. Christian II. besiegte seine schwedischen Widersacher 1520 und ließ im November desselben Jahres etwa hundert Oppositionelle im sogenannten Stockholmer Blutbad hinrichten. Dies führte zum Aufruhr des Gustav Wasa, der 1521 zum Reichsverweser ernannt wurde, und dem endgültigen Zusammenbruch der Kalmarer Union.

Die Wasa-Zeit (1523–1611)

Gustav Wasas Aufruhr wurde aktiv von Lübeck unterstützt und mit dessen Hilfe konnte er 1523 Stockholm einnehmen. Noch im gleichen Jahr wurde er zum König gekrönt. Die Beziehungen zu Dänemark entschärften sich, da Christian II. dort ebenfalls abgesetzt wurde. Die Abhängigkeit von Lübeck konnte 1533 endgültig abgeschüttelt werden.

Innenpolitisch hatte Gustav Wasa das Ziel, die Zentralmacht zu stärken. Der erste entscheidende Schritt dazu war die Ratsversammlung in Västerås 1527, bei der die alte Ratsfront aufgelöst und die weltliche Macht der Bischöfe gebrochen wurde. Es wurden auch die ersten Schritte zur Reformation eingeleitet, die in den 30er Jahren zur Trennung von der katholischen Kirche führten. Die Konfiszierung der kirchlichen Güter, die etwa ein Fünftel des gesamten Grundbesitzes ausmachten, führte zu einer entscheidenden Stärkung der königlichen Finanzen. Gleichzeitig wurde die Grundlage für eine zentrale Administration gelegt, die nach ausländischem Vorbild in den Jahren 1538−42 modernisiert wurde, und ebenfalls das Steuerwesen wurde neu geordnet. Dies führte zu gewaltsamen Aufständen, die im Dacke-Aufstand von 1532 kulminierten. Weitere wichtige Schritte auf dem Weg zur Zentralisierung waren der Reichstag von Västerås 1544, bei dem das Wahlkönigtum durch das Erbkönigtum ersetzt wurde, und die Erneuerung der Landesverteidigung.

Nach dem Tode Gustav Wasas 1560 kam es zu Auseinandersetzungen zwischen seinen Söhnen. Zuerst wurde der älteste Sohn Erik XIV. König. Er wurde 1568 von seinen Brüdern Johan und Karl gestürzt und starb im Gefängnis, wahrscheinlich durch Giftmord. Sein Nachfolger war sein Bruder Johan III., dessen Sohn Sigismund polnischer und 1592 auch schwedischer König wurde. Da Sigismund aber Katholik war und man fürchtete, dass er die Gegenreformation unterstützen werde, wurde der lutherische Glauben auf der Versammlung von Uppsala 1593 vom Reichsrat und der Priesterschaft als Staatskirche eingeführt. Im Jahr danach leitete Herzog Karl, Sigismunds Onkel, den Machtkampf ein, der 1599 zur Absetzung Sigismunds und zur Krönung Karls 1604 führte. Dies war der Beginn von bitteren Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Polen.

Die zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts war vom Kampf um die Herrschaft über das Baltikum geprägt. Der Zusammenbruch des Deutschen Ordensstaates führte zu einem Wettrennen um die Herrschaft über dessen Gebiete, die sich in mehreren Nordischen Kriegen äußerte. 1561 stellte sich Estland unter schwedischen Schutz. In den folgenden Jahrzehnten kam es zu einer Reihe von Kriegen mit den Nachbarn Dänemark, Lübeck, Polen und Russland, vom Dreikronenkrieg (1563−1570) bis zum Kalmarkrieg (1611−1613).

Schweden als Großmacht (1611–1719)

1611 übernahm der erst 17-jährige Gustav II. Adolf nach dem Tode seines Vaters die Herrschaft. Ihm gelang es, die Ostseepolitik fortzuführen und Ingermanland und Kexholm (das Gebiet westlich und nördlich des Ladogasees) sowie Livland von Polen-Litauen zu erobern, bevor er sich 1630 Deutschland, auf dessen Gebiet der Dreißigjährigen Krieg tobte, zuwandte.

Diese Erfolge waren durch eine innere Reorganisierung möglich geworden. Beim Regierungsantritt wurden durch eine königliche Erklärung Reichsrat und Reichstag politische Mitspracherechte eingeräumt. Der Reichsrat bekam eine deutliche Rolle im Rahmen der Regierung, und in Fragen um Krieg und Frieden, Steuern und Aushebungen wurden die Beschlüsse des Reichstages eingeholt. Die vier im Reichstag vertretenen Stände spiegelten die Gesellschaftsstruktur dieser Zeit wider: Der Adel, der 1612 umfassende Privilegien bekommen hatte, hatte das Monopol auf allen höheren Ämter. Gleichzeitig war diese Standesgrenze durchlässig, sodass sich die Anzahl der Adligen durch Neuadelungen im 17. Jahrhundert verfünffachte. Der geistliche Stand spielte in einer Staatsideologie, in der Kirche und Staat eng verschmolzen war, eine wichtige Rolle. Das Bürgertum erlangte im Rahmen der merkantilistischen Wirtschaftspolitik eine wachsende Bedeutung. Dass zuletzt auch die Bauern als vierter Stand im Reichstag vertreten waren, war in Europa einzigartig, und lässt sich historisch damit erklären, dass es in Schweden nie hörige oder leibeigene Bauern gegeben hatte, und mehr als ein Drittel des Grundbesitzes in der Hand freier Bauern war. Sie spielten, vor allem durch ihre lokalen Institutionen, in Steuerfragen und in Fragen der Aushebung von Soldaten, die ja zum größten Teil aus Bauernfamilien kamen, eine wichtige Rolle. Ein ständiger Dialog zwischen Regierung und Regierten erklärt den inneren Frieden trotz zunehmender Belastungen aufgrund der zahlreichen Kriege.

Die Vision von einer Großmacht Schweden fand ihren Niederschlag auch in anderen Bereichen, vor allem im Bildungsbereich. Die Universität Uppsala, die nach der Reformation stagniert hatte, wurde nun aktiv gefördert, gleichzeitig wurden bis 1668 drei weitere Universitäten in Dorpat (Tartu), Åbo (Turku) und Lund gegründet. In jeder Bischofsstadt wurde ein Gymnasium gegründet und der Analphabetismus nahm deutlich ab. Die Reichsverwaltung wurde ausgebaut und die regionalen und lokalen Organe der zivilen und militärischen Verwaltung wurden vereinheitlicht. Teile dieses Verwaltungssystems bestehen heute noch.

Das größte Problem für die Großmachtspolitik war die schwache Bevölkerungsbasis. 1625 hatte das Königreich etwa 1,1 Millionen Einwohner, davon 800.000 im schwedischen Kernland, doch reichte das weder als Steuerbasis noch als Rekrutierungsunterlage für das Heer. Daher wurde eine merkantilistische Handels- und Wirtschaftspolitik mit starker Exportorientierung betrieben und die Einwanderung von ausländischen Fachkräften und der Zuzug ausländischen Kapitals (vor allem aus den Niederlanden und aus Deutschland) aktiv gefördert. Schweden entwickelte sich zum größten Exporteur von Schmiedeeisen und Kanonen. Kupfer und Holzprodukte waren weitere wichtige Exportprodukte.

Die Außenpolitik richtete sich nach dem Erwerb des Baltikums und der russischen Küstengebiete auf Deutschland und Polen-Litauen. Die kaiserlichen Truppen hatten die Ostsee erreicht, und der Eintritt Schwedens in den Krieg konnte vor dem Reichstag, der schließlich seine Zustimmung gab, als präventiver Verteidigungskrieg dargestellt werden. Als Schweden 1630 in Pommern einfiel, hatte es keine Verbündeten, aber ein Subsidiarvertrag mit Frankreich 1631 verbesserte die Lage. Der Sieg bei Breitenfeld im selben Jahr war ein Wendepunkt. Die politischen Ziele wuchsen mit den Erfolgen, aber der Tod Gustavs II. Adolf bei Lützen 1632 veränderte die Lage. Dennoch setzte Schweden unter dem Reichskanzler Axel Oxenstierna (die Tochter Gustavs II. Adolf war erst sechs Jahre alt) den Krieg fort. 1643−45 bekriegte man Dänemark und bekam im Frieden von Brömsebro die Provinzen Gotland, Jämtland, Härjedalen und Halland, während der Westfälische Friede von 1648 zum Erwerb von Bremen-Verden (siehe auch Burg Bederkesa), Wismar, Vorpommern und anderen Gebieten führte. Ein weiterer Krieg gegen Polen, eingeleitet 1644, dem sich auf Feindesseite Dänemark und Russland anschlossen, wurde 1658 zeitweilig beendet, und im Frieden von Roskilde kamen unter anderem die Provinzen Bohuslän, Schonen und Blekinge unter schwedische Herrschaft. Noch im selben Jahr wurde der Krieg wieder aufgenommen, aber als der König Karl X. 1660 plötzlich starb, bemühte sich die Vormundschaftsregierung für dessen Sohn Karl XI. um einen Friedensschluss, der im Frieden von Oliva 1660 mündete. Die Gebiete im Baltikum und Ingermanland, die Schweden im Russisch-Schwedischen Krieg 1656–1658 verlor, konnten im Frieden von Kardis wiedererlangt werden.

In den folgenden zwölf Jahren versuchte Reichskanzler Magnus Gabriel De la Gardie, die politische Lage zu stabilisieren und die katastrophale finanzielle Lage des Reiches zu sanieren. Mit dem Regierungsantritt des jungen Königs Karl XI. aber gab Schweden die vorsichtige Außenpolitik auf und wurde in den Schonischen Krieg und den Schwedisch-Brandenburgischen Krieg (1674−79) gezogen. Es zeigten sich dabei deutliche Schwächen bei Heer und Flotte. Dies führte zu einer umfassenden Reorganisation in Schweden. Zuvörderst wurde die Einziehung der in den letzten Jahrzehnten an den Adel vergebenen Güter beschlossen – der Adel hatte seinen Grundbesitz im 17. Jahrhundert verdreifacht –, die Reorganisation der Militärmacht wurde dem König allein übertragen, wie auch die Gesetzgebung und Außenpolitik, die bis dahin beim Reichstag gelegen hatten. Der König wurde zum Alleinherrscher, der Reichstag hatte nur mehr eine beratende Funktion. Dass dies ohne einen größeren Machtkampf mit dem Adel möglich war, beruhte auf der Unterstützung des Königs durch die Bauern und Bürger, die eine effektive und starke Königsmacht der Oligarchie vorzogen, wie auch durch den niedrigen Dienstadel und die Offiziere, die in der neuen Militärorganisation eine sichere Einkommensquelle sahen.

In der folgenden Friedenszeit konnte sich Schweden erholen, aber 1700 eröffneten Dänemark, Polen-Sachsen und Russland den Großen Nordischen Krieg (1700−21), der nach anfänglichen schwedischen Erfolgen schließlich zum Zusammenbruch der Großmacht führte. Das Baltikum und beinahe alle anderen Gebiete südlich der Ostsee gingen verloren.

In diese Periode fällt auch die Kolonisierung der für Schweden nur vorübergehend bedeutsamen schwedischen Besitzungen in Afrika, Nordamerika und der Karibik. In Nordamerika war es vor allem die Kolonie Neuschweden, mit der Schweden ab 1638 eine in vorteilhafter Position gelegene Handels- und Siedlungskolonie am Unterlauf des Delaware-Flusses aufbauen konnte. Ein mit militärischer Gewalt ausgetragener Konflikt mit den Truppen der holländischen Kolonie Neuniederlande führte allerdings bereits im Jahr 1655 zum Verlust dieser für Schweden sich so hoffnungsvoll entwickelnden Kolonie. Heute gehört das Gebiet dieses ehemaligen schwedischen Kolonialbesitzes zu den drei US-Bundesstaaten Delaware, New Jersey und Pennsylvania.

Die Freiheitszeit (1719–1772)

Nach dem Tod von Karl XII. nutzten die Stände unklare Thronfolge-Verhältnisse, um in den Jahren 1719/20 eine neue Verfassung durchzusetzen, die dem Reichstag die alleinige Gesetzgebung übertrug. Der Reichstag setzte sich nach wie vor aus den vier Ständen (Adel, Priester, Bürger und Bauern) zusammen. Da im Reichstag das Mehrheitsprinzip galt, das heißt, dass ein Beschluss nur dann gefasst werden konnte, wenn drei der vier Stände dafür stimmten, entwickelte sich eine lebhafte politische Aktivität, die an den modernen Parlamentarismus erinnert. Doch fehlte ein grundlegendes Demokratieverständnis. Politische Gegner wurden manchmal ins Gefängnis geworfen und Hinrichtungen kamen auch vor.

Mit der Zeit entwickelten sich zwei politische Gruppierungen, die sog. Hüte und Mützen. Die Hüte, eine aristokratische Partei, vertraten eine merkantilistische Wirtschaftspolitik mit aktiver Förderung von Manufakturen und des Exports sowie eine revanchistische Außenpolitik gegen Russland mit Unterstützung Frankreichs. Die Mützen, antiaristokratisch ausgerichtet, nahmen die Interessen der Landwirtschaft wahr und betrieben eine vorsichtige Außenpolitik, die einen Ausgleich mit Russland und eine Annäherung an Großbritannien suchte. In der ersten Hälfte des Jahrhunderts waren meist die Hüte an der Macht und sie verwickelten Schweden auch in zwei Kriege.

Der Merkantilismus dominierte die Wirtschaftspolitik. Dem Außenhandel wurde besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und daher wurde auch 1731 eine schwedische Ostindienkompanie gegründet. Des Weiteren wurde auch eine staatliche Förderung für Manufakturen eingerichtet, um die Importabhängigkeit des Landes zu vermindern. Das wichtigste Exportprodukt war nach wie vor Eisen, das in mehreren hundert Hüttenwerken auf dem Land verarbeitet wurde.

Auch in der Landwirtschaft setzten sich neue Ideen durch und landwirtschaftliche Reformen, wie die Zusammenlegung von Streubesitz, führten zu einer Verbesserung der wirtschaftliche Lage der Landbevölkerung. Darüber hinaus gelang es den Bauern, sich in den politischen Auseinandersetzungen im Reichstag zu formieren und eine starke politische Stellung zu erreichen. Gegen Ende der Freiheitszeit wurden sie zur treibenden Kraft im Reichstag.

Im Polnischen Erbfolgekrieg 1733−1738 unterstützte Schweden Stanislaus I. Leszczyński gegen August III..

In dieser Zeit kamen die Ideen der Aufklärung nach Schweden. Auf Beitreiben von Anders Chydenius hin wurde schließlich 1766 die Tryckfrihetsförordningen ("Druckfreiheitsverordnung", Gesetz über die Pressefreiheit) erlassen, in welchem die Pressefreiheit und – als erstem Land weltweit – das Öffentlichkeitsprinzip (schwedisch: offentlighetsprincipen) garantiert wurden, was die politische Debatte zusätzlich anfachte. Die neue Freiheit führte zu einem Aufbruch im Bereich der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Literatur.

Die Gustavianische Epoche (1772–1809)

Gustav III. hatte 1771 den Thron bestiegen, der zu diesem Zeitpunkt nur mehr repräsentative Funktionen hatte. 1772 putschte er gegen den Reichstag und erzwang eine neue Verfassung, die dem König die Regierungsmacht übertrug, während sie die Macht des Reichstages stark beschränkte. Der König, der von sich behauptete, über den Partei- und Standesstreitigkeiten zu stehen, stützte sich aber auf den Adel, während er in seiner Wirtschaftspolitik der sparsamen und liberalen Politik der Mützen folgte.

Eine Reihe von Reformen wurden durchgeführt, unter anderem versuchte er, ein Branntweinmonopol einzuführen, Krankenhäuser wurden gebaut und Kreisärzte angestellt, und die ersten kommunalen Armenhäuser entstanden. Doch war Gustav III. vor allem am Kulturleben interessiert. 1786 gründete er die Schwedische Akademie nach dem Vorbild der französischen Académie Française, er ließ ein Opernhaus errichten und förderte die bildenden Künste und die Architektur. In dieser Zeit entstand auf den Gebieten der Innenarchitektur, der Möbeltischlerei und der Silberschmiede ein eigener Stil in Schweden, der gustavianische Stil.

Doch für die politische Opposition kamen harte Zeiten. 1774 wurde die Pressefreiheit eingeschränkt, und weder Politik noch Staatskirche und Religion durften diskutiert werden. Gustavs Regierungsstil wurde immer autoritärer, und als sich der Adel, der sich seines Einflusses beraubt sah, am Reichstag von 1786 gegen den König wandte, führte Gustav III. das Land in einen Krieg gegen Russland (1788–1790), um seine innenpolitische Position zu stärken. Aus Unzufriedenheit mit dem Krieg kam es zu einer Meuterei von mehr als hundert, vorwiegend adeligen Offizieren an der Front in Finnland. Gustav III. verstand, diese Meuterei und den daraufhin aufflammenden Royalismus auszunutzen, um mit Hilfe der nichtadeligen Stände eine absolutistische Staatsform einzuführen. Gleichzeitig wurden die Adelsprivilegien weitgehend abgeschafft. Die Opposition gegen den König wurde nun im Untergrund fortgesetzt, und 1792 wurde bei einem Maskenball ein Schussattentat auf Gustav III. verübt, dem er zwei Wochen später erlag.

Sein Sohn Gustav IV. Adolf folgte ihm auf den Thron. Er war ein Gegner der französischen Revolution und schloss sich der antifranzösischen Koalition an. 1807 verließ Russland die Koalition und schloss ein Abkommen mit Napoleon I., worauf es 1808 Schweden angriff. Die russischen Truppen besetzten rasch Finnland und die Küste Norrlands bis Umeå. Die schwedischen Misserfolge führte zur Absetzung des Königs 1809 und im Frieden von Fredrikshamn musste Schweden Finnland, Åland und den östlichen Teil Västerbottens bis zum Fluss Torne älv an Russland abtreten.

Das 19. Jahrhundert (1809–1906)

Auf dem Ständereichstag von 1809 wurde beschlossen, Gustav IV. Adolf und seine Nachkommen von der Thronfolge auszuschließen. An dessen Stelle wurde sein Onkel Karl zum König gewählt, aber erst nachdem er einem neuen, vom Reichstag beschlossenen Verfassungsgesetz, der Successionsordningen, zugestimmt hatte. Der neuen Verfassung lag der Gedanke der Gewaltenteilung zugrunde, auch wenn noch nicht von einem parlamentarischen System gesprochen werden kann. Der König hatte noch immer Gesetzgebungsgewalt und auch die ständische Einteilung des Reichstags blieb erhalten. Doch wurden die bürgerlichen Grundrechte definiert.

Da Karl XIII. aber alt und ohne Erben war, musste wieder ein Thronfolger gewählt werden. Die Wahl fiel auf den dänischen Prinzen Kristian August, der aber 1810 bei einem Reitunfall starb. In der darauf folgenden Wahl wurde schließlich Jean Baptiste Bernadotte, ein französischer Marschall, zum Thronfolger gewählt. Im Herbst desselben Jahres kam er nach Schweden, nahm den protestantischen Glauben und den Namen Kronprinz Karl Johann an und wurde von Karl XIII. adoptiert. Auch wenn er erst 1818, nach dem Tode Karls XIII., als Karl XIV. Johann gekrönt wurde, so übernahm er die Regierungsgeschäfte für den kränklichen Adoptivvater.

Als Napoléon Schweden zwang, Krieg mit Großbritannien zu führen – der Krieg wurde zwar erklärt, aber beiderseits nicht geführt – und widerrechtlich schwedisch Pommern für seinen Russlandfeldzug besetzte, wandte sich Kronprinz Karl Johann von Frankreich ab. Er leitete seine Regierung mit einer völligen Neuorientierung der Außenpolitik ein, nämlich von der Vergangenheit im Osten in eine Zukunft im Westen. In einem Übereinkommen mit dem russischen Zar Alexander I. 1812 verzichtete er auf Finnland. Schweden nahm daraufhin am Feldzug gegen Napoleon I. teil und wandte sich dann gegen Dänemark, das 1814 gezwungen war, im Frieden von Kiel Norwegen im Austausch für Schwedisch-Pommern an Schweden abzutreten. Als daraufhin Norwegen seine Unabhängigkeit erklärte, erzwang Karl XIV. Johann durch einen kurzen, fast unblutigen Feldzug die Gründung der schwedisch-norwegischen Union, wobei Norwegen ein eigenständiges Königreich blieb und Karl hier den Titel Karl II. von Norwegen führte. Nach diesem letzten Krieg führte Karl Johann eine konsequente Friedenspolitik, die zur Grundlage der schwedischen Neutralität wurde.

Die napoleonischen Kriege hatten Schwedens Wirtschaft hart getroffen, was zu wirtschaftlicher Stagnation und tiefgreifenden Krisen führte. Schweden war in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein ausgesprochener Agrarstaat, die Industrialisierung setzte erst spät ein. Die größten Reformen erfolgten auch im landwirtschaftlichen Bereich, wo umfassende Flurbereinigungs- und Parzellierungsverordnungen sowohl die wirtschaftliche Situation als auch die bäuerliche Kultur drastisch veränderten. Im industriellen Bereich, der von den zahlreichen Hüttenwerken dominiert war, führten neue Technologien und die Konkurrenz vor allem aus Großbritannien zur umfassenden Stilllegungen. Ein großes Infrastrukturprojekt war der Bau des Göta-Kanals, der die Ostsee mit dem Kattegat verbinden sollte, sich aber schon kurz nach seiner Einweihung als veraltet erwies.

Dagegen erlebte Schweden eine Blütezeit im kulturellen und wissenschaftlichen Bereich. 1842 wurde in einer Schulreform die Schulpflicht eingeführt und Volksschulen in jeder Gemeinde vorgeschrieben.

Zwischen 1815 und 1850 stieg die Bevölkerungszahl von 2,5 auf 3,5 Millionen. Das Bevölkerungswachstum erfolgte vor allem auf dem Lande, auf dem 1850 noch 90 % der Bevölkerung lebte, und führte zu großen sozialen Problemen. Eine Lösung bot die Auswanderung, die sich um 1840 anbahnte, um 1860 richtig einsetzte und 1880 ihren Höhepunkt erreichte und erst ab 1900 abebbte. In dieser Zeit verließen ungefähr 1,2 Millionen Schweden das Land (von welchen etwa 200 000 wieder, oft mit Kapital und neuem Wissen versehen, zurückkehrten). Der Utvandrarnas väg von Eriksmala nach Karlshamn erinnert heute an die Zeit der Emigration.

Nach dem Tode Karls XIV. Johann 1844, der innenpolitisch eine streng konservative Politik betrieben hatte, öffnete sich die Möglichkeit der Liberalisierung, zumindest im wirtschafts- und sozialpolitischen Bereich. Schrittweise wurden unter Oscar I. und seinem Nachfolger Karl XV. das Wirtschaftsleben liberalisiert und Sozialreformen durchgeführt. In einer Verfassungsreform 1865−66 wurde auch der Vierständereichstag durch ein Zweikammernparlament ersetzt.

Ab 1870 begann der Durchbruch der Industrialisierung. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes und neue Technologien in der Stahlerzeugung ermöglichten die Nutzbarmachung neuer Erzfunde in Norrland. Gleichzeitig erlebte die Holzindustrie einen Höhepunkt, und es entwickelte sich eine ansehnliche Papier- und Zellstoffindustrie. Neue Erfindungen führten zur Gründung von Unternehmen im Maschinenbau- und Elektrobereich (wie beispielsweise L.M. Ericsson, ASEA, Bofors, SKF, AGA). Gleichzeitig erlebte aber die Landwirtschaft eine schwere Krise.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfolgte die Umwandlung vom Agrarland zur Industriegesellschaft. Die Einwohnerzahl stieg von 3,5 Millionen (1850) auf 5,1 Millionen (1900). Die Bevölkerung war zu großen Teilen nicht wahlberechtigt, aber es entstanden nun die großen Volksbewegungen, die auch heute noch einen deutlichen politischen Einfluss haben: die freikirchliche Erweckungsbewegung, die Abstinenzbewegung und die Arbeiterbewegung.

In der Außenpolitik führte die Thronbesteigung Oscar II. 1872 zu einer Umorientierung von der traditionellen Freundschaft mit Frankreich zu einer immer deutlicher werdenden Annäherung an Deutschland, was sich im Militärwesen, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft und im Kulturleben zeigte. Das schwierigste außenpolitische Problem aber waren die Beziehungen zu Norwegen, in dem sich immer stärker werdende Unabhängigkeitsbestrebungen bemerkbar machten, und das schließlich in die Auflösung der Union 1905 mündete.

Der Durchbruch der Demokratie (1907–1920)

Zwar war 1865 der mittelalterliche Ständetag durch einen Zweikammernparlament ersetzt worden, doch waren nur etwa 20 % der männlichen Bevölkerung wahlberechtigt, da nur die zweite Kammer - und die nach einem Zensuswahlrecht - gewählt wurde. Eine außerparlamentarische Wahlrechtsbewegung entstand in den 1880er Jahren, getragen von den Sozialdemokraten und den Liberalen. Die Einführung der Wehrpflicht wurde zum stärksten Argument. Das Schlagwort „Ein Mann, eine Stimme, ein Gewehr“ machte tiefen Eindruck auch auf die Konservativen. In einer Wahlrechtsreform wurde schließlich 1907 das Allgemeine Wahlrecht für Männer (mit gewissen Beschränkungen) für die Zweite Parlamentskammer eingeführt und auch die Erste Kammer wurde teilweise demokratisiert. Die Klassengegensätze waren jedoch groß und der Generalstreik von 1909 vertiefte den Graben zwischen Sozialdemokraten und Liberalen beziehungsweise Konservativen. Zur wichtigsten innenpolitischen Frage jedoch wurde die Verteidigungsfrage. Als die liberale Regierung Staaff Rüstungspläne zurückstellte, um die Verteidigungskosten zugunsten einer sozialen Reformpolitik zu senken, kam es zu einer heftigen politischen Auseinandersetzung mit den Konservativen, in die schließlich 1914 der König auf Seiten der Aufrüstungsbefürworter eingriff und damit eine konstitutionelle Krise heraufbeschwor. Dies führte zum Abgang der Regierung und der Ernennung einer königlichen Beamtenregierung unter Hjalmar Hammarskjöld (Vater von Dag Hammarskjöld).

Doch schlossen nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges die politischen Gegner Frieden und unterstützten die neue Regierung. Das Land erklärte seine Neutralität, pflegte aber regen Handel vor allem mit Deutschland, was zu einer begrenzten Blockade durch die Ententemächte führte. Dadurch und durch die umfassenden Exporte von Lebensmitteln nach Deutschland wurde die Versorgung der Bevölkerung immer schwieriger. Hungersnöte brachen aus, und auch in der Politik erfolgte eine Radikalisierung, die letztlich zur Gründung einer kommunistischen Partei (socialdemokratiska vänsterparti) führte. Im Frühjahr 1917 trat die Regierung Hammarskjöld zurück und nach den sozialistischen Erfolgen bei der Wahl zur zweiten Parlamentskammer 1917 wurde eine liberal-sozialdemokratische Koalitionsregierung gebildet, ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Demokratisierung.

Unter dem Eindruck der deutschen Niederlage und aufgrund der radikalen Stimmung im Lande wurde zwischen 1918−1921 eine neue Wahlreform durchgeführt. Das Allgemeine Wahlrecht und das Frauenwahlrecht wurden nun für alle Wahlen eingeführt und die undemokratischen Beschränkungen aufgehoben.

Die Zwischenkriegszeit (1920–1939)

Die 20er Jahre waren geprägt von einem starken industriellen Aufschwung. Großunternehmen wie Bofors, Aktiebolaget Gas-Accumulator (AGA), Svenska Kullagerfabriken (SKF), Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA), Ericsson und Electrolux sowie eine umfassende Werftindustrie entstanden. Politisch traten die Gegensätze zwischen dem bürgerlichen Block und den Sozialdemokraten wieder stärker hervor. Die Sozialdemokraten waren aber zu schwach, um eine eigene Regierung zu bilden, die bürgerlichen Parteien aber tief gespalten. Konservative, Liberale und eine neu entstandene Bauernpartei hatten unterschiedliche Anschauungen in mehreren zentralen politischen Fragen wie Schulpolitik, Verteidigungspolitik und Alkoholpolitik. Eine Reihe von unterschiedlichen Minderheitsregierungen und häufiger Regierungswechsel kennzeichnete die politische Lage der 20er Jahre.

1930 erfasste die Weltwirtschaftskrise auch Schweden. Der Einsatz des Militärs gegen Streikende in Ådalen 1931 und der aufsehenerregende Konkurs des Kreuger-Konzerns bereiteten einen politischen Machtwechsel vor: nach den Wahlen von 1932 bildeten die Sozialdemokraten unter Per Albin Hansson eine Regierung, die ab 1933 von der Bauernpartei unterstützt wurde. Ihre Reformpolitik umfasste zuerst Beschäftigungsprogramme und landwirtschaftliche Subventionen, um den Auswirkungen der Wirtschaftskrise entgegenzuwirken. 1936 gingen beide Parteien eine Koalition ein und legten ein umfassendes sozialpolitisches Programm zum Ausbau des Wohlfahrtsstaates vor. Der Traum vom „Volksheim“ aber verzögerte sich aufgrund des Ausbruches des Zweiten Weltkrieges. 1938 wurde aber im Abkommen von Saltsjöbaden zwischen Arbeitgebervertretern und Gewerkschaften der Grundstein für das "schwedische Modell" gelegt.

Der Zweite Weltkrieg (1939–1945)

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges erklärte Schweden wiederum seine Neutralität. Erklärtes Ziel der Neutralitätspolitik war nicht die Neutralität selbst, sondern zu vermeiden, in den Krieg gezogen zu werden.

Der Angriff der Sowjetunion auf Finnland im November 1939 stellte die schwedische Regierung auf eine harte Probe. Unmittelbare Folge war eine umfassende Regierungsumbildung, wobei eine Konzentrationsregierung unter Ausschluss der Kommunisten die Staatsgeschäfte übernahm. Die Regierung kam zwar der in Schweden weitverbreiteten Forderung nach direkter militärischer Hilfe nicht nach, unterstützte aber Finnland finanziell und mit militärischer Ausrüstung. Auch wurde die Erlaubnis zur Bildung eines schwedischen Freiwilligenkorps gegeben. Das etwa 8.000 Mann starke Freiwilligenkorps umfasste auch Spezialeinheiten, Artillerie und Flugstaffeln. Gleichzeitig wies man den Vorschlag Großbritanniens und Frankreichs zurück, reguläre Truppen von Narvik über schwedisches Gebiet nach Finnland zu schicken.

Die nächste kritische Situation entstand, als Deutschland am 9. April 1940 Dänemark und Norwegen angriff (Unternehmen Weserübung). Dem norwegischen König und Teilen der Regierung und des Parlamentes gelang es, den deutschen Truppen zu entkommen. Als der norwegische Außenminister am 12. April beim schwedischen Kollegen anfragte, ob der von den Deutschen verfolgte König, der Kronprinz und Mitglieder der Regierung nach Schweden fliehen könnten, wurde ihnen die Internierung angedroht, worauf sie in Norwegen blieben und später nach Großbritannien flohen.

Ganz anders sah die Neutralitätspolitik gegenüber Deutschland aus. Einen Monat nach dem deutschen Angriff auf Dänemark und Norwegen beschloss die schwedische Regierung, Urlaubertransporte zwischen dem besetzten Norwegen und Deutschland über schwedisches Gebiet zu genehmigen. Diese Transporte wurden einige Monate danach ausgeweitet (ein täglicher Zug in beide Richtungen) und neben Soldaten wurden auch Kriegsausrüstung und Munition befördert. Den Höhepunkt erreichte diese Politik der Zugeständnisse, als nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion 1941 die schwedische Regierung deutschen Forderungen nachgab und den Transport einer deutschen Division von Norwegen über Schweden nach Finnland an die russische Front genehmigte.

Im Dezember 1940 wurde auch das bis dahin umfangreichste Handelsabkommen zwischen Deutschland und Schweden geschlossen. Deutschland wurde zum wichtigsten Handelspartner Schwedens. Nach der Skagerraksperre gingen etwa 90 % des schwedischen Exports nach Deutschland. Das wichtigste Exportgut war Eisenerz aus den nordschwedischen Erzfeldern.

Die Politik der schwedischen Regierung wurde teilweise stark kritisiert, u. a. in einigen antinazistischen Zeitungen wie der Zeitung Göteborgs Handels- och Sjöfartstidning, deren Chefredakteur Torgny Segerstedt schon nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 auf Grund seiner Kommentare Ärger in Berlin erregt hatte. Die Regierung antwortete auf kritische Artikel mit Beschlagnahmen und Transportverboten. Die Kritik musste sich nicht einmal gegen die schwedische Politik richten. Auch die Wiedergabe von Berichten über deutsche Verbrechen konnte zu Beschlagnahmen führen. Doch konnten Berichte über die Judenverfolgung in Deutschland gedruckt werden – sie geschah ja ganz offen –, weckten aber kaum Reaktionen.

Die schwedische Flüchtlingspolitik war schon vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges äußerst restriktiv gewesen (ausgenommen skandinavische Nachbarn). Zwar nahm man eine begrenzte Anzahl politischer Flüchtlinge auf, doch war die Tatsache, Jude in Deutschland zu sein, kein in Schweden anerkannter Fluchtgrund. Ganz im Gegenteil versuchte man, Fluchtmöglichkeiten für vor allem Juden vorzubeugen. Auch deutsche Deserteure, die von Dänemark oder Norwegen nach Schweden flohen, wurden unmittelbar zurückgeschickt und der deutschen Feldpolizei übergeben.

Nach den deutschen Niederlagen in Nordafrika und bei Stalingrad änderte sich die schwedische Politik 1943 in mehreren Punkten: Der deutsch-norwegische Transitverkehr wurde im August 1943 gestoppt, im Oktober 1943 wurden dänische jüdische Flüchtlinge, die in Konzentrationslager transportiert werden sollten, aufgenommen, alliierte Bomber konnten über schwedisches Hoheitsgebiet fliegen und eine alliierte Flugleitzentrale wurde in Malmö eingerichtet, diplomatische Verbindungen wurden mit der norwegischen Exilregierung aufgenommen und dänische und norwegische Polizeitruppen wurden ausgebildet. 1943 wurde nach starkem Druck auch ein Handelsabkommen mit den Alliierten geschlossen, doch wurden die lukrativen Handelsbeziehungen zu Deutschland bis kurz vor Kriegsende weitgehend aufrechterhalten.

Die Annäherung Schwedens an die Alliierten einschließlich der Sowjetunion fand ihren Ausdruck auch in der Auslieferung internierter Wehrmachtsangehöriger, die in den letzten Kriegstagen und kurz danach an Schwedens Küste gestrandet waren, an die Sowjetunion sowie zum kleineren Teil an Großbritannien kurz nach Kriegsende 1945.

Nach dem Kriegsende konnte man in Schweden zufrieden feststellen, dass man das politische Ziel zu Kriegsbeginn, nämlich nicht in den Krieg gezogen zu werden, erreicht hatte. Das Wie wurde dabei nicht in Frage gestellt – die gesamte politische und wirtschaftliche Machtelite war ja an dieser Politik beteiligt gewesen. Erst in den 1990er Jahren begann eine kritische Aufarbeitung dieses Zeitraums, die noch nicht abgeschlossen ist.

Nachkriegszeit

Im Juli 1945 löste eine sozialdemokratische Alleinregierung die Koalitionsregierung ab, zunächst weiterhin unter Per Albin Hansson, nach dessen Tod im Oktober 1946 unter Tage Erlander. In den nächsten Jahren wurde die durch den Krieg unterbrochene soziale Reformarbeit wieder aufgenommen und ein moderner Wohlfahrtsstaat nach den Grundsätzen des bereits genannten schwedischen Modells entstand. Parallel mit dem Ausbau des Sozialsystems arbeitete man auch an einer Verfassungsreform, die in den 1970er Jahren durch mehrere Grundgesetze schrittweise verwirklicht wurde (siehe: Schwedens Verfassung).

Am 3. September 1967, dem Dagen H, wurde der Verkehr von Linksverkehr auf Rechtsverkehr umgestellt. Verkehrsminister war zu dem Zeitpunkt Olof Palme, der 1969 Premierminister Erlander im Amt ablöste. Palme prägte in den kommenden Jahren das Bild Schwedens im Ausland durch seine engagierte Außenpolitik: durch seine harte Kritik am Vietnamkrieg, als UNO-Vermittler im Iran-Irak-Krieg und durch seine internationalen Abrüstungsinitiativen. Innenpolitisch begegnete er mehreren Schwierigkeiten. Einerseits erschwerten die Verfassungsreform und die neue parlamentarische Situation nach der Wahl von 1970 eine stabile Zusammenarbeit über die Blockgrenzen hinweg, andererseits überschatteten wirtschaftliche Probleme, vor allem nach der Ölkrise 1973, die soziale Reformarbeit. Zudem führte die Wahl von 1973 zu einem Patt im Parlament: Regierung und Opposition erhielten je 175 Mandate. Oft wurden Abstimmungen im Reichstag daher per Losentscheid entschieden. Die Atomkraftdebatte entzweite die Sozialdemokraten und brachte einen neuen politischen Faktor ins Spiel, die Umweltpolitik und die grüne Bewegung, und die gewerkschaftliche Forderung nach Einführung von Arbeitnehmerfonds verschärfte die Gegensätze zu den bürgerlichen Parteien. Nach der Wahlniederlage der Sozialdemokraten am 19. September 1976 wurde Schweden von verschiedenen bürgerlichen Koalitionen regiert, bis Palme 1982 wieder als Ministerpräsident einer sozialdemokratischen Regierung an die Macht kam.

Mit der U-Boot-Krise wird seit 1980 das Auftauchen sogenannter „unbekannte Tauchobjekte“ vor der Küste bezeichnet. Am 27. Oktober 1981 schließlich, strandete das sowjetische U-Boot U-137 vor der Marinebasis Karlskrona - mitten in der militärischen Verbotszone. Die Havarie löste eine regelrechte U-Boot-Panik aus. Der sowjetische Kapitän Guschtschin behauptete, sämtliche Navigationsinstrumente seien ausgefallen. Die näheren Hintergründe blieben ungeklärt.

Die Sozialdemokraten waren stark von den neoliberalen Ideen aus den USA und Großbritannien beeinflusst worden. Unter dem neuen Finanzminister Kjell-Olof Feldt entbrannten heftige Debatten über neoliberale Reformen des Sozialstaates. Der Konflikt entzündete sich vor allem zwischen Feldt und dem Vorsitzenden des Gewerkschaftsbundes (LO), Stig Malm. Dieser „Krieg der Rosen“ führte letztlich zum Abgang von Feldt im Jahre 1990.

Nach Palmes Ermordung 1986 übernahm Ingvar Carlsson die Regierung und führte dessen Politik in allen wichtigen Punkten weiter. Gleichzeitig verursachte die Ermordung Palmes einen derartigen Schock, der zu einer großen Stille in der politischen Auseinandersetzung führte. Ein politischer Machtwechsel vollzog sich 1991 mit dem Wahlverlust der Sozialdemokraten. Carl Bildt, der einen Systemwechsel im Sinne neoliberaler Ideen gefordert hatte, bildete eine Koalitionsregierung bürgerlicher Parteien und begann, diese Ideen zu verwirklichen. Die Periode wird durch fortdauernde (bereits im Jahr 1990 angefangene) Wirtschaftskrise[6] und damals für notwendig gehaltene wirtschaftliche Umgestaltungen gekennzeichnet. Bei der Reichstagswahl 1994 gewannen die Sozialdemokraten erneut und Ingvar Carlsson bildete eine Minderheitenregierung. 1996 übergab Ingvar Carlsson seine Amtsgeschäfte an Göran Persson. Die Politik der folgenden Jahre konzentrierte sich auf eine Stabilisierung der öffentlichen Finanzen, was tiefe Eingriffe in das Sozialsystem zur Folge hatte. Trotz der durch diese Eingriffe verursachten Unzufriedenheit konnte die Sozialdemokratie in den Wahlen von 1998 und 2002 ihre Regierungsposition aufgrund der Unterstützung durch die Linkspartei und den Grünen behaupten.

1995 trat Schweden nach einer Volksabstimmung, bei der 52,3 % für einen Beitritt gestimmt hatten, der Europäischen Union bei. Schon die Volksabstimmung von 1994, aber auch die folgenden Wahlen und Meinungsumfragen zeigten, dass eine weitverbreitete Skepsis gegenüber der EU herrscht. Daher entschloss sich Schweden schon 1997, nicht an der Währungsunion teilzunehmen. Im Herbst 2003 schließlich wurde diese Frage dem Volk zur Abstimmung vorgelegt. Eine Mehrheit der Bevölkerung stimmte gegen die Einführung des Euro. Das Referendum wurde von der Ermordung der Außenministerin Anna Lindh wenige Tage davor überschattet, die von vielen als Nachfolger Perssons gesehen worden war.

Im Vorfeld der Reichstagswahlen 2006 bildeten die vier bürgerlichen Parteien ein Allianz für Schweden genanntes Wahlbündnis, dem es gelang, eine Wechselstimmung zu erzeugen und die Wahl zu gewinnen; die Sozialdemokraten mussten sich mit 34,99 % zufriedengeben – auch wenn sie damit stärkste Partei blieben, stellte dies ihr schlechtestes Ergebnis seit 1914 dar. Der neue Reichstag wählte am 5. Oktober 2006 den Parteivorsitzenden der Moderata samlingspartiet, Fredrik Reinfeldt, zum neuen Premierminister, der tags darauf seine Allianz-Regierung vorstellte und Persson ablöste.

Fußnoten

  1. ↑ Hoffmann S. 144 mit weiteren Nachweisen aus der Literatur.
  2. ↑ Hoffmann S. 145.
  3. ↑ Hoffmann S. 136 ff. In diesem Aufsatz werden alle Theorien ausführlich referiert.
  4. ↑ Ruprecht S. 26.
  5. ↑ Oppermann S. 98
  6. ↑ von 1990 bis 1994 sank das Pro-Kopf-Einkommen etwa 10% – http://xxx

Literatur

Einführungen

  • Neil Kent: A Concise History of Sweden, Cambridge: Cambridge University Press, 2008, ISBN 0-521-01227-9 Rezension.
  • Ralph Tuchtenhagen: Kleine Geschichte Schwedens, München: Verlag C. H. Beck, 2008, ISBN 3406536182 Rezension.
  • Jörgen Weibull: La Suède: Un aperçu historique. 1993. ISBN 91-520-0305-1.

Weitere Werke

  • Nikolas Dörr: Die schwedische Geschichte im 20. Jahrhundert als Objekt der deutschen Forschung. In: Jaroslaw Suchoples und Alexander Mionskowski (Hg.): Entgrenzungen. Das 20. Jahrhundert nordeuropäischer Geschichte im Spiegel der deutschen Forschung. Wroclaw 2007, S. 43-65. ISBN 978-83-229-2860-8.
  • Stig Hadenius: Svensk politik under 1900-talet. Konflikt och samförstånd. Stockholm 2000. ISBN 91-89080-50-5.
  • Erich Hoffmann: Der heutige Stand der Erforschung der Geschichte Skandinaviens in der Völkerwanderungszeit im Rahmen der mittelalterlichen Geschichtsforschung. In: Der historische Horizont der Götterbild–Amulette aus der Übergangsepoche von der Spätantike zum Frühmittelalter. Göttingen 1992. S. 143–182, ISBN 3-525-82587-0.
  • Charles James August Oppermann. English Missionaries in Sweden and Finland. London 1937.
  • Arndt Ruprecht: Die ausgehende Wikingerzeit im Lichte der Runeninschriften. Göttingen 1958.
  • Lizelotte Lundgren Rydén: Ett svenskt dilemma: socialdemokraterna, centern och EG-frågan 1957–1994. Göteborg (= Avhandlingar från Historiska institutionen i Göteborg ; 23), Zusammenfassung in englischer Sprache, (Zugl.: Göteborg, Univ., Diss., 2000) ISBN 91-88614-29-8.
  • Wolfgang Seegrün: Das Papsttum und Skandinavien: bis zur Vollendung der nordischen Kirchenorganisation 1164 Neumünster 1967.
  • Jacqueline Taffinder: The allure of the exotic: the social use of non-local raw materials during the stone age in Sweden. Uppsala 1998. – Zugl.: Uppsala, Univ., Diss., 1999, ISBN 91-506-1312-X.
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Götaland-Theorie

Die Götaland-Theorie besagt, dass die Ursprünge der schwedischen Geschichte nicht in Ostschweden, sondern in der südwestlichen Region Götaland gelegen hätten, genauer: in Västergötland (Västgötaskolan). Diese Theorie kam bereits im frühen 19. Jahrhundert auf und wird heute noch regional vertreten, hat aber nie breite wissenschaftliche Akzeptanz gefunden.

In der Zeit des deutschen Nationalsozialismus beeinflusste diese Theorie die schwedische Archäologie in erheblichem Maße. Hintergrund war die Überzeugung nationalsozialistischer Ideologen wie Walther Darré, dass Skandinavien und innerhalb Skandinaviens Västergotland die "Urheimat" der Germanen gewesen sei.

 

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Rechtskreis - skandinavischer Rechtskreis

Ein Rechtskreis ist eine Gruppe von verwandten Rechtsordnungen, die auf eine gemeinsame Rechtskultur aufbauen bzw. einen gemeinsamen Rechtsstil haben („Rechtsfamilie“). Stilprägende Elemente lassen sich vor allem auf geschichtliche soziale und politische Ereignissen sowie ideengeschichtliche Einflüsse zurückführen.

Die Zusammenfassung in Gruppen wird in der Rechtsvergleichung herangezogen, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede herauszuarbeiten.

Da die Rechtsvergleichung bisher fast ausschließlich auf dem Gebiet des Privatrechts stattfand, sind auch die gängigen Einteilungen der Rechtskreise am Privatrecht entwickelt und gelten nur für dieses.

Die Rechtsvergleichung im öffentlichen Recht überschneidet sich teilweise mit der Vergleichenden Politikwissenschaft und der Vergleichenden Verwaltungswissenschaft. Genus proximum und differentia specifica können bei staatsrechtlichen Rechtsvergleichungen etwa anhand der Fragen, wer innerhalb eines Staates Träger der Staatsgewalt ist, ob eine Gewaltenteilung stattfindet, ob eine Trennung von Kirche und Staat besteht, ob der Staat unitaristisch oder föderalistisch aufgebaut ist, ob ein Parlament aus einer oder zwei Kammern besteht oder ob das Regierungssystem präsidentiell, semipräsidentiell oder parlamentarisch ausgestaltet ist, herausgebildet werden.

Kontinentaleuropäischer Rechtskreis

Der kontinentaleuropäische Rechtskreis, in Abgrenzung zum Common Law auch Rechtskreis des Civil Law genannt, zeichnet sich durch den prägenden Einfluss des rezipierten römischen Rechts aus.

Zu beachten ist, dass neben den klassischen kontinentaleuropäischen Rechtsordnungen zum Rechtskreis des Civil Law auch (trotz vielfältiger Einflüsse aus dem US-amerikanischen Recht) ganz Lateinamerika, bis zu einem gewissen Grad Schottland sowie eine Reihe vom französischen Recht beeinflusster Gebiete wie der US-Bundesstaat Louisiana, die kanadische Provinz Québec, die meisten Teile des nahen und fernen Ostens und Teile Afrikas zu rechnen sind, im Ergebnis also fast alle Weltgegenden, in denen man nicht Englisch spricht. Einige dieser Systeme sind auch unten im Abschnitt über die Mischsysteme näher abgehandelt.

Im kontinentalen Rechtskreis ist das Verfahren im Gegensatz zum Common Law auf den Richter zugeschnitten, der es nicht nur leitet, sondern weithin beherrscht. Vereinfacht kann man es als inquisitorisch bezeichnen. Im Bereich des materiellen Rechts sind parlamentarische Gesetze die wichtigste Rechtsquelle. Richterrecht wird im Gegensatz zum Common Law häufig nicht als eigenständige Rechtsquelle anerkannt. Früher meinte man sogar, alle Entscheidungen aus dem Gesetz ablesen zu können (Montesquieu). Obwohl theoretisch überwunden, prägt diese Tradition immer noch die juristische Argumentationsweise.

Der kontinentaleuropäische Rechtskreis lässt sich in weitere Rechtskreise untergliedern.

Romanischer Rechtskreis

Zu diesem Rechtskreis zählen Frankreich und die stark an dessen Zivilrecht (Code Civil von 1804) angelehnten Rechtsordnungen von Belgien, Luxemburg, Rumänien, Italien und Spanien. Der Stil der Rechtssprache ist von Pathos geprägt und eher programmatisch. Die ebenfalls zum romanischen Rechtskreis gehörenden Länder Portugal und Niederlande (beide ursprünglich stark an das spanische Recht angelehnt) sind allerdings auch erheblich vom deutschen und angelsächsischen Recht beeinflusst, wobei das niederländische Recht eine Vielzahl kreativer Lösungen und eigener Schöpfungen hervorgebracht hat, die ihm innerhalb der europäischen Rechtskreise eine starke Eigenständigkeit verleihen.

Repräsentative Rechtsordnung dieses Rechtskreises ist die Frankreichs.

Entstehungsgeschichte des romanischen Rechtskreises

Der Code Civil ist zum einen stark vom naturrechtlichen Pathos der Französischen Revolution geprägt, zum anderen aber auch vom vorrevolutionären Recht. Dies sind das auf dem fränkisch-germanischen Gewohnheitsrecht basierenden droit coutumier aus dem Norden Frankreichs und das durch die römische Besetzung Galliens vom römischen Recht beeinflusste droit écrit aus dem Süden Frankreichs.

Die im 11. und 12. Jahrhundert wiederaufblühende römische Rechtswissenschaft erhielt auch in Frankreich Einzug, ohne dass jedoch das fränkische Gewohnheitsrecht verdrängt worden wäre: Im Süden Frankreichs blieb es beim bisherigen Einfluss des römischen Rechts, während es im Norden nur partiell dort rezipiert wurde, wo das Gewohnheitsrecht keine oder nicht befriedigende Lösungen bot.

Mitte des 15. Jahrhundert erließ Karl VII. die Order, das bis dahin vor allem auf mündlicher Überlieferung basierende Gewohnheitsrecht des französischen Nordens aufzuzeichnen. Auch dies trug dazu bei, dass das Gewohnheitsrecht gegenüber dem römischen Recht eine starke Stellung behielt. Daneben führte es zu einer Annäherung von droit écrit und droit coutumier und leitete die Herausbildung des gemeinfranzösischen Gewohnheitsrechts (droit coutumier commun) ein.

Ebenfalls zur Angleichung trug die Rechtsprechung des Gerichtshofs von Paris bei. Das Pariser Coutume wurde bald überall dort angewandt, wo die übrigen Regionalrechte Lücken aufwiesen.

Diese Grundlagen zusammen mit dem Geist der Französischen Revolution führten schließlich in Gestalt des Code Civil zur einheitlichen Gesetzgebung auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts. Auf den einfachsprachlichen Stil des Code Civil hat Napoléon selbst einen nicht unerheblichen Einfluss genommen.

Deutscher Rechtskreis

Der deutsche Rechtskreis, zu dem neben Deutschland auch Österreich, Liechtenstein, Luxemburg und die Schweiz sowie Griechenland und seit der Zeit Atatürks die Türkei zählen, zeichnet sich durch seine Systematik aus. Es herrschen rationales, abstraktes und begriffliches Denken vor, siehe z. B. Abstraktionsprinzip.

Repräsentative Rechtsordnung dieses Rechtskreises ist die Deutschlands.

Entstehungsgeschichte des deutschen Rechtskreises

Das in den deutschen Sprachgebieten zunächst vorherrschende germanische Recht wurde zusehends verdrängt. Die vor allem im 15. Jh. stattfindende Rezeption des römischen Rechts wurde auch dadurch begünstigt, dass das Heilige Römische Reich Deutscher Nation sich als Nachfolger des römischen Reiches sah und das römische Recht auch das Recht des HRR war, sowie dadurch, dass die Reichsgewalt des HRR zugunsten der Macht der Territorialstaaten abnahm. Auf diese Weise konnte sich kein reichseinheitliches gemeindeutsches Recht herausbilden, das die Rezeption des römischen Rechts – wie in Frankreich oder den nordischen Ländern – zumindest teilweise überflüssig gemacht hätte. Auch bestand keine effektive Reichsgerichtsbarkeit, die die Rechtsprechung reichsweit hätte vereinheitlichen können; die Zuständigkeit des Reichshofgerichts wurde durch die privilegia de non evocando und privilegia de non appellando, die sich die erstarkten Territorialfürsten hatten einräumen lassen, stark beschnitten. Als schließlich 1495 das Reichskammergericht eingerichtet wurde, war es für die Herausbildung eines gemeindeutschen Privatrechts bereits zu spät; das römische Recht gewann aufgrund seines reichen und ausdifferenzierten Instrumentariums immer mehr Boden, da die germanischen Formen der Rechtsfindung den Bedürfnissen der Zeit nicht mehr genügten. Die nun einsetzende Rezeption erfolgte teilweise sogar in complexu.

Zur Verbreitung des römischen Rechts trug vor allem die Ausbildung der Juristen bei. Diese hatten ihre Kenntnisse zunächst an den Universitäten Oberitaliens (z. B. der Universität Bologna) erworben; später begannen auch die deutschen Universitäten, römisches Recht zu lehren.

Mit dem Zeitalter der Aufklärung ging auch der Wunsch nach einer Gesamtkodifikation auf der Grundlage von Systematik und Rationalität einher. Philosophen wie Pufendorf oder Thomasius entwickelten ein abstraktes und logisches System, das aber – wiederum anders als etwa in Frankreich oder den nordischen Ländern – oft die Verbindung zu den eigentlich zu lösenden sozialen Problemen verlor. Anders aber als in Frankreich wurde der Wunsch nach einer umfassenden Kodifikation auch nicht von unten erkämpft, sondern – ganz im Sinne des in Deutschland vorherrschenden aufgeklärten Absolutismus – von oben vorgegeben. Beispiele für eine solche Kodifikation sind das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten von 1794 und vor allem das noch heute in Kraft stehende österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch von 1811.

Die nun folgende Epoche der Romantik brachte auch die Historische Rechtsschule hervor, die sich vom Vernunftrecht abwandte und sich auf das geschichtlich gereifte Recht besann. Einer der Begründer der historischen Rechtsschule, Savigny, wandte sich insbesondere dem römischen Recht zu, und zwar nicht in der Form des usus modernus pandectarum, sondern in dessen ursprünglichster auffindbaren Form des antiken römischen Rechts, wie es aus den Aufzeichnungen Justinian I. hervorging. Er gehörte mithin zum romanistischen Zweig der historischen Rechtsschule. Anders jedoch als die römischen Quellen ging Savigny von der Privatautonomie als Grundlage der Rechtsgeschäfte aus.

Savigny sprach sich ganz im Geiste der Romantik gegen eine Kodifikation des bürgerlichen Rechts aus, da das Recht nicht durch einen Gesetzgeber vorzugeben sei, sondern sich durch die Manifestation des Volksgeistes organische entwickle, während die Vertreter des germanistischen Zweigs der historischen Rechtsschule eine Kodifikation befürworteten.

Unter Savignys Nachfolgern Puchta und Windscheid ging aus dem romanistischen Zweig die Pandektenwissenschaft hervor, die auch als Begriffsjurisprudenz gesehen wird. Jhering wandte sich schließlich von der Begriffsjurisprudenz ab hin zu einer an den realen sozialen Anforderungen orientierten Betrachtung des Rechts (vgl. Interessenjurisprudenz).

Die allgemein einsetzende Rechtsvereinheitlichung mündete schließlich in der Erstellung des Bürgerlichen Gesetzbuches. Dieses hatte erst durch die Entwurfsnachbesserung durch die 2. Kommission, der auch Anton Menger angehörte, den „Tropfen sozialen Öls“ bekommen, den die soziale Frage der damaligen Zeit erforderte. Es trat am 1. Januar 1900 in Kraft.

Nordischer Rechtskreis

Der nordische Rechtskreis wird auch als skandinavischer Rechtskreis bezeichnet; ihm gehören Schweden, Norwegen, Dänemark, Finnland und Island an. Stilistisch lässt sich vor allem die Praxisorientierung des nordischen Rechts herausstellen; auch die Institution der Ombudsmänner ist charakteristisch.

Repräsentative Rechtsordnungen dieses Rechtskreises sind die von Schweden und Dänemark.

Entstehungsgeschichte des nordischen Rechtskreises

Prägend war zunächst das altgermanische Recht, zu dem gewisse regionale Abweichungen kamen. Aufgrund der von jeher engen politischen und kulturellen Beziehungen der nordischen Länder (dänisch-norwegische Personalunion, Kalmarer Union usw.) entwickelten sich nie besondere rechtliche Abweichungen der Länder in diesem Raum. Im Hochmittelalter entstanden die Landschaftsrechte wie das Jyske Lov, das in Südjütland (auch: Schleswig) noch bis 1900 Gültigkeit hatte.

Großen Einfluss hatten die Gesetzgebungen der damals vorherrschenden Mächte Schweden (Sveriges rikes lag von 1734) und Dänemark (Danske Lov des Königs Christian V. von 1683; im norwegischen Reichsteil unter dem Titel Norske Lov inkraftgetreten), die jeweils in ihren Geltungsbereichen das Prozess-, Straf- und Privatrecht vereinheitlichten. Beide Gesetzbücher waren in einem einfachen und verständlichen Sprachstil gehalten.

Der in Skandinavien erst im 17. Jahrhundert erfolgende Einfluss des römischen Rechts war aufgrund der zu diesem Zeitpunkt bereits gefestigten Rechtssysteme geringer als im übrigen Kontinentaleuropa, aber dennoch größer als auf das common law. Es wurden vor allem auf den Gebieten rezipiert, in denen das geltende Recht keine oder nicht ausreichende Regelungen kannte; zu theoretischen Verallgemeinerungen kam es aber auch hier nicht.

Das ausgeprägte historische und kulturelle Zusammengehörigkeitsgefühl führte ab Ende des 19. Jahrhundert zu einer engen, meist informellen Zusammenarbeit der nordischen Länder bei der Gesetzgebung. Der Nordische Rat hat insofern kaum Bedeutung. Im Folgenden traten viele einheitliche Gesetze in den nordischen Ländern in Kraft.

Angelsächsischer bzw. angloamerikanischer Rechtskreis

Dieser Rechtskreis umfasst im Wesentlichen den angelsächsischen oder den Rechtskreis des Common Law, das von England in seine Kolonien (Australien, Indien, Kanada, Neuseeland, Vereinigte Staaten von Amerika usw.) exportiert wurde. Diese Ländern haben nach ihrer Unabhängigkeit meist eigene, jedoch mehr oder weniger stark von der britischen Rechtskultur des Common Law geprägte Rechtsordnungen angenommen. Die ähnliche Rechtstraditionen sowie bestimmte gemeinsame Institutionen (z. B. im Rahmen des Commonwealth) und verstärken.

Prägnantester Unterschied zum kontinentaleuropäischen Rechtskreis des civil law sind die Wurzeln der Rechtswissenschaft: Während in Kontinentaleuropa scholastisches Denken vorherrscht, ist es im common law das forensische Vorgehen am konkreten Fall. Dieser Umstand wirkt sich unter anderem darin aus, dass im kontinentaleuropäischen Rechtskreis vom Anwalt anhand von Normen ermittelt wird, wie ein Rechtsstreit entschieden werden wird, während es im common law um die Vorausberechnung geht, wie der Richter den konkreten Fall mittels Präjudizien entscheiden wird.

Entstehungsgeschichte des angloamerikanischen Rechtskreises

Das englische Gewohnheitsrecht wurde seit der Zeit der Eroberung Englands 1066 durch die Normannen (Schlacht bei Hastings) nach und nach durch die von den Normannen eingeführten Rechtsinstitute verdrängt. Die Normannen waren ihrerseits vom französischen Recht beeinflusst, woraus sich auch der französische Einschlag in der englischen Rechtssprache erklärt, der allerdings in den Kolonien weitgehend verlorenging.

Prägend war insbesondere das neugeschaffene Verwaltungssystem in Form des Lehnswesens, dessen oberster Lehnsherr der König war. König Wilhelm I. zog nach seiner Eroberung Englands den Grundbesitz seiner Gegner ein und verteilte ihn an seine Gefolgsleute, wobei er – wie auch später seine Nachfolger – zum Erhalt seiner Zentralgewalt darauf achtete, dass die Territorien nicht zu groß und damit die Territorialherrscher nicht zu mächtig wurden.

Mit dem Lehnswesen verbunden war das Steuerwesen (siehe auch Domesday Book). Um diese Einnahmequelle zu sichern, übernahm die königliche Verwaltung bald auch Funktionen der Rechtspflege, und es bildete sich ein Justizsystem mit dem Court of Exchequer, dem Court of Common Pleas und dem Court of King's Bench heraus. Daneben wurden seit dem 12. Jahrhundert verstärkt reisende Richter (iusticiarii itinerantes) vom König in die Provinzen entsandt, um dort Recht zu sprechen. So kam es auch zur Zentralisierung der Justiz und damit zur fortschreitenden Rechtsvereinheitlichung, wodurch die alten Rechtsgewohnheiten weiter zurückgedrängt wurden.

Gerichtsverfahren konnten im Mittelalter nur mit Anweisungen des Königs, sogenannten writs, eingeleitet werden. Es bildeten sich eine vielzahl standardisierter writs heraus, die den actiones des römischen Rechts sehr ähnlich waren. Ob man ein Verfahren gewann oder verlor hing damit größtenteils von der Wahl des richtigen writ ab. Dies führte zu einem sehr verfahrensrechtslastigen Denken der Rechtspraktiker. Insgesamt waren die Verfahren zu formalistisch und zu schwerfällig. Aufgrund der Vernachlässigung des materiellen Aspekts kam es zu als ungerecht empfundenen Ergebnissen. Im 14. Jahrhundert ergingen daher Gesuche vieler unterlegener Parteien an den König, ein als ungerecht empfundenes Ergebnis durch königlichen Befehl nach den Geboten der Moral zu korrigieren. Mit der Zeit übernahm diese Aufgabe direkt der Chancellor, der höchste Verwaltungsbeamter, welcher zur Klärung Verfahren durchführte, die nicht an die formalen Beweisregeln gebunden waren. Neben dem common law im engeren Sinne entwickelte sich so ein neuer Bestandteil des common law im weiteren Sinne, der unter dem Begriff Equity zusammengafasst wird. Gegen Ende des 16. Jahrhundert verfestigte sich die Equity-Rechtsprechung weiter und ein Court of Chancery wurde eingerichtet. Im 18. Jahrhundert schließlich bildete die Equity-Rechtsprechung endgültig einen dem common law im engeren Sinne ebenbürtigen und wie dieses am case law orientierten Bestandteil. Das Verhältnis von Equity zum common law i. e. S. war bereits im 17. Jahrhundert geklärt worden, als sich Chief Justice Edward Coke beschwerte, dass sich der Chancellor mit seiner Equity-Rechtsprechung nicht einfach zum Richter über die common law courts machen könne. König James I. entschied diesen Streit zugunsten des Chancellors, so dass von da an feststand, dass in Kollisionsfällen die Equity-Rechtsprechung Vorrang genießt.

Seinem Charakter verdankt das common law auch seine Resistenz gegenüber direkten Eingriffen durch den König, was sich in England insofern als positiv erwies, als es im 16. und 17. Jahrhundert vor den absolutistischen Tudors und Stuarts schützte. Seit dieser Zeit ist mit dem common law auch der Gedanke der Gewährleistung der Freiheit verbunden; eine Funktion, die in Kontinentaleuropa der Verfassung zukommt. Im Vereinigten Königreich gibt es bis heute keine geschriebene Verfassung.

Mit dem 1875 inkraftgetretenen Judicature Act von 1873 wurden schließlich die Gerichtsverfassung und das Prozessrecht reformiert. Unter anderem wurde die bis dahin bei verschiedenen Gerichten liegende Zuständigkeit für common law und equity zusammengeführt. Von nun an hatte ein Gericht beides zu beachten, auch wenn innerhalb der Gerichte weiterhin verschiedene divisions zuständig waren. Daneben wurde auch das veraltete writ-System abgeschafft; alle Prozesse vor dem neu eingerichteten High Court of Justice wurden nun durch das writ of summons eingeleitet.

Das Statute Law hat insgesamt eine geringe Bedeutung; lediglich auf den Gebieten des vom römischen Recht beeinflussten Handels- und Seerecht sowie im Sozialrecht kam es zu umfassenden Kodifikationen, die sich jedoch teilweise darauf beschränken, durch case law herausgebildetes common law geordnet zusammenzufassen und ansonsten vor allem aus punktuellen Gesetzen bestehen, die ihrerseits auf bereits vorhandenem common law aufbauen.

Siehe auch die ausführliche Entwicklungsgeschichte des englischen common law sowie die Verfassungsgeschichte des Vereinigten Königreichs

Juristische Lehre und Schrifttum

Noch heute wird im Bewusstsein der Juristen trotz der Zusammenführung zwischen common law i. e. S. und equity unterschieden, was sich auch darin widerspiegelt, dass für beide Gebiete auch weiterhin getrennte Lehrbücher und Vorlesungen bestehen. Auch das für das Prozessrecht abgeschaffte System der writs wird in Lehrbüchern oft noch heute als Gliederungsschema verwendet.

Gerichtsverfahren

Man erkennt das Common Law unter anderem am stark kontradiktorisch geprägten Gerichtsverfahren, das von den Parteien beherrscht wird, während der Richter vor allem auf die Einhaltung der Verfahrensregeln achtet. Charakteristisch ist auch die bedeutende Rolle von Geschworenen, die unabhängig vom Richter beraten. Daneben hat im Common Law das Richterrecht in der Form von Präzedenzfällen (Case Law) eine anerkannt hohe Bedeutung.

Mischsysteme

Mischsysteme existieren sowohl innerhalb als auch zwischen den großen Rechtskreisen.

Mischsysteme aus kontinentaleuropäischem römischen Recht bzw. Civil Law einerseits und Common Law andererseits existieren beispielsweise in Schottland und Südafrika, aber auch in dem französisch geprägten US-amerikanischen Bundesstaat Louisiana und der frankokanadischen Provinz Québec (siehe dort).

Innerhalb des kontinentalen Rechtskreises stellt das 1916 kodifizierte bürgerliche Recht Brasiliens ein typisches Beispiel dar, insoweit es gleichermaßen durch die Rezeption des deutschen BGB wie auch des französischen Code Civil geprägt ist. Ähnliches gilt für eine Vielzahl weiterer, nach 1900 in außereuropäischen Ländern entstandene Kodifikationen.

Ehemaliger sozialistischer Rechtskreis

Der sozialistische Rechtskreis zeichnete sich vor allem dadurch aus, dass Produktionsmittel nicht in Privateigentum, sondern in Staatseigentum standen. Generell war die Privatautonomie insbesondere das Recht zur wirtschaftlichen Betätigung stark eingeschränkt. Der Staat kontrollierte das gesamte Wirtschaftsgeschehen und ingerierte auch in zivilrechtliche Belange z. B. dadurch, das Staatsanwälte in Zivilsachen auftreten konnten. Trotz dieser Besonderheiten waren Wurzeln im römischen Recht erkennbar.

Entstehungsgeschichte des sozialistischen Rechtskreises

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte die Sowjetunion in den von ihr kontrollierten Staatsgebieten nach und nach realsozialistische Diktaturen eingeführt. Diese wandelten die Gesellschaften nach den Vorgaben der Sowjetunion aus. Dies ging mit der Einführung der so genannten sozialistischen Gesellschaftsordnung im Sinne der „sozialistischen Bruderländer“ einher, im Rahmen derer auch und gerade die Rechtssysteme stark verändert wurden. Die gleiche Entwicklung fand in den zwei sozialistischen Ländern Europas statt, die nicht von der Sowjetunion beherrscht wurden, nämlich in Albanien und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien.

Heutige Situation

Der sozialistische Rechtskreis besteht nicht mehr, da durch den Fall der kommunistischen Diktaturen im Ostblock sowie Albanien und Jugoslawien in diesen Ländern die so genannte sozialistische Gesellschaftsordnung aufgegeben wurde. Da seit dem Fall des „Eisernern Vorhangs“ 1989 in den betroffenen Ländern eine uneinheitliche Neuausrichtung der Rechtsordnungen stattfindet, besteht auch kein einheitlichen Rechtskreis von ehemaligen sozialistischen Ländern.

Chinesischer Rechtskreis

Das Recht des chinesischen Rechtskreises ist stark von der konfuzianischen Lehre geprägt; Konflikte der Bürger untereinander werden meist auf gesellschaftlicher denn auf gerichtlicher Ebene geregelt. Primäres Ziel ist nicht, sein Recht zu erkämpfen, sondern die Wiederherstellung von Harmonie.

Islamischer Rechtskreis

Das genuine islamische Recht, die Schari'a, kennt die der westlichen Rechtstradition seit der Aufklärung geläufige Trennung zwischen Recht und Religion (analog der Trennung von Staat und Kirche) von ihrem Selbstverständnis und Ursprung her nicht und beansprucht universale Geltung für alle Menschen. „In der islamischen Kultur bezeichnet die Scharia das Gesetz in seiner weitesten Form, das heißt die Gesamtheit der religiösen, moralischen, sozialen und rechtlichen Normen, welche im Koran und der prophetischen Tradition beinhaltet sind.“[1] Allerdings ist die Schari'a in praktisch keinem islamischen Land (alleinige) Grundlage des Staats- und Rechtswesens.

Die Rechtsordnungen der meisten islamischen Länder sind durch ein unterschiedlich gewichtetes Nebeneinander ziviler (häufig an europäische Vorbilder angelehnter oder daraus fortentwickelter) und religiöser Rechtstradition geprägt, was nicht selten auch zu konkurrierenden Bestrebungen und Spannungen führt, die unterschiedlich gelöst werden oder auch ungelöst bleiben. Die Entwürfe reichen von einer formal strikten Trennung nach dem Vorbild der Türkei bis hin zu den Gesetzgebungs- und Rechtsprechungssystemen der Islamischen Republik, in der die Schari'a als verfassungsmäßiger Letztmaßstab jeder Rechtsetzung und -anwendung festgeschrieben ist. Dabei kann in je verschiedener Weise auch vorislamisches oder unabhängig vom Islam vorhandenes einheimisches Recht (bspw. Stammesrechte) einfließen.

Einzelnachweise

  1. ↑ Bodiveau, zit. in Alexandra Petersohn, Diss. Bonn 1999: Islamisches Menschenrechtsverständnis unter Berücksichtigung der Vorbehalte muslimischer Staaten zu den UN-Menschenrechtsverträgen.

Quellen

  • Konrad Zweigert/Hein Kötz: Einführung in die Rechtsvergleichung, 3. Aufl., Tübingen 1996. ISBN 3-16-146548-2
  • Ulrich Eisenhardt: Deutsche Rechtsgeschichte, 4. Aufl., München 2004. ISBN 3-406-51996-2

Literatur

  • Brun-Otto Bryde: Zur Einführung: Afrikanische Rechtssysteme, in: JuS 1982, S. 8–13.
  • Stephan Conermann, Wolfram Schaffar (Hrsg.): Die schwere Geburt von Staaten. Verfassungen und Rechtskulturen in modernen asiatischen Gesellschaften, Schenefeld/Hamburg 2007 (= Bonner Asienstudien; 1).
  • H. Patrick Glenn: Legal Traditions of the World: Sustainable Diversity In Law (Taschenbuch), Oxford University Press, 3. Auflage 2007, ISBN 0-19920-541-8.
  • Les systèmes juridiques dans le monde, Website Faculté de droit de l’Université d’Ottawa (frz.)
  • Grands Systèmes Juridiques Comparés, Cours de Jean-Paul Payre, Faculté de Droit de Grenoble]

 

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Schwedischer Sklavenhandel

Der Schwedische Sklavenhandel ist von der frühen schwedischen Geschichte an bis hinein ins 17. Jahrhundert bekannt, als schwedische Kolonien in Nordamerika (1638) und Afrika (1650) gegründet wurden. Bis 1813 blieb Sklaverei in Schweden legal.

Sklaverei vor und in der Wikingerzeit

Vor und während der Wikingerzeit versklavten schwedische Stämme regelmäßig Angehörige von Nachbarstämmen. Die Gesellschaft der Wikinger war als ein geschichtetes Kastensystem verfasst. Die Thrall (Leibeigene) stammten nach der wikingischen Mythologie von einem Gott selben Namens ab und stellten die unterste Kaste dar. Leibeigene konnten in die Sklaverei geboren oder als Strafe für Gesetzesverstöße versklavt werden. Dies war in ganz Skandinavien und dem Geltungsbereich des Danelaw in England üblich.

Schwedische Wikinger reisten Richtung Osten nach Gardariki und handelten dabei intensiv mit Sklaven. Sklaven in Schweden stammten auch aus germanischen, britischen und anderen nordeuropäischen Stämmen und wurden manchmal auch an arabische und jüdische Händler verkauft, die sie dann auch weit entfernt anboten.

Sklaverei nach der Wikingerzeit

Die Sklaverei wurde in Schweden erstmals 1335 durch Magnus II. von Schweden für Leibeigene abgeschafft, die von christlichen Eltern in Västergötland and Värend geboren wurden.[1]

Es gab vertragliche Abmachungen von Schweden mit England[2] [3] und Frankreich[4] zum Sklavenhandel, den auch Schweden mit Schiffen im Rahmen des transatlantischen Sklavenhandels betrieben.

Des weiteren wurden große Teile der damals im Sklavenhandel gebräuchlichen Eisenketten in Schweden hergestellt.[5]

1847 wurde die Sklaverei in Schweden mitsamt Kolonien schließlich vollständig abgeschafft, die wegweisenden Entscheidungen dafür wurden 1846 getroffen.[6]

Handelsstützpunkte in Afrika

1650 begann Schweden damit Handelsstationen entlang der westafrikanischen Küste in einem Gebiet das Schwedische Goldküste genannt wurde einzurichten. Schweden und Dänemark konkurrierten in dieser Periode als Regionalmächte in Skandinavien miteinander, weswegen den Schweden auch die Dänen nach Afrika folgten und dort einige Jahre mit dem Aufbau von Stationen begannen. 1663 wurde die schwedische Goldküste von Dänemark in die Dänische Goldküste eingegliedert. Dieses Gebiet wurde später zur britischen Kolonie Goldküste und ist heute ein Teil von Ghana. Es ist keine historische Dokumentation bekannt, die belegt, dass in der 13jährigen schwedischen Besatzung dieser afrikanischen Stützpunkte von dort Sklavenhandel betrieben wurde, jedoch ist dies als wahrscheinlich anzunehmen.

Schwedische Handelsstützpunkte in Afrika wurden im 18. Jahrhundert wieder eingerichtet, als Schweden Kolonien in der Karibik gründete.

Karibische Kolonien

Zwischen 1784 und 1878 hielt Schweden kleine Kolonien in der Karibik. Die schwedische Insel Saint-Barthélemy fungierte als zollfreien Hafen als eines der Zentren des karibischen Sklavenhandels.

1771 wurde Gustav III. König von Schweden. Sein Ziel Schweden wieder zu einer europäischen Großmacht zu formen verfolgte er auch mit der Gründung überseeischer Kolonien als zeitgemäßem Symbol nationaler Stärke. Dänemark machte zu dieser Zeit bereits große Profite mit Kolonien in Westindien. 1784 erwarb Gustav die karibische Insel Saint-Barthélemy von Frankreich.

Am 23. August 1784 informierte der König den durch den Putsch Gustav III. zur Einführung einer absolutistischen Monarchie geschwächten Schwedischen Reichsrat, dass Schweden nun Eigentümer einer Insel in Westindien sei, womit offenbar viele der Ratsmitglieder zu diesem Zeitpunkt nicht gerechnet hatten. Der erste Report über die Insel stammte vom schwedischen Generalkonsul auf der Insel, Simon Bérard, der in L’Orient, der einzigen Stadt, seinen Sitz hatte: „Sie (Saint-Barthélemy) ist eine sehr unwichtige Insel ohne strategische Position. Sie ist sehr arm und trocken und weist nur eine geringe Bevölkerung auf. Nur Salz und Baumwolle wird hier produziert. Ein großer Teil der Insel besteht aus blankem Fels. Die Insel hat keine eigenen Süßwasservorkommen und die Brunnen auf der Insel geben nur Brackwasser her. Wasser muss daher von Nachbarinseln bezogen werden. Es gibt nirgendwo Straßen.“

Aus Bérards Bericht folgte, dass wegen der armen Böden keine Möglichkeit bestand größeren landwirtschaftlichen Anbau zu betreiben. Die Insel hatte somit nur als guter Hafen entsprechend Zukunftsaussichten. Bérard machte die Insel dann auch zu einem Freihafen. Zu dieser Zeit hatte Frankreich Probleme genügend Sklaven für seine Kolonien in der Region bereitzustellen. So konnte Schweden versuchen diese Lücke zu schließen und Sklaven in französische Kolonien der Region zu exportieren. Falls das Projekt Saint-Barthélemy erfolgreich war, plante man auf schwedischer Seite das eigene Kolonialgebiet auf weitere Inseln in der Region auszuweiten. Gustav war auch bekannt, dass die führenden Sklavenhandelsnationen viel Geld mit dem Sklavenhandel erwarben, weswegen er Bérards Empfehlung folgte zu versuchen Saint Bartholome zu einem Zentrum des Sklavenhandels zu machen.

Im Herbst 1786 wurde die Svenska Västindiska Kompaniet (Schwedische Westindienkompanie) auf der Insel gegründet. Gustav stellte Investoren große künftige Profite in Aussicht. Jeder, der es sich leisten konnte, durfte Aktien der Kompanie erwerben, Gustav behielt selbst 10% der Aktien und blieb so der größte Aktionär. Der König erhielt ein Viertel der Gewinne, die anderen Anteilseigner den Rest. Am 31. Oktober 1786 wurde für die Kompanie ein Privileg ausgefertigt, das ihr die Rechte verlieh Sklaven zwischen Afrika und Westindien Sklavenhandel zu betreiben. Paragraph 14 des Privilegienbriefs lautete: „Die Kompanie darf Sklavenhandel in Angola und an der afrikanischen Küste betreiben, sofern es dort erlaubt ist.“

Am 12. März 1790 wurde eine neue Verfassung mitsamt Steuersystem auf der Insel eingeführt. Beide waren für das Ziel ausgelegt Saint-Barthélemy zu einem attraktiven Hafen für Sklavenhändler zu gestalten. Die neuen Gesetze gaben Händlern aller Nationalitäten eine für die damalige Zeit erstaunliche Chancengleichheit. Sklaven konnten dort von Schiffen aller Nationalitäten steuerfrei eingeführt werden und wurden bei der Ausfuhr gering besteuert, wobei diese Ausfuhrsteuer sich nochmals für Sklaven halbierte, die auf schwedischen Schiffen aus Afrika importiert wurden. Die neue Verfassung versprach: Freiheit für alle für alle auf Saint Bartholomew lebenden und eintreffenden Schiffe zu bewaffnen und auszusenden und Lieferungen nach Afrika zu unternehmen um Sklaven zu kaufen an allen Plätzen, an welchen dies allen Nationen erlaubt ist. Dies zog in der Folge am Kauf von Sklaven Interessierte aus der ganzen Karibik an. Sklaverei wurde in Saint-Barthélemy durch spezielle Gesetzgebung und eine Polizei für Sklaven und freie farbige Personen verwaltet und geregelt.[7] [8]

1813 wurde Schweden die Kontrolle über Guadeloupe zugesprochen, eine nahegelegene französische Kolonie, die sich vorübergehend unter britischer Besatzung befand, welche es jedoch schon 1814 nach dem Sturz Napoleons für 24 Millionen Franc an Frankreich zurückverkaufte, da Schweden zwischenzeitlich den Sklavenhandel verboten hatte und die Kolonien unter diesen Umständen wirtschaftlich ihren Sinn weitgehend verloren hatten.

Die letzten 523 in legalem Eigentum befindlichen Sklaven in der schwedischen Kolonie Saint-Barthélemy wurden am 9. Oktober 1847 vom Staat für je 80 Riksdaler freigekauft.[9] [10]

Abschaffung der Sklaverei

1788 sandte die britische Society for the Abolition of Slavery mit Anders Sparrman einen schwedischen Gegner des Sklavenhandels zu Gustav III., da die Society befürchtete andere Nationen würden ihren Sklavenhandel ausdehnen, wenn Britannien den eigenen Sklavenhandel einstellen würde. Durch überbrachte Bücher und Briefe zum Thema wurde der schwedische König ermutigt den unseligen Sklavenhandel in seinem Einflussbereich zu stoppen. In einem Antwortbrief des Königs, der durch Sparrman überbracht wurde, schrieb der König, dass niemand in seinem Land am Sklavenhandel Anteil hatte und er alles in seiner Macht stehende tun würde, damit es so bliebe.

Im Verlauf des frühen 19. Jahrhunderts wurden Bewegungen zur Abschaffung der Sklaverei stärker, besonders in Britannien, wo 1807 der Sklavenhandel verboten wurde und folgend 1808 in den USA, was für andere Staaten zu Vorbild wurde. Der Sklavenhandel wurde in Schweden 1813 verboten, Sklaverei blieb bis zum 9. Oktober 1847 erlaubt.

Danach patrouillierte die Britische Marine an der afrikanischen Küste um nunmehr illegale Sklavenhändler zu fassen.[11] Das schwedische Schiff Diana wurde in dieser Zeit von Briten nahe der afrikanischen Küste abgefangen, als sie frisch beladen mit Sklaven in Richtung Saint Bartholomew fuhr. In diesem Fall kam es zur Anklage vor einem Gericht um zu klären, ob der Sklavenhandel auf diesem Weg als Verstoß gegen universelle Menschenrechte verfolgt werden könnte. Das Schiff wurde jedoch den schwedischen Eignern zurückgegeben, da Schweden zu dieser Zeit den Sklavenhandel noch nicht verboten hatte und ihn praktisch zuließ.[12]

Schließlich wurde der Sklavenhandel ein heikles Thema, da die schwedische Regierung Sklavenhandel auch in der Karibik verbot, jedoch zunächst noch nicht Sklaverei selbst. Die westindischen Kolonien wurden daraufhin zu einer finanziellen Belastung. Guadeloupe wurde Frankreich 1814 zurückverkauft, die 24 Millionen Franc Verkaufserlös flossen in den Guadeloupefonden, der die Förderung des schwedischen Kronprinzen und Regenten Karl XIV. Johann von Schweden zur Aufgabe hatte und zuvor als Jean-Baptiste Bernadotte Marschall von Frankreich unter Napoleon I. war. Sein Haus erhielt daraus jährlich 300.000 Riksdaler bis ins Jahr 1983 als Kompensation für seinen Prestigeverlust in Frankreich, als Schweden an der Seite des Vereinigten Königreichs gegen Frankreich in den dritten napoleonischen Koalitionskrieg eintrat.

Es ist bisher nicht genau bekannt, wie viele Afrikaner als Sklaven auf schwedischen Schiffen nach Amerika verschleppt wurden, jedoch ist möglich, dass sich dies noch ändert, da die vorhandenen Unterlagen bislang nie ernsthaft ausgewertet wurden, aufgrund ihres schlechten Zustandes nicht direkt oder auf Mikrofilm zugänglich gemacht werden.[13] Zumindest einige Daten, vor allem Saint-Barthélemy betreffend, sind mittlerweile online verfügbar.[14]

Einzelnachweise

  1. ↑ Träldom. Nordisk familjebok / Uggleupplagan. 30. Tromsdalstind - Urakami /159-160, 1920. (In Swedish).
  2. ↑ Traité d’Alliance Entre Sa Majesté Le Roi de Suede et Sa Majesté Le Roi du Royaume Uni de la Grande Bretagne et de l’Irlande (1813). 'Comité de Liaison et d’Application des Sources Historiques', Saint-Barthélemy. Mémoire St Barth | History of Saint-Barthélemy (französisch).
  3. ↑ Traité, Pour la répression de la Traite des Noirs, entre Sa Majesté le Roi de Suède et de Norvège d'une part, et Sa Majesté le Roi du Royaume uni de la Grande Bretagne et de l’Irlande de l’autre (1824). 'Comité de Liaison et d’Application des Sources Historiques', Saint-Barthélemy. Mémoire St Barth | History of Saint-Barthélemy (französisch).
  4. ↑ Traité pour la répression de la Traite des Noirs entre Sa Majesté le Roi de Suède et de Norvège et Sa Majesté le Roi des Français (1836). 'Comité de Liaison et d’Application des Sources Historiques', Saint-Barthélemy. Mémoire St Barth | History of Saint-Barthélemy (französisch).
  5. ↑ Integrations- och jämställdhetsdepartementet. Dir.2007:114 (PDF) Kommittédirektiv: Tilläggsdirektiv till Delegationen för mänskliga rättigheter i Sverige (Ju 2006:02), s. 2. In Swedish.
  6. ↑ Thomas Read Rootes Cobb: An Inquiry Into the Law of Negro Slavery in the United States of America To which is Prefixed An Historical Sketch of Slavery, 1858. Page cxcii.
  7. ↑ Swedish «Black Code» (Original, datiert mit dem 30. Juni 1787)
  8. ↑ «Code Noir» Suédois (datiert mit dem 30. Juni 1787) (französisch)
  9. ↑ Herman Lindqvist im Aftonbladet (8 October 2006)
  10. ↑ 9 octobre 1847 et Abolition de l’esclavage à Saint-Barthélemy (französisch).
  11. ↑ Phillips, Mike. Slavery: Catalogue reference (PRO) FO 84/1310. Migration Histories: Caribbean. Origins. Moving Here, United Kingdom. Retrieved 29 November 2007.
  12. ↑ Kent, James (1987). Commentaries on American Law. 4 vols. New York, 1826-30. Online at The Founders' Constitution, Volume 3, Article 1, Section 9, Clause 1, Document 26. The University of Chicago Press, 1987. Retrieved 29 November 2007.
  13. ↑ La longue agonie des archives suédoises de Saint-Barthélemy (In French)
  14. ↑ "Répertoire" des expéditions négrières: Saint-Barthélemy (Suède)

 

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Westfälischer Friede

Als Westfälischer Friede wird die Gesamtheit der zwischen dem 15. Mai und dem 24. Oktober 1648 in Münster und Osnabrück geschlossenen Friedensverträge bezeichnet, die den Dreißigjährigen Krieg in Deutschland und zugleich den Achtzigjährigen Unabhängigkeitskrieg der Niederlande beendeten.

Entsprechend den nach Verhandlungsparteien getrennten Tagungsorten des Friedenskongresses wurden zwei komplementäre Friedensverträge ausgehandelt. Für den Kaiser und Frankreich war dies der Münstersche Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Monasteriensis, IPM) und für Kaiser und Reich einerseits und Schweden andererseits der Osnabrücker Friedensvertrag (Instrumentum Pacis Osnabrugensis, IPO).[1] Beide Verträge wurden schließlich am selben Tag in Münster unterzeichnet.

Vorausgegangen war ein fünf Jahre währender Friedenskongress aller Kriegsparteien, der zugleich in beiden Städten tagte. Es war der erste internationale Kongress, auf dem nahezu alle großen europäischen Mächte vertreten waren. Er wurde deshalb zum Vorbild für spätere Friedenskonferenzen, da er dem Prinzip der Gleichberechtigung der Staaten, unabhängig von ihrer tatsächlichen Macht, zur Durchsetzung verhalf.

Die reichsrechtlichen Regelungen des Westfälischen Friedens wurden zu Bestandteilen der Verfassungsordnung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation bis zu dessen Ende im Jahr 1806. Zugleich trug der allgemeine Friede – die pax universalis – von Münster und Osnabrück zur gesamteuropäischen Stabilität bei, da sich spätere Friedensschlüsse bis zur Französischen Revolution immer wieder an ihm orientierten.

Überblick

Obwohl in Münster und Osnabrück nicht alle europäischen Konflikte gelöst werden konnten, wurden doch wichtige Ziele erreicht. Der erste Erfolg war der Vertrag zwischen Spanien und den Vereinigten Provinzen der Niederlande, der Friede von Münster, von den Gesandten unterzeichnet am 30. Januar 1648. Der Austausch der Ratifikationsurkunden mit feierlicher Beschwörung und öffentlicher Verlesung fand am 15. und 16. Mai 1648 im Rathaus von Münster statt. Die Souveränität der Vereinigten Provinzen wurde anerkannt und sie schieden aus dem Heiligen Römischen Reich aus.

Hingegen gelang es nicht, in Münster eine Lösung für den wichtigsten Hegemonialkonflikt der Zeit zu finden, da die Verhandlungen zwischen Frankreich und Spanien scheiterten. Ein spanisch-französischer Ausgleich kam erst mit dem Pyrenäenfrieden von 1659 zustande. Insofern ist der Westfälische Frieden nur ein Teilerfolg des Kongresses gewesen.

Die Westfälischen Friedensverträge beendeten jedoch immerhin den Dreißigjährigen Krieg im Reich. Kern der Regelungen war ein neues Reichsreligionsrecht. Die Rechte der Reichsstände gegenüber dem Kaiser und in ihren eigenen Territorien wurden auf die hergebrachten Grundsätze festgeschrieben. Der Westfälische Frieden wurde ein Grundgesetz des Reiches, und war seitdem einer der wichtigsten Teile der Reichsverfassung. Daneben akzeptierten die Friedensverträge auch die Unabhängigkeit der Schweizerischen Eidgenossenschaft von der Gerichtsbarkeit der Reichsgerichte (Art. VI IPO = § 61 IPM) und erkannten damit faktisch ihre staatliche Unabhängigkeit an.

Trotz seines fragmentarischen Charakters galt der Westfälische Frieden bis zur Französischen Revolution als Grundlage des Systems der europäischen Staaten, das um 1650 erst im Entstehen begriffen war. Anlass für dieses Urteil sind die Teilnahme vieler politisch relevanter Mächte am Kongress (wichtige Ausnahmen: Polen, Russland, England), ihre ausdrückliche Nennung im schwedisch-kaiserlichen Vertrag, die Garantie für die Einhaltung der Verträge durch Frankreich und Schweden und der Bezug auf sie in späteren Friedensverträgen.

Vorbereitungen des Kongresses

Obwohl das Thema „Universalfriedenskongress“ seit 1637 zwischen den Kriegsparteien verhandelt worden war, wurde erst im Dezember 1641 in Hamburg eine Einigung (Hamburger Präliminarfrieden) über die Teilnehmer und die Orte der Verhandlungen erzielt. Beide Verhandlungsstädte und die Verbindungswege zwischen ihnen waren vorab für entmilitarisiert erklärt worden und alle Gesandtschaften erhielten freies Geleit.

Die wirklichen Friedensverhandlungen begannen im Juni 1645 und wurden in Osnabrück direkt, ohne Vermittlung, zwischen den kaiserlichen, den reichsständischen und den schwedischen Gesandten, in Münster dagegen unter päpstlicher und venezianischer Vermittlung zwischen den kaiserlichen und den französischen Gesandten geführt. Die Trennung geschah, teils um Rangstreitigkeiten zwischen Frankreich und Schweden vorzubeugen, teils auch, weil die protestantischen Mächte und die Römische Kurie nicht miteinander verhandeln wollten.

Kaiser Ferdinand III. wehrte sich anfangs vehement gegen die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen, wurde aber insbesondere durch Frankreich gezwungen, die Beteiligung der Reichsstände zuzulassen. Dadurch wurde der Kongress in Osnabrück neben den Verhandlungen zwischen dem Reich und Schweden zu einem deutschen Verfassungskonvent, während in Münster zusätzlich die europäischen Rahmenbedingungen, die lehnsrechtlichen Probleme und der Friede zwischen Spanien und der Republik der Niederlande verhandelt wurde.

Rang- und Titelstreitigkeiten verzögerten noch lange die Eröffnung des Kongresses, da es die erste Vereinigung der Gesandten der mitteleuropäischen Staaten war und die Etiquette ganz neu geregelt werden musste.

Beteiligte Personen

Von französischer Seite verhandelten in Münster Henri II. d’Orleans, Herzog von Longueville, ein Mitglied des Hochadels, sowie die Diplomaten Claude d’Avaux und Abel Servien.

Von Schweden waren bevollmächtigt: Johan Oxenstierna, der Sohn des Reichskanzlers Axel Oxenstierna, und Johan Adler Salvius.

Kaiserlicher Hauptgesandter (für beide Orte) war Graf Maximilian von Trauttmansdorff, in Münster unterstützten ihn Graf (später Fürst) Johann Ludwig von Nassau-Hadamar und der Jurist Isaak Volmar, in Osnabrück waren bevollmächtigt Johann Maximilian Graf Lamberg und der Kaiserliche Reichshofrat Johannes Krane aus Geseke, ebenfalls ein Jurist.

Als Vermittler (Mediatoren) waren der Kölner Nuntius Fabio Chigi (der spätere Papst Alexander VII.) und der venezianische Diplomat Alvise Contarini berufen worden.

Vom spanischen Hof waren Gaspar de Bracamonte y Guzmán conde de Peñaranda, Diego de Saavedra Fajardo, Antoine Brun u. a. anwesend.

Die Generalstaaten hatten acht Bevollmächtigte geschickt; die Eidgenossenschaft vertrat Johann Rudolf Wettstein, Bürgermeister von Basel. Daneben waren zahlreiche Reichsstände vertreten

Unter den Gesandten der evangelischen Stände zeichneten sich aus: Der Gesandte Sachsen-Altenburgs, Wolfgang Konrad von Thumbshirn, der Gesandte von Kursachsen Johann Ernst Pistoris, der zusammen mit Johann Leuber zeitweise auch den Vorsitz im Corpus Evangelicorum innehatte, sowie der Bevollmächtigte des Hauses Braunschweig-Lüneburg, Jakob Lampadius. Andere, wie der Gesandte von Württemberg, Johann Konrad Varnbüler, trugen durch ihre engen Kontakte zu Schweden erheblich zu den späteren Regelungen bei. Adam Adami, der Gesandte des Fürstabtes von Corvey, war der Geschichtsschreiber der Versammlung.

Verhandlungen

Während der Verhandlungen dauerte der Krieg unvermindert an und die militärischen Erfolge der ausländischen Mächte beeinflussten die Verhandlungen erheblich.

Obwohl die Beteiligung der Reichsstände an den Verhandlungen mehrfach gefordert wurde (Admissionsstreit), vertrat der Kaiser das Reich anfangs alleine. Ein seit 1642/43 in Frankfurt tagender Reichsdeputationstag beriet hingegen die verfassungpolitischen Probleme des Reiches. Dementsprechend warf der schwedische Gesandte Johan Adler Salvius schon 1643 vor, die Majestätsrechte zu usurpieren, und formulierte: Ihre Sekurität besteht in der deutschen Stände Libertät[2]

Der schwedische General Torstensson drang sogar 1645 in die kaiserlichen Erbländer bis an die Donau ein, und Königsmarck eroberte am 15. Juli 1648 die Prager Kleinseite. Dies gab bei den langen und schwierigen Unterhandlungen den Ausschlag, und beide Friedensverträge wurden nun am 24. Oktober 1648 zu Münster unterzeichnet. Erst nahezu vier Monate später am 18. Februar 1649 wurden die Ratifikationsurkunden ausgetauscht, und noch lange dauerten verschiedene Verhandlungen über die Umsetzung der Friedensbestimmungen. Für die Abwicklung der Demobilisierung, die mit einer großen Geldzahlung an Schweden verbunden war, wurden neue Verhandlungen nötig, die in Nürnberg vom Mai 1649 an stattfanden, und mit zwei Vereinbarungen, vom 26. Juni 1650 und vom 2. Juli 1650, endeten. Der vom Heiligen Stuhl im August 1650 gegen den Friedensvertrag eingelegte und auf den 26. November 1648 zurückdatierte Protest gegen die religionsrechtlichen Regelungen der Verträge blieb wirkungslos.

Bestimmungen des Westfälischen Friedens

Territoriale Veränderungen

Schweden erhielt außer einer Kriegsentschädigung von 5 Millionen Taler ganz Vorpommern nebst der Insel Rügen und den Odermündungen, dazu das rechte Oderufer; ferner die Stadt Wismar vom Herzogtum Mecklenburg und die Bistümer Bremen und Verden. Alle diese Länder sollten deutsche Reichslehen bleiben, und Schweden sollte sie als deutscher Reichsstand mit Sitz und Stimme auf den Reichs- und Kreistagen besitzen.

Der Kurfürst von Brandenburg bekam den Rest von Pommern und als Entschädigung für Vorpommern, auf welches sein Haus nach dem Erlöschen des pommerschen Herzogsgeschlechts (1657) ein Erbrecht hatte, die Bistümer Magdeburg, Halberstadt, Minden und Cammin; doch blieb Magdeburg bis 1680 im Besitz des damaligen Administrators, des sächsischen Prinzen August. Der Herzog Adolf Friedrich von Mecklenburg-Schwerin erhielt für die Abtretung von Wismar die Bistümer Schwerin und Ratzeburg. Dem Herzogtum Braunschweig-Lüneburg wurde die Herrschaftsfolge im Hochstift Osnabrück, abwechselnd mit einem katholischen, vom Domkapitel gewählten Bischof (alternative Succession), zugestanden sowie die Klöster Walkenried und Gröningen überlassen. Das Haus Hessen-Kassel erhielt die gefürstete Abtei Hersfeld und einen Teil der ehemaligen Grafschaft Schaumburg. Bayern blieb im Besitz der Oberpfalz und der Kurwürde. Die Rheinpfalz mit der neu geschaffenen achten Kurwürde und dem Erzschatzmeisteramt wurde dem Sohn des geächteten Friedrich V., Karl Ludwig, zurückgegeben (Causa palatina).

Frankreich erhielt die Bistümer und Städte Metz, Toul und Verdun, die sogenannten Trois-Évêchés, welche es tatsächlich schon seit 1552 besaß. Ferner trat der Kaiser alle Rechte, die sowohl das Haus Österreich als auch das Reich bisher auf die Stadt Breisach, die Landgrafschaften Ober- und Unterelsass, den Sundgau und die Landvogtei der zehn vereinigten Reichsstädte im Elsass gehabt hatten, der Krone Frankreich auf ewig ab.

Die Eidgenossenschaft wurde faktisch als unabhängig vom Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation anerkannt. Abgesehen von diesen Veränderungen, setzte der Friede eine unbeschränkte Amnestie für alles, was seit 1618 geschehen war, und eine Wiederherstellung (Restitution) des Besitzstandes von 1624 fest. Nur der Kaiser erreichte davon für seine Erblande eine Ausnahme, indem er für die Eigentums- und Besitzrestitution seiner Untertanen nur das Stichjahr 1630 anerkannte.

Kirchliche und politische Angelegenheiten

In der kirchlichen Frage bestätigte der Friede den Passauer Vertrag und den Augsburger Religionsfrieden und schloss nun die Reformierten in die den Augsburger Religionsverwandten gewährte Rechtsstellung ein. Beide Konfessionen, die katholische wie die evangelische, wurden vollkommen gleichgestellt; die evangelische Minorität durfte auf den Reichstagen in Religionssachen nicht überstimmt werden. Die reformatorischen Täufer waren weiterhin von der rechtlichen Anerkennung auf Reichsebene ausgeschlossen. Der Streit über die geistlichen Stifte und Güter wurde unter Aufhebung des Restitutionsedikts von 1629 dahin ausgeglichen, dass 1624 Normaljahr sein und der evangelische und katholische Besitzstand so bleiben oder wiederhergestellt werden sollte, wie er am 1. Januar 1624 gewesen war. Doch wurden auch hiervon die kaiserlichen Erblande ausgenommen, in denen der Kaiser das unbeschränkte landesherrliche Reformationsrecht mit wenigen Ausnahmen behaupten konnte. Die Territorialhoheit der Reichsstände wurde ausdrücklich anerkannt, ihnen wurde das Recht bestätigt, zu ihrer Erhaltung und Sicherheit untereinander und mit auswärtigen Mächten Bündnisse zu schließen. Diese durften nur nicht gegen Kaiser und Reich gerichtet sein. Die neue Verfassung des Reichs sollte auf dem nächsten Reichstag beraten werden.

Für die konfessionell gemischten Reichsstädte Ravensburg, Biberach und Dinkelsbühl in Süddeutschland wurde ein paritätisches Regierungs- und Verwaltungssystem eingeführt (Gleichberechtigung und exakte Ämterverteilung zwischen Katholiken und Protestanten, siehe Paritätische Reichsstadt). In Augsburg war die Parität schon in der Stadtverfassung von 1548 verankert und wurde durch diesen Vertrag bestätigt.

Wertung und Ausblick

Der Westfälische Frieden war ein Kompromiss zwischen allen beteiligten Parteien, der möglich wurde, weil durch die totale Erschöpfung der Ressourcen und die allgemeine Kriegsmüdigkeit keine Seite durch die Fortführung des Krieges etwas gewinnen konnte. Das umfangreiche Regelwerk umfasst neben einem revidierten Religionsfrieden auch weitgehende Regelungen der Verfassungsverhältnisse des Reiches, die auf einen Ausgleich zwischen Kaiser und Reichsständen bedacht sind. Damit wurde der Friedensvertrag neben der Goldenen Bulle zum wichtigsten Dokument der Reichsverfassung. Viele der in ihm festgelegten politischen Kompromisse wirken noch bis in die Gegenwart fort. Im Vertragswerk offen gebliebene Fragen, insbesondere zum Thema Truppenabzug, wurden in den Folgemonaten im Friedensexekutionskongress in Nürnberg geklärt.

Nach heutigem Verständnis wird der Westfälische Friede als historischer Beitrag zu einer europäischen Friedensordnung gleichberechtigter Staaten und als Beitrag zum friedlichen Miteinander der Konfessionen gewertet. Die Verhandlungen von Münster und Osnabrück stehen am Anfangspunkt einer Entwicklung, die zur Herausbildung des modernen Völkerrecht geführt hat, weshalb die Politikwissenschaft hier die Grundlagen des souveränen Nationalstaats sieht. Die Politikwissenschaft bezieht sich bei der Betrachtung von internationalen Beziehungen explizit aber nicht ausschließlich auf die Interaktion zwischen souveränen Staaten, das so genannte Westfälische System. Für dessen Aufrechterhaltung plädiert der Realismus.

Von den Zeitgenossen wurde der Friede als heiß ersehntes Ende eines jahrzehntelangen Mordens begrüßt. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts galt er insbesondere den Protestanten als Fundament der reichsständischen Libertät und Quelle der Religionsfreiheit der Reichsstände.

Erst im 19. Jahrhundert verdüsterte sich die Einschätzung aus dem Blickwinkel des kleindeutsch-preußischen Nationalismus, aber auch aus großdeutscher Perspektive. Der Friede wurde als Schande und Erniedrigung für Deutschland abqualifiziert; das Heilige Römische Reich als wehrlose Beute des „Erbfeinds“ Frankreichs gesehen. Dies zeigt sich noch in der Wertung in Meyers Konversationslexikon von 1889:

Das Reich verlor durch den Frieden eine Ländermasse von mehr als 100 000 km² mit 4,5 Millionen Menschen und erhielt eine ganz zerstückelte, wehrlose Grenze gegen Frankreich.

Ähnlich sah es mit dem Verhältnis Kaiser und Reichsstände aus. Meyers weiter:

Der Kaiser musste im Frieden auf den letzten Rest seiner Macht verzichten. [3]

Im Nationalsozialismus spitzte sich diese Einschätzung noch zu. Der Friedensschluss wurde als anti-französische Propaganda instrumentalisiert. Heute gilt die Entstehung des deutschen Nationalstaates nicht mehr als einziger Maßstab zur Bewertung historischer Ereignisse. Die neueste Forschung sieht im Westfälischen Frieden daher eher den Beginn einer neuen Machtbalance und Kooperation zwischen den Reichsständen, dem Kaiser und den Institutionen des Reiches. Die europäische Dimension des Vertrages (vor allem die Schweiz und die Niederlande betreffend) sollte auch nicht übersehen werden.

Quellen

  • Acta Pacis Westphalicae. Münster/Westfalen, 1962 ff. (Aktenedition, noch nicht abgeschlossen)
    • Serie I: Instruktionen
    • Serie II: Korrespondenzen
    • Serie III: Protokolle, Verhandlungsakten, Diarien
  • Ferdinand III., Ludwig XIV.: Westfälischer Friede - Vertrag von Münster (Instrumentum Pacis Monasteriensis). Frankfurt am Main, Philipp Jacob Fischer 1649.
    • digitate Volltextausgabe Vertrag von Münster in Wikisource
    • Volltextausgabe, Internetportal Westphälische Geschichte
  • Ferdinand III., Kristina von Schweden: ''Westfälischer Friede - Vertrag von Osnabrück (Instrumentum Pacis Osnabrugensis). Frankfurt am Main, Philipp Jacob Fischer 1649.
    • digitate Volltextausgabe Vertrag von Osnabrück in Wikisource
    • Volltextausgabe, Internetportal Westphälische Geschichte
  • Volltexte der Verträge des Westfälischen Friedens in lateinisch und deutscher Übersetzung aus den Jahren 1649, 1720, 1975 und 1984 und mehreren anderssprachigen Übersetzungen

Literatur (Darstellungen)

  • Klaus Bußmann/ Heinz Schilling: 1648 – Krieg und Frieden in Europa, Katalogband und zwei Textbände, Münster 1998 [Dokumentation der Europaratsausstellung zum 350-jährigen Jubiläum des Westfälischen Friedens in Münster und Osnabrück.] Münster/ Osnabrück 1998, ISBN 3-88789-127-9.
  • Fritz Dickmann: Der Westfälische Friede. Münster, Aschendorff 1998. ISBN 3-402-05161-3
  • Heinz Duchhardt: Der Westfälische Friede. Diplomatie - politische Zäsur - kulturelles Umfeld - Rezeptionsgeschichte. München 1998, ISBN 3-486-56328-9.
  • Herbert Langer: Das Tagebuch Europas. Sechzehnhundertachtundvierzig, Der Westfälische Friede. Berlin: Brandenburg. V., 1994. ISBN 3-89488-070-8
  • Christoph Link: Die Bedeutung des Westfälischen Friedens in der deutschen Verfassungsentwicklung. Zum 350-jährigen Jubiläum eines Reichsgrundgesetzes, in: JZ 1998, S. 1 bis 9.
  • Eva Ortlieb, Heinz Duchhardt (Hrsg.): Der Westfälische Friede, München, Oldenbourg 2001. ISBN 3-486-64425-4
  • Roswitha Philippe: Württemberg und der Westfälische Friede., Münster/Westfalen, 1976.
  • Georg Schmidt: Geschichte des Alten Reiches. Staat und Nation in der Frühen Neuzeit 1495–1806, München 1999. ISBN 3-406-45335-X
  • Benno Teschke: Mythos 1648 - Klassen, Geopolitik und die Entstehung des europäischen Staatensystems . Münster, 2007, ISBN 978-3-89691-122-3.
  • Manfred Wolf: Das 17. Jahrhundert. In: Wilhelm Kohl (Hg.): Westfälische Geschichte. Band 1. Düsseldorf: Schwann, 1983 (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, XLIII), S. 537–685, bes. S. 561 ff. ISBN 3-590-34211-0

Anmerkungen

  1. ↑ Vgl. beide Vertragstexte auf Internetportal "Westfälische Geschichte", hier: Abschnitt Weblinks/Quellen
  2. ↑ zitiert nach Schmidt, S. 178
  3. ↑ Vgl. hierzu: Meyers Konversationslexikon, 4. Aufl., 1888, Band 16, Seite 558 f.

 

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Gotland

Gotland ist eine schwedische Insel und historische Provinz. Sie ist nach Seeland (Dänemark) und vor Saaremaa (Estland) die zweitgrößte Insel der Ostsee. Sie liegt nordöstlich von Öland. Ihren Namen hat sie vom Germanenstamm der Goten, die die Insel laut der Gutasaga um die Zeitenwende zumindest teilweise verließen, um auf dem Kontinent, später als Ost- und Westgoten, große Reiche im mediterranen Raum zu errichten.

Die Insel Gotland bildet zusammen mit einigen benachbarten kleineren Inseln die Provinz Gotlands län, die historische Provinz Gotland sowie die Gemeinde Gotland.

Geographie

Gotland besteht zu weiten Teilen aus einem Kalksteinplateau, im Süden liegt ein größerer Bereich auf einer Sandsteinformation. Hauptort der Insel ist die frühere Hansestadt Visby. Entsprechend seinen Ressourcen ist Gotland von der Stein- und Zementindustrie, vom Mergel- und Tonabbau und vom Fischfang geprägt worden. Die Kalkbrennerei (Kalköfen von Bärlast und Kyllaj) trug zur Entwaldung der Insel bei. Im Jahre 1730 wurde die Zahl der Öfen auf 18 halbiert. Heute wird nur noch an wenigen Orten Kalkstein abgebaut. Die Zementherstellung ist auf den Ort Slite konzentriert, wo Schwedens größtes Werk steht. In Bläse befindet sich ein Kalkwerksmuseum.

Die höchste Erhebung ist unter 82 m hoch. Es gibt auf Gotland insgesamt etwa 50 ständig mit Wasser gefüllte Seen, wovon vier eine Fläche von mehr als einem Quadratkilometer haben: Bäste träsk, Tingstäde träsk, Fardume träsk und Bogeviken.[3]

Flora und Fauna

Gotland ist bekannt für seine sehr artenreiche Naturlandschaft. Besonders die Vogelwelt und die Vielfalt an Orchideen sind hervorzuheben. Zahlreiche Reservate auf der gesamten Insel wurden zum Schutz der Natur eingerichtet, eines davon auf der Torsburg, zwei andere auf den Inseln Lilla Karlsö und Stora Karlsö (kleine und große Karlsinsel). Das Guteschaf (schwed. Gutefår), eine kleine robuste Hausschafrasse, ist die älteste schwedische Rasse. Bis in die Neuzeit gehörte die winterliche Robbenjagd auf Gotland zur Ernährungsgrundlage der Inselbevölkerung.

Geschichte

Altertum

Gotland ist eine Insel mit einigen Nebeninseln (u. a. Fårö, Lilla und Stora Karlsö und Östergarn), die nach der Eiszeit aufgrund der Landhebung und unterschiedlicher Meeresstände der Ostsee in mehreren Etappen aus der Ancylussee emporwuchs. Die Insel wurde zunächst von Jägern und Sammlern besiedelt, die um 2.000 v. Chr. von Ackerbauern verdrängt wurden. Wenig später gelangte bereits die Bronze auf die Insel, die, wie der übrige Norden um 500 v. Chr. eisenzeitlich wurde. Aus der Vorzeit haben sich viele Überreste als Bodendenkmale erhalten. Schiffssetzungen und Bildsteine sind Elemente, deren Ursprung offenbar auf Gotland lag. Radgräber (bei Linde und Stenkyrka), Runensteine, Menhire und Steinkisten sind sehr zahlreich. Steinhaufengräber, die auf schwedisch Rojr (dt. Röser) heißen, und Felsritzungen vervollständigen die Relikte der Vorzeit. Das Bulverket, ein Pfahlbau im Tingstäde träsk, ist eine einmalige Anlage aus dieser Zeit. Seltsam sind auch die Trullhalsar (Trollhälse), vendelzeitliche Grabkreise, die sich ähnlich auch in Polen finden. Nicht zuletzt prägten sechs große Gräberfelder und frühzeitliche Burganlagen, darunter Stora Havor, Grogarnsberget, Herregårdsklint, Styrmansberg und die Torsburg, die jüngere Vorzeit der Insel ebenso wie die Trojaburgen, die nordischen Labyrinthe. Das Freilichtmuseum von Bunge und Gotlands Fornsal in Visby zeigen viel davon, während die über 800 auf der Insel gefundenen wikingerzeitlichen Hortfunde, darunter die drei im Jahr 2000 geborgenen Horte von Spillings (allein 65 kg Silber mit einem Materialwert von 600.000 €), in Stockholm zu sehen sind. Das gilt auch für den vorwikingerzeitlichen Hortfund von Havor.

Vorgeschichtliche Häuser

Die Reste der ältesten Siedlungsstruktur auf Gotland stammen aus der Zeit um Christi Geburt. Es sind große Steinfundamente, die bis zu 60 m lang sein können und Mauerstärken bis zu 1,5 m zeigen. Auf der Insel gibt es annähernd 1800 in Gruppen liegende Fundamente. Die großen Häuser boten Platz für Wohnteil und Stall. Auf den Fundamenten ruhte ein steiles Dach, abgestützt durch Doppelreihen kräftiger Pfosten. Das Dach war vermutlich mit Reet (gotländ. „Ag“) gedeckt, das bis in unsere Tage Deckmaterial für ländliche Wirtschaftsgebäude war. Man baute primär Gerste, Weizen und Roggen an. Die Saat wurde durch Mauern aus Stein vor Vieh und Wild geschützt. Einige Reste der alten Ackersystemgrenzen, so genannte „Fornäckrar“ gibt es noch. Vieh wurde auch auf den nicht umzäunten Weiden, den Allmenden, gehalten. Rinder, Ziegen, Schafe, Hausschweine und Hühner sind in der prähistorischen Siedlung Vallhagar belegt. Einige der Plätze, darauf deuten reiche Funde hin, waren eisenzeitliche Handelszentren.

Mittelalter

Mitte des 11. Jahrhunderts gehörte die Insel noch zum Reich der heidnischen mittelschwedischen Svear, unter deren Schutz sie sich gestellt hatte. Der Sage nach soll der Norwegerkönig Olav der Heilige die Insel 1029 n. Chr. christianisiert haben. Die Grabplatte aus der Johanneskirche von Visby dokumentiert den Übergang. Gotland war bereits vor und während der Zeit der Wikinger sowie im frühen und späten Mittelalter ein wichtiger Platz für den Ostseehandel. Später hatte die Hanse maßgeblichen Anteil daran. Lange bevor Lübeck und andere Städte an der Ostsee gegründet wurden, waren die Inselhäfen Paviken und Fröjel, später dann Visby Drehpunkt des Warenverkehrs zwischen Avaldsnes auf Karmøy und Kaupang in Norwegen, Birka und Sigtuna in Schweden, Dorestad in den Niederlanden, Haithabu, Ribe und Tissø im damaligen Dänemark, Quentovic in Frankreich, Jomsburg (Vineta), Ralswiek, Reric, Truso und Wiskiauten an der südlichen Ostseeküste, Nowgorod in Russland und Seeburg im Baltikum. Bäuerliche Händler brachten begehrte Güter über das Meer. In ihrem Gefolge, wohl als Gäste oder als Partner, kamen im 12. Jahrhundert immer mehr Kaufleute aus den neu gegründeten Städten an der Ostsee und aus dem Rheinland und Westfalen auf die Insel. Schnell übernahmen sie mit eigenen Schiffen den Großteil des Handelsvolumens. Die deutschen Händler, zum größten Teil ansässig in Visby, wo sie großen Einfluss auf die Stadtentwicklung mit dem Bau prachtvoller Höfe, Häuser und der Marienkirche hatten, wurden alsbald zur ernsthaften Konkurrenz für die ländliche Bevölkerung; Spannungen waren daher unausweichlich. Dieser Gegensatz zwischen Kaufleuten und Landbevölkerung mündete 1288 in einem militärischen Konflikt.

In mehreren Kämpfen musste sich die Stadt Visby, die dem schwedischen König Magnus Ladulås unterstand und ihm zur Heeresfolge verpflichtet war, gegen die Bauern behaupten und erlitt dabei trotz ihrer Befestigungsanlage – die noch heute weitgehend erhaltene Stadtmauer war knapp 3,6 km lang und hatte neben drei Toren auch 44 Wehrtürme – schwere Zerstörungen. In der zweiten Julihälfte 1361 landete der dänische König Waldemar Atterdag mit einer 3000 Mann starken Streitmacht auf der Insel. Ein eilig zusammengetrommeltes Heer der Landbevölkerung versuchte ihn und seine Ritter aufzuhalten, war aber nach zwei Tagen aufgerieben. Am 27. Juli trafen die Dänen in Sichtweite der Stadtmauern auf das letzte Aufgebot. Es kam zu einem blutigen Gemetzel. Rund 2000 Menschen fanden den Tod, da die Stadtbewohner es nicht wagten, ihnen die Tore zu öffnen. Nach der Schlacht ergab sich Visby und öffnete „freiwillig“ den Truppen Waldemars seine Tore, erhielt aber im Gegenzug zwei Tage später die Bestätigung seiner alten Rechte und Privilegien.

Von 1361 an war Gotland dänisch. Im Krieg Dänemarks gegen Schweden besetzten 1394 die Vitalienbrüder die Insel als Operationsbasis, wo sie sich als Freibeuter unter der Losung „Gottes Freunde, aller Welt Feinde!“ allmählich verselbstständigten und zu gefürchteten Seeräubern entwickelten. Auf Vivesholm liegen noch die Reste einer Befestigungsanlage, die Albrecht von Mecklenburg nach seiner Absetzung als schwedischer König als Anführer der Vitalienbrüder bauen ließ. Schließlich vertrieb der Deutsche Orden unter Konrad von Jungingen 1398 die Vitalienbrüder von Gotland, das dem Ritterorden von Schweden verpfändet worden war. 1408 wurde die Insel Margarethe von Dänemark zugesprochen. Erich von Pommern begann 1411 am Südende Visbys eine Burg zu errichten. 1436 wurde er als dänischer König abgesetzt, herrschte aber noch 13 Jahre über Gotland, bevor er die Burg 1449 dem neuen dänischen König übergab.

Neuzeit

In der Folgezeit spielten die Gebrüder Olof und Ivar Axelsson Tott eine herausragende Rolle auf der Insel. Der dänische König Christian II., der Sören Norby als Lehnsmann über Gotland eingesetzt hatte, wurde aus seinem Land vertrieben und ging nach Gotland, das er gegen dänische und Lübecker Ansprüche verteidigte. 1525 beschossen die Lübecker Visby; sie konnten die Feste Visborg aber nicht bezwingen. Trotzdem geriet die Insel wieder unter dänische Herrschaft.

Erst 1645 kam Gotland im Frieden von Brömsebro nach beinahe 300 Jahren wieder zu Schweden. Die Insel wurde 1654 der Exkönigin Christina als Unterhaltsland zugesprochen. Im dänisch-schwedischen Krieg von 1675–1679 wurde sie wieder von den Dänen besetzt, die sie aber am Ende räumen mussten, wobei sie die Stadtburg von Visby, die Visborg, sprengten. Auch im Nordischen Krieg 1700–1721 und im Finnischen Krieg 1808 wurde die Insel durch russische Truppen in Mitleidenschaft gezogen, bevor sie endlich zur Ruhe kam.

In jüngerer Zeit wurden auf der Insel Gotland einige neue Techniken zur elektrischen Energieübertragung erprobt. So ging 1954 zwischen Gotland und dem schwedischen Festland die erste operationelle Anlage zur Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung in der westlichen Welt in Betrieb, die HGÜ Gotland. 1999 wurde auf Gotland erstmals die HGÜ-Anbindung eines Windparks durchgeführt (HGÜ Visby-Nas).

Wappen und Flagge

Das Wappen und die offizielle Flagge Gotlands zeigen in Blau einen silbernen, goldbewehrten und goldgezungten Widder, der eine rote Fahne am goldenen Langkreuz mit einem goldenen Flugteil mit dem rechten Lauf hält. Daneben gibt es eine inoffizielle Version der Flagge Gotlands, die auf gelbem Grund mit einem grünen Kreuz belegt ist.

Kultur

Sprache

Auf Gotland wurde und wird z. T. noch heute eine besondere skandinavische Sprache, Gutamål, gesprochen; es ist umstritten, ob es sich dabei (aus entwicklungsgeschichtlicher Sicht) um eine eigenständige Sprache oder (politisch begründet) um einen schwedischen Dialekt handelt.

Fischerdörfer

Die gotländischen Fischerdörfer (schwedisch Gotländska fiskelägen) sind für die Insel Gotland typisch. Heute gibt es noch etwa 150 Fischerdörfer verschiedener Größe, die früher in erster Linie von den an der Küste wohnenden Bauern genutzt wurden (Hallshuk, Helgumannen, Kovik). Davon stehen elf unter Denkmalschutz. Besonders von Fårö aus wurden auch Robben gejagt

Die Landkirchen

Es gibt fast hundert zumeist gut erhalte Landkirchen, die überwiegend aus dem Mittelalter stammen. Die ältesten sind die Kirchen in Atlingbo, Fardhem und Stenkyrka (Steinkirche). Als Beispiel für die vor 1150 n. Chr. genutzten Holzkirchen ist eine partielle Rekonstruktion der Kirche von Hemse im Staatlichen Museum von Stockholm zu sehen. Die gotländischen Kirchen überraschen neben ihren Reliefs, Fresken und Taufbecken auch durch eine Vielzahl von Holzkreuzen von hoher künstlerischer Qualität. Die Gotländischen Triumphkruzifixe sind eine besonders schöne Gattung. In der Kirche von Öja hängt ein Triumphkruzifix aus dem 13. Jahrhundert, das in seiner Art einzigartig in Skandinavien ist.

Kunst auf Gotland

Die Ortschaft Broa auf Gotland gab die Bezeichnung für eine frühmittelalterliche Kunstphase des Wikingerstils ab, die so genannte „Broa-Phase“ in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, die eine Unterart der Oseberg-Stils ist. Sie ist gekennzeichnet durch ein Konglomerat von Motiven und Stilen. Lange und fadige Abzweigungen schaffen ein Netzwerk von lockeren Schlingen um die Haupttiere. Diese bandförmigen Tiere sind ein später Ausläufer der skandinavischen Tierornamentik, die im 6. Jahrhundert entstand.

Museen auf Gotland

  • Gotlands Museum in Visby (Kunstmuseum)
  • Gotlands Fornsalen in Visby (Vorgeschichte)
  • Freilichtmuseum Bunge
  • Volkskundliches Freilichtmuseum Norrlanda Fornstuga

Landschaftssymbole

  • Blume: Efeu
  • Tier: Igel
  • Vogel: Halsbandschnäpper
  • Fisch: Steinbutt

Wirtschaft

Tourismus

Heute ist Gotland ein beliebtes Ferienziel, speziell für die Schweden; denn das Klima der Ostseeinsel ist mild. Bei Fahrradtouristen und Jugendlichen ist die Insel besonders beliebt. Zu den Sehenswürdigkeiten auf Gotland wie auch auf der kleineren Nachbarinsel Fårö gehören die Raukar, eigentümlich geformte, bis über zehn Meter hohe Kalksteinsäulen an den „Klappersteinfelder“ genannten Steinstränden von Digerhuvud und Langhammars sowie in den Wäldern bei Lickershamn, im Süden bei Hoburgen und im Osten bei Ljugarn.

Der Hauptanziehungspunkt der Insel ist ohne Zweifel die mittelalterliche Stadt Visby. Eines der größten Mittelalterfestivals des Nordens findet hier alljährlich in der 32. Kalenderwoche statt. Medeltidsveckan (Mittelalterwoche) lockt Jahr für Jahr rund 200.000 Besucher nach Gotland. Visby verwandelt sich dann für eine Woche in eine lebendige Hansestadt aus dem Jahre 1361 mit Kostümen, Musik, Theater, Markt und Gauklerei.

Am zweiten Wochenende im Juli findet in Stånga die Olympiade von Gotland (Gutarnas olymp) statt, eine mit den Highland-Games vergleichbare Veranstaltung.[4]

Auf der Insel befindet sich in Kneippbyn, nicht weit von Visby, auch die Villa Kunterbunt, bekannt aus Astrid Lindgrens Pippi-Langstrumpf-Büchern. Es ist das Originalgebäude aus den Filmen, die alle auf der Insel gedreht wurden. In dem Gebäude ist das Jäckchen von Herrn Nilsson, Pippis Äffchen, zu sehen, aber auch die Schreibmaschine, auf der Astrid Lindgren ihre phantasievollen Geschichten schrieb.

Seit 1995 finden jährlich in Rone die „offiziellen“ Kubb-Weltmeisterschaften statt. Dabei kamen im Jahr 2002 insgesamt 192 Teams mit jeweils sechs Mitgliedern zusammen, um den Titel zu erringen. Das Alter der Teilnehmer lag zwischen 8 und 85 Jahren.

Die größte Enduroveranstaltung der Welt, das Gotland Grand National, findet jährlich am ersten Novemberwochenende mit über 2200 Teilnehmern in Tofta, 15 km südlich Visby, statt.

Verkehr

Fährverbindungen

Von den Festlandhäfen Oskarshamn und Nynäshamn existieren Fährverbindungen der Reederei Destination Gotland nach Visby. In der Sommersaison wird dieses Angebot um eine Verbindung nach Grankullavik auf der Insel Öland ergänzt. Innerhalb des Archipels besteht eine kostenlose Fährverbindung zur Insel Fårö.

Luftverkehr

Visby verfügt über einen Flughafen, der von Stockholm und einigen anderen schwedischen Städten angeflogen wird. Durch die Fluggesellschaft Gotlandsflyg bestehen Verbindungen nach Helsinki, Oslo sowie in den Sommermonaten nach Hamburg. Seit 2009 besteht durch Airberlin von Juni bis August eine Direktflugverbindung mit Berlin.

Eisenbahngeschichte

Im Jahre 1878 wurde die erste Eisenbahn auf Gotland eingeweiht. Die Strecke ging von Visby nach Hemse. Bis 1921 wurde die Strecke nach Norden und Süden verlängert. Daneben baute man ergänzende Strecken. Mit Ausnahme einer rekonstruierten kurzen Museumsbahn sind die Eisenbahnstrecken heute nicht mehr vorhanden.

Steinindustrie

Kalkstein wurde seit der Vorzeit als Baumaterial verwendet. Trockenmauerwerk (schwed. Kallmur genannt) ist Teil einiger prähistorischer Rösen (Kauparve) und Fornburgen (Torsburg). Besonders viele Kalksteinbauten wurden während des Mittelalters errichtet. In Visby zeugen vor allem die Ringmauer, die Kirchenruinen und die Speicher davon. Die mittelalterlichen Steinbrüche lagen in Bro, Hejdeby und nördlich von Visby. Der Kalksteinbruch wurde bis Mitte des 17. Jahrhunderts von den Bauern durchgeführt. Steine wurden wohl bereits vor dem Dombau in Lund (1103–1145) in die Städte an der Ostsee exportiert. Im Mittelalter wurde mit dem Brennen von Kalk begonnen. Es erfolgte zunächst in kleinen Meilern für den Hausbedarf. Ein mittelalterlicher Brennofen wurde während der 1970er Jahre außerhalb von Nordergravar entdeckt. Man nimmt an, dass er im Zusammenhang mit dem Bau der Ringmauer von Visby genutzt wurde. Mit dem 1161 erteilten Handelsprivileg von Heinrich dem Löwen eigneten sich die Visbyer Hanseleute die einträgliche Kalkindustrie an. Zuvor unbedeutende Plätze wie Barläst, Bläse, Fårösund, Kappelshamn, Katthammarsvik, Kyllaj, Länna, Lauters, Lergrav, Lörge, St. Olofsholm, Storugns und Värnevik blühten auf. Voraussetzung für eine lukrative Kalkherstellung war ein Steinbruch in der Nähe eines Hafens. Dort wurden Kalköfen errichtet, die vom 17. bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts für die Insel prägend wurden. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts wurde der erste dieser großer Brennöfen auf St. Olofsholm erbaut. Es gibt eine Beschreibung des vorindustriellen Brennvorganges von Carl von Linné, der die Insel im Jahre 1741 besuchte. Restaurierte Kalköfen stehen heute als Industriedenkmäler in Barläst und Kyllai.

Sandstein gibt es in dem Gebiet von Grötlingbo bis zur Südspitze der Insel. Die Steinbrüche, in denen seit frühgeschichtlicher Zeit Steine gebrochen und bearbeitet wurden, lagen hier nahe beieinander. Im Mittelalter wurden Baumaterial für Kirchen und andere Häuser sowie Steinblöcke für die Herstellung von Taufsteinen – sowohl für die eigenen Kirchen als auch für den Export – gewonnen.

Weinbau

Aufgrund des Klimawandels kam der ehemalige Softwarespezialist Lauri Pappinen im Jahre 2000 auf die Idee, auf Gotland Wein anzubauen.[5][6] Nach ersten Versuchen setzte er auf die Rebsorten Rondo, Phoenix und Solaris. Sein Weingut „Gutevin“ professionalisierte sich und bekam mehrere Konkurrenten, darunter „Vinhuset Halls Huk“.[7] Gemeinsam bilden sie, weit nördlich der früher angenommenen Weingrenze von 52° N, eines der nördlichsten Weinanbaugebiete Europas.[8]

Quellen

  1. ↑ Statistisk årsbok för Sverige 2009
  2. ↑ Folkmängd i landskapen
  3. ↑ vattendirektiv.pdf (schwedisch, S. 60)
  4. ↑ Homepage der Olympiade von Gotland
  5. ↑ „Schwedische Weinerzeuger trotzen widrigen Bedingungen“ auf sweden.se
  6. ↑ „Weinbau im Klimawandel“ auf SWR.de
  7. ↑ „Vinmakarna vid vinhuset Halls Huk“ in der Gotlands Allehanda vom 22.09.2007
  8. ↑ „Gotländischer Wein dank Klimaerwärmung“ auf 3sat online

Literatur

  • Ch. D. Grabbe, deutscher Dichter des Vormärz, schrieb 1827 das Stück Herzog Theodor von Gothland.
  • M. Jonsson, S.-O. Lindquist: Kulturführer Gotland. Almqvist und Wiksell, Uppsala 1993, ISBN 91-88036-09-X
  • E. Lagerlöf, G. Svahnström: Die Kirchen Gotlands. Stein, Kiel 1991, ISBN 3-89392-049-8
  • A. Munnecke: Bildung mikritischer Kalke im Silur auf Gotland. Courier Forschungsinstitut Senckenberg. Die Gesellschaft, Frankfurt am Main 198.1997, ISSN 0341-4116, ISBN 3-929907-40-2
  • Birger Nerman: Die Vendelzeit Gotland, Bd. 1–3. Stockholm 1969–1975
  • Ulrich Quack: Gotland: die größte Insel der Ostsee; eine schwedische Provinz von besonderem Reiz; Kultur, Geschichte, Landschaft. DuMont Köln 1991, ISBN 3-7701-2415-4
  • Jens Henrik Kloth & Ulf Lovén: Gotlands Natur en reseguide ISBN 91-88036-40-5 (schwedisch)

 

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Stockholm

Stockholm  [stɔkːɔlm] (Stock: Stock, Baumstamm; holm: kleine Insel) ist die Hauptstadt Schwedens und größte Stadt in Skandinavien.

Stockholm ist Residenz des Königs, Sitz des schwedischen Parlamentes und der schwedischen Regierung, Sitz mehrerer Universitäten und zahlreicher weiterer Hochschulen.

Geographie

Geographische Lage

Das Landschaftsbild Stockholms hat sich in der Geschichte der Stadt aufgrund der skandinavischen Landhebung stark verändert. Teile, die heute zum Festland gehören, waren vor einigen hundert Jahren noch Inseln.

Ein Meerbusen der Ostsee umschließt die Stadt im Osten mit zahlreichen Buchten, Landzungen sowie etwa 24.000 größeren und kleineren Inseln (Schären). Dieses Gebiet wird Schärengarten (Skärgården) genannt.

Stockholm liegt am Ausfluss des Mälaren, dem Riddarfjärden, in die Ostsee. Der See erstreckt sich 120 Kilometer nach Westen ins Landesinnere. Slussen, eine Schleuse mitten in Stockholm, trennt das Süßwasser des Mälarsees vom Salzwasser der östlich liegenden Ostsee.

Etwa 30 Prozent der Stadtfläche sind mit Wasser bedeckt. Die Stadt bezieht ihr Trinkwasser aus dem Mälar, und die hohe Wasserqualität erlaubt es, mitten in der Innenstadt Lachse zu angeln. Die Stadt erstreckt sich über 14 Inseln, die durch 53 Brücken verbunden sind. Ein großer Teil der Stadt besteht aus Waldregionen.

In nord-südlicher Richtung zieht sich eine eiszeitliche Kiesmoräne, die vom Ausfluss durchbrochen worden war. Die Inseln im Strom sind Reste dieses Rückens.

Stadtgliederung

Stockholm gliedert sich seit dem 1. Januar 2007 in 14 Stadtbezirke.

Innenstadt

  • Kungsholmen
  • Norrmalm
  • Östermalm
  • Södermalm

 Süden

  • Enskede-Årsta-Vantör
  • Farsta
  • Hägersten-Liljeholmen
  • Skarpnäck
  • Skärholmen
  • Älvsjö

Westen

  • Bromma
  • Hässelby-Vällingby
  • Rinkeby-Kista
  • Spånga-Tensta

Klima

Stockholm befindet sich in der gemäßigten Klimazone. Die Jahresmitteltemperatur beträgt 6,6 Grad Celsius und die durchschnittliche Jahresniederschlagsmenge etwa 539 Millimeter.

Der wärmste Monat ist der Juli mit 17,5 Grad Celsius im Mittel, der kälteste der Februar mit durchschnittlich -3 Grad Celsius. Der meiste Niederschlag fällt im Monat Juli mit 72 Millimeter im Mittel, der geringste im März mit durchschnittlich 26 Millimeter.[2]

Geschichte

Die Entstehung der Stadt

Es gibt keine historischen Belege für eine Existenz Stockholms vor der Mitte des 13. Jahrhunderts. Eventuell gab es jedoch ältere Verteidigungsanlagen zur Sicherung der Einfahrt in den Mälarsee. Eine Besiedlung kann jedoch nicht nachgewiesen werden.

Der Ort, wo heute Stockholm steht, wird zum ersten Mal vom isländischen Dichter und Sagenschreiber Snorri Sturluson (1179–1241) erwähnt: Er beschreibt eine Pfahlbarriere über die heutige Wasserstraße Norrström, die er Stocksundet nannte. Bei Ausgrabungen in den späten 1970er Jahren kamen tatsächlich Überreste von Wasserpfählen zum Vorschein, die aus dem 11. Jahrhundert stammen. Außerdem wird von Snorri auch ein Befestigungsturm aus dem 12. Jahrhundert erwähnt, der an genau der Stelle gestanden haben soll, an der heute das königliche Schloss steht.

In historischen Dokumenten (in der mittelalterlichen Erik-Chronik) ist von Stockholm erstmals 1252 die Rede, dort steht, dass der Gründer Stockholms, der Regent Birger Jarl, um das Jahr 1250 eine Festung bauen wollte, um den Mälarsee vor Piratenplünderungen zu schützen.

Unter der Regierung Birger Magnussons und des Königs Magnus Ladulås entwickelte sich Stockholm in den folgenden Jahrzehnten zu einer wichtigen Handelsstadt, was vor allem durch Verträge mit der Hansestadt Lübeck gefördert wurde. Die Hanse kontrollierte den schwedischen Überseehandel vom 13. bis ins 17. Jahrhundert. Um 1270 wurde Stockholm in Dokumenten als Stadt bezeichnet und, obwohl Stockholm nicht wie viele schwedische Städte schon Anfang des 13. Jahrhunderts entstand, wurde es 1289 in einem Dokument als die bevölkerungsreichste Stadt des Königreiches beschrieben. Die ersten gesicherten Annahmen zur Größe der Stadt beziehen sich auf die Mitte des 15. Jahrhunderts, als Stockholm etwa 1000 Haushalte, also ungefähr 5- bis 6000 Einwohner hatte. Aus demselben Jahrhundert (1436) stammt auch der erste Privilegienbrief. Im Mittelalter bestand ein erheblicher Teil der Stockholmer Bürgerschaft aus Deutschen und von 1296 bis 1478 wurde der 24-köpfige Rat der Stadt paritätisch aus deutschsprachigen und schwedischsprachigen Stadtbürgern besetzt. Trotz seiner Größe und günstigen Lage war Stockholm noch nicht die Hauptstadt, denn der König, wie auch sein Sohn, Magnus Ladulås, hatten noch keinen festen Regierungssitz.

Der hauptsächliche Grund für die rasche Entwicklung der Stadt war ihre strategische Lage. Stockholm beherrschte die Zufahrt zum Mälarsee, der seinerseits eine aufgrund der Landwirtschaft und Eisenherstellung wirtschaftlich wichtige Region erschloss. Die Ausdehnung der Stadt war zu dieser Zeit auf die Insel Stadsholmen, der heutigen Gamla stan, beschränkt. Die Insel selbst war um ein Drittel kleiner als heute, und die Ströme wesentlich weiter.

Die Kalmarer Union

Die strategische und wirtschaftliche Bedeutung der Stadt machte Stockholm zu einem wichtigen Machtfaktor in den Auseinandersetzungen zwischen den dänischen Königen der Kalmarer Union und der nationalen Unabhängigkeitsbewegung im 15. Jahrhundert. So erfocht am 14. Oktober 1471 Schweden unter Sten Sture in der Nähe der Stadt am Brunkeberg (heute ein Teil des Stadtbezirkes Norrmalm) mit Unterstützung der Stockholmer Bürgerschaft einen Sieg über den dänischen König Christian I., der versuchte, Schweden an sich zu reißen. Dessen Enkel Christian II. belagerte die Stadt 1518 vergebens, nahm sie aber 1520 nach einer neuen Belagerung durch Verrat ein. Am 8. November 1520 kam es in Stockholm im Rahmen der Krönungsfeierlichkeiten zu einer Massenhinrichtung von Oppositionellen am Stortorget (mehr als 80 Adlige wurden hingerichtet), dem Stockholmer Blutbad. Der junge Adlige Gustav Eriksson konnte entkommen, hatte gegen Ende des Jahres eine Armee zusammengestellt und konnte Christian II. aus Schweden vertreiben. Am 6. Juni 1523, dem heutigen schwedischen Nationalfeiertag, wurde er unter dem Namen Gustav Vasa zum König gewählt.

Die Wasa-Zeit

Mit dem Einzug Gustav Wasas 1523 und dem Aufbau einer starken Königsmacht entwickelte sich Stockholm auch zu einer wichtigen Residenzstadt. Neben dem Bürgertum begann nun auch der königliche Hof, das Stadtbild zu prägen. Die Stadtinsel bot nicht mehr genug Platz, und 1529 wurden Södermalm und Norrmalm unter die Herrschaft Stockholms gestellt. Die Stadt wuchs und erreichte um 1600 eine Einwohnerzahl von 10.000 Einwohnern.

Das 17. Jahrhundert

Im 17. Jahrhundert stieg Schweden zur Großmacht auf. Dies spiegelte sich auch in der Entwicklung der Stadt Stockholm wider – von 1610 bis 1680 versechsfachte sich die Einwohnerzahl. Ladugårdslandet, das heutige Östermalm, und die Insel Kungsholmen wurden eingemeindet. 1634 wurde Stockholm offiziell zur Hauptstadt des schwedischen Reiches. Nach dem politischen Aufstieg folgte diesem Ereignis bald auch der wirtschaftliche Aufstieg der Stadt. Stockholm erhielt das Stapelrecht und damit das Monopol für den Handel zwischen dem Ausland und Svealand, Norrland und Österbotten (heutiges Finnland).

In dieser Zeit entstanden auch einige der großen Bauten und Paläste, die die Macht des Landes und seines Adels symbolisieren sollten, wie zum Beispiel Riddarhuset, das Oxenstiernasche Palais, das Tessinsche Palais und die alte Reichsbank. Auf den eingemeindeten Inseln und in Östermalm entstanden Stadtviertel in einem rechtwinkligen Straßennetz.

Das 18. Jahrhundert

In den Jahren 1713 bis 1714 wurde Stockholm von der Pest heimgesucht. Nach dem Ende des Großen Nordischen Krieges und der damit verbundenen Gebietsverluste im Jahre 1721 stagnierte die Entwicklung der Stadt. Die Bevölkerung wuchs kaum mehr und die wirtschaftliche Erholung ging nur sehr langsam vor sich. Stockholm behielt aber seine Rolle als politisches Zentrum des Landes, und unter Gustav III. entwickelte sie sich auch zum kulturellen Zentrum. Das Stockholmer Schloss und die Königliche Oper sind architektonischer Ausdruck dieser Epoche, in die auch die Gründung der Svenska Akademien zur Förderung der schwedischen Sprache und Literatur fällt.

Das 19. Jahrhundert

Mit Beginn des 19. Jahrhunderts nahm die wirtschaftliche Bedeutung Stockholms weiterhin ab. Norrköping wurde zur größten Manufakturstadt und Göteborg entwickelte sich aufgrund seiner günstigen Lage am Kattegat zum wichtigsten Exporthafen Schwedens. Erst in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts übernahm Stockholm wieder eine führende Rolle in der Wirtschaft des Landes. Einerseits wurde eine Reihe wichtiger Industriebetriebe gegründet, andererseits entwickelte sich Stockholm zu einem wichtigen Handels- und Dienstleistungszentrum sowie zu einem Verkehrsknotenpunkt.

Auch die Bevölkerung wuchs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Zuwanderung stark an. Gegen Ende des Jahrhunderts waren nicht einmal 40 Prozent der Einwohner in Stockholm geboren. Die Besiedlung griff über die Stadtgrenzen hinaus und es entstand eine Reihe von Elendsvierteln, aber auch Villenviertel im Grünen und an der Küste.

Stockholm baute auch seine Position als Kulturzentrum weiter aus. Man bemühte sich darum, höhere Bildungseinrichtungen nach Stockholm zu bekommen. Im 19. Jahrhundert bekam Stockholm mehrere wissenschaftliche Institute, wie beispielsweise das Karolinische Institut und das Technologische Institut, das 1877 eine Technische Hochschule wurde. 1878 wurden auch die ersten Lehrveranstaltungen an der neu gegründeten Stockholmer Hochschule abgehalten, aber es sollte beinahe 100 Jahre dauern, bis sie zur Universität erhoben wurde.

Das 20. Jahrhundert

Nach 1910 kam es zur Eingemeindung großer Gebiete, die verkehrstechnisch durch Straßenbahnlinien an die Stadt angeschlossen wurden. Im Anschluss daran entstanden Vororte, Gartenstädte und Gebiete mit Freizeithäuschen.

In den 1930er Jahren fassten funktionalistische Ideen Fuß in Schweden. Auslöser war die Stockholmer Ausstellung 1930 (schwedisch Stockholmsutställningen 1930), eine nationale Ausstellung für Architektur, Design und Kunsthandwerk.

Wirtschaftlich kam es in den 1940er und 1950er Jahren zu einer Umstrukturierung. Arbeitsintensive Unternehmen in Niedriglohnbranchen gingen ein, während kapitalintensive Unternehmen und Unternehmen im Hochtechnologiebereich wuchsen. Ein Beispiel dafür ist der Stadtbezirk Kista, der sich in den 1990er Jahren zum IT-Zentrum Schwedens entwickelte. Schweden orientierte sich früh am amerikanischen Beispiel, so auch in Sachen Motorisierung. Es verfügte, für ein bevölkerungsarmes Land eher ungewöhnlich, um die Mitte des 20. Jahrhunderts über zwei kapitalkräftige Automobilkonzerne, und es kam im Zentrum Stockholms schon 1931-35 zur Schaffung des damals weithin berühmten „Kleeblatts“ von Slussen und in den 1950er Jahren zu weiteren Initiativen im Sinne einer „autogerechten Stadt“.

Bis in die 1970er Jahre wurde der zentrale Stadtteil Nedre Norrmalm, mit Bausubstanz aus dem 17. bis 19. Jahrhundert, im Rahmen der Sanierung von Norrmalm (Norrmalmsregleringen), einem großflächigen Abriss und Umbau unterworfen. Die Folgen dieser technokratischen Modernisierungspolitik teilweise auf Basis der Enteignungsmöglichkeiten der Lex Norrmalm von 1953 wurden allerdings ab etwa 1960 zunehmend kontrovers diskutiert. Dies betraf schon die 1959 fertiggestellte, längs des Riddarholm Kanales und des Riddarhuset geführte zentrale Nord-Süd-Verbindung mit dem Charakter einer Stadtautobahn, vor allem aber den ab 1952 durchgezogenen großflächigen Umbau von Norrmalm, gegen den zuletzt ein - vergeblicher - öffentlicher Appell von 39 Kulturschaffenden ergangen war. Als Resultat verbreiteter Kritik wurde zunächst die Altstadt (Gamla stan) 1965 als ganzes unter Denkmalschutz gestellt. 1971 kam es im Zusammenhang mit Bürgerinitiativen zum so genannten Ulmenkrieg, der um die Erhaltung einer Baumgruppe im Kungsträdgården geführt wurde. Der Stockholmer Flächenwidmungsplan von 1974 kann mit seiner geänderten Planungsphilosophie als Erfolg der altstadt- und grünfreundlichen Proteste gesehen werden. Bei der „postmodernen“ Umgestaltung des früher stark industriell geprägten Stadtteils Södermalm in den 1980er Jahren wurde im Vergleich zu Norrmalm eine durchgrüntere und weniger monotone urbane Gestaltung angestrebt.

Ab den 1950er Jahren nahm die Beschäftigungsquote der Industrie ab. Sie liegt heute bei ungefähr 10 Prozent. Dagegen wuchs der Dienstleistungsbereich weiter an.

Bereits 1936 gab es eine Art U-Bahnverbindung zwischen Slussen und Medborgarplatsen, die mit gewöhnlichen Straßenbahnwagen betrieben wurde. 1950 wurde dann die erste U-Bahnlinie in Stockholm eröffnet. Längs der U-Bahn-Linien und an deren Endpunkten entstanden in den 1950er Jahren Satellitenstädte, sogenannte ABC-Vororte (A für Arbete Arbeit, B für Bostad Wohnung und C für Centrum), wie Vällingby und Farsta, und seit der Mitte der 1960er bis zur Mitte der 1970er Jahre die im Rahmen des Millionenprogrammes gebauten Großsiedlungen wie Rinkeby, Tensta, Sollentuna und andere. Trotz eines heute relativ hohen Anteils eingewanderter Mitbürger in diesen Stadtteilen (über 40 Prozent der Einwohner in Tensta, Rinkeby oder Sollentuna kommen aus dem außereuropäischen Ausland), kann man nicht von einer Ghettoisierung sprechen, auch wenn die durchaus vorhandenen Segregationstendenzen seit Ende der 1990er Jahren deutlicher merkbar sind.

Von 1909 an hatten die Sozialdemokraten zusammen mit den Liberalen die Mehrheit im Stockholmer Gemeinderat. In den ersten Kommunalwahlen nach dem allgemeinen Wahlrecht 1919 erreichte die politische Linke eine Mehrheit im Gemeinderat, die sie bis in die 1950er Jahre behielt. Anfang der 1920er Jahre erhielt Stockholm eine neue politische Organisation, die in ihren Grundzügen auch heute noch gilt. 1923 übersiedelte die Stockholmer „Regierung“ in das neugebaute Rathaus (Stockholms stadshus). 1967 wurde Stockholm in die Verwaltungsprovinz Stockholms län eingegliedert.

Im Jahr 1986 wurde Premierminister Olof Palme auf offener Straße, dem Sveavägen, erschossen, der Mord wurde nie geklärt. Im September 2003 wurde Außenministerin Anna Lindh im Kaufhaus NK (Nordiska Kompaniet) von einem Messerattentäter tödlich verletzt.

Die Europäische Union ernannte Stockholm im Jahr 1998 zur Kulturhauptstadt Europas.

Einwohnerentwicklung

Stockholm hatte am 1. Januar 2004 etwas mehr als 761.000 Einwohner. Davon waren 70.584 Ausländer (das entspricht etwa 9 Prozent). Die Gemeinde verzeichnete in den letzten zehn Jahren ein Bevölkerungswachstum von über zehn Prozent.

Am 31. Dezember 2000 zählte die Stadt Stockholm (Tätort) 1.212.196 Einwohner. Davon lebten 750.191 Menschen in der Gemeinde Stockholm und 462.005 in weiteren zehn Gemeinden der Provinz Stockholm. Die Metropolregion hat 1.729.274 Einwohner (Stand 31. März 2006).

2004 waren ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung Mitglieder der Schwedischen Kirche, die bis vor wenigen Jahren Staatskirche war. Schweden ist ein hochgradig säkularisiertes Land.

Das Ausbildungsniveau der Bevölkerung liegt deutlich über dem Landesdurchschnitt: Nur 13 Prozent der Bevölkerung zwischen 20 und 64 Jahren haben keinen Gymnasialabschluss (Reichsschnitt 19 Prozent), aber 48 Prozent der Bevölkerung haben eine postgymnasiale Ausbildung (Reichsschnitt: 32 Prozent).

Die offene Arbeitslosigkeit in Stockholm betrug Ende 2003 etwa 3,8 Prozent, was deutlich unter dem Reichsschnitt von über 5 Prozent war.

Nachfolgend sind die Einwohnerzahlen der Gemeinde Stockholm nach dem jeweiligen Gebietsstand aufgeführt.

  • Jahr  Einwohner
  • 1570     9.100
  • 1610     8.900
  • 1630   15.000
  • 1650   35.000
  • 1690   55.000
  • 1730   57.000
  • 1750   60.018
  • 1770   69.000
  • 1800   75.517
  • 1810   65.474
  • 1820   75.569
  • 1830   80.621
  • 1840   84.161
  • 1850   93.070
  • 1860 113.063
  • 1870 136.016
  • 1880 168.775
  • 1890 246.454
  • 1900 300.624
  • 1910 342.323
  • 1920 419.429
  • 1930 502.207
  • 1940 590.543
  • 1950 745.936
  • 1960 808.294
  • 1970 740.486
  • 1980 647.214
  • 1990 674.452
  • 2000 750.348
  • 2005 771.038

Politik

Stockholm hat die größte Einwohnerzahl der 290 schwedischen Gemeinden und liegt in der Provinz Stockholms län. Die kommunale Tätigkeit der Stadt Stockholm ist politisch wie folgt organisiert:

Stadtparlament

Das höchste beschlussfassende politische Organ ist das alle vier Jahre gewählte Stadtparlament (schwedisch kommunfullmäktige), das aus 101 Abgeordneten besteht.

Stadtregierung

Die Stadtregierung (schwedisch kommunstyrelse), die aus 13 Mitgliedern besteht (sechs Moderate, vier Sozialdemokraten, ein Liberaler, ein Grüner, ein Vertreter der Linkspartei), wird nach dem Verhältniswahlprinzip gewählt, das heißt, dass die im Stadtparlament vertretenen Parteien auch in der Stadtregierung repräsentiert sind.

Die Beschlüsse der Stadtregierung werden vorbereitet und durchgeführt von der Stadtratskommission (schwedisch borgarrådsberedningen), die aus zwölf Stadträten (schwedisch borgarråd) besteht, die alle vier Jahre vom Stadtparlament gewählt werden. Dabei unterscheidet man zwischen regierenden Stadträten (schwedisch styrande borgarråd) und oppositionellen Stadträten (schwedisch oppositionsborgarråd). Die jetzige Stadtratskommission besteht aus acht regierenden Stadträten (fünf Moderate, zwei Liberale und ein Christdemokrat), die gleichzeitig Leiter von Abteilungen (schwedisch rotel) sind, und vier oppositionellen Stadträten ohne Portefeuille (zwei Sozialdemokraten, ein Vertreter der Linkspartei und ein Grüner). Der Finanzstadtrat ist in der Regel gleichzeitig Vorsitzender der Stadtratskommission und der Stadtregierung – also Bürgermeister. Dies ist seit 2008 Sten Nordin von den Moderaten.[3]

Bezirksausschüsse

Ein großer Teil der Verantwortung für die Wahrnehmung der kommunalen Aufgaben liegt bei den Bezirksausschüssen (schwedisch stadsdelsnämnd). Diese Aufgaben wurden am 1. Januar 1997 im Zuge der Stadsdelsnämndsreformen den damals 24 Bezirksausschüssen übertragen und sollten den Einwohnern die Möglichkeit geben, direkter an der kommunalen Politik teilzuhaben. Die Bezirksausschüsse, die je nach Größe des Stadtbezirkes aus elf oder 13 Mitgliedern bestehen, werden vom Stadtparlament ernannt und sind dem Stadtparlament direkt unterstellt. Nach den Wahlen 1998 wurde die Zahl der Bezirksausschüsse mit Wirkung zum 1. Januar 1999 auf 18 reduziert und nach den Wahlen 2006 eine weitere Reduzierung auf 14 Ausschüsse beschlossen und zum 1. Januar 2007 umgesetzt.

Fachausschüsse

Gewisse übergreifende Tätigkeitsbereiche werden von zentralen Fachausschüssen (schwed. facknämnd) abgedeckt, wie z.B. dem Bildungsausschuss, dem Sportausschuss oder dem Wahlausschuss.

Städtische Unternehmen

Ein Teil der kommunalen Dienstleistungen wurde in Aktiengesellschaften ausgelagert, in denen die Stadt die Aktienmehrheit besitzt. So werden etwa die Gemeindewohnungen, die Wasserversorgung, das Stockholmer Stadttheater und anderes von Aktiengesellschaften verwaltet, die unter einer Konzernleitung, der Stockholms Stadshus AB, zusammengefasst sind.

Wappen

Das Stadtwappen von Stockholm zeigt den Kopf des heiligen Erik IX. auf blauem Grund. Die Darstellung basiert auf dem mittelalterlichem Siegel der Stadt Stockholm.

Städtepartnerschaften

  • Belgrad, Serbien
  • Istanbul, Türkei
  • Sarajevo, Bosnien und Herzegowina
  • Tirana, Albanien
  • Tunis, Tunesien

Kultur

Theater

In Stockholm gibt es eine Reihe von Theatern, darunter die Königliche Oper (Kungliga Operan), das Königliche Dramatische Theater (Dramaten) und das Stockholmer Stadttheater (Stadsteatern) sowie Privattheater wie die Volksoper (Folkoperan), das Moderne Tanztheater (Moderna dansteatern), das China-, Göta Lejon-, Mosebacke-, Oscar-Theater und viele andere Bühnen. Das Orion Theater besteht als größte Avantgardebühne der Stadt bereits seit 1983 und präsentiert mehrere Theaterstücke jährlich, die nicht selten mit Live Musik ergänzt werden.

Museen

Unter den zahlreichen Museen in Stockholm gibt es nationale Museen wie das Architekturmuseum, das dem Modernen Museum angegliedert ist, das Biologische Museum, das Ethnografische Museum Stockholm, das Historische Museum, das Seehistorische Museum, das Museum für Moderne Kunst (Moderna museet), das Nationalmuseum, das Naturhistorische Reichsmuseum, das Technische Museum, das Vasa-Museum und andere. Die Geschichte und Gegenwart Stockholms wird im Mittelaltermuseum (Medeltidsmuseet), im Stockholmer Stadtmuseum und im Stockholmer Länsmuseum pädagogisch aufbereitet. Im Stockholmer Schloss befinden sich mehrere Museen zur Geschichte der Könige.

Sport

Von den sportlichen Einrichtungen ragen das Olympiastadion Stockholm und die Globen Arena heraus. Beide werden auch für Konzertveranstaltungen genutzt.

Nationale Meisterschaften im Männerfußball konnten bisher drei der Vereine aus Stockholm gewinnen. Von diesen hat Djurgårdens IF elf Meistertitel, AIK zehn und Hammarby IF einen Titel. International am erfolgreichsten war der Frauenverein Djurgårdens IF/Älvsjö, der 2005 bis ins Finale der UEFA Women’s Champions League vordringen konnte.

Die Eishockeyabteilung von Djurgårdens IF, die ihre Heimspiele zum Teil im Globen austrägt, konnte bisher 16-mal die Schwedische Meisterschaft gewinnen, zuletzt 2001. Die Mannschaften Hammarby IF und AIK Ishockey, die im neben der Globen Arena gelegenen Hovet spielen, wurden bisher acht- bzw. siebenmal Schwedischer Meister.

Erfolgreich im American Football sind die nationalen Rekordmeister Stockholm Mean Machines.

Im Juni findet der Stockholm-Marathon statt, Skandinaviens größter Marathon.

Sehenswürdigkeiten

Das Stockholmer Stadtbild und seine Architektur sind geprägt von der besonderen Lage der Stadt an den Ufern des von Westen nach Osten verlaufenden Ausflusses des Mälaren, dem in nordsüdlicher Richtung verlaufenden Höhenrücken der Gletschermoräne und der zentralen Stadtinsel mitten im Strom.

Im Stadtgebiet gibt es zahlreiche kleine Parks.

Nachfolgend werden einige Inseln der Stadt genauer beleuchtet. Hierbei bleibt die politische Gliederung der Stadt in Stadtbezirke unberücksichtigt.

Stadsholmen, Gamla stan

Die Altstadt auf der Stadtinsel (Stadsholmen) weist noch immer das mittelalterliche Straßennetz mit den von Nord nach Süd über die Insel verlaufenden Straßen (Österlånggatan und Västerlånggatan) und schmalen, zum Wasser abfallenden Gässchen auf. Mittendrin befindet sich die deutsche Kirche (Tyska kyrkan). Einen anderen Eindruck machen im Norden der Insel die Paläste der Großmachtszeit wie das Ritterhaus und das Bondesche Palais im Norden zum Wasser hin gelegen, das Oxenstiernasche Palais und das Tessinsche Palais in der Nähe der Storkyrkan, dem Stockholmer Dom, und natürlich das Königliche Schloss, dessen mittlere Achse auf die Norrbro (Nordbrücke) weist, die die Altstadt über die Insel Helgeandsholmen mit Norrmalm, dem nördlichen Ufer, verbindet. Ein Großteil der Altstadt ist autofrei.

Helgeandsholmen und Riddarholmen

Die Insel Helgeandsholmen (Heiliggeist-Insel) beherbergt nur zwei Institutionen, das Medeltidsmuseum (Mittelaltermuseum) und das Reichstagsgebäude, Sitz des schwedischen Reichstag (der auch das ehemalige Gebäude der schwedischen Reichsbank in Anspruch nimmt).

Die Insel Riddarholmen im Westen der Stadtinsel ist eine stille Ecke mitten in der Stadt. Sie ist heute Justizzentrum des Landes, Sitz insbesondere des Regeringsrätt sowie des Svea hovrätt. Im Wrangelschen Palais und den anderen Gebäuden befinden sich verschiedene Gerichte. Daneben befindet sich auch die Riddarholmskirche, Grabkirche vieler schwedischer Könige.

Norrmalm

Vom Königlichen Schloss aus blickt man über Helgeandsholmen hinweg auf Norrmalm und sieht Rosenbad, den Regierungssitz der schwedischen Regierung, das Sagersche Haus, die Dienstwohnung des Premierministers, das Palais des Erbfürsten (Arvfurstens palats), heute Außenministerium, und die Königliche Oper mit dem berühmten Restaurant Operakällaren.

Doch dahinter beginnt die Innenstadt, das moderne Stockholm, das in den 1950er bis 1970er Jahren entstand, nachdem man über 400 Gebäude des Viertels Klara abgerissen und durch ein nach damaligem Geschmack modernes Zentrum ersetzt hatte. Achtzehnstöckige Gebäude wurden errichtet, in der Mitte wurde der Sergels torg (Sergelsplatz) als Symbol des modernen Wohlfahrtsstaates auf zwei Ebenen errichtet. Manchen mag er heute als Schandfleck erscheinen, andere sehen in ihm den Versuch gesellschaftlichen Visionen architektonischen Ausdruck zu verleihen. An seiner Seite befindet sich das Stockholmer Kulturhaus mit dem Stadttheater. Die Drottninggatan ist eine moderne Einkaufsstraße mit modernen Kaufhäusern.

Nicht selten hört man sogar von Schweden den etwas sarkastischen Spruch: „Schweden hat keine Bombenteppiche benötigt, um seine schöne Hauptstadt zu zerstören. Das hat man auch so geschafft.“ Ähnliche Umbaupläne wie für Norrmalm existierten auch für die Altstadt Gamla Stan. Allerdings wurden diese nie umgesetzt.

Der Kungsträdgården ist Treffpunkt für junge Leute. Hier finden im Sommer häufig Konzerte statt, im Winter kann man mitten in der Innenstadt in Schlossnähe Schlittschuhlaufen.

Östermalm

Östlich von Norrmalm erstreckt sich Östermalm, geprägt vom rechtwinkeligen Straßennetz der schwedischen Großmachtszeit. Vor allem die Wasserfront, der Strandvägen, war und ist Stockholms repräsentativste Adresse, was die Gründerzeithäuser in historistischem Stil zeigen. Wo der Strandvägen beginnt, liegt das Königliche Dramatische Theater (Dramaten). Vor dem Theater liegt der Berzelius-Park, in dem sich das Berns, Theater und Restaurant, befindet, dessen rotes Zimmer durch Strindbergs Roman Das rote Zimmer berühmt geworden ist. In der Nähe befindet sich der Königliche Hofstall. In Östermalm liegen der sternförmige Karlaplan, der Östermalms torg (Östermalmsplatz) mit der Markthalle Östermalms Saluhall und die Hedwig-Eleonora-Kirche.

Djurgården

Vom Karlaplan führt der Narvavägen über die Djurgårdsbrücke auf die Halbinsel Djurgården, die auch heute noch vorwiegend ein Naturpark und Ausflugs- und Erholungsgebiet für die Stockholmer ist. Über die Brücke kommt man entlang dem Djurgårdsvägen zu einer Reihe von Museen, wie z.B. dem Vasamuseum, dem Nordischen Museum, Thielska galleriet und Liljevalchs konsthall, Vergnügungsstätten, wie z.B. Gröna Lund und Circus, und Gasthäusern aus dem 19. Jahrhundert, wie das in der Literatur verewigte Hasselbacken. In der Nähe des Hasselbacken befindet sich auch der Haupteingang zu Schwedens erstem und größtem Freilichtmuseum Skansen. Südlich von Gröna Lund befindet sich der historische Stadtteil Djurgårdsstaden mit Bebauung aus den 17. und 18. Jahrhundert. Auf der Landzunge Waldemarsudde liegt die Villa des Prinzen Eugen, die heute Museum ist und Bilder des Prinzen und seiner Zeitgenossen zeigt und damit einen feinen Überblick über die schwedische Malerei der Jahrhundertwende (1900) gibt. Von Djurgården führt eine Fähre zurück auf die Stadtinsel.

Djurgården ist Teil des Ökoparks (schwedisch: Ekoparken), es handelt sich hierbei um den ersten Nationalstadtpark (schwedisch: Nationalstadsparken) der Welt, der 1994 ins Leben gerufen wurde.

Blasieholmen, Skeppsholmen und Kastellholmen

Zwischen der Stadtinsel und Djurgården liegen Blasieholmen, Skeppsholmen und Kastellholmen. Auf Blasieholmen befinden sich das pompöse Grand Hotel, dessen Hauptfassade zur Stadtinsel weist, und das schwedische Nationalmuseum, Skeppsholmen und dessen Anhängsel Kastellholmen beherbergten früher Einrichtungen der Kriegsmarine, die im 20. Jahrhundert von Museen (beispielsweise Ostasiatisches Museum, Modernes Museum, Architekturmuseum) übernommen worden sind.

Kungsholmen

Wendet man sich auf der Stadtinsel nach Nordwesten, sieht man den östlichen Spitz der Insel Kungsholmen mit dem Stockholmer Rathaus (Stockholms stadshus), in dessen Blauer Halle alljährlich das Nobelfest stattfindet – das Bankett zu Ehren der Nobelpreisträger im Anschluss an die feierliche Verleihung der Nobelpreise im Konzerthaus.

Kungsholmen beherbergt Parks und Badeplätze.

Södermalm

Am südlichen Ende der Stadtinsel befindet sich Slussen, die Schleuse, über die man mit dem Boot vom Mälaren in die Ostsee kommt. Slussen verbindet auch Stadsholmen mit der Insel Södermalm (im Volksmund Söder), die sich hier über 50 Meter aus dem Wasser erhebt. Mit dem 38 Meter hohen Katarinahissen kommt man von Slussen zum Mosebacke torg, an dem sich zwei Theater befinden. In der Nähe liegt die Katarinakirche, ein Meisterwerk aus dem 17. Jahrhundert. Im Osten der Insel auf den Hügeln Åsöberget und Vita bergen mit der Sofiakirche gibt es noch kleine Holzhäuser, wie sie für die Besiedlung des 17. und 18. Jahrhunderts typisch waren.

Das Innere der Insel ist mit Wohnblöcken aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und der Jahrhundertwende bebaut, während der südliche Teil Bebauung aus dem 20. Jahrhundert aufweist. Ein völlig neuer und architektonisch interessanter Stadtteil wurde Ende der 1980er Jahre im Gebiet des Bahnhofs Stockholm Södra (westlich des Medborgarplatzes) errichtet.

Im südlichen Teil Södermalms befindet sich das Szeneviertel SoFo (South of Folkungagatan).

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Stockholm ist wichtigster Knotenpunkt des schwedischen Eisenbahnnetzes. Hier befindet sich mit Stockholm C der größte Bahnhof des Landes. Es gibt einen internationalen Flughafen im 40 Kilometer nördlich gelegenen Arlanda; daneben gibt es einen zentral gelegenen Regionalflughafen im Stadtteil Bromma. Die beiden Flughäfen bei Stockholm-Skavsta (Nyköping) und Stockholm-Västerås befinden sich etwa 100 km südlich bzw. westlich von Stockholm, benutzen aber trotzdem den Namen Stockholm.

Stockholm ist eine wichtige Fährhafenstadt mit Verbindungen nach Helsinki, Mariehamn, Sankt Petersburg, Turku und Tallinn.

Dem öffentlichen Verkehr dienen die U-Bahn (Tunnelbana), S-Bahn-ähnliche Vorortzüge (Pendeltåg), verschiedene Buslinien, einzelne Stadtbahnlinien in den Außenbezirken sowie die historische Straßenbahn zum Djurgården. Die Tunnelbana, die Stadtbahn, die Straßenbahn und die Buslinien werden durch die AB Storstockholms Lokaltrafik (SL) betrieben.

Wenn man im 16. Jahrhundert von Stockholm aus nach Süden reisen wollte, war der Göta landsväg die älteste und einzig existierende Straße. Diese Wegverbindung hatte Ahnen bis zurück ins Mittelalter (in Skandinavien ca 1100 bis 1500 n. Chr.), vermutlich war hier schon zur Bronzezeit (in Skandinavien ca. 1800 bis 550 v. Chr.), lange bevor Stockholm existierte, ein Weg entstanden.

Die Hauptverkehrsader der modernen Zeit ist der Essingeleden, ein Teil der Autobahn E4, er führt westlich des Stadtzentrums vorbei und wurde 1966 eingeweiht. Ein großer Teil des Autoverkehrs soll in den nächsten Jahrzehnten unter die Erde gelegt werden. So wurde im Oktober 2004 ein 4,6 Kilometer langer Tunnel (Södra Länken) südlich des Stadtkerns eingeweiht. Ein gleichartiges Projekt im Norden (Norra Länken) ist z.Z. (2008) im Bau und soll im Jahr 2015 fertig sein. Eine östliche Umgehungsautobahn (Österleden), die den Autobahnring um Stockholm (Ringled Stockholm) komplett machen würde, wird seit den 1950er Jahren diskutiert.

Trängselskatt

Ein politisch kontroverser Versuch zur Reduzierung des innerstädtischen Verkehrs wurde Anfang Januar 2006 bis Ende Juli 2006 mittels einer Innenstadtmaut, die sogenannte Trängselskatt („Gedrängel-Steuer“), durchgeführt. Trotz der deutlich geringeren Verkehrsbelastung in der City haben die Einwohner im Zentrum in einem Referendum September 2006 nur knapp für eine Fortführung der Maut gestimmt. Die Bevölkerung der umgebenden Region, die den Hauptteil der Kosten für das Experiment tragen musste, durfte nicht abstimmen. In lokalen Abstimmungen in einigen der Kranzgemeinden wurde aber deutlich, dass die Region insgesamt gegen den Trängselskatt war; inzwischen findet sich aber auch hier eine deutliche Mehrheit für die Beibehaltung der Maut.[4] Die neue bürgerliche Regierung lehnte die Maut ab, hat aber im November 2006 den Auftrag gegeben, die Maut unter etwas geänderten Formen 2007 wieder einzuführen. Seit 1. August 2007 müssen nun die Autofahrer eine Gebühr bezahlen, wenn sie an Arbeitstagen in die Stadt fahren. Die Maut wird nicht nachts oder am Wochenende erhoben, Fahrzeuge mit ausländischen Kennzeichen sind nicht betroffen.

Sendeeinrichtungen

  • Sender Nacka
  • Kaknästurm

Ansässige Unternehmen

Stockholm ist Schwedens Dienstleistungszentrum. 85 Prozent aller Beschäftigten arbeiten im öffentlichen und privaten Dienstleistungsbereich, aber nur 10 Prozent in der Herstellungsindustrie. Dennoch gehört Stockholm zu den größten Industriegebieten Schwedens. Die fehlende Schwerindustrie lässt die Stadt zu einer der saubersten Metropolen der Welt werden.

Die steigende Zahl von Unternehmen im Hochtechnologie-Bereich wog in den letzten Jahrzehnten die Abwanderung traditioneller Industriebetriebe auf. Zu den großen Industrieunternehmen in der Region zählen heute Ericsson, IBM Svenska AB und Electrolux, der Arzneimittelhersteller AstraZeneca, graphische Betriebe des Bonnier-Konzerns und andere. Im Norden der Stadt (Kista) entstand im letzten Jahrzehnt eines der größten IT-Zentren Europas.

Stockholm ist auch das Medienzentrum des Landes mit vier überregionalen Tageszeitungen und einer Reihe kleiner Zeitungen, Verlagen (unter anderem dem Bonnier-Konzern), Sitz des staatlichen Rundfunks (SR) und der öffentlich-rechtlichen Fernsehgesellschaft SVT sowie weiterer Medienunternehmen.

Auch die schwedischen Banken (so zum Beispiel Swedbank, Handelsbanken und Skandinaviska Enskilda Banken, die zu den zehn größten Unternehmen in Stockholm gehören) haben ihren Hauptsitz in Stockholm, wo sich auch die schwedische Börse befindet. Zusammen mit den Hauptsitzen der Versicherungsgesellschaften (Skandia und andere) und von Investmentunternehmen machen sie Stockholm zum wichtigsten Finanzzentrum Schwedens.

Insgesamt befinden sich die Hauptsitze von über 40 Prozent aller schwedischen Unternehmen mit mehr als 200 Angestellten in Stockholm. Aber nicht nur Unternehmenszentralen, sondern auch die Zentralbehörden der staatlichen Verwaltung sowie die nationalen politischen Institutionen (wie Regierung und Reichstag) in Stockholm machen die Stadt zum Machtzentrum des Landes.

In den letzten Jahren ist auch der Tourismus zu einem wichtigen Wirtschaftszweig geworden. Seit 1991 ist die Anzahl der Übernachtungen mit 80 Prozent von vier auf über sieben Millionen gestiegen. Festivals wie das Stockholm Waterfestival und große Sportveranstaltungen wie der Stockholm-Marathon sind wichtige Attraktionen.

Seit 2005 hat das Europäische Zentrum für Seuchenprävention ECDC seinen Sitz in Stockholm.

Damit sich die Wirtschaft präsentieren und weitere Kontakte knüpfen kann, hat Stockholm auch eine Messe (Stockholmsmässan).

Bildung

In Stockholm gibt es 16 Hochschulen und Universitäten. Von herausragender Bedeutung sind hierbei die Universität Stockholm (Stockholms universitetet) mit ihren etwa 35.000 Studierenden (Stand 2004) und die Königlich Technische Hochschule Stockholm (Kungliga Tekniska Högskolan), die wohl größte technische Hochschule Skandinaviens.

Nachfolgend sind daneben alle weiteren Hochschulen genannt.

  • Danshögskolan (Hochschule für Tanz, Choreographie und Tanzpädagogik)
  • Dramatiska Institutet (Hochschule für Film, Radio, Fernsehen und Theater)
  • Ersta & Sköndal högskola
  • Handelshögskolan i Stockholm (Handelshochschule Stockholm)
  • Idrottshögskolan i Stockholm (Hochschule für Sport)
  • Karolinska-Institut (Medizinische Universität, liegt in der Nachbarstadt Solna)
  • Kungliga Tekniska Högskolan (KTH, Royal Institute of Technology)
  • Konstfack (Kunsthochschule)
  • Kungliga Konsthögskolan
  • Königliche Musikhochschule Stockholm
  • Lehrerhochschule Stockholm (Hochschule für Lehrerausbildung)
  • Operahögskolan i Stockholm
  • Stockholms Musikpedagogiska Institutet (Hochschule für Musikpädagogik)
  • Universität Stockholm
  • Södertörns högskola
  • Teaterhögskolan i Stockholm
  • Teologiska Högskolan

Neben den Forschungseinrichtungen der Hochschulen und Universitäten gibt es eine Reihe weiterer staatlicher und privater Forschungsinstitutionen in Stockholm. Insbesondere ist in diesem Zusammenhang die Kungliga Biblioteket (Königliche Bibliothek) mit ca. fünf Millionen Bänden zu nennen. Die Bibliothek hat aufgrund der immensen schwedischen Kriegsbeute im Dreißigjährigen Krieg nicht nur eine hervorragende Sammlung frühneuzeitlicher Bücher, sondern seit 1661 auch den staatlich verbrieften Auftrag alles in Schweden gedruckte Material zu sammeln. Die Bibliothek verwaltet auch das zum Weltkulturerbe zählende Archiv der schwedischen Kinderbuchautorin Astrid Lindgren.

Stockholm ist ebenfalls Sitz der Schwedischen Akademie, der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, der Königlichen Akademie für Literatur, Geschichte und Antiquitäten, der Nobel-Stiftung und weiterer kultureller und wissenschaftlicher Institutionen.

Söhne und Töchter der Stadt

Zu den in Stockholm geborenen bekannten Persönlichkeiten gehören unter anderem der Sänger, Musiker und ABBA-Mitglied Benny Andersson, der Dichter Carl Michael Bellman, der Feldmarschall Erik Dahlberg, der Entdeckungsreisende Sven Hedin, die Schauspielerin Greta Garbo, die Kinderbuchautorin Barbro Lindgren, der Chemiker und Erfinder Alfred Nobel, die Dichterin H. C. Nordenflycht, der zweimalige schwedische Premierminister Olof Palme, sowie der Komponist, Pianist und Dirigent Wilhelm Stenhammar.

Literatur

  • Der National Geographic Walker Stockholm. Mairdumont, 2004, ISBN 3-936559-09-0 (Reiseführer mit praktischen Karten)
  • Gudrun Schulte: Stockholm selbst entdecken. Regenbogen, 2000, ISBN 3-85862-153-6 (Beschreibt die Stadt im Fließtext)
  • Ingrid Bohn: "Kleine Geschichte Stockholms". Pustet-Verlag Regensburg 2008, ISBN 978-3-7917-2121-7 (Beschreibt die historische Entwicklung bis zur Gegenwart)

Fußnoten

  1. ↑ Stockholms Stads Utrednings- och Statistikkontor AB: Stockholms befolkning 2009 (schwedisch)
  2. ↑ World Meteorological Organization (englisch)
  3. ↑ Stockholms stads webplats: Stadens ledning (schwedisch)
  4. ↑ Klart ja i hela länet till trängselskatt - 15. september 2009 (schwedisch)
  5. xxx – Entsprechend unserer Statuten werden uns unbekannte Webadressen nicht veröffentlicht .Für eine weiterführende Recherche gehen Sie bitte auf die entsprechende Wikipediaseite. Mehr Informationen lesen Sie auf unserer Impressumseite. Anmerkung der u~m~d~h~T: Wir machen darauf aufmerksam, daß politische Passagen im Zuge unserer Statuten stark gekürzt, bzw. nicht übernommen wurden.

 

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Lübeck-Travemünde

Lübeck-Travemünde ist ein Stadtteil der Hansestadt Lübeck in Schleswig-Holstein, der direkt an der Mündung der Trave in der Lübecker Bucht liegt. Zum Stadtteil im politischen Sinn gehören neben dem Stadtbezirk Alt-Travemünde/Rönnau, der im Sprachgebrauch häufig mit Travemünde gleichgesetzt wird, auch die Stadtbezirke Priwall, Brodten, Teutendorf und Ivendorf. Brodten, Teutendorf und Ivendorf sind kleine Dörfer, sie wurden 1935 eingemeindet.

Geografie

Lübeck-Travemünde liegt etwa 20 Kilometer entfernt vom Lübecker Zentrum. Der größte Teil des Stadtteils liegt westlich der Trave. Die an der Mündung in die Ostsee gelegene Halbinsel Priwall auf dem Ostufer gehört ebenfalls zu Travemünde.

Das Gebiet des Stadtteils ist 41,3 Quadratkilometer groß. 2004 lebten 13.902 Einwohner in Travemünde, also 337 Einwohner je Quadratkilometer. Die meisten Bewohner leben in den Stadtbezirken Alt-Travemünde/Rönnau. In den drei weiteren Dörfern, die zum Stadtteil gehören, leben nur jeweils zwischen 100 und 300 Einwohner. Im Gegensatz zur Statistik der Stadt Lübeck, die einen Bevölkerungsverlust aufwies, nahm die Einwohnerzahl Travemündes von 1993 bis 2003 deutlich zu.

Geschichte

Travemünde wurde 1187 gegründet. Bereits mit dem Lübecker Reichsfreiheitsbrief von 1226 hatte sich die Stadt Lübeck von Kaiser Friedrich II. die entscheidenden Rechte an Travemünde zusichern lassen. Damals kam der Priwall zu Travemünde. 1329 ging Travemünde endgültig in den Besitz der Stadt Lübeck über. Travemünde war seit den Zeiten Heinrichs des Löwen stark befestigt. Im Jahr 1802 bekam Travemünde den Titel „Seebad“ zugesprochen.[1] Die Befestigungen wurden 1807 geschleift. 1872 wurde Travemünde durch das Ostseesturmhochwasser stark geschädigt, zahlreiche Häuser fielen den Fluten zum Opfer. Spuren der Sturmflut sind noch heute vereinzelt erkennbar. 1913 wurde die Stadt Travemünde nach Lübeck eingemeindet.

Politik

Travemünde hat einen informellen Ortsrat, der als Sprachrohr gegenüber der Verwaltung und Politik der Hansestadt Lübeck fungiert, aber keine eigenen Entscheidungsbefugnisse besitzt.

Bedeutende Bauwerke

Alter Leuchtturm

1539 wurde der Leuchtturm von holländischen Maurern aus Ziegelsteinen erbaut. Er ist rund 31 Meter hoch und besteht aus acht Etagen, die jeweils im Durchmesser abnehmen. Er ist der älteste Leuchtturm in Deutschland, und 142 Treppenstufen führen hinauf. [2] Die Treppenstufen werden nach oben hin immer steiler und schlechter zu begehen.

1827 wurde er von einem Blitz getroffen, wobei die Spitze völlig abbrannte. 1903 wurde das Leuchtfeuer auf elektrisches Licht umgestellt. Im Jahr 1922 wurde er zum technischen Kulturdenkmal gekürt. Deutschlands dienstältester Leuchtturm stellte 1972 den Betrieb ein, weil die Sicht durch den Neubau eines Hochhauses verdeckt wurde. Das Leuchtfeuer befindet sich jetzt im obersten Stockwerk des Maritim-Hotels in 117 Meter Höhe.[2]

Er dient als maritimes Museum für Leuchtfeuertechnik. An den Treppenwänden und auf den Treppenabsätzen sind Bilder von Leuchttürmen und Feuerschiffen sowie Seelaternen und Leuchtfeuer ausgestellt. Auf halber Höhe ist der Lotsenausguck zur Ostsee zu besichtigen. Im obersten Stockwerk ist eine enge Balustrade rund um den Turm angelegt. Von dort ist der Rundblick auf Ostsee, Travemünde, Priwall, Passat und den Schiffs- und Fährverkehr möglich.

Spielcasino

Das Gebäude wurde 1913/14 als „Städtischer Kursaal“ bzw. „Konversationshaus“ erbaut. Die Gestaltung der Außenanlagen wurde im Jahr 1915 von dem bekannten Lübecker Gartenarchitekten Harry Maasz vorgenommen. Das Casino Travemünde an der eleganten Kaiserallee im Jugendstil ist eines der traditionsreichsten in Deutschland. Im Jahr 1949 wurde das Spielcasino mit einer zunächst auf zehn Jahre befristeten Lizenz eröffnet.[3] Im Hause befindet sich jetzt auch ein Hotel.

Strandpromenade

Heute befindet sich hier die architektonisch wohl eindrucksvollste Strandpromenade an der deutschen Küste mit dem breiten Sandstrand der Ostsee. Sie wurde 1904 eingeweiht. Die besondere Atmosphäre ergibt sich durch die großzügigen Dimensionen und den Blick auf den Badebetrieb und den internationalen Fährverkehr. Der feinsandige Sandstrand ist 1,5 km lang, 1.700 Strandkörbe sind verfügbar. Von Ende 2010 bis Mitte 2012 wird die Strandpromenade abschnittsweise und jeweils hälftig mit einem sturmsicheren Unterbau versehen und umgestaltet. [4] Die Strandpromenade geht über in die urige Kulisse des Brodtener Steilufers.

Strandbahnhof

Der Endbahnhof der Bahnstrecke wurde 1911–1913 nach den Plänen des Architekten Fritz Klingholz im Jugendstil als Ersatz für einen hölzernen Vorgänger aus dem Jahre 1900 gebaut. 2006 wurde er aufwändig für fast 2,3 Millionen Euro restauriert.[5] Als Besonderheit weist er einen Uhrenturm mit bis zum Strand hin sichtbarer Anzeige der nächsten Zugabfahrt auf.

Hafenbahnhof

Das jetzige Gebäude wurde 1913/14 ebenfalls nach den Plänen von Fritz Klingholz errichtet. Der Vorgänger war bereits mit der Eröffnung der Lübeck-Travemünder Eisenbahnstrecke im Jahre 1882 fertiggestellt worden. Auf Wunsch der Eisenbahngesellschaft baute die Stadt eine Verbindungsstraße zwischen Hafenbahnhof und den Schiffsanlegern an der Vorderreihe, die den Namen Rose erhielt. 1996 wurde das Bahnhofsgebäude verkauft und wird heute als Restaurant genutzt.

Maritim-Hochhaus

Das Maritim Hochhaus wurde in den 1970er Jahren errichtet. Mit 119 Metern Höhe ist es das höchste Gebäude Schleswig-Holsteins sowie der gesamten deutschen Ostseeküste. Das Hochhaus ist aufgeteilt in einen Hotelbereich und Privatwohnungen. Äußerlich ist das Erscheinungsbild im Wesentlichen noch bauzeitlich, innen und im Sockelbereich wurden mehrfach Umbauten vorgenommen. Nur in wenigen Privatwohnungen findet sich noch die ursprüngliche Einrichtung.

Touristische Attraktionen eines alten Seebades

Altstadt

Lübeck-Travemünde entwickelte sich ursprünglich aus einer Fischer- und Lotsensiedlung und ist seit 1802 eines der ältesten und traditionsreichsten deutschen Seebäder. Sein Tourismus ist über Jahrzehnte gewachsen mit entsprechender Infrastruktur und vielfältigen Sport- und Freizeitangeboten.

In der Altstadt von Travemünde rund um die St.-Lorenz-Kirche (1557, mit einer Orgel von Beckerath) und am Ostpreußenkai hat sich der ursprüngliche Charakter erhalten. So kann man im Fischereihafen fangfrischen Fisch kaufen. Dieser Teil Alt-Travemündes vor dem Anleger der Priwallfähren, gegenüber der alten Lübecker Vogtei im Stil der Backsteinrenaissance, besitzt ein urbanes Ambiente. Die Alte Vogtei war Sitz der Lübecker Stadtherrn, Polizeirevier und wird heute gewerblich genutzt.[2]

Maritimes Flair

An der Travemündung beim Passathafen am Priwall mit seinen Hunderten von Segelyachten (nur während der Segelsaison) liegt die Viermastbark Passat als Museumsschiff und Wahrzeichen. Die Passat wurde 1911 als Getreide- und Salpetertransporter erbaut und 1959 von der Hansestadt Lübeck unter Denkmalschutz gestellt. Sie umsegelte neununddreißigmal Kap Hoorn und umrundete zweimal die Welt. Sie kann besichtigt werden, hat drei Veranstaltungsräume, 98 Kojen sowie ein Standesamt.[6] Die Masten sind 56 Meter hoch.[2] In der Vorweihnachts- und Weihnachtszeit ist sie mit einer Lichterkette über die Toppen geschmückt.

Die Passat zählte einst zu den legendären Flying-P-Linern der Hamburger Reederei Laeisz. Sie ist das Schwesterschiff des vor Manhattan liegenden Museumsschiffs Peking und verwandt mit der im Atlantik gesunkenen Pamir, an die das Wrack eines ihrer Rettungsboote in der St. Jakobikirche am Koberg in Lübeck erinnert. Zu den P-Linern gehört auch die Krusenstern, die früher Padua hieß, und Travemünde als aktives russisches Segelschulschiff im Rahmen der Baltic-Sail regelmäßig besucht.

Stadtplanung

Das ortsbildprägende Kurhaus-Hotel am Kalvarienberg wurde renoviert und umgebaut und anschließend als Arosa Ressort neu eröffnet. In seinem Inneren finden sich noch Ausstattungsmerkmale des eingeschossigen Vorgängerbaus, die 1820 im Stil des Klassizismus vom Innenarchitekten Joseph Christian Lillie geschaffen wurden.

Zwischen Kaiserallee und Steenkamp haben sich die Stadtplaner eine Pointe im Straßenbild erlaubt: Die Straßen Backbord, Steuerbord, Mittschiffs und Achterdeck sind so angeordnet, dass der Straßenverlauf das Bild eines Schiffs auf den Stadtplan zeichnet. Dieses „Schiff“ im Stadtplan hat sogar ein Fallreep, mit dem es an der Kaiserallee angelegt ist. Zu diesem Schiffsthema gehören außerdem die Straßen Im Beiboot, Am Heck, Godewind (guter Wind) und Leegerwall (von Lee, Windschattenseite).[7]

Natur

Zu Travemünde gehört auch das Brodtener Ufer, eine eindrucksvolle, bis zu 20 Meter hohe Steilküste von etwa vier Kilometer Länge bis zum Nachbarort Niendorf, mit einem dahinter liegenden Golfplatz, der zu den Ältesten in Deutschland gehört. Im unmittelbaren Hinterland Travemündes, aber bereits im Kreis Ostholstein, liegt der Hemmelsdorfer See. Dieser See ist eine von der Ostsee abgeschnittene Förde, in der einstmals Napoleon einen geschützten Kriegshafen für sein Imperium anlegen lassen wollte.

Museen und Erinnerungsstätten

Links der Trave

Das Seebadmuseum Travemünde dokumentiert die Entwicklung Travemündes als Seebad, die Geschichte der Nutzung des Priwalls als Gelände zur Entwicklung von Seeflugzeugen (unter anderem der Dornier) und als Werftstandort. Weiter werden die Aufnahme der Flüchtlingsströme des Zweiten Weltkriegs und die Situation an der ehemaligen Grenze zur DDR dargestellt.

Zwischen Strandpromenade und Maritim-Hotel ist ein historischer Propeller aufgestellt, der an die Geschichte des Priwalls als Seeflugerprobungsstätte erinnern soll.

Neben dem Vereinsheim des Eisenbahner-Hochsee-Sportfischer-Vereins (EHSFV), einem ehemaligen Wasserturm der Lübeck-Büchener Eisenbahn, steht die Sektion „a“ des ehemaligen DRG-Triebwagens SVT 137 851 (Baureihe DRB 137 851 bis 858) der Bauart „Köln“ (späterer VT 06 106 der DB).

Priwall

Das Museums-Segelboot Passat, der Passat-Hafen und das Museum Ostseestation befinden sich auf dem Priwall.

Verkehr

Fährverkehr

Travemünde ist mit seinem Skandinavienkai einer der bedeutendsten deutschen Fährhäfen für den Verkehr mit Finnland, Schweden (Malmö, Trelleborg, Göteborg, Helsingborg), Lettland und Norwegen.[8] Die Ave Line bedient die Strecke Travemünde-Liepāja.

Öffentliche Verkehrsmittel

Eisenbahn

Von Hamburg und Lübeck wird die Stadt über die Bahnstrecke Lübeck–Lübeck-Travemünde Strand mit Zügen des Regionalverkehrs der DB Regio im Stundentakt bedient. Die drei Travemünder Bahnhöfe sind von Süd nach Nord Lübeck-Travemünde-Skandinavienkai (weitab vom Check-in der Ostseefähren),Lübeck-Travemünde-Hafen (nahe der Altstadt) und Lübeck-Travemünde-Strand (nahe der Strandpromenade und dem Kurhaus). Am Skandinavienkai findet reger Güterverkehr statt, wobei die Züge im Raum Travemünde auf eigener Trasse Richtung Lübeck verkehren.

Busverkehr

Nach Lübeck bestehen Busverbindungen mit dem Schnellbus 30 oder 40 des Stadtverkehrs Lübeck. Diese Busse halten auch am Skandinavienkai.

Die Seebäder der Lübecker Bucht von Travemünde über Niendorf, Timmendorf, Scharbeutz bis Haffkrug Seebrücke werden durch den Bus 5815 der Lübeck-Travemünder Verkehrsgesellschaft verbunden. Die weitere Verbindung von Haffkrug Seebrücke nach Sierksdorf und Neustadt in Holstein wird nur wenige Male pro Tag bedient.

Flugverkehr

Der nächste Flughafen ist der Flughafen Lübeck in Lübeck-Blankensee.

Straßen und Stadtfähren

Travemünde ist über die A 1/A 226 und die autobahnähnlich ausgebaute Bundesstraße 75 erreichbar. Mit den nordwestlich gelegenen Bädern der Lübecker Bucht und der Holsteinischen Schweiz ist Travemünde durch die Bäderstraße B 76 verbunden. Zwischen der rechts der Trave an der Grenze zu Mecklenburg-Vorpommern gelegenen Halbinsel Priwall und dem Zentrum von Travemünde verkehrt eine kombinierte Personen- und Autofähre, vom Alten Leuchtturm außerdem noch eine Personenfähre.

Touristische Verkehrsverbindungen

Etwa 20 Kreuzfahrtschiffe fahren pro Jahr den Ostpreußenkai an und bringen Besucher nach Travemünde.[9]

Von April bis Anfang Oktober befahren zweimal täglich kleine Personenschiffe in 90 Minuten die Strecke zwischen der Travemünder Vorderreihe und der Lübecker Drehbrücke. Sie erschließen dabei die Natur- und Industrielandschaft der Trave.[10]

Der von den Naturfreunden Deutschlands initiierte Hanseatenweg verläuft durch Lübeck, Travemünde und den Priwall. Er besteht bereits zwischen den Hansestädten Osnabrück, Bremen, Hamburg, Lübeck, Wismar und Rostock. Geplant ist er für die Gesamtstrecke von Brügge in Belgien bis Narva in Estland. [11]

Veranstaltungen

Alljährlich im Sommer findet unter Federführung des Lübecker Yacht Clubs (LYC) vom Leuchtenfeld aus die Travemünder Woche mit rund 2.500 Aktiven und über 1.000 Booten statt, ähnlich der Kieler Woche.[2] Die Travemünder Woche ist eine Segelregatta auf zehn Regattabahnen mit Kielyachten, Katamaranen und Gleitjollen.[12]

Zahlreiche Windjammer treffen sich in Travemünde jährlich zur Baltic Sail.

Zwischen 2002 und 2007 fand in Travemünde alljährlich das Sandskulpturen-Festival Sand World statt.

Schulen

  • Grundschule Steenkamp, Strandweg
  • Stadtschule Travemünde (Grundschule, bis 2009 Grund- und Hauptschule), Kirchenstraße
  • Schule am Meer (Grund- und Regionalschule), Steenkamp

Kirchen

  • evangelisch-lutherisch: St. Lorenz, Kirchenstraße
  • römisch-katholisch: St. Georg, Rose
  • sonstige Glaubensgemeinschaften: Neuapostolische Kirche, Moorredder

Persönlichkeiten

Literarisch hat der Lübecker Nobelpreisträger Thomas Mann in den Buddenbrooks den Badeurlaub und Seebadbetrieb des 19. Jahrhunderts festgehalten. Maler wie Edvard Munch, Gotthardt Kuehl, Ulrich Hübner und Erich Dummer stellten das sommerliche Leben im Seebad und Yachthafen dar. Ihre Gemälde sind im Lübecker Kunstmuseum Behnhaus ausgestellt und zeugen von Travemündes Vergangenheit.

Dem Mundartdichter und Erzähler Otto Timmermann (1916–2008), Küster der St. Lorenz-Kirche und Travemünder Original, wurde 2002 auf dem alten Marktplatz der Timmermann-Brunnen gewidmet.

Peter Deilmann, der Gründer der durch die ZDF-Fernsehserie Das Traumschiff bekannten gleichnamigen Peter Deilmann Reederei aus Neustadt in Holstein, VIVA-Moderatorin Gülcan Kamps (geb. Karahancı), Rötger Feldmann alias Brösel, deutscher Comiczeichner, Peter Nogly, deutscher Fußballnationalspieler und der Fußballtrainer Bernd Schröder wurden in Travemünde geboren. Antje Buschschulte, Schwimmweltmeisterin, wuchs in Travemünde auf und Eckhard Dagge, zweiter deutscher Boxweltmeister nach Max Schmeling, begann den Boxsport in Travemünde.

Literatur

  • Thorsten Albrecht: Travemünde (Kleine Hefte zur Stadtgeschichte, hrsg. vom Archiv der Hansestadt Lübeck, Heft 19). Lübeck 2005, ISBN 3795031184
  • Mirko Lamonaca - "Le meduse di Travemünde" - Roman in Italienisch - http://www.xxx

Einzelnachweise

  1. ↑ Ab nach Travemünde. In: Hamburger Abendblatt vom 17. Juli 2010, Magazin S. II
  2. ↑ a b c d e LN-Serie: Was in Lübeck zählt (37). Travemünde. In: Lübecker Nachrichten vom 20. November 2009,S. 13
  3. ↑ Internetseite Spielbank
  4. ↑ Kurbetrieb Travemünde: Neugestaltung Strandpromenade Travemünde. Faltblatt vom 28. Oktober 2010.
  5. ↑ Herzlich willkommen im Travemünder Strandbahnhof, luebecknews.de vom 23. Mai 2006
  6. ↑ Gästeführer Lübeck und Travemünde. Verlag Schmidt-Römhild, Lübeck 2008, S. 16, 25, 28
  7. ↑ Lübeck und Travemünde Tourismus-Zentrale: Navigation Travemünde. (Stadtplan)
  8. ↑ Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH: Lübecker Hafennachrichten, Dezember 2008.
  9. ↑ Travemünde aktuell, Mai 2010, S. 26-27
  10. ↑ Internetseite Traveschifffahrt
  11. ↑ Infotafel Hanseatenweg der Naturfreunde Deutschlands, Landesverband Schleswig-Holstein an der Mecklenburger Landstraße 128 sowie Naturfreunde Deutschlands, Landesverband Schleswig-Holstein Hrsg.): Hanseatenweg von Lübeck über Wismar nach Rostock. Faltblatt von ca. 2005.
  12. ↑ Ab nach Travemünde. In: Hamburger Abendblatt vom 17. Juli 2010, Magazin S. II

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Bad Oldesloe

Bad Oldesloe [ˌbatˀɔldəsˈloː] (niederdeutsch Bad Oschloe) ist die Kreisstadt des Kreises Stormarn in Schleswig-Holstein (Deutschland).

Geschichte

Das Gebiet ist bereits in der Steinzeit besiedelt gewesen. Hier gefundene Feuersteinwerkzeuge wurden auf die Zeit 6000–4500 v. Chr. datiert und sind unter dem Namen Oldesloer Stufe bekannt.

Nach einer geodätischen Deformationsanalyse zum Ort Treva aus dem Kartenwerk der Geographike Hyphegesis, die das Institut für Geodäsie der Technischen Universität Berlin im Rahmen eines Forschungsprojekts der Deutschen Forschungsgemeinschaft 2007 bis 2010 durchführte, befand sich dieser historische Ort auf der Gemarkung des heutigen Bad Oldesloe.[2]

Oldesloe wurde erstmals 1163 als „Tadeslo“ erwähnt. Die Schauenburger Grafen von Holstein-Stormarn entwickelten den Ort, der im sächsisch-slawischen Grenzgebiet an einem Traveübergang an der Nordsee-Ostsee-Straße von Lübeck nach Hamburg liegt, zu einem wichtigen Umschlagplatz. Bereits für 1175 ist eine Zollstation belegt. Um 1238 erhält Oldesloe das lübische Stadtrecht, 1370 von Graf Adolf VIII. das Marktrecht.

Im Jahr 1515 entsteht aufgrund eines königlichen Privilegs an den Lübecker Kaufmann Mathias Mulich der erste von mehreren Kupferhämmern an der Beste. 1529 folgt die Inbetriebnahme des Alster-Beste-Kanals und Oldesloe liegt bis zur Einstellung der Schifffahrt um 1550 an der Binnenschifffahrtsverbindung zwischen Hamburg und Lübeck.

Im Jahr 1813 wurde ein modernes Kurbad (Sol-, Moor und Schwefelbad) in Betrieb genommen. Die Verleihung des Titels „Bad“ erfolgte jedoch erst im Jahr 1910, als der Umfang des Kurbetriebs schon fast wieder bedeutungslos war. Trotz der heute nicht mehr vorhandenen Anerkennung als Heilbad und der eindeutigen Regelung der schleswig-holsteinischen Gemeindeordnung[3] trägt Oldesloe aber weiterhin den Namenszusatz „Bad“. Der letzte der Saline Oldesloe gehörende Salzspeicher an der Trave in Lübeck wurde 1839 verkauft.

Mit dem Anschluss an das Eisenbahnnetz im Jahr 1865 (Hamburg–Oldesloe–Lübeck) wird die bis dahin für diese Strecke bedeutsame Traveschifffahrt eingestellt. Die 1907 eröffnete Bahnstrecke nach Elmshorn (über Barmstedt) wurde auf dem Streckenstück Ulzburg–Blumendorf 1973 stillgelegt.

In den 1930er Jahren kämpfte Bürgermeister Friedrich Wilhelm Kieling vergeblich für eine Verlegung der Kreisverwaltung des Kreises Stormarn aus der kreisfreien Stadt Wandsbek nach Oldesloe, was zu schweren Zerwürfnissen mit Landrat Constantin Bock von Wülfingen führte. Im Zweiten Weltkrieg verlegte man dann nach der katastrophalen Bombardierung Hamburgs im Sommer 1943 die Kreisverwaltung provisorisch von Wandsbek nach Oldesloe. Auch Bad Oldesloe selbst war ab 1940 vom Luftkrieg betroffen. Der schwärzeste Tag der Stadtgeschichte kam kurz vor Kriegsende. Ein Angriff der Royal Air Force am 24. April 1945 forderte über 700 Menschenleben. Mehrere hundert Gebäude waren total zerstört bzw. schwer beschädigt worden. Seit 1949 befindet sich die Kreisverwaltung offiziell in Oldesloe.

Geschichte der Stadtteile

Blumendorf

Das Bauerndorf Blumendorf wurde erstmals 1314 urkundlich genannt. Später gehörte es zum Gut Fresenburg, das es 1635 an Hans von Buchwald zu Schadehorn verkaufte. Dieser wandelte es in ein Adliges Gut um. 1755 erbaute der damalige Gutsbesitzer Jacob Levin von Plessen das heutige Herrenhaus mit Torhaus und Gartenanlage. Die Leibeigenschaft wurde 1795 durch den damaligen Gutsbesitzer Nicolaus Graf von Luckner aufgehoben. 1889 kam der Gutsbezirk kommunalrechtlich zum Amtsbezirk Fresenburg. 1907 erhielt Blumendorf eine Bahnstation an der Elmshorn-Barmstedt-Oldesloer Eisenbahn. Seit Einstellung des Personenbetriebs 1973 findet auf dem Reststück Blumendorf ↔ Bad Oldesloe noch Güterverkehr statt. 1928 wurde der Gutsbezirk aufgelöst und nach Bad Oldesloe eingemeindet. Blumendorf hatte damals 307 Einwohner. Ab 1950 entstanden auf 149 Hektar Neusiedlungen für Flüchtlinge und Vertriebene aus dem deutschen Osten. In Jahren um 1958 wurde das Schloss als Krankenhaus genutzt.

Fresenburg

Fresenburg geht auf eine slawische Burg des 8. Jahrhunderts zurück. Urkundlich erwähnt wurde es aber erst 1263 als ein Adliges Gut, zu dem neben den Höfen Alt- und Neufresenburg, Poggensee und Schadehorn auch die Dörfer Poggensee und Seefeld gehörten. Der Gutsbesitzer Bartholomäus von Ahlefeld siedelte 1544 Mennoniten, die vor der religiösen Verfolgung in ihrer Heimat geflohen waren, in Schadehorn an. Auch Menno Simons fand hier eine Heimat. Sein Wohnhaus, die Mennokate, kann bis heute besichtigt werden. 1710 kaufte die Familie derer von Buchwaldt das Gut. Hugo von Buchwaldt ließ 1791 das noch bestehende Herrenhaus von Christian Frederik Hansen erbauen. Die Leibeigenschaft wurde erst 1804 aufgehoben. Mit Einführung der preußischen Kommunalverfassung 1889 bildete der Gutsbezirk gemeinsam mit dem Gutsbezirk Blumendorf den Amtsbezirk Fresenburg. Bei Auflösung der Gutsbezirke wurde Fresenburg 1928 nach Bad Oldesloe eingemeindet, es hatte damals 638 Einwohner. Während der Bodenreform nach dem Zweiten Weltkrieg wurden große Teile des ehemaligen Gutsgeländes aufgesiedelt.

Religionen

In der ersten urkundlichen Erwähnung 1163 ist auch das Vorhandensein einer Kirche belegt (Patronat: Petrus, Paulus). 1426 gehörten bereits 34 Ortschaften zum Oldesloer Kirchspiel. Seit 1525 gilt in Oldesloe die Reformation lutherischer Ausgestaltung. Die Täuferbewegung hatte Mitte des 16. Jahrhunderts mit dem Zuzug von Menno Simons großen Zulauf. Im 18. Jahrhundert gab es kurzfristig eine Herrnhuter Brüdergemeine namens Pilgerruh in Oldesloe.

Wappen

Blasonierung: „In Rot das silberne holsteinische Nesselblatt, darin als Brustbild der nimbierte, blau gekleidete heilige Petrus, der einen aufrechten schwarzen Schlüssel hält.“[4]

In der vor 1978 von der Stadt geführten Fassung des Wappens hält Petrus einen goldenen Schlüssel und der Nimbus (Heiligenschein) ist ebenfalls golden.

Bürgermeister

  • 1932–1945 Friedrich Wilhelm Kieling
  • 1947–1950 Gustav Masuth
  • 1950–1968 Hermann Barth
  • 1968–1986 Gottfried Baethge (parteilos)
  • 1986–1990 Ulrich Gudat (SPD)
  • 1990–1998 Gerd M. Achterberg (SPD)
  • 1998–2004 Dr. Philipp Wrieden (CDU)
  • Seit 2004 Tassilo von Bary (parteilos)

Städtepartnerschaften

  • Beer Yaakov (Israel)
  • Olivet (Frankreich)
  • Kolberg/Kołobrzeg (Polen)

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Bad Oldesloe ist durch die 1865 eröffnete Bahnlinie Hamburg–Lübeck per Bahn erreichbar. Seit dem 15. Dezember 2002 fährt die zuvor zwei Jahrzehnte nur im Pendelverkehr Oldesloe-Segeberg betriebene Nordbahn zwischen Neumünster, Bad Segeberg und Bad Oldesloe im Stundentakt.

In der Vergangenheit war Bad Oldesloe ein bedeutender Eisenbahnknotenpunkt. Neben der Elmshorn-Barmstedt-Oldesloer Eisenbahn, einer Privatbahn, die nach 1973 bis auf einen Gleisrest, der im Stadtgebiet von Bad Oldesloe als Industriegleis genutzt wird, zwischen Blumendorf und Ulzburg-Süd abgerissen und in einen Radweg umgebaut wurde, gab es die vor dem Zweiten Weltkrieg bedeutende Verbindung auf der Kaiserbahn Richtung Ratzeburg (Stilllegung Personenverkehr 1962/Güterverkehr 1971) und die Strecke nach Schwarzenbek (Stilllegung Personen- und Güterverkehr 1976). Auch diese Strecken wurden abgebaut und teilweise in Radwege umgewandelt. In Betrieb ist die Strecke Bad Oldesloe-Bad Segeberg-Neumünster.

Bad Oldesloe ist über die Linien R10 und R11 an das Verkehrsnetz des Hamburger Verkehrsverbunds HVV angeschlossen. Die Linie R11 startet hier und endet in Rickling. Für die Linie R10 ist Bad Oldesloe im HVV nur Durchgangsbahnhof, der Tarifbereich des HVV endet in Reinfeld. Die Züge fahren weiter bis Lübeck, jedoch nicht im HVV-Tarif

Seit 1937 ist die Stadt durch die heutige Bundesautobahn 1 an das überregionale Straßennetz angeschlossen. Seit Dezember 2004 können von der A 1 auch schnell die Städte Rostock und Schwerin über die neue Ostseeautobahn A 20 erreicht werden. Westlich der Stadt verläuft die A 21 mit der die Städte Bad Segeberg und die Landeshauptstadt Kiel schnell zu erreichen sind. Ferner wird über diese Autobahn auch der Anschluss an die A 24 erreicht und damit die Verbindung Richtung Berlin. Ebenso verläuft die B 75 (parallel zur A 1) durch die Kreisstadt. Die B 208 bindet die Stadt an den angrenzenden Kreis Herzogtum Lauenburg an. Die Nordtangente entlastet seit 1978 die Innenstadt.

Ansässige Unternehmen

Bad Oldesloe ist Hauptsitz des Reinigungsgeräteherstellers Hako, des Brandschutz-Unternehmens Minimax und der Brennerei August Ernst. Der südafrikanische Pharmakonzern Aspen Pharmacare betreibt ein Werk in der Stadt. Die Lindal-Group stellt Ventile und Sprühkappen her. Der Geschenkartikelgroßhandel Michel Toys unterhält hier ein großes Distributionszentrum. Herose ist weltweit führend in der Herstellung von Armaturen für die Tieftemperaturtechnik. Feige GmbH, Abfülltechnik ist führender Hersteller von Abfüllanlagen für flüssige und pastöse Produkte.

Behörden

Seit der Ausbombung Wandsbeks 1944 beherbergt Bad Oldesloe die Kreisverwaltung des Kreises Stormarn. Außerdem sitzt auch die Verwaltung des Amt Bad Oldesloe-Land in der Stadt, die selbst aber dem Amt nicht angehört. Daneben ist Bad Oldesloe Sitz des Finanzamtes Stormarn, der Familienkasse Lübeck/Stormarn und eines Amtsgerichtes. Ebenso unterhalten die Bundesagentur für Arbeit und die Deutsche Rentenversicherung Bund je einen Verwaltungssitz in Bad Oldesloe. Die Polizeidirektion Ratzeburg betreibt in Bad Oldesloe eine Polizeiinspektion mit einem Bezirksrevier, einer Kriminalpolizeistelle sowie einem Autobahnrevier.

Bildungseinrichtungen

Es gibt zwei Grundschulen (Stadtschule und Grundschule West) sowie eine Grund- und Hauptschule die (Klaus-Groth-Schule). Weiter gibt es zwei Gemeinschaftsschulen (Theodor-Storm-Schule und Schule am Masurenweg), ein Gymnasium (Theodor-Mommsen-Schule), eine Integrierte Gesamtschule (Ida-Ehre-Schule) und eine Förderschule (Schule am Kurpark). In Bad Oldesloe befindet sich seit 1889 die Berufliche Schule des Kreises Stormarn. 1898 bis 1994 gab es außerdem auch eine Landwirtschaftsschule. Das Gebäude der Landwirtschaftsschule wird heute von der Beruflichen Schule des Kreises Stormarn genutzt, die derzeit zu einem Regionalen Berufsbildungszentrum (RBZ) umstrukturiert wird. Im Gebäude der alten Stadtschule von 1839 ist seit 1977 die Stadtbibliothek Bad Oldesloe untergebracht.

Medien

In Bad Oldesloe befinden sich die Redaktionen des „Stormarner Tageblatt“ als Lokalausgabe des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags (sh:z) sowie der Lokalausgabe der Lübecker Nachrichten. Auch das Hamburger Abendblatt veröffentlicht eine Lokalausgabe für den Kreis Stormarn, deren Redaktion jedoch in Ahrensburg beheimatet ist. In Bad Oldesloe werden kostenlos die Zeitungen "Markt", "Wochenblatt", "Blickpunkt" und "der bote" verteilt. Im Internet gibt es das Portal IN oldesloe, das regelmäßig aus Bad Oldesloe berichtet.

Telekommunikation

In Bad Oldesloe gibt es nach jahrelangen Engpässen eine große Auswahl an Breitbandinternetdiensten, die jedoch nicht überall gleichermaßen verfügbar sind und oft nur als einzige Lösung zur Verfügung stehen.

  • Versorgung mit DSL
  • Internet per Kabelanschluss
  • Funknetzwerk in der WiMAX-Technologie, welches auch bereits umliegende Gemeinden versorgt
  • Teilversorgung durch UMTS

In Bad Oldesloe können über 24 TV-Programme und über 30 UKW-Hörfunkprogramme per Antenne empfangen werden. Kabel Deutschland betreibt in Bad Oldesloe ein flächendeckendes Kabelnetz. DVB-T ist ebenfalls verfügbar, auch Privatsender sind, aus Lübeck und Hamburg gesendet, in Bad Oldesloe via DVB-T zu empfangen.

Freizeit- und Sportanlagen

Bad Oldesloe bietet drei Stadien (Travestadion, Wendumstadion, Kurparkstadion), einen Hockey- und mehrere Tennisplätze im Kurpark, eine Schwimmhalle und das Naturfreibad Poggensee, die Schwimmhalle und das Naturfreibad Poggensee werden von der Vereinigte Stadtwerke GmbH betrieben, welche auch die Strom-, Gas- und Wasserversorgung in Bad Oldesloe betreibt.

Am Exer gibt es die kleine Skate-Anlage „SkateLand“ sowie eine Fahrradsportanlage, den sogenannten „Dirtpark“, einen Minigolfplatz mit Verein und einen Wohnmobilparkplatz mit Übernachtungsmöglichkeit.

Stadtgliederung

Eingemeindungen

  • 1928 – Gutsbezirke Fresenburg und Blumendorf
  • 1972 – Rethwischfeld
  • 1976 – Sehmsdorf

Einwohnerentwicklung

  • 1939 – 8.281
  • 1954 – 14.953
  • 2002 – 23.744
  • 2005 – 24.019
  • 2008 - 24.175

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Stadtbild

Die Grundstruktur der seit dem Mittelalter an Beste und Trave herangewachsenen Stadt ist noch recht gut erkennbar, die ursprünglichen Hauptstraßen Besttorstraße, Mühlenstraße und Lange Straße (seit 1930 nach Paul von Hindenburg benannt) sind heute Fußgängerzone. Abbrüche und Neubebauung vor allem seit den 1960'er Jahren haben das alte Stadtbild allerdings erheblich beeinträchtigt. Lediglich im Heiligengeistviertel lässt sich noch Altstadt-Atmosphäre verspüren. Sehr gut kommt hingegen die Einbettung der Altstadt in ihre natürliche Umgebung zur Geltung. An den zahlreichen Wasserläufen und Flüssen lässt sich die Stadt ebenso zu Fuß erkunden wie in den daran anschließenden Parkanlagen. Obwohl der Kurbetrieb längst stillgelegt ist, vermittelt Bad Oldesloe gerade in den Parkanlagen noch immer die Atmosphäre einer Kurstadt.

Museen

16. Jahrhundert: Mennokate: Museum zum Gedenken an Menno Simons, den Gründer und Namensgeber der Mennoniten, eine Freikirche der Täuferbewegung. In diesem Gebäude wurden einige seiner Bücher gedruckt.

Das Heimatmuseum (mit im Gebäude der Stadtbibliothek) bietet eine beachtliche Sammlung von den ältesten nacheiszeitlichen Funden bis zur Neuzeit.

Theater

Bad Oldesloe hat kein festes Theatergebäude aber zwei Vereine, die mit ihren Produktionen an verschiedenen Orten auftreten. Der Verein Oldesloer Bühne führt seit 1966 hochdeutsche und plattdeutsche Stücke auf.[5] Der 2002 gegründete Verein Bad Oldesloe macht Theater ging aus dem Projekt Hagelstein - Bad Oldesloe macht Theater hervor, das nach der Idee, dem Konzept und der Grundinszenierung des englischen Regisseurs Tim Page entstand. Der Verein veranstaltet aufwendige Freiluft-Theaterprojekte in der Stadt, darunter 2004 der Salzgraf (Regie: Frank Schröder)[6] sowie 2007 Die Witwe von der Hude (Regie: Sebastian Urs Syrbe)[7]. Für 2011 ist unter der Regie von Sven Lange die Produktion Marke Bölck geplant, die sich mit dem Fabrikanten Friedrich Bölck beschäftigt.[8][9]

Lokale Musikszene

Seit dem 1. März 2006 ist die lokale Musikszene als „Klangstadt1“ organisiert. Momentan sind 20 lokale Bands in dieser Gruppe organisiert, die bereits zahlreiche Events auf die Beine gestellt hat. Am 14./15. Juli 2007 fand zum ersten Mal das Bad Oldesloe Open Air statt, das sich seit 2008 KlangStadt Open Air nennt[10].

Vereine

Bad Oldesloe verfügt über ein umfangreiches Vereinsangebot. Unterschiedlichste Sportvereine, die auch über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sind, wie z. B. der VfL Oldesloe, der THC "Blau-Weiß" Bad Oldesloe, die Bürgerschützengilde, der SC Union Oldesloe, der Spiridon-Club Bad Oldesloe oder der Frauenfußballverein FFC Oldesloe 2000 sowie Musikvereine wie z. B. die Marchingband Stormarn Magic e. V., der Spielmannszug Oldesloer Stadtgarde oder die Marchingband The Blue-White Devils, aber auch diverse Förder- und Kulturvereine, dazu zählen mehrere Kleingartenvereine und der Tierschutzverein, sind nur Beispiele für das große Spektrum, welches trotz der vergleichsweise geringen Einwohnerzahl besteht.

Regelmäßige Veranstaltungen

Das alle zwei Jahre stattfindende Stadtfest fand zuletzt 2010 statt. Das Fest zieht jedes Mal tausende Besucher von überall her in die Kleinstadt an der Trave.

Zu den alljährlichen großen Veranstaltungen zählen u. a. das Kindervogelschießen und das Schützenfest. Beide Feste werden mit einem traditionellen Umzug durch die Stadt eingeleitet und auf dem ehemaligen Exerzierplatz (kurz: Exer) gefeiert.

Naturschutzgebiet

Am nordwestlichen Stadtrand (Richtung Fresenburg) liegt das Brenner Moor, das größte binnenländische Salzmoor in Schleswig-Holstein.

Persönlichkeiten

  • Dietrich Buxtehude
  • Joachim Erbslöh
  • Axel Hager (* 1969), Beach-Volleyballer, errang 2000 bei den Olympischen Spielen in Sydney die Bronzemedaille, wuchs in Bad Oldesloe auf
  • Klaus Klingner, ehemaliger Justizminister Schleswig-Holsteins (1988–1996), lebt in Bad Oldesloe
  • Michael Michalsky (* 1967), deutscher Modeschöpfer und Designer, wuchs in Bad Oldesloe auf.
  • Theodor Mommsen
  • Tyll Necker (1930–2001), Unternehmer und langjähriger Präsident des BDI
  • Menno Simons (1496–1561), Begründer der Mennoniten, starb in Wüstenfelde bei Bad Oldesloe
  • Gerhard Stoltenberg (1928–2001), CDU-Politiker, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein (1971–1982), viele Jahre Bundesminister, besuchte die TMS und legte dort in Bad Oldesloe sein Abitur ab
  • Frank Schepke (* 1935) Olympiasieger 1960 im Rudern (Deutschlandachter)
  • Roman Rossa (* 1972), Schauspieler, ging in Bad Oldesloe zur Schule
  • Raimund Harmstorf (1939–1998), Schauspieler, in Bad Oldesloe bestattet
  • Heino Jaeger (1938–1997), Maler, Graphiker und Satiriker, in Bad Oldesloe bestattet

Söhne und Töchter der Stadt

  • Axel Fischer (* 1981), Musiker
  • Isa Genzken (* 1948), Bildhauerin
  • Julia Görges (* 1988), Tennisspielerin
  • Gunther Martin Göttsche (* 1953), Kirchenmusiker
  • Jochen Hörisch (* 1951), Literatur- und Medienwissenschaftler
  • Eugen Lechner (1903–1971), Politiker
  • Rouwen Hennings (* 1987), Fußballspieler
  • Katharina Fegebank (* 1977), Politikerin
  • Rolf Witthöft (* 1944), Weltmeister im Motorsport

Literatur

  • Sylvina Zander: Oldesloe - Die Stadt, die Trave und das Wasser. Neumünster 2008 (Wachholtz-Verlag), 416 Seiten, zahlreiche, teils farbige Abbildungen und Karten. ISBN 3-529-07130-7
  • Bad Oldesloe – Kreisstadt zwischen Trave und Beste. Wolf Gütschow, Marion Schnitzler. 98 S., 2002.

Quellen

  1. ↑ Statistikamt Nord: Bevölkerung in Schleswig-Holstein am 31. März 2010 nach Kreisen, Ämtern, amtsfreien Gemeinden und Städten (PDF-Datei; 500 kB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ * Andreas Kleineberg, Christian Marx, Eberhard Knobloch und Dieter Lelgemann (Hrsg.): Germania und die Insel Thule. Die Entschlüsselung von Ptolemaios´ Atlas der Oikumene", dort: Seite 29 zu Treva, als am Ort von Bad Oldesloe liegend. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23757-9.
  3. ↑ §11 Abs. 2 GO i.d.F. vom 23. Feb. 2003
  4. ↑ Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein
  5. ↑ Oldesloer Bühne: Das sind wir, abgerufen am 8. August 2010
  6. ↑ Jens Peter Meier im Hamburger Abendblatt am 1. Juni 2004: Salzgraf begeistert im Kurpark, abgerufen am 8.August 2010
  7. ↑ Susanna Fofana in Lübecker Nachrichten: Nasser Abschied von der Witwe, abgerufen am 8.August 2010
  8. ↑ Martina Tabel im Hamburger Abendblatt vom 27. Oktober 2009: Friedrich Bölck - der Mann war eine Marke, abgerufen am 8. August 2010
  9. ↑ Bad Oldesloe macht Theater e.V.: Verein, abgerufen am 8. August 2010
  10. ↑ Lübecker Nachrichten: Klangstadt: Baden und Bands am Poggensee 11. Juli 2010, abgerufen am 21. November 2010

 

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Bad Segeberg

Bad Segeberg (plattdeutsch: Bad Seebarg) ist die Kreisstadt des Kreises Segeberg im Bundesland Schleswig-Holstein (Deutschland), zwischen der Trave und dem Großen Segeberger See, am Fuß des 91 Meter hohen Kalkbergs.

Geographie

Bad Segeberg liegt unweit des westlichen Randes des ostholsteinischen Hügellandes. Der westliche Teil des Stadtgebietes wird von der Trave begrenzt, im Norden wird die Stadtgrenze durch den Ihlsee und angrenzende Waldgebiete, im Nordosten durch den Großen Segeberger See und im Westen wieder durch ausgedehnte Waldgebiete bestimmt. Im Süden wird die Stadt durch die Ortschaften Högersdorf und Klein Gladebrügge begrenzt.

Erdgeschichtlich ist der Raum Bad Segebergs eine Besonderheit, handelt es sich hier doch um das einzige Karstgebiet Schleswig-Holsteins, worauf unter anderem Erdfälle in der näheren Umgebung der Stadt hindeuten. Auch im Stadtgebiet selber gab es in früherer Zeit Dolinen, welche allerdings inzwischen verfüllt und damit nicht mehr sichtbar sind. Die einzige Ausnahme stellt der Kleine Segeberger See dar, welcher als wassergefüllter Erdfall am Fuße des Kalkberges zu finden ist.

Der inmitten des Stadtgebietes gelegene Kalkberg selbst ist mit seiner 1913 entdeckten Kalkberghöhle die erdgeschichtlich herausragendste Erscheinung des Segeberger Karstgebietes. Sie ist ein wichtiges Quartier für Fledermäuse und Heimat für einen Höhlenkäfer (Choleva septentrionis holsatica), der weltweit einmalig ist. Im Westen liegt die Segeberger Heide mit ausgedehnten Waldungen und früher reichem Wildbestand.

Geschichte

Bad Segeberg verdankt seine Existenz einem Gipsfelsen, dem sog. Kalkberg, der im Zeitalter des Burgenbaus zur Befestigung im Grenzland zwischen Sachsen und Slawen herausforderte. Knud Lavard erkannte als erster die Wichtigkeit des damals rund 110 Meter hohen Bergs und legte um 1128 in der Absicht, dort eine Burg zu errichten, „mansiunculas“ (Unterkünfte) darauf an. Diese erste Bergbesatzung wurde jedoch im Auftrag Adolfs I. von Schauenburg und Holstein, der um Macht und Einfluss fürchtete, 1130 wieder beseitigt. Der Mönch und Missionar der Wagrier und Abotriten, Vizelin, machte Kaiser Lothar auf die strategische Bedeutung des Kalkbergs aufmerksam, woraufhin dieser 1134 eine Burg darauf errichten ließ, die den Namen Siegesburg (daher Segeberg) erhielt. Am Fuße des Berges wurden Kirche und Kloster errichtet. Doch als wenige Jahre darauf Kaiser Lothar starb, „nutzte Pribislaw von Lübeck die Gelegenheit, raffte eine Räuberbande zusammen und zerstörte den Burgflecken Segeberg und alle umliegenden Orte, wo Sachsen wohnten, gründlich“ (Helmold von Bosau). Erst 1143 wurde die Burg von Adolf II. wiederhergestellt. Vizelin verlegte das nach Neumünster/Faldera ausgewichene Kloster nach Högersdorf, slawisch Cuzalina, und widmete sich verstärkt der Missionstätigkeit.

1230 erhielt Segeberg das Lübecker Stadtrecht. Von Gerhard II. und Gerhard III. wurde die Befestigungsanlage ausgebaut, die 1459 in den Besitz Christians I. von Dänemark kam. Lange war Segeberg Sitz des königlich-dänischen Amtmannes. Der bekannteste von ihnen war Heinrich Rantzau im 16. Jahrhundert unter Friedrich II. von Dänemark. Rantzau baute die 1534 während der Grafenfehde, als der Lübecker Feldherr Marx Meyer vergeblich die Burg belagerte, fast völlig zerstörte Stadt wieder auf und errichtete einige wichtige Bauwerke in Segeberg (zum Beispiel ein Stadthaus, nicht erhalten, die Segeberger Pyramide, von der nur Überreste in der Rantzau-Kapelle erhalten sind, sowie einen Obelisken, Reste erhalten) und sorgte dafür, dass die bekannte Stadtansicht von Braun und Hogenberg entstand.

Die Burg wurde am Ende des 30-jährigen Krieges 1644 von den Schweden durch Brandschatzung zerstört. Heute sind nur noch Reste des im Kalkberg angelegten Burgbrunnens erhalten. Die Strafgefangenen, die den circa 84 Meter tiefen Brunnen in den massiven Fels schlugen, sollen, wenn sie überlebten, als Lohn ihre Freiheit erhalten haben. Die Stadt brannte weitgehend nieder. Ein Haus von 1606 überdauerte die stürmischen Zeiten und ist heute Heimatmuseum.

Die Stadt wuchs in der Folgezeit mit der Nachbargemeinde Gieschenhagen zusammen. 1840 wurde das Schullehrerseminar aus Kiel hierher verlegt. Mitte des 19. Jahrhunderts bekam Segeberg Bahnanschluss.

Durch den Abbau von Gips am Kalkberg (er wurde u. a. beim Bau des Lübecker Doms und der Segeberger Marienkirche verwendet) liegt der Gipfel heute nur noch 91 Meter, statt ehemals 110 m ü. NN. Das hier 1868 in einer Tiefe von 152 Meter, später auch in der Feldmark des nahen Stipsdorf erbohrte Steinsalzlager konnte wegen eingedrungenen Wassers nicht abgebaut werden; doch wurde die abfließende Sole mit einem Salzgehalt von etwa 20 bis 25 Prozent später für das Solbad benutzt.Die durch den Gipsabbau entstandene Grube wurde 1934 bis 1937 nach Plänen des Architekten Fritz Schaller vom Reichsarbeitsdienst zum heutigen Kalkbergstadion ausgebaut, in dem seit 1952 alljährlich Karl-May-Spiele und auch Open-Air-Konzerte stattfinden. Im Zweiten Weltkrieg blieb Bad Segeberg von Bombenangriffen verschont, und das trotz eines in der Segeberger Heide, also recht nahe, liegenden Marinearsenals, das aber bis zum Kriegsende von den Alliierten nicht entdeckt wurde. Die Einwohnerzahl verdoppelte sich in und nach dem Krieg durch den Zuzug zahlreicher Flüchtlinge.

Solbad Segeberg

Als Segeberg 1924 das Recht zuerkannt wurde, sich Bad zu nennen, hatte es die beste Zeit seines Curbetriebs bereits hinter sich. 1884 hatte der Kaufmann Heinrich Wickel, der in Helsinki vermögend geworden war, zu Soolbädern (das zweite O wohl analog zu Moor) in sein Haus Oldesloer Straße 20 eingeladen und damit einen zeittypischen Gründungsrausch ausgelöst, der 1885 zum Bau eines pompösen Kurhauses (Architekten: Vermehren und Dohrn aus Hamburg) am Steilufer des Großen Segeberger Sees führte sowie zur Anlage von 14 Straßen in diesem Bereich und der Nachbargemeinde im Norden, Klein Niendorf, die 1937 eingemeindet wurde. Kurhaus und Park befanden sich in dieser Gemarkung, von wo aus das Unternehmen "Solbadkomplex" mit der "Gaststätte Bellevue" seinen Lauf nahm.[2] Der Nachbarstadt Oldesloe, die schon seit 1813 Kurort war, sich aber erst ab 1910 Bad nennen durfte, wurde der Badeinspektor abgeworben. Als das Unternehmen im Strudel eines Betrugsskandals zu versinken drohte, gründeten einflussreiche Segeberger Bürger eine Aktiengesellschaft und führten es in ruhigere Gewässer. Zu den Kurgästen zählte 1885 und 1886 Martha Bernays aus Wandsbek, Braut des später weltberühmten Begründers der Psychoanalyse, Sigmund Freud.

1913 heißt es in einem Bäderführer für Schleswig-Holstein und Lauenburg, Artikel Sol- und Moorbad Segeberg: „Das eigentliche Solbad liegt prächtig. Die Anlage besteht aus dem Badehause, dem Kurhotel und dem Logierhause. Alle Gebäude sind durch vollständig geschlossene Wandelbahnen miteinander verbunden und bilden einen monumentalen Bau von ragender Schönheit. Unmittelbar am See, auf einer 20 Meter hohen Terrasse gelegen, ist der Anblick des erleuchteten Kurhauses von geradezu feenhafter Wirkung.“ Im Ersten Weltkrieg brach der Kurbetrieb weitgehend zusammen und erholte sich in der folgenden krisenhaften Zeit nicht wieder. 1932 wurde die kränkelnde Aktiengesellschaft von der städtischen Solbad-GmbH übernommen, die freilich auch nicht verhindern konnte, dass das Kurhaus 1968 als nicht mehr wirtschaftlich abgerissen wurde; seine Trümmer versanken in einer sauren Wiese. An seine Stelle sind Gastronomie- und Klinikhochbauten getreten.

Religionen

Christen

Die Mehrzahl der Einwohner ist evangelisch-lutherisch, es gibt zwei evangelische Kirchengebäude. Außerdem gibt es aber auch eine katholische, eine neuapostolische und eine baptistische Gemeinde sowie eine Gemeinde Gottes und eine Gemeinde der Zeugen Jehovas.

Juden

1730 ließen sich die ersten Juden in Segeberg nieder. 200 Jahre lang gestalteten sie eine kleine, lebendige Gemeinde mit knapp 100 Mitgliedern. 1792 gründeten sie ihren Friedhof, der bis 1936 in Gebrauch war. Im evangelischen Dom St. Marien hängen zwei Kronleuchter, die der Jude Claus Schnack (1684–1738) stiftete, dessen Grabstein bis heute vor der Kirche steht. 1842 wurde in der Lübeckerstr. 2 die Synagoge geweiht (1938 geschändet, 1962 abgerissen). Anfang des 20. Jahrhunderts unterhielten sie auch ein großes Kinderheim und ein Haus für sprachauffällige Mädchen („Bachmeier-Institut“). Von knapp 90 jüdischen Bürgern Segebergs sind mindestens 55 namentlich bekannt, die nach 1933 ermordet oder in den Tod getrieben wurden. Als einziger Jude überlebte Jean Labowsky die Nazidiktatur in Segeberg, der 1946 bis 1952 Stadtdirektor war. Im Sommer 2007 wurde eine Straße nach ihm benannt. Seit 2002 gibt es vorwiegend auf Grund der jüdischen Zuwanderung aus den GUS-Staaten wieder eine jüdische Gemeinde in Bad Segeberg. Auch der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein (K.d.ö.R.) hat seinen Sitz in Bad Segeberg. Am 24. Juni 2007 eröffneten Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Landesrabbiner Walter Rothschild das neue jüdische Gemeindezentrum "Mishkan HaZafon" (Synagoge des Nordens).

Wappen

Blasonierung: „Auf einem von Silber und Blau im Wellenschnitt geteilten Dreiberg in Silber eine rote Ziegelburg, bestehend aus einer beiderseits von je zwei runden, niedrigen Zinnentürmen flankierten Zinnenmauer mit schwarzer, rundbogiger Toröffnung, darin ein hochgezogenes, goldenes Fallgitter, und aus einem hohen Mittelturm hinter der Mauer mit blauem, in eine Kugel auslaufendem Spitzdach und einer beiderseits ausladenden, durch schräge Streben unterstützten Zinnenplatte; der Turm beiderseits auf der Höhe der Mauer besteckt mit einer an blauer Stange schräg herausragenden, silbernen, hochrechteckigen Flagge mit rotem Zackenrand.“[3]

Flagge

Blasonierung: „In der Mitte eines weißen, oben und unten von einem schmalen, roten Streifen begrenzten Tuches, etwas zur Stange hin verschoben, die Burg des Stadtwappens, doch mit weißer Toröffnung und blauem Fallgitter.“[3]

Wirtschaft

Verkehr

In Bad Segeberg kreuzen sich die Bundesstraßen 206 und 432 mit der Bundesautobahn 21. Unmittelbar nördlich von Segeberg zweigt die B 205 von der A 21 Richtung Neumünster ab. Die A 20 soll in den nächsten Jahren nach Bad Segeberg verlängert werden. Es gibt derzeit eine heftige Debatte darüber, ob der südliche Teil der B 432 stillgelegt und auf die jetzige Trasse der B 206 verlegt werden soll.

Seit 1875 besteht ein Bahnhof an der Bahnstrecke Neumünster–Bad Oldesloe, für die es Überlegungen gibt, sie mittelfristig wieder zweigleisig auszubauen und zu elektrifizieren. Der Abschnitt nach Neumünster war vom 29. September 1984 bis zum 15. Dezember 2002 im Personenverkehr stillgelegt. Seitdem wird die gesamte Strecke von der Eisenbahngesellschaft nordbahn als Regionalbahn R11 im Hamburger Verkehrsverbund betrieben. Der Bahnhof wurde dafür um einige hundert Meter nach Norden in ein Industriegebiet verlegt. In diesem Bereich befand sich von 1911 bis 1961 der Kieler Kleinbahnhof der Kleinbahn Kiel-Segeberg. Südlich des alten Segeberger Bahnhofs lag zwischen 1916 und 1964 der Lübecker Kleinbahnhof der Lübeck-Segeberger Eisenbahn, auf deren Trasse heute die Bundesstraße 206 nach Osten aus der Stadt nach Lübeck führt.

Imkerschule

Die Schleswig-Holsteinische Imkerschule in Bad Segeberg gehört zu den ältesten Imkerschulen in Deutschland. Sie wurde auf Initiative von Detlef Breiholz vom Schleswig-Holsteinischen Imkerverband in Preetz gebaut und 1908 eingeweiht. Der erste Leiter der Schule war Imkermeister H. Witt aus Havetoft. Als vordringliche Aufgabe sah der Verband damals die Notwendigkeit der Umschulung der Imker zur Gewinnung von Buchweizenhonig statt Heidehonig. Auch wurde die Einführung der Kasten- und Magazinimkerei statt der Haltung in Strohkörben propagiert. 1926 erhielt die Imkerschule die Anerkennung als „Staatlich anerkannte Lehr- und Versuchsanstalt für Bienenzucht Berufsfachschule für Imker“. 1930 wurde die Schule nach Bad Segeberg verlegt und von der Landwirtschaftskammer übernommen. Hier ist sie auch noch heute, wenn auch an einem anderen Platz und in verkleinerter Form. Träger ist wieder der Landesverband Schleswig-Holsteinischer und Hamburger Imker.

Ansässige Unternehmen

Überregional bekannt ist Möbel Kraft. Das Unternehmen wurde 1893 in Bad Segeberg gegründet und ist heute mit 45.000 Quadratmetern Verkaufsfläche das größte Möbelhaus in Norddeutschland.

In Bad Segeberg erscheinen die Segeberger Zeitung sowie eine Lokalausgabe der Lübecker Nachrichten. Radio Bad Segeberg ist ein Außenstudio des Offenen Kanals Lübeck. Als Anzeigenblätter mit lokaler Berichterstattung erscheinen Basses Blatt (Basses Blatt Verlag GmbH) sowie das Stadtmagazin Bad Segeberg (Regenta GmbH)

Öffentliche Einrichtungen

Bad Segeberg ist der Sitz der Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein und der Ärztekammer Schleswig-Holstein.

Sehenswürdigkeiten

Durch die Stadt verläuft der Naturparkweg, der die fünf Naturparks in Schleswig-Holstein für Wanderer verbindet. Im Norden noch auf Stadtgebiet befindet sich das Natura 2000 Naturschutzgebiet Ihlsee und Ihlwald.

In der Bismarckallee 5 befindet sich die Otto Flath Kunsthalle. Dasselbe und zwei weitere Häuser der Bismarckallee bildeten bis 1939 das Sidonie-Werner-Heim, eine Einrichtung für bedürftige jüdische Kinder, benannt nach der Hamburger Sozialpolitikerin Sidonie Werner.

An der Gabelung von Kurhausstraße und Große-See-Straße ein Brunnen mit der anmutigen Figur einer halb Knienden, geschaffen 1928 von dem ungarischen Bildhauer und Glasmaler Ervin Bossanyi, der vor dem Nationalsozialismus nach England floh, wo er unter anderem für die Kathedrale von Canterbury eindrucksvolle Glasfenster schuf.

Marienkirche

Im Stadtzentrum steht die Marienkirche, eine dreischiffige Backsteinbasilika im romanischen Stil - ähnlich den jüngeren Domen in Lübeck und Ratzeburg.

Rantzau-Kapelle

Heinrich Rantzau errichtete 1588 auf einem Hügel an der Hamburger Straße die Segeberger Pyramide zum Andenken an König Frederik II. von Dänemark. Da er sie aus dem Mineral des Kalkbergs (Anhydrit) bauen ließ, das unter Wassereinfluss Volumen und Kristallstruktur verändert, verfiel sie ebenso wie der benachbarte Rantzau-Obelisk. Die Überreste wurden 1770 mit der heutigen Kapelle überbaut. Darin ist die originale Gedenktafel aus dem 16. Jahrhundert noch zu besichtigen, lateinisches Denkmal der Freundschaft zwischen einem Deutschen und einem Dänen aus einer für Schleswig-Holstein segensreichen Epoche, die sich nicht zuletzt der dänischen Herrschaft (pax danica) verdankt.

Heimatmuseum

Das älteste erhaltene Haus Bad Segebergs in der Lübecker Straße 15 stammt aus dem Jahr 1606. Es dient als Heimatmuseum und zeigt unter anderem Werkstücke aus Anhydrit, dem Stein, aus dem der sogenannte Kalkberg besteht.

Altes Rathaus

Neben dem neuen Rathaus in der Lübecker Straße liegt das Alte Rathaus, ein anmutiger Bau aus dem Biedermeier, als Segeberg mit Gieschenhagen vereint wurde. Über die Stufen ist Theodor Storm gegangen, als er um seine Cousine Constanze, die Tochter des damaligen Bürgermeisters Johann Philipp Esmarch, warb, die 1846 hier im Rathaus seine Frau wurde.

Dahlmannschule

Der Marienkirche gegenüber am Markt liegt das frühere Lehrerseminar von Holstein (1839–1925), seit 1927 Gymnasium mit dem Namen Dahlmannschule, benannt nach Friedrich Christoph Dahlmann. Mit den Seitenflügeln für Hausmeister- und Direktorenwohnung ein Bau von klassizistischer Symmetrie, durch die Aufstockung nach einem Brand 1915 etwas überhöht. Die Dahlmannschule wird heute von circa 1000 Schülern besucht. Es unterrichten circa 60 Lehrer. Hier legten Malte Hossenfelder, Reinhard Brandt, Günter Willumeit und Maria Jepsen das Abitur ab.

Versöhner-Kirche

In der Südstadt ist an der Falkenburger Straße die Versöhner-Kirche zu finden. Dieser Bau wurde 1964 eingeweiht und wird heute als Gemeindekirche sowie als Jugendkirche des Kirchenkreises Segeberg genutzt. Als solche ist sie Eventkirche.

Wasserturm

Der in der Nähe des Kalkbergs aufragende 40 Meter hohe Wasserturm wurde Anfang des 20. Jahrhunderts errichtet. Heute ist er nicht mehr in seiner ursprünglichen Funktion in Betrieb, sondern dient als private Wohnung.

Landesturnierplatz

Auf der Rennkoppel an der Eutiner Straße fand 1905 der erste Pferderenntag statt. Das Gelände wurde in den Folgejahren als Turnierplatz mit zwei Dressurplätzen und einem Abreitplatz sowie einer Zuschauertribüne, einem Presse- und einem Richterturm ausgebaut. Seit 1929 ist die Rennkoppel Landesturnierplatz des Landes Schleswig-Holstein im Eigentum der Stadt Bad Segeberg. Alljährlich finden hier mehrere große Reitsportveranstaltungen statt, so das Fest des Pferdesports, das Deutsche Quadrillen-Championat, das Bundesbreitensportfestival der Reiterei mit über 1000 aktiven Teilnehmern und die Landespferdeleistungsschau Schleswig-Holstein mit der Deutschen Meisterschaft der Fahrer sowie der Schleswig-Holstein/Hamburger Meisterschaft in Dressur und Springen. 1975 wurde gleichzeitig mit diesem Landesturnier die Europameisterschaft der ländlichen Reiter durchgeführt.

Auf dem Landesturnierplatz fand von 1962 bis 2007 jedes Jahr das öffentliche Gelöbnis der Holsteiner Grenadiere statt, die bis zur Auflösung des Panzergrenadierbataillons 182 am 31. Dezember 2008 in Bad Segeberg stationiert sein werden.

Noctalis – Welt der Fledermäuse

Auf vier Stockwerken und über 560 Quadratmetern Ausstellungsfläche erfährt man im Noctalis alles Wissenswerte aus der Welt der Fledermäuse. Im oberen Stockwerk befindet sich ein Noctarium, in dem über 100 Kurzschwanzblattnasen leben.

Kalkberg

Bereits im Jahre 1884, mit Beginn des Kurbetriebs, bemühte sich ein Verschönerungsverein um den Erhalt des Rest-Kalkberges, den er in Folge bepflanzte, mit Wegen und Bänken ausstattete und auf dem Gipfel mit einem Fernrohr bestückte. In dem Maße, in dem die Bedeutung des Gipfels als beliebter Aussichtspunkt für den wachsenden Fremdenverkehr ins Bewusstsein rückte, wurde der Gipsabbau begrenzt. Als Ersatz einer ursprünglichen Schutzhütte errichtete der Verein 1903 die erste Gastronomie, das „Bergschlösschen“ auf dem Berg, das nach dem Zweiten Weltkrieg seine weitgehend bis heute reichende Gestalt erhielt. Mit der Entdeckung der Kalkberghöhle im Jahre 1913 und der Einrichtung des Freilichttheaters 1934 bis 1937 gewann auch der Kalkberg selbst als touristische Attraktion weiter an Bedeutung. Zuletzt wurde 1955 vom Gipfelweg aus ein Zugang zum Rand des rund 43 Meter tiefen Burgbrunnens gebaut, der einen Blick in den anfangs beleuchteten Brunnenschacht gewährt. Nach wie vor beliebter Aussichtspunkt, reicht der Blick vom Gipfel rundum weit ins Land und bei guter Sicht bis zu den Kirchtürmen Lübecks.

Kalkberghöhle

Die Kalkberghöhle ist die nördlichste Schauhöhle und die nördlichste Karsthöhle Deutschlands. Hier finden Führungen auf dem früher rund 600 Meter langen, inzwischen aus Sicherheitsgründen auf rund 300 Meter verkürzten, Führungsweg statt. Die Höhle wird von vielen Asthmatikern besucht, da sie eine Luftfeuchtigkeit von fast 100 Prozent aufweist. Zudem gibt es in der Kalkberghöhle eine nur hier vorkommende Tierart, den Segeberger Höhlenkäfer.

Regelmäßige Veranstaltungen

  • Karl-May-Spiele
  • Europäische Fledermausnacht
  • die Marienkirche ist eine der Spielstätten des Schleswig-Holstein Musik Festivals
  • Landesbreitensportfestival Schleswig-Holstein

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Borusso von Blücher, Diplomat
  • Mona Barthel, Tennisspielerin
  • Detlev Buck, Schauspieler
  • Peter Chatel, Schauspieler
  • Jürgen Czarske, Elektro- und Informationstechniker
  • Malte Hossenfelder, Altphilologe
  • Maria Jepsen, Bischöfin
  • Karl Lorentzen, Altphilologe und Journalist
  • Horst Pöttker, Medienwissenschaftler
  • Godhard Prüssing, Ingenieur und Zementfabrikant
  • Ingo Rehberg, Physiker
  • Alfred von Rosen, Regierungspräsident
  • Karl Storch, Maler
  • Julia Westlake, Fernsehmoderatorin
  • Christian Habicht, Schauspieler

Ehrenbürger der Stadt Bad Segeberg

  • Carl Wilhelm Ludwig von Rosen, Dänischer Kammerherr und Amtmann
  • Johann Phililip Ernst Esmarch, Justizrat und Bürgermeister Segebergs
  • Dr. Otto W. Jürgens, Rechtsanwalt und belgischer Konsul
  • Christian Friedrich Heinrich Wulff, Schriftsetzer und Zeitungsverleger
  • Otto Flath, Holzbildhauer
  • Artur Kraft, Möbelhausbesitzer
  • Uwe Bangert, Maler, Grafiker und Zeichner

Persönlichkeiten, die in Bad Segeberg gewirkt haben

  • Vizelin, Bischof, Priester und Missionar
  • Volker von Segeberg, Chorherr
  • Heinrich Rantzau, Statthalter des dänischen Königs
  • Martin Ehlers, Pädagoge
  • Detlef Breiholz, Imker
  • Sidonie Werner, Sozialpolitikerin
  • Walter Alnor, NS-Gebietskommissar und Landrat
  • Paul Pagel, Politiker
  • Ernst Szymanowski, Nationalsozialist
  • Günter Willumeit, Humorist und Parodist
  • Silvius Wodarz, Forstbeamter und Naturschützer
  • Pierre Brice, Schauspieler
  • Gojko Mitić, Schauspieler
  • Marco Kröger, Schauspieler
  • Erol Sander, Schauspieler

Städtepartnerschaften

  • Riihimäki (Finnland), seit 1954
  • Kiryat Motzkin (Israel), seit 1984
  • Teterow (Deutschland), seit 1990
  • Võru (Estland), seit 1991
  • Zlocieniec (Polen), seit 1995

Zitat

Martha Bernays schreibt 1885 an ihren Bräutigam über Segeberg: Es "hat einen komischen Kerl von Berg und einen entzückenden Kerl von See, stramme preußische Bahn- und Postbeamte." Und vom Kalkberg: "Man sieht von da weit in die Runde, die Leute von Segeberg behaupten sogar, Hamburgs und Lübecks Türme könne man sehen, freilich mit dem Fernrohr, und das war gestern nicht oben. Aber gesegnete Kornfelder breiten sich überall aus und Weiden für die Kühe, komische Windmühlen mit ihren breiten Flügeln und viele kleine Seen. Auch die Trave, die um Lübeck herum so breit und mächtig fließt, ist hier ganz in der Nähe schon, in sehr bescheidenen Anfängen."

Literatur

  • Schleswig-Holstein und Lauenburg in seinen Bädern und Sommerfrischen. Kiel o.J. (1913)
  • Hans Siemonsen: Bad Segeberg in neun Jahrhunderten. Bad Segeberg, 1984 (ISBN 3-87883-023-8)
  • Antje Erdmann-Degenhardt: Storm aber reiste nach Segeberg. Bad Segeberg, 1985 (ISBN 3-87883-025-4)
  • Heimatkundliches Jahrbuch für den Kreis Segeberg, Bad Segeberg, 1987 u. a. Jahrgänge
  • Hans-Peter Sparr: Bad Segeberg. Eine Fotoreise durch die Zeiten. Bad Segeberg, 1992 (ISBN 3-928928-00-7)
  • Hans-Peter Sparr: Der Kalkberg. Naturdenkmal und Wahrzeichen der Stadt Bad Segeberg. Hamburg, 1997 (ISBN 3-7672-1299-4)
  • Friedrich Gleiss: Jüdisches Leben in Segeberg, Norderstedt, 2002 (ISBN 3-8311-3215-1)
  • Werner Scharnweber: Reisebilder Kreis Segeberg, 2007 (ISBN 978-3-86108-955-1)
  • 800 Jahre Segeberg, Hrsg. Stadt Bad Segeberg, Bad Segeberg 1937
  • 850 Jahre Bad Segeberg. Verlag Wäser Bad Segeberg 1984
  • Die Stadt Bad Segeberg. Bildband. Mit einer geschichtlichen Abhandlung von Horst Tschentscher, Verlag Wäser Bad Bramstedt, 1982
  • Erdmann-Degenhardt, Antje: Im Schatten des Kalkbergs, die Geschichte von Burg, Kloster und Stadt Segeberg, Wäser Bad Segeberg, 1988
  • Heimrich, Adolf Jacob Wilhelm: Aus alter Zeit, Wäser Verlag. 1876
  • Stegelmann, Ernst: Aus Segebergs alten und jungen Tagen - Bilder aus der Vergangenheit u. Gegenwart, Selbstverlag, 1900
  • Tschentscher, Horst, Die Stadt Bad Segeberg, Wäser Bad Segeberg, 1982

Quellen

  1. ↑ Statistikamt Nord: Bevölkerung in Schleswig-Holstein am 31. März 2010 nach Kreisen, Ämtern, amtsfreien Gemeinden und Städten (PDF-Datei; 500 kB) (Hilfe dazu)
  2. ↑ Walter Kasch: "Die Anfänge des Solbades Segeberg, Heimatkundliches Jahrbuch des Kreises Segeberg, Bd. 33, S. 114-144; Hans Siemonsen: "Segebergs Erweiterung nach Norden", Heimatkundliches Jahrbuch des Kreises Segeberg Bd. 7, S. 77-81 in "Segebergs Straßennetz"; Hans Siemonsen: "Bad Segeberg in neun Jahrhunderten", S. 48ff, Verlag C.H. Wäser, Bad Segeberg.
  3. ↑ a b Kommunale Wappenrolle Schleswig-Holstein

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Hammershus

Hammershus [hɑməʀsˈhuːʔs] war eine stark befestigte Burg an der Nordwestseite der dänischen Insel Bornholm. Heute ist es einer der größten zusammenhängenden Burgruinen-Komplexe Nord-Europas. Sie liegt auf einer Klippe 74 Meter über dem Meer und ist von einer 750 Meter langen Ringmauer umgeben. Sie liegt Deutschland und Schweden näher als Dänemark.

Geschichte

Hammershus war ab dem 12. Jahrhundert hauptsächlich im Besitz der Erzbischöfe von Lund. Bei den Kämpfen zwischen den Erzbischöfen und den Königen ging die Burg mehrfach an letztere über, so z.B. 1259, 1265, 1319 und 1325. 1521 war sie im Besitz von Christian II., der hier den Bischof Jens Andersen Beldenak gefangen hielt. Im gleichen Jahr wurde die Burg von der Lübecker Hanse erobert. In der Zeit der Verpfändung Bornholms an Lübeck von 1525 bis zur Rückgabe an Dänemark 1576 war Hammershus Sitz der Lübecker Vögte und wurde besonders unter dem Lübecker Vogt Bernt Knop (1525-43) zur größten Burganlage Nordeuropas ausgebaut [1]

Im Jahre 1658 war Hammershus kurzzeitig von Schweden besetzt, doch nach einem Aufstand der Bornholmer Bevölkerung mussten diese die Burg wieder verlassen. Zwischen 1660 und 1661 wurde Leonora Christina, die Tochter des dänischen Königs Christian IV., mit ihrem Mann in Hammershus festgehalten. Auch später diente die Burg oft als Staatsgefängnis.

Im Jahr 1743 wurde die Burg aufgegeben. Infolge dessen wurden Teile des Komplexes zur Gewinnung von Baumaterial abgerissen, bis die Ruine 1822 durch einen königlichen Erlass unter Denkmalschutz gestellt wurde. Im Jahr 1890 begannen dann erste Konservierungsmaßnahmen, die sich mit Unterbrechungen bis zum heutigen Tag fortsetzten. Die Ruine ist heute ein beliebtes Touristenziel.

Aufbau

Die Anlage besteht aus einem Innenhof und zwei Außenhöfen. Beherrscht wird die Festung durch einen riesigen, rechteckigen Donjon. Der Innenhof konnte durch einen quadratischen Torturm erreicht werden. Er ist durch eine 9 m hohe Ringmauer mit Flankentürmen geschützt. Die einzelnen Gebäude lehnten an die Innenwand der Mauer. Ein Wachtturm und eine kleine Schlucht verhinderten ein unbemerktes Näherkommen. Stückweise wird die Burg heute restauriert.

Literatur

  • Chris Gravett: Atlas der Burgen. Die schönsten Burgen und Schlösser. Tosa, Wien 2001, ISBN 3-85492-470-4, S. 133.

Einzelnachweise

  1. ↑ Antjekathrin Graßmann: Lübeckische Geschichte. 2. Auflage. Lübeck 1989, ISBN 3-7950-3203-2, S. 376 ff.

 

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Jönköping

Jönköping [ˈjœnɕøːpiŋ] ist eine Stadt im Nordwesten der historischen schwedischen Provinz Småland. Sie ist Hauptort der Provinz Jönköpings län und der Gemeinde Jönköping.

Geographie

Jönköping liegt in der klimatisch günstigen und landschaftlich schönen Gegend am Südende des Vättern.

Geschichte

Jönköping ist ein alter Handelsplatz, der am 18. Mai 1284 die Stadtrechte erhielt.

Jönköping war der Sitz mehrerer schwedischer Reichstage, insbesondere 1599. 1612 wurde die Stadt von den Schweden verbrannt, um den anrückenden Dänen kein Quartier zu geben.

In Jönköping wurde am 10. Dezember 1809 der Friedensschluss nach dem Dänisch-Schwedischen Krieg 1808–1809 unterzeichnet.

Jönköping ist auch eine alte Industriestadt und war für seine Zündholzindustrie (Schwedenhölzer, säkerhetständstickor) international bekannt. Das weltführende Unternehmen Svenska Tändsticks AB war bis zum Jahre 1970 hier ansässig.

Veranstaltungen

Auf dem örtlichen Elmia-Messegelände findet zweimal im Jahr die DreamHack statt. Sie ist mit der in Norwegen stattfindenden The Gathering die größte LAN-Party der Welt.

Sport

In der Stadt ist der Eishockeyverein HV 71 Jönköping ansässig, wie auch der Fußballverein Jönköpings Södra IF. 1977 fand hier die Schwimmeuropameisterschaften mit Wasserball und Wasserspringen statt. Bei der Handball-Weltmeisterschaft der Herren 2011 wurden neun Spiele der Hauptrunde in der Kinnarps Arena ausgetragen.

Sehenswürdigkeiten

Neben dem Stadtpark mit seinem Freilichtmuseum ist das Streichholzmuseum einen Besuch wert.

Im nahegelegenen Riddersberg befindet sich das Freilichtmuseum des schwedischen Bildhauers und Holzkünstlers Calle Örnemark.

Wirtschaft

Jönköping ist ein Zentrum der Forst- und Landwirtschaft. Im Industrievorort Huskvarna werden Elektro- und Haushaltsgeräte hergestellt.

Söhne und Töchter der Stadt

  • John Bauer, Künstler, Maler und Illustrator
  • Johanna Billing (* 1973), schwedische Konzeptkünstlerin
  • Carl Henrik Fredriksson, Chefredakteur und Herausgeber von Eurozine
  • Agnetha Fältskog, Mitglied von ABBA
  • Dag Hammarskjöld, parteiloser Staatssekretär, Schriftsteller und zweiter UN-Generalsekretär
  • Ingvar Lidholm, Komponist
  • Hans-Gunnar Liljenwall, Moderner Fünfkämpfer
  • Nina Persson, Frontsängerin der Cardigans
  • Viktor Rydberg, Schriftsteller
  • Karl Svensson, Fußballspieler
  • Carl Peter Thunberg, Naturalist, Begründer der südafrikanischen und japanischen Botanik
  • Mikael Tillström, Tennisspieler

Quellen

  1. ↑ Tätorternas landareal, folkmängd och invånare

 

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Visborg

Visborg (auch Wisborg) war eine mittelalterliche Festung in der Hansestadt Visby auf der Ostseeinsel Gotland, deren Ruine im Verhältnis zu den Kirchenruinen der Stadt heute eher wenig spektakulär ist. Im Jahr 1892 wurde in Anspielung auf die Burg der Titel Graf von Wisborg an den aus dem schwedischen Königshaus ausgetretenen Oskar II. verliehen.

Geschichte

Die Visburg entstand ab 1411 als befestigte Burganlage zum Schutz des Hafens in der Südwestecke der Stadt an der Stadtmauer unter Einbeziehung von zwei bereits durch die Vitalienbrüder errichteten Turmbauten. Der Hausteinbau der großen schlossähnlichen Festung wurde unter dem dänischen König Erich von Pommern im Jahr 1436 abgeschlossen. Wie bei allen steinernen Gebäuden auf der Insel wurde der örtliche Kalkstein für die Feste verbaut. König Erik gab ihr auch den Namen und zog sich nach seiner Absetzung 1439 hierher zurück, um als Herr über Gotland bis 1448 weiter zu regieren. Als geradezu uneinnehmbar erwies sich die Visborg unter dem dänischen Amtmann Søren Norby im Jahr 1524 für seinen Widersacher Gustav Vasa. Der dänische Flottenführer und eigenmächtige Gefolgsmann des bereits 1523 abgesetzten dänischen Königs Christian II. hielt diesem nicht ohne eigenen Vorteil weiter die Treue und wurde erst im Folgejahr von einem starken Lübecker Flottenaufgebot vertrieben. Der Stadtkern Visbys wurde durch den starken Beschuss weitgehend zerstört. Die sogenannte. Lübecker Bresche in der Stadtmauer erinnert immer noch an die Erstürmung der Stadt im Jahre 1525. 1679 wurde die Visborg von den abziehenden Dänen kurz vor der Übergabe der Insel an die Schweden gesprengt und nicht wieder aufgebaut. Das Baumaterial der Ruine wanderte entweder in gotländische Kalköfen oder wurde in Visby verbaut.

Literatur

  • Ulrich Quack: Gotland: die größte Insel der Ostsee; eine schwedische Provinz von besonderem Reiz; Kultur, Geschichte, Landschaft. DuMont Köln 1991, ISBN 3-7701-2415-4

 

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Turku

Turku  [ˈturku], schwedisch Åbo [ˈoːbu], ist eine Stadt an der Südwestküste Finnlands. Von der Gründung im 13. bis ins 19. Jahrhundert war Turku die wichtigste Stadt Finnlands. Heute ist Turku mit 177.417 Einwohnern (Stand 31. Dezember 2010) die fünftgrößte Stadt und Zentrum des drittgrößten Ballungsraumes des Landes. Sie ist evangelischer Erzbischofssitz und Universitätsstadt. 5,2 % der Einwohner Turkus sind schwedischsprachig, offiziell ist die Stadt zweisprachig.

Geografie

Geografische Lage

Turku liegt in der südwestfinnischen Landschaft Varsinais-Suomi an der Mündung des Flusses Aurajoki in die Ostsee. Der Stadt vorgelagert ist das Schärenmeer mit einem ausgedehnten Archipel aus über 20.000 Schären. Der Aurajoki fließt auf einer Strecke von neun Kilometern in Ost-West-Richtung durch die Stadt. Innerhalb Turkus beträgt seine Breite durchschnittlich 50 Meter. Am Unterlauf im Bereich des Stadtzentrums ist der Fluss 2,5 bis 5 Meter tief, auf Höhe des Domes wird die Fahrrinne aber wesentlich schmaler und flacher. Weitere Flüsse im Gebiet von Turku sind der Vähäjoki, der im Norden der Stadt beginnt und im Stadtteil Koroinen in den Aurajoki fließt, und der Raisiojoki, der gegenüber der Insel Ruissalo in die Ostsee mündet.

Turku hat eine Landgrenze zu den Gemeinden Raisio, Rusko, Aura, Lieto und Kaarina. Zur See hin grenzt Turku an Naantali und Väståboland. Der Großraum Turku, zu dem neben Turku die Städte Naantali, Raisio, Kaarina und Lieto und einige weitere Nachbargemeinden gehören, hat insgesamt rund 290.000 Einwohner. Damit ist er nach der Region Helsinki und dem Großraum Tampere das drittgrößte Ballungszentrum Finnlands.

Ausdehnung des Stadtgebiets

Turku hat eine Gesamtfläche von 306,41 km². Unter Ausschluss der Meeresgebiete sind es 249,09 km², davon weitere 3,46 km² Binnengewässer. Das Stadtgebiet hat eine längliche Form und ragt keilförmig ins Binnenland hinein. Die Entfernung zwischen dem nördlichsten und südlichsten Punkt der Stadt beträgt 45 km, die maximale Ost-West-Ausdehnung nur 15 km.

Das Zentrum von Turku liegt am Unterlauf des Aurajoki kurz vor dessen Mündung. Es hat ein schachbrettförmiges Straßennetz und ist dicht bebaut. Auf einigen Hügeln und am Flussufer befinden sich Grünflächen. In den Stadtteilen um das Zentrum herum besteht die Bebauung hauptsächlich aus Einfamilienhäusern. Diese Stadtteile wurden größtenteils erst im Laufe des 20. Jahrhunderts nach Turku eingemeindet. Viele von ihnen, wie Port Arthur, Nummi oder Raunistula, waren ursprünglich Wohngebiete der ärmeren Arbeiterschaft. Heute sind sie wegen ihrer zentrumsnahen Lage gefragte und teure Wohnlagen. Seit den 1970er Jahren entstanden große Vorortsiedlungen am Stadtrand. Die größten Siedlungen sind Varissuo, Runosmäki, Pansio und Jäkärlä. Die nördlichen Stadtteile Maaria und Paattinen wurden erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts eingemeindet und sind eher ländlich geprägt.

Im Süden gehört ein Teil des Schärengebiets mit den Inseln Ruissalo, Hirvensalo, Satava und Kakskerta zur Stadt. Die Inseln sind eher dünn besiedelt und mit Laubwäldern bedeckt. Mit Ausnahme von Teilen von Hirvensalo, die sich seit den 1990er Jahren zu Vorstädten der oberen Mittelschicht entwickelt haben, befinden sich auf den Inseln hauptsächlich Ferienhäuser. Auf Ruissalo liegt ein ausgedehnter Campingplatz.

Stadtgliederung

Turku besteht aus 78 Stadtteilen (finn. kaupunginosa). Parallel dazu existiert eine Unterteilung in neun Stadtbezirke (suuralue). Die Grenzen der Stadtbezirke folgen nicht immer den Stadtteilgrenzen, so dass einige Stadtteile zwischen zwei Stadtbezirken geteilt sind. Weder Stadtbezirken noch Stadtteilen kommt eine verwaltungstechnische Aufgabe zu.

Der Fluss Aurajoki teilt Turku in zwei Hälften. Das historische Zentrum der Stadt befindet sich südöstlich des Aurajoki und wird im lokalen Dialekt täl pual jokke („diesseits des Flusses“) genannt. Die nordwestliche Seite mit der modernen Innenstadt heißt entsprechend tois pual jokke („jenseits des Flusses“). Diese Bezeichnungen sind absolut und unabhängig vom tatsächlichen Standpunkt des Sprechers. Manchmal wird auch der schwedische Name Åbo für den südöstlichen und der finnische Name Turku für den nordwestlichen Teil der Stadt verwendet.

Die Stadtteile Turkus nach Stadtbezirken (Einteilung seit 2006):

  • Zentrum:
  • I. Stadtteil, II. Stadtteil, III. Stadtteil, IV. Stadtteil, V. Stadtteil, VI. Stadtteil, VII. Stadtteil, VIII. Stadtteil, IX. Stadtteil, Hafen von Turku, Iso-Heikkilä, Korppolaismäki, Kupittaa, Kurjenmäki, Mäntymäki, Pihlajaniemi, Ruissalo, Vähäheikkilä
  • Hirvensalo-Kakskerta:
  • Friskala, Haarla, Illoinen, Jänessaari, Kaistarniemi, Kakskerta, Kukola, Lauttaranta, Maanpää, Moikoinen, Oriniemi, Papinsaari, Pikisaari, Satava, Särkilahti, Toijainen
  • Skanssi-Uittamo:
  • Harittu, Ilpoinen, Ispoinen, Katariina, Koivula, Luolavuori, Peltola, Pihlajaniemi, Puistomäki, Skanssi, Uittamo, Vasaramäki
  • Varissuo-Lauste:
  • Huhkola, Lauste, Pääskyvuori, Vaala, Varissuo
  • Nummi-Halinen:
  • Halinen, Itäharju, Kohmo, Koroinen, Kurala, Nummi, Oriketo, Räntämäki
  • Runosmäki-Raunistula:
  • Kaerla, Kärsämäki, Kastu, Raunistula, Runosmäki
  • Länsikeskus:
  • Kähäri, Mälikkälä, Pitkämäki, Pohjola, Raunistula, Runosmäki, Teräsrautela, Vätti
  • Pansio-Jyrkkälä:
  • Artukainen, Pahaniemi, Pansio, Perno
  • Maaria-Paattinen:
  • Flughafen Turku, Jäkärlä, Metsämäki, Moisio, Paattinen, Saramäki, Urusvuori, Yli-Maaria

Klima

Das Klima in Turku ist kaltgemäßigt. Dank des Einflusses der Ostsee und der durch die vorgelagerten Schären geschützten Lage im Süden des Landes ist es für finnische Verhältnisse recht mild. So gedeihen in Turku unter anderem Eichen, die im Rest Finnlands nicht vorkommen.

Die Jahresdurchnittstemperatur in Turku beträgt 4,8 °C, das Jahresmittel des Niederschlages liegt bei 576 mm. Der meiste Niederschlag fällt im August (77 mm im Monatsmittel), der wenigste im März (23 mm). Der kälteste Monat ist der Februar mit einer Durchschnittstemperatur von −6,5 °C, der wärmste Monat der Juli mit 17,1 °C. Die Sommer in Turku sind mit Temperaturen bis zu 30 °C warm. Die Winter sind dagegen relativ kalt. Eine bleibende Schneedecke fällt meist um die Jahreswende. Der Aurajoki weist zuweilen eine tragende Eisdecke auf, das Eis schmilzt meist im März oder April.

Geschichte

Vorgeschichte und Gründung

Das Gebiet der heutigen Stadt Turku war bereits in der Steinzeit besiedelt, wie archäologische Funde aus den Stadtteilen Kärsämäki und Jäkärlä beweisen. Während der Eisenzeit wurde im Flusstal des Aurajoki Landwirtschaft und Handel betrieben. Darauf weisen unter anderem Grabstätten aus der Vendelzeit hin, die bei der Alten Burg von Lieto und im Stadtteil Kurala gefunden wurden. Die Landschaft Varsinais-Suomi, in der Turku liegt, geriet indes ab 1154 durch den Kreuzzug von König Erik IX. unter schwedische Herrschaft. Der erste Bischofssitz in Finnland war Nousiainen.

Während des 13. Jahrhunderts entwickelte sich Turku zur ersten Stadt in Finnland. Der Name Turku stammt nach einer allgemein anerkannten Theorie von dem altrussischen Wort tǔrgǔ mit der Bedeutung „Marktplatz“ ab. Der schwedische Name Åbo bedeutet soviel wie „Wohnsitz (schwed. bo) am Fluss (schwed. å)“. Als Gründungsjahr der Stadt gilt traditionell 1229. Dies beruht allerdings auf einer Fehlinterpretation mittelalterlicher Urkunden. Im Jahr 1229 stimmte Papst Gregor IX. der Verlegung des Bischofssitzes zu, offenbar von Nousiainen nach Koroinen. Das Dorf Koroinen, heute ein Stadtteil von Turku, befand sich einige Kilometer flussaufwärts. Es gibt keine Hinweise darauf, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits die eigentliche Stadt Turku gegeben hätte. Daher ist die Gründung der Stadt wahrscheinlich eher auf das Ende des 13. Jahrhunderts zu datieren. Als der Pegel des Aurajoki durch die Landhebung niedriger wurde, konnten die Händler mit ihren Schiffen nicht mehr bis Koroinen segeln und der Handelsplatz wurde nach Turku verlegt. Eine Gründungsurkunde, in der Turku die Stadtrechte zugesprochen würden, ist nicht überliefert. Dennoch kann es als gesichert gelten, dass Turku die älteste Stadt Finnlands ist, denn die nächstälteste Stadt Porvoo wurde nachweislich erst 1346 gegründet.

Schwedische Herrschaft

Schon im späten 13. Jahrhundert gab es in Turku ein Dominikanerkloster und einen Bischofssitz. Der Dom von Turku wurde im Jahr 1300 geweiht. Allerdings ist es ungeklärt, inwieweit die heutige aus Stein und Ziegeln erbaute Kirche auf den damaligen Bau zurückgeht; nach Ansicht mancher Forscher könnte der erste Dom aus Holz gebaut gewesen sein. Der Bau der Burg von Turku, die außerhalb der Stadt gelegen war, könnte bereits Ende des 13. Jahrhunderts begonnen worden sein. Die Burg, das Kloster und der Dom samt Bischofssitz machten Turku neben Viborg zur wichtigsten Stadt im mittelalterlichen Finnland. Während der gesamten Zeit der schwedischen Herrschaft blieb es das politische, geistige und kulturelle Zentrum Finnlands. Im Mittelalter unterhielt Turku rege Handelsbeziehungen zur Hanse, ohne jedoch deren Mitglied zu sein. Insbesondere der lebhafte Handel mit den Hansestädten Reval (heute Tallinn), Danzig und Lübeck machte Turku zum größten Handelsplatz in Finnland.

Turku war während der schwedischen Zeit mehrfach Angriffen ausgesetzt. 1318 wurde die Stadt in die Auseinandersetzungen zwischen Schweden und Nowgorod hineingezogen. Die Russen plünderten den Dom und brannten die Stadt nieder. Während der Endphase der Kalmarer Union wurde Turku in die schwedisch-dänischen Machtkämpfe hineingezogen: 1509 überfielen die Dänen Turku, brandschatzten die Stadt und plünderten einen Großteil des Domschatzes. 1523 eroberte Gustav I. Wasa die Stadt, nachdem er ein Jahr zuvor ergebnislos die Burg belagert hatte. Kurz nachdem er zum schwedischen König gekrönt worden war, leitete er in seinem Land die Reformation ein. Martin Skytte, Bischof von Turku 1528–1550, war ein gemäßigter Befürworter der Reformation. Sein Nachfolger wurde Mikael Agricola, der wichtigste Reformator Finnlands, der in Wittenberg ein Schüler Martin Luthers gewesen war und mit seiner Bibelübersetzung von 1548 den Grundstein für die finnische Schriftsprache gelegt hatte.

Im Jahr 1556 ernannte Gustav Wasa seinen Sohn Johann III. zum Herzog von Finnland. Johann und seine Gemahlin Katharina Jagellonica residierten in Turku und führten an der Burg das prunkvolle Hofleben der Renaissancezeit ein. Nach dem Tod Gustav Wasas kam es zu Machtwirren zwischen seinen Söhnen: 1563 ließ König Erik Turku erobern und seinen Bruder in die Gefangenschaft nach Schweden verschleppen.

Die Herrschaft von Gustav II. Adolf (1611–1632) und seiner Tochter Christina I. (1632–1654) war eine Zeit des Fortschritts für Turku. Die Provinzverwaltung wurde 1617, das Hofgericht 1623 gegründet. 1630 folgte ein Gymnasium. 1637 wurde Per Brahe der Jüngere zum Generalgouverneur von Finnland ernannt und bezog die Burg von Turku. Er gründete 1640 die Akademie zu Turku, die erste Universität Finnlands.

Im 18. Jahrhundert stand Turku ebenso wie der Rest Finnlands zweimal unter russischer Besatzung: 1714–1721 während des Großen Nordischen Krieges und 1741–1743 während des Schwedisch-Russischen Krieges. In der zweiten Hälfte des Jahrhunderts entstanden durch die merkantilistische Wirtschaftspolitik Schwedens in Turku zahlreiche Manufakturen. Die 1732 gegründete Werft wurde mit der Zeit zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor der Stadt. Zu dieser Zeit wurden die Bürger Turkus in drei Klassen eingeteilt: Die schwedische Bürgerschaft, die finnische Bürgerschaft und die Handwerker. Die Einwohnerzahl stieg indes bis 1791 auf 8.504, 1805 betrug sie bereits 11.300 Personen.

Russische Herrschaft

Im Russisch-Schwedischen Krieg eroberten die russischen Truppen Turku 1808 kampflos. Als Schweden 1809 im Vertrag von Fredrikshamn Finnland an Russland abtreten musste, wurde Turku zunächst zur Hauptstadt des neugeschaffenen Großfürstentums Finnland erkoren. Aus Sicht von Zar Alexander I. war Turku aber zu weit von Sankt Petersburg entfernt, weshalb 1812 der Beschluss erging, die Hauptstadt in das bis dahin unbedeutende Helsinki zu verlegen. Nachdem Helsinki unter der Ägide des Architekten Carl Ludwig Engel zur repräsentativen Hauptstadt ausgebaut worden war, fand die Verlegung 1819 statt. Endgültig wurde die Bedeutung Helsinkis gefestigt, als Turku im großen Stadtbrand von 1827 fast völlig zerstört wurde. Die verheerende Feuersbrunst vernichtete innerhalb eines Tages drei Viertel der Häuser Turkus. Infolge des Brandes wurde die Akademie Turku, ebenso wie die anderen in Turku verbliebenen Institutionen, 1828 nach Helsinki verlegt und in die Universität Helsinki umgewandelt. Damit hatte Turku endgültig seine vorherrschende Stellung in Finnland verloren. Carl Ludwig Engel wurde mit dem Wiederaufbau Turkus beauftragt. Er entwarf einen schachbrettförmigen, brandsicheren Grundriss. Turku blieb für weitere zwanzig Jahre die größte Stadt Finnlands, bis es von Helsinki überholt wurde.

Zur Mitte des 19. Jahrhunderts hin war Turku mit seinen großen Manufakturen neben Helsinki die wichtigste Handwerksstadt Finnlands. Die industrielle Revolution erlebte Turku aber erst um das Jahr 1900. Der Erste Weltkrieg hatte für die Industrie der Stadt positive Folgen, denn die Ausfuhrprobleme betrafen hauptsächlich die Holzindustrie, die in Turku keine Rolle spielte. Dagegen konnte Turku dank seiner Lage problemlos Rohstoffe aus dem neutralen Schweden importieren.

Nach Erlangung der Unabhängigkeit

Nachdem Finnland 1917 die Unabhängigkeit erlangt hatte, blieb die Hauptstadt in Helsinki. Schon Ende 1917 war es in Turku zu sozialen Unruhen gekommen, in deren Verlauf die sozialistischen „Roten“ Geschäfte plünderten. Im folgenden Finnischen Bürgerkrieg brachten die Roten Garden die Stadt Ende Januar 1918 unter ihre Kontrolle und hielten sie bis zum 12. April, als deutsche Truppen, die auf Seiten der bürgerlichen Weißen kämpften, in Turku einmarschierten.

1918 erhielt Turku nach 90 Jahren wieder eine Universität, die schwedischsprachige Åbo Akademi. Zwei Jahre später wurde die finnischsprachige Universität Turku gegründet.

Bevölkerung

Ende 2005 betrug die Einwohnerzahl von Turku 174.906 Personen. Turku ist nach Helsinki, Espoo, Tampere und Vantaa die fünftgrößte Stadt Finnlands. Espoo und Vantaa sind allerdings faktisch Vororte Helsinkis. Der Großraum Turku ist nach der Region Helsinki und dem Großraum Tampere das drittgrößte Ballungszentrum des Landes.

Selbstverständnis

Die Turkuer besitzen nicht zuletzt aufgrund der Vergangenheit ihrer Stadt ein ausgeprägtes regionales Selbstbewusstsein. In Turku kursiert ein Sprichwort, laut dem man nicht zu einem Turkuer werden, sondern nur als Turkuer geboren werden kann. Vor allem der lokale Dialekt (Turu murre) ist identitätsstiftend. In dem südwestfinnischen Dialekt werden auch Mundartdichtung und Comics veröffentlicht.

Die Stadt Helsinki, die über keine so lange Geschichte verfügt und erst im 19. Jahrhundert Hauptstadt wurde, wird von vielen Turkuern als „Emporkömmling“ angesehen. Besonders ausgeprägt ist aber die Rivalität zu Tampere, das Turku als zweitgrößte Stadt Finnlands überholt hat.

Bevölkerungsgruppen

Traditionell gab es in Turku einen großen finnlandschwedischen Bevölkerungsanteil. Um 1870 sprach die Hälfte der Bewohner Turkus Schwedisch als Muttersprache. Im Laufe der Zeit nahmen aber viele Finnlandschweden die finnische Sprache an. Zudem erfolgte die Zuwanderung nach Turku hauptsächlich aus finnischsprachigen Gegenden, sodass der Anteil der schwedischsprachigen Bevölkerung konstant sank. Um die Jahrhundertwende war es nur noch ein Viertel, 1950 ein Zehntel. Heute sind 5,2 % der Turkuer schwedischsprachig. Obwohl in Turku der Anteil unter der im finnischen Sprachgesetz festgeschriebenen 6-%-Schwelle liegt, ist die Stadt aufgrund der zahlenmäßigen Größe der schwedischsprachigen Minderheit (9000 Personen) offiziell zweisprachig mit Finnisch als Mehrheits- und Schwedisch als Minderheitssprache. Daher haben beispielsweise sämtliche Straßen einen finnischen und einen schwedischen Namen.

4,2 % der Einwohner Turkus sind Ausländer, hauptsächlich aus Russland, Estland, dem Irak und dem Iran. Für finnische Verhältnisse ist dieser Ausländeranteil eher hoch. Die steigende Zahl der Immigranten besonders in den östlichen Vororten der Stadt hat teilweise zu Fremdenfeindlichkeit geführt, was sich in den relativen Wahlerfolgen der nationalistischen Partei Suomen Kansan Sinivalkoiset widerspiegelt.

Religionen

Die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung Turkus gehört der evangelisch-lutherischen Kirche an. Der Dom von Turku ist Sitz des Erzbischofs von Turku, des Oberhauptes der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands. Zum Erzbistum Turku gehören die finnischsprachigen Gemeinden von Varsinais-Suomi und Satakunta.

Außerdem gibt es in Turku eine orthodoxe Gemeinde. Ihre Hauptkirche ist die repräsentativ am zentralen Marktplatz gelegene Kaiserin-Alexandra-Märtyrerinnen-Kirche. Die Rotunde ist dem Pantheon in Rom nachempfunden und wurde 1845 nach Plänen von Carl Ludwig Engel fertiggestellt.

Seit dem 19. Jahrhundert ist in Turku eine kleinere Gruppe von muslimischen Tataren ansässig, daneben sind in letzter Zeit muslimische Immigranten eingewandert. Die jüdische Gemeinde von Turku hat ungefähr 120 Mitglieder. Die Synagoge von Turku ist neben der in Helsinki die einzige in Finnland.

Von Turku aus wird alljährlich am 24. Dezember um 12 Uhr mittags der Weihnachtsfrieden für ganz Finnland ausgerufen.

Einwohnerentwicklung

Bis etwa 1970 nahm die Einwohnerzahl Turkus konstant zu. Darauf folgte eine Phase leichten Rückgangs, bis die Einwohnerzahl ab 1990 wieder zu steigen begann.

  • Jahr Einwohner
  • 1860   16.870
  • 1870   19.617
  • 1880   23.947
  • 1890   30.096
  • 1900   31.658
  • 1910   41.993
  • 1920   45.408
  • 1930   53.681
  • 1940   65.475
  • 1950 100.514
  • 1960 123.285
  • 1970 155.069
  • 1980 163.933
  • 1990 159.539
  • 2000 172.107
  • 2005 174.824

Politik

Turku ist die Hauptstadt der Landschaft Varsinais-Suomi. Daneben ist die Stadt als Sitz des Erzbischofs von Turku, des Oberhauptes der finnischen evangelisch-lutherischen Kirche, und des Domkapitels von Turku das kirchliche Zentrum Finnlands.

Verwaltung

Wie in allen finnischen Städten ist auch in Turku der Stadtrat (finn. kaupunginvaltuusto) die höchste Entscheidungsinstanz bei lokalen Angelegenheiten. Dazu zählen Stadtplanung, Schulen, Gesundheitswesen und öffentlicher Verkehr. Der aus 67 Mitgliedern bestehende Rat wird auf vier Jahre gewählt.

Die stärkste Partei in Turku ist die konservative Sammlungspartei, gefolgt von den Sozialdemokraten. Diese beiden Parteien dominieren seit Jahrzehnten die Politik Turkus, während die dritte große Partei des Landes, die finnische Zentrumspartei, wie in anderen Großstädten nur eine untergeordnete Rolle spielt. Auch das Linksbündnis und der Grüne Bund sind mit Wahlergebnissen im zweistelligen Prozentbereich verhältnismäßig stark.

Der Stadtdirektor (finn. kaupunginjohtaja) von Turku ist dem Stadtrat unterstellt und wird von diesem ernannt. Seine Aufgabe ist es, die Verwaltung zu führen und den Haushalt der Stadt zu verwalten. Seit 2006 hat Mikko Pukkinen von der Sammlungspartei diesen Posten inne.

Wappen

Das Wappen von Turku zeigt in einem gekrönten blauen Schild ein goldenes stilisiertes A, das von vier silbernen Lilien umgeben ist. Es geht auf ein mittelalterliches Siegel aus dem Jahr 1309 zurück. Der Buchstabe A steht für Aboa, die lateinische Namensform Turkus, während die Lilien mit der Jungfrau Maria, der Schutzpatronin des Doms von Turku, assoziiert werden. Die Krone weist auf das historische Herzogtum Finnland hin, das der heutigen Landschaft Varsinais-Suomi entspricht.

Städtepartnerschaften

Turku unterhält mit folgenden Städten Partnerschaften:

  • Bergen (Norwegen, seit 1946)
  • Göteborg (Schweden, seit 1946)
  • Aarhus (Dänemark, seit 1946)
  • Sankt Petersburg (Russland, seit 1953)
  • Danzig (Polen, seit 1958)
  • Constanța (Rumänien, seit 1963)
  • Warna (Bulgarien, seit 1963)
  • Rostock (Deutschland, seit 1963)
  • Köln (Deutschland, seit 1967)
  • Szeged (Ungarn, seit 1971)
  • Bratislava (Slowakei, seit 1976)
  • Florenz (Italien, seit 1992)

Mit seinen skandinavischen Partnerstädten verbindet Turku, dass sie alle „zweite Städte“ ihres Landes mit einer langen Geschichte sind. Daneben hat Turku Kooperationsverträge mit den estnischen Städten Tartu und Kuressaare, Tianjin in der Volksrepublik China und dem russischen Kaliningrad unterzeichnet.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

Im Zentrum oder in der Nähe zum Zentrum gibt es über zehn Galerien in den Bereichen Bildhauerei, Fotografie und Malerei. Unweit des Doms (siehe Bauwerke), am Ufer des Aurajoki, befindet sich das Sibelius-Museum, das nicht nur den finnischen Komponisten Jean Sibelius würdigt, sondern auch eine Sammlung von Musikinstrumenten beherbergt. Etwa 500 m weiter südwestlich befindet sich das Museum Aboa Vetus & Ars Nova, das Ausgrabungen aus dem 14. Jahrhundert und moderne Kunst ausstellt.

Bauwerke

Burg Turku

Die Burg Turku liegt unweit des Hafens am nördlichen Ufer des Aurajoki. Sie ist eines der wenigen Beispiele für die Burgenarchitektur Finnlands und zugleich das größte erhaltene mittelalterliche Gebäude des Landes. Die Burg wurde wahrscheinlich um 1280 gegründet und lag damals noch auf einer Flussinsel an der Mündung des Aurajoki. Sie wurde mehrfach umgebaut und erhielt im 16. Jahrhundert durch den Bau der Vorburg im Renaissance-Stil ihre heutige Form. Zu jener Zeit diente die Burg Turku Johann III., dem Herzog von Finnland, und seiner Frau Katharina Jagellonica als Residenz. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie bei einem sowjetischen Bombenangriff stark beschädigt, bis 1961 wurde sie aber wieder instandgesetzt. Heute beherbergt die Burg das Historische Museum der Stadt Turku.

Kirchen

Der Dom von Turku ist das Wahrzeichen Turkus und als Sitz des Erzbischofs von Turku die Hauptkirche der Evangelisch-Lutherischen Kirche Finnlands. Zugleich ist er das bedeutendste Beispiel für den mittelalterlichen Kirchenbau Finnlands. Der Bau des Domes begann Ende des 13. Jahrhunderts, geweiht wurde er wahrscheinlich im Jahr 1300. Es ist aber unklar, ob es sich bereits um den Steinbau, der den Kern der heutigen Kirche bildet, oder einen hölzernen Vorgängerbau handelte. Womöglich wurde der steinerne Dom erst Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts erbaut. In jedem Fall ist der Dom von Turku aber die älteste erhaltene Kirche auf dem finnischen Festland. Im 15. Jahrhundert wurde der Dom mehrfach erweitert, sodass er als einzige mittelalterliche Kirche in Finnland die Größe mitteleuropäischer Kathedralen erreichte. Er zeigt deutlich den Einfluss der deutschen Backsteingotik. In den nächsten Jahrhunderten wurde der Dom mehrfach umgebaut und erweitert; zuletzt musste er nach dem Stadtbrand von 1827 instandgesetzt werden. Dabei erhielt er die von Carl Ludwig Engel entworfene Turmspitze. In der Kirche befinden sich die Grabmäler vieler bedeutender Persönlichkeiten, darunter etwa der schwedischen Königin Karin Månsdotter.

In den Stadtteilen Turkus befinden sich zwei weitere mittelalterliche Kirchen, die beide Mitte des 15. Jahrhunderts errichtet wurden: Die Kirche von Maaria war die Pfarrkirche der 1967 eingemeindeten Gemeinde Maaria. Die St.-Katharinen-Kirche diente ursprünglich als Kirche von Kaarina, liegt aber seit 1939 im Stadtgebiet von Turku. Beide Kirchen sind von bescheideneren Ausmaßen als der Dom, können aber als guterhaltene Beispiele für die mittelalterlichen Feldsteinkirchen Finnlands gelten. Von der im 13. Jahrhundert erbauten Bischofskirche von Koroinen sind hingegen nur die Fundamente erhalten.

Am Marktplatz befindet sich die orthodoxe Kaiserin-Alexandra-Märtyrinnenkirche. Die klassizistische Rundkirche wurde 1839–1845 nach Plänen von Carl Ludwig Engel errichtet.

Sonstige Bauwerke

Der Fernsehturm von Turku (Pääskyvuoren linkkitorni) ist 122 Meter hoch und wurde 1964 erbaut.

Weitere Sehenswürdigkeiten

  • Observatorium
  • Rathaus
  • Forum marinum (Seefahrtsmuseum)
  • Der Dreimaster Suomen Joutsen (Finnischer Schwan) und die Schonerbark Sigyn auf dem Aurajoki
  • Freiluft-Handwerksmuseum auf dem Klosterbacken
  • Apothekenmuseum am Aurajoki (Verkaufsraum aus einer alten Apotheke in Oulu, im hinteren Teil Ausstellung alter Apothekergeräte)

Kulturhauptstadt

Turku ist gemeinsam mit Tallinn Europäische Kulturhauptstadt des Jahres 2011. Das Kulturhauptstadtprogramm wurde am 15. Januar 2011 eröffnet und steht unter dem Motto „Turku in Flammen“.[4] Dies soll einerseits eine Anspielung auf die vielen Brandkatastrophen sein, die im Laufe der Geschichte die Stadt heimgesucht haben. Andererseits ist es als Würdigung der künstlerischen Dynamik und Kreativität Turkus zu verstehen.

Für die Feierlichkeiten wurde unter anderem eine ehemalige Reparaturhalle für Lokomotiven zum neuen Kulturzentrum Logomo umgebaut und wurden die Wege am Fluss Aura restauriert.[5]

Wirtschaft und Infrastruktur

Wirtschaft

Mit seinen drei Volluniversitäten neben mehreren Berufshochschulen ist Turku ein Zentrum der Forschung. Neben den Hochschulen wird in den Gründungszentren SciencePark, BioCity, PharmaCity & DataCity geforscht. Bayer Schering Pharma beschäftigt in Turku 600 Mitarbeiter, die Arzneimittel in den Bereichen Onkologie und Gesundheitsfürsorge entwickeln und herstellen.

Tradition hat in Turku auch der Schiffbau. Es gibt eine große Werft, die Aker-Finnyards AB, ehem. Kvaerner Masa-Yard. Sie ist seit Jahren weltweit mit führend im Bau von Fähren und Kreuzfahrtschiffen, wie zum Beispiel die „Europa“(6) der Hapag-Lloyd und die „Freedom of the Seas“ der RCI. Schiffsmotoren werden in Turku von der Firma Wärtsilä hergestellt.

Verkehr

Der Hafen von Turku liegt an der Mündung des Aurajoki in unmittelbarer Nähe der Burg von Turku. Er ist zusammen mit dem Hafen von Kotka nach Helsinki der zweitgrößte des Landes. Jährlich werden vier Millionen Tonnen Fracht umgeschlagen, und vier Millionen Passagiere passieren den Hafen. Die Fährlinien Silja Line und Viking Line verkehren täglich über Mariehamn, die Hauptstadt der autonomen Provinz Åland, nach Stockholm. Reisen mit den sogenannten „Schwedenschiffen“ (ruotsinlaiva), die an Bord Restaurants, Nachtclubs und Tax-Free-Shops bieten, sind seit langem populär. Wöchentlich bestehen Fährverbindungen nach Travemünde, Hamburg, Lübeck, Antwerpen, Harwich und Paldiski. Daneben verbinden Wasserbusse Turku mit den vorgelagerten Schären und mit Naantali.

Der Flughafen Turku befindet sich acht Kilometer nördlich des Stadtzentrums an der Grenze zur Nachbargemeinde Rusko. Mit 339.920 Fluggästen pro Jahr (2006) ist er der fünftgrößte Flughafen Finnlands. Von dort werden Destinationen vor allem innerhalb Finnlands angeflogen, aber auch andere, vor allem nordische, Länder.

An das Eisenbahnnetz ist Turku seit der Fertigstellung der Strecke Hämeenlinna–Tampere–Turku im Jahr 1876 angeschlossen. Die Küstenstrecke nach Karis wurde 1899 eröffnet und 1902 bis Helsinki verlängert. 1924 folgte die Strecke nach Uusikaupunki; sie wird heute nur noch für den Güterverkehr benutzt. Zwischen Turku und der Hauptstadt Helsinki verkehren jährlich etwa 1,2 Millionen Passagiere mit Hochgeschwindigkeitszügen der Baureihe Sm3. Der Bahnhof verfügt über eine Verladestelle[6] für Autoreisezüge.

Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts verkehrte in Turku eine Straßenbahn, zuerst von 1890 bis 1892 als Pferdebahn, dann ab 1908 als elektrische Straßenbahn. Die Gleise wurden bis in die 1950er Jahre instandgehalten; danach begannen sie zu verfallen, bis sie 1965–1972 ganz entfernt wurden. Viele sehen das Ende der Straßenbahn als Fehlentscheidung an, da Turku damit ein funktionierendes, die ganze Innenstadt abdeckendes Verkehrssystem verlor. Heute sind von der einstigen Bahn keine Schienen mehr vorhanden. Auf dem Marktplatz im Zentrum befindet sich während des Sommers ein Eisstand mit Sitzgelegenheit in einem alten Straßenbahnwagen.

Turku ist Knotenpunkt des Straßenverkehrs in Südwestfinnland und durch eine Autobahn mit der Hauptstadtregion verbunden.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Johan Gadolin (1760–1852), Chemiker
  • Paavo Nurmi (1897–1973), Leichtathlet
  • Väinö Bremer (1899–1964), Athlet
  • Harry Larva (1906–1980), Leichtathlet und Olympiasieger
  • Johannes Wilho Rinne (1923–2010), Primas der Orthodoxen Kirche Finnlands
  • Mauno Koivisto (* 1923), neunter finnischer Präsident
  • Ulf Söderblom (* 1930), Dirigent
  • Rauno Aaltonen (* 1938), Rallyefahrer
  • Tamara Lund (1941–2005), Opernsängerin (Sopran) und Schauspielerin
  • Jarno Saarinen (1945–1973), Motorrad-Weltmeister
  • Matti Salminen (* 1945), Opernsänger
  • Pentti Kirstilä (* 1948), Schriftsteller
  • Harri Sjöström (* 1952), Sopransaxophonist im Bereich des Free Jazz und der neuen improvisierten Musik
  • Mika Aaltonen (* 1965), Fußballspieler
  • Taru Rinne (* 1968), Motorradrennfahrerin
  • Petteri Nummelin (* 1972), Eishockeyspieler
  • Saku Koivu (* 1974), Eishockeyspieler
  • Jani Hurme (* 1975), Eishockeytorwart
  • Miikka Kiprusoff (* 1976), Eishockeytorwart
  • Anna-Kaisa Rantanen (* 1978), Fußballspielerin
  • Samppa Lajunen (* 1979), Nordischer Kombinierer

Literatur

  • Philip Ward: Finnish cities: Travels in Helsinki, Turku, Tampere and Lapland. Oleander Press, 1987, ISBN 0-906672-98-8

Quellen

  1. ↑ Pinta-alat kunnittain 1.1.2010
  2. ↑ Väestörekisterikeskus (finnisches Bevölkerungsregister): Bevölkerung der finnischen Gemeinden am 31. Dezember 2010
  3. ↑ Finnisches Justiziministerium: Ergebnis der Kommunalwahlen 2008
  4. ↑ Der Tagesspiegel: Staunen & Saunen, 27. Dezember 2010.
  5. ↑ vgl. Gabriele Beck: Finnland: Hitzewallungen, Höllenmusik, Himmelstänzer bei diepresse.com, 15. Januar 2011 (aufgerufen am 16. Januar 2011)
  6. ↑ Information Autoreisezüge Finnland

 

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Soederkoeping

Söderköping ist eine Stadt in der schwedischen Provinz Östergötlands län und der historischen Provinz Östergötland.

Die Stadt am Göta-Kanal liegt etwa 15 Kilometer südöstlich von Norrköping an der Europastraße 22 und ist Hauptort der gleichnamigen Gemeinde.

Geschichte

Söderköping ist eine mittelalterliche schwedische Stadt, die im 13. Jahrhundert zum ersten Mal in schriftlichen Quellen genannt wurde. Archäologische Funde weisen jedoch auf eine ältere Besiedelung hin. Söderköping war vom 13. Jahrhundert bis Ende des 16. Jahrhunderts einer der führenden schwedischen Häfen für den nationalen und internationalen Handel mit bedeutenden Kontakten zur Hanse und ein Machtzentrum in Schweden. 1302 wurde König Birger Magnusson in Söderköping gekrönt und Johan III. ließ in der Stadt ein Haus für sich errichten. Doch führte die skandinavische Landhebung dazu, dass der Hafen ab Ende des 16. Jahrhunderts für größere Schiffe nicht länger schiffbar war. Söderköping verlor an Bedeutung, und im 18. Jahrhundert wohnten nur etwa 700 Menschen in der Stadt. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurde Söderköping zum Kurort. Die industrielle Entwicklung des 19. Jahrhunderts ging weitgehend an Söderköping vorbei.

Stadtbild

Söderköping gehört zu den am besten bewahrten mittelalterlichen Städten Schwedens. Abgesehen von den mittelalterlichen Gebäuden wie der St.-Laurentius-Kirche oder dem Haus Johans III. dominieren Holzhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert das Bild der Innenstadt. Südöstlich des Zentrums liegt die Kuranlage vom Beginn des 19. Jahrhunderts, als Söderköping als Kurort bekannt wurde. Der Göta-Kanal verläuft am Nordrand der Stadt am Fuße des Ramunderberges.

Wirtschaft

Söderköping hat nur wenig Industrie und hier vor allem Kleinbetriebe. Die Stadt ist hauptsächlich ein Dienstleistungszentrum für die Region, aber auch der Fremdenverkehr spielt eine wichtige Rolle. Nicht nur der mittelalterliche Stadtkern, auch der Göta-Kanal und die küstennahe Lage mit den zahlreichen vorgelagerten Schären tragen dazu bei.

Einzelnachweise

  1. ↑ Tätorternas landareal, folkmängd och invånare

 

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Kalmar

Kalmar (deutsch veraltet Calmar) ist eine Stadt in der südschwedischen Provinz Kalmar län und der historischen Provinz Småland. Die Stadt liegt am zur Ostsee gehörenden Kalmarsund zwischen der Insel Öland und dem Glasreich. Die sechs Kilometer lange Ölandbrücke, die Öland mit dem Festland verbindet, beginnt in Kalmar.

Kalmar ist Residenzstadt der Provinz und Hauptort der gleichnamigen Gemeinde.

Das Wort Kalmar stammt vermutlich aus dem Altschwedischen und bezeichnete einen Steingrund. Bei Niedrigwasser kann man die Steinbänke auch heute noch deutlich erkennen, wenn man von der Ölandbrücke Richtung Stadtzentrum blickt. Wahrscheinlich wurde das Wort Kalmar zuerst von Seefahrern für die hier befindliche, schwer zu durchfahrende Passage benutzt.

Geschichte

Etwa zehn Kilometer westlich von Kalmar in Smedby wurde das etwa 8500 Jahre alte Tingby Haus (schwed. Tingby Hus) ausgegraben, das heute als Skandinaviens ältestes Haus gilt. Eine Rekonstruktion befindet sich in der Nähe des Ausgrabungsplatzes. Kalmar ist eine der ältesten Städte Schwedens. Der Ort begann als Handelsplatz an einem Hafen, der von einem Handelsweg passiert wurde. Schon vor dieser Zeit war die Umgebung der Stadt Schauplatz für eine intensive Besiedlung. Mehr dazu im Artikel zur Gemeinde Kalmar. Die erste Nennung Kalmars fand man auf einem Runenstein in Södermanland aus dem 11. Jahrhundert, wo berichtet wird, dass ein Mann beim Kalmarna sundum (Kalmarsund) erschlagen wurde.

In der Mitte des 13. Jahrhunderts war Kalmar eine für nordeuropäische Verhältnisse blühende Handelsstadt, die von deutschstämmigen reichen Handelsmännern dominiert wurde. Diese sollen den Export des mittelalterlichen Schwedens gesteuert haben. Exportiert wurde unter anderem Kalkstein von Öland, Teer und Bretter aus den Wäldern Smålands sowie Eisen, Butter, Getreide und Tierhäute. Eingeführt wurde dagegen überwiegend Salz, aber auch Bier, Wein, Stoffe und Gewürze. Kalmar stand im engen Zusammenhang mit der deutschen Hanse.

1397 gründeten in Kalmar Vertreter Dänemarks, Norwegens und Schwedens die Kalmarer Union - ein politisches Bündnis, welches für rund eineinhalb Jahrhunderte Skandinavien zusammenschweißte.

Die heutige Stadt liegt etwas abseits des ursprünglichen Innenstadtbereichs. Schon vor dem 17. Jahrhundert gab es Vorschläge für einen Umzug der Stadt, da die Gegend des heutigen Stadtzentrums bessere natürliche Verhältnisse für die Verteidigung bot. Man scheute sich aber noch, diese Vorschläge umzusetzen, da es einen zu großen Aufwand erforderte. Im Laufe des Kalmarkrieges wurde ein Großteil des Ortes zerstört. Der Befehlshaber des Schlosses, Krister Some, überließ dieses und die Stadt fast kampflos an den dänischen König Christian IV. und wurde später von schwedischer Seite des Verrats beschuldigt. Nachdem Kalmar ab 1613 wieder schwedisch war, begann man mit dem Wiederaufbau an gleicher Stelle, doch kam es 1647 zu einem großen Stadtbrand, der fast alle Gebäude zerstörte.

Nun stand einem Umzug der Stadt nichts mehr im Weg. An der neuen Stelle errichtete man auf Befehl des Königs Wälle und Bastionen zur Verteidigung. Innerhalb der Stadtmauern entstand nach Planzeichnungen ein rechtwinkliges Straßennetz rund um die Provinzverwaltung und die Kirche. Die Bürger erbauten, nachdem sie Steueranreize für den Handel mit Salz erhalten hatten, neue Steinhäuser. Es dauerte aber einige Zeit, bis der Umzug abgeschlossen war.

Kalmar war aufgrund seiner Lage an der früheren Grenze zwischen Dänemark und Schweden mehrfach Austragungsort für blutige Schlachten, die hauptsächlich zwischen diesen Staaten ausgefochten wurden. Die letzte Schlacht in Kalmar ereignete sich 1679 zum Ende des Schonischen Krieges.

1689 erfolgte der Umzug des Hauptquartiers der schwedischen Flotte von Kalmar nach Karlskrona. 1786 unterzeichnete der König einen Brief, in dem verlautet wurde, dass Kalmar nicht mehr als Festungsstadt betrachtet wird. 1797 öffnete man die Stadttore, und so war Kalmar wieder eine offene Stadt. Die Stadtmauern wurden dem Verfall überlassen, und in den 1860er Jahren begann man mit dem Abriss der Reste.

Von diesem Zeitpunkt an wuchs die Stadt auch außerhalb der alten Stadtmauern. Als 1874 die Eisenbahnlinie gebaut wurde, brach man die Wälle, welche vor dem geplanten Bahnhof lagen, auf. Zusätzlich wurde ein Teil des Schlossgrabens zugeschüttet. Zu dieser Zeit war Kalmar eine der wenigen Städte in Schweden, deren Häuser aus Stein gebaut waren. Von den alten Handelszeiten zeugten die Aufzugseinrichtungen an den Giebeln, die wie Kanonen herausragten. Noch bis in die 1950er Jahre bestand die Bebauung hauptsächlich aus Häusern des 17. Jahrhunderts. Danach wurden Teile der alten Innenstadt abgerissen und durch Bankhäuser, Warenhäuser und Parkplätze ersetzt. Diese Abrisswelle war die größte Veränderung des Stadtbilds seit den Großbränden des Mittelalters. Trotzdem kann man sagen, dass sich die Veränderungen noch in Grenzen hielten.

Wappen

Beschreibung: In Silber steht ein roter Vierzinnenturm mit einem goldenen, offenen Tor und zwei ebenso gefärbten Fenstern auf einem blauen Wellenschildfuß und wird von zwei sechszackigen, roten Sternen begleitet.

Sehenswürdigkeiten und Kultur

Die historisch bedeutendsten Stadtteile sind die Altstadt (Gamla staden) beim Schloss und das im 17. Jahrhundert neu angelegte Zentrum auf der Insel Kvarnholmen (Mühleninsel). Im Zentrum befindet sich der Dom, der von 1602 bis 1915 Bischofssitz war. Ein kleine Kostbarkeit sind drei in Höhe aufsteigende Holzhäuser, die weiterhin als Wohnraum genutzt werden. Sie erhielten den Namen Tripp Trapp Trull. Es gibt ein Kunstmuseum, und im Provinzmuseum (Länsmuseum) erfährt man einiges über die Region und über das Schlachtschiff Kronan.

Vor den Toren der Stadt gibt es einen Freizeitpark (Salvestaden), der sich dem Mittelalter widmet. Hier findet jedes Jahr im Sommer ein Mittelalterfestival statt. Eine moderne Sehenswürdigkeit ist die über 6 km lange Ölandbrücke.

Hochschule

Rund 9500 Studierende sind in der 1977 gegründeten Hochschule Kalmar eingeschrieben. Seit 1842 wurden Marineoffizierskurse in Kalmar abgehalten.

Wirtschaft

Wichtige Wirtschaftszweige sind die Lebensmittel- und Streichholzindustrie.

Söhne und Töchter der Stadt

  • Christoffer Andersson, Fußballspieler
  • Alice Babs, Schlager- und Jazzsängerin
  • Bengt Berg, Ornithologe und Schriftsteller
  • Pehr Frigel, Komponist
  • Joakim Haeggman, Profigolfer
  • Ivar Kreuger, Geschäftsmann
  • Carl Gustav Mosander, Chemiker und Chirurg
  • Amanda Ooms, Schauspielerin
  • Milan Smiljanić, serbischer Fußballspieler

Quellen

  1. ↑ Tätorternas landareal och invånare

 

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Malmöhus

Malmöhus (auch: Malmöhus slott) ist eine Burganlage in der südschwedischen Stadt Malmö. Die ältesten Teile entstanden zwischen 1526 und 1530 im Renaissancestil. Im Gebäude befinden sich heute Malmös Kunstmuseum und das städtische Museum. Zum letztgenannten Museum gehören auch das Kommandantenhaus und eine holländische Windmühle im angrenzenden Park.

Geschichte

Das Vorgängergebäude der Burg entstand 1434 unter Erich von Pommern. Dieser hatte einen kräftigen Ausbau der Verteidigungsanlagen Malmös zur Seeseite angeordnet. Schon zu Beginn des 15. Jahrhunderts war mit dem Bau einer Stadtmauer begonnen worden. Dieser Bau wurde nun beschleunigt und die neue Burg wurde der westliche Außenposten. Die Burg hieß damals Møntergaarden und war ein rechtwinkliges Kastell mit hohen Mauern und Torturm. Hier wurden lange Zeit dänische Münzen geprägt. Es gab auch eine östliche Vorburg, doch diese entfiel schon in den 1530er Jahren mit der Anlage des Burggrabens für die aktuelle Burg.

Friedrich I. beauftragte 1525 den Provinzvorsteher von Malmöhus län, Albert Ravensberg, der seinen Sitz auf Malmöhus hatte, eine neue Burg zu bauen. Dazu erhielt er die damals enorme Summe von 5.690 Silbermark und nach vier Jahren war das heutige Hauptgebäude fertig. Der Burghof erhielt eine Einrahmung durch einen Schützengang mit 3 Etagen und dieser war noch einmal durch einen weiteren Schützengang mit 4 Etagen umgeben. Der Eingang wurde gleichzeitig in die neue entstandene westliche Vorburg verschoben. Der noch heute erhaltene Torturm hatte damals noch eine Etage mehr.

1529 brach ein Brand auf Malmöhus aus, doch es gibt keine genauen Angaben über das Ausmaß der Zerstörung. Im folgenden Jahr wurde die finanzielle Unterstützung für den Burgbau aus Einnahmen der Provinz von 300 auf 500 Mark erhöht und 1532 stieg diese Summe auf 888 Mark. Dies zeigt, dass in diesen Jahren mit dem Ausbau der Burg fortgefahren wurde. Im Jahr 1534 brach die Grafenfehde aus und die Bürger der Stadt rissen den äußeren Schützengang ab. Die Spuren dieses Ganges sind auch heute noch im Mauerwerk erkennbar und zeigen, dass das Hauptgebäude vor 1534 entstanden ist. In verschiedenen Schriften wird behauptet, dass die heutige Burg nach der Grafenfehde entstand, doch diese Informationen stehen nicht im Einklang mit den vorhandenen Bauspuren und Rechenschaftsberichten. Ungeachtet dessen wurde die Burg zwischen 1537 und 1540 auf Order von Christian III. und zum Teil von Malmöer Bürgermeister Jörgen Kock finanziert ausgebaut, wobei sie einen Wallgraben und vier große Ecktürme aus Ziegelstein erhielt.

Zwischen 1554 und 1559 residierte Kronprinz Friedrich, der spätere Friedrich II. auf Malmöhus. In den Jahren 1567 bis 1573 wurde James Hepburn, 4. Earl of Bothwell, der dritte Mann von Maria Stuart auf Malmöhus festgehalten. Der letzte dänische König, der hier kurze Zeit wohnte, war 1652 Friedrich III. Nachdem Schweden 1658 im Frieden von Roskilde die Landschaft Schonen erhielt, wurde Malmöhus der Sitz eines Schlosskommandanten. Eine dänische Belagerung der Burg während des Schonischen Krieges misslang. Auch in den folgenden Unruhejahren wurden hier mehrfach dänentreue Freischärler (Snapphanar) gefangen gehalten. Ein weiterer berühmter Häftling war Carl Gustaf Armfeldt der Jüngere, der vermutete Anführer des Anjalabundes gegen Gustav III. Er starb 1792 auf Malmöhus.

1828 wurden auch die übrigen Teile der Burg, die vorher von den Provinzvorstehern genutzt wurden, zum Gefängnis. Teile des Gebäudes wurden mit neuen Zellen ausgestattet. Am 4. September 1870 brannte es auf Malmöhus abermals und mehrere Teile des Gefängnisses mussten neu errichtet werden. 1909 wurde das Gefängnis geschlossen und darauf wurde der Bau Notunterkunft für die ärmsten Bürger der Stadt. Nach einer Renovierung zog 1937 das erste Museum auf Malmöhus ein. Verschiedene Zusatzgebäude des Gefängnisses wurden mit neuen Museumsbauten ersetzt. Heute ist die Burg restauriert und gibt einen guten Eindruck, wie sie im 16. und 17. Jahrhundert aussah.

Kommandantenhaus

Das Kommandantenhaus wurde 1786 im Auftrag von Gustav III. als Waffenlager errichtet. Es liegt nordwestlich der Burg auf der Bastion Banér. Das Haus ist im strengen klassizistischen Stil gehalten der typisch für die Militärarchitektur des ausgehenden 18. Jahrhunderts ist. Das Gebäude besteht aus zwei Etagen mit Granitsockel, Kupferdach und hat rot gestrichene verputzte Wände.

Schon im frühen 19. Jahrhundert wurde die obere Etage zum Krankenhaus umfunktioniert, während die untere Etage weiter als Lager diente. Als Malmöhus zum Gefängnis wurde, ließ sich im Kommandantenhaus das Personal nieder. Ein Teil des Hauses beherbergte gewöhnliche Wohnungen. 1847 zog der Gefängniskommandant ein, was dem Gebäude seinen heutigen Namen gab. Genau wie die Burg wurde das Kommandantenhaus zeitweise Notunterkunft. 1965 wurde dem Haus sein altes Aussehen wiedergegeben und es war von da an ein Teil der Museen von Malmö.

Im oberen Teil finden wechselnde Fotoschauen statt und die untere Etage enthält unter anderem ein Café.

Schlossmühle

Die Schlossmühle (Slottsmöllan) liegt auf der ehemaligen Bastion Stenbocken südwestlich der Burg. Sie entstand zwischen 1850 und 1851 im holländischen Stil und ersetzte eine frühere Mühle aus dem 17. Jahrhundert, die 1849 abgebrannt war.

Literatur

  • Sven Rosborn: Malmöhus. Från 1400-talets kastell till 1900-talets museum, Malmö 1977.
  • Lexikoneintrag im Nordisk familjebok (1876–1926) (schwedisch)

 

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Lolland  -  Laaland

(Weitergeleitet von Laaland)

Lolland, alter Name Laaland, ist die viertgrößte dänische Insel. Sie liegt in der Ostsee südlich von Seeland und westlich von Falster, ist 58 km lang, 15–25 km breit und hat eine Fläche von 1.243 km2. Auf Lolland leben 65.764 Bewohner (1. Januar 2010[1]). Um 1888 (nach Meyers) gehörte Lolland mit der Nachbarinsel Falster zum Amt Maribo und hatte 1880 64.420 Einwohner.

Verwaltung

Lolland gehört zum Bezirk Region Sjælland. Wichtige Städte sind Maribo, Nakskov, Rødby und Rødbyhavn (Fährhafen nach Fehmarn im Zuge der Vogelfluglinie). Am 1. Januar 2007 wurden die Kommunen auf Lolland und Falster neu geordnet. Mehrere Gemeinden wurden zur Lolland Kommune vereinigt, die Lolländer Gemeinden Sakskøbing und Nysted wurden mit vier Kommunen auf Falster (darunter Nykøbing Falster) zur 60.000 Einwohner starken Guldborgsund Kommune zusammengeschlossen.

Geografie

Die Insel ist niedrig; es gibt im Süden sogar Flächen, die 2 Meter unter dem Meeresspiegel liegen. Fast die gesamte Südküste musste nach der verheerenden Sturmflut von 1872 durch Deiche geschützt werden. Die Küsten sind mit geringen Ausnahmen durch vorliegende Untiefen schwer zugänglich. Der fruchtbare Boden besteht meist aus fettem, mit Humus gemischtem Lehm mit einer Mergelunterlage. Moore finden sich wenige, dagegen sind nicht unbedeutende Wälder vorhanden. Von den Landseen ist der fischreiche Maribosee in der Mitte der Insel der größte. Die Insel ist das Zentrum der dänischen Zuckerindustrie. Der höchste Punkt befindet sich mit 25 m nahe dem Ort Horslunde im Nordwesten.

Geschichte

Lolland ist seit der mittleren Steinzeit besiedelt. Da damals die umliegenden Belte zum Teil noch Festland waren, findet man an der Küste alte Siedlungsplätze mit Feuersteinwerkzeug. Mit der Trichterbecherkultur kam der Ackerbau und der Megalithanlagenbau nach Lolland. Der Kong Svends Høj (König Svens Hügel) ist das größte Ganggrab Dänemarks. Parallel zur dänischen Besiedlung versuchten sich im frühen Mittelalter Slawen auf der Insel (und auf Falster) niederzulassen, wovon slawischen Ortsnamen mit dem Suffix "itse"; Korselitse, Kramnitse, Kuditse, Tillitse ebenso zeugen, wie die Seesperre von Hominde. Später wurde Lolland verschiedenen Prinzen des dänischen Königshauses überlassen und in der Auflösungsperiode des dänischen Staats unter König Christoph II. von Dänemark (1320–1332) war der größte Teil der Insel nebst Falster in den Händen des holsteinischen Grafen Johann III..

Sehenswürdigkeiten

Lolland hat einige der für Dänemark so typischen Vorzeitdenkmäler von besonderem Rang zu bieten. Größere Ansammlungen finden sich bei Flintinge und im Frejlev Skov. Daneben sind die Ganggräber Glentehøj und Kong Svends Høj im Nordwesten, wo die Ravnsby Bakker (Anhöhen von Ravnsby), zu den schönsten Landschaften gehören. Hervorzuheben sind auch die Landkirchen von Ravnsborg.

Daneben sind Runensteine zu nennen, besonders der bei der Kirche von Tillitse.

Das Museum für Christian Ditlev Reventlow in Pederstrup erinnert in dessen klassizistischem Gutshaus mit Landschaftspark an den dänischen Staatsmann und Sozialreformer.

Vor der Südküste vom Hafen aus zu sehen, befindet sich der nach eigenen Angaben größte Windkraftpark der Welt, der Nysted Havmøllepark. 10 km vor der Küste befinden sich 72 Windräder mit einer Gesamtleistung von bis zu 165,6 Megawatt.

Im Norden von Lolland liegt der Safaripark Knuthenborg Park & Safari, der größte Park dieser Art in Nordeuropa.

Auf der Bahnstrecke Maribo–Bandholm verkehrt im Sommer fahrplanmäßig die Museumsbahn Maribo-Bandholm mit historischen Dampf- und Diesellokomotiven.

In Sundby am Guldborgsund befindet sich ein Mittelalterzentrum, in dem in einer nachgebauten mittelalterlichen Siedlung das Alltagsleben und Handwerk dieser Zeit demonstriert wird. Als Besucherattraktion wird in der Ferienzeit unter anderem täglich ein Ritterturnier mit Lanzenstechen nachgestellt und es werden Katapulte und Kanonen abgeschossen.

Wirtschaft und Verkehr

Lolland besitzt durch die von Scandlines und auf der Schiene von Danske Statsbaner betriebene Vogelfluglinie eine große Verkehrsbedeutung. Es ist geplant, eine feste Querung des Fehmarnbeltes von Lolland nach Puttgarden auf Fehmarn zu bauen. Von Rødby führt die Europastraße 47 weiter nach Kopenhagen, Helsingør und zur Öresundbrücke nach Malmö. Von regionaler Bedeutung sind die Fährverbindung nach Spodsbjerg auf Langeland und die private Eisenbahn Lollandsbanen von Nakskov nach Nykøbing.

Obwohl die Insel einige Bedeutung im Transitverkehr zwischen Mitteleuropa und Skandinavien besitzt, ist ihre wirtschaftliche Lage sehr schwierig. Obwohl sie über feste Landverbindungen direkt mit dem Großraum Kopenhagen verbunden ist, leidet Lolland unter einer ausgesprochen abseitigen Lage. Der allgemeine Niedergang der Landwirtschaft hat die relativ dünn besiedelte Insel hart getroffen. Im Vergleich zu anderen dänischen Regionen ist der Tourismus weniger stark entwickelt, da Lolland nicht über große Attraktionen wie weite Badestrände (wie zum Beispiel an der Nordseeküste Jütlands) verfügt.

Größter Industriebetrieb auf Lolland ist die Zuckerfabrik in Nakskov, zugleich die größte ihrer Art in Dänemark.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF4: Folketal pr. 1. januar fordelt på øer (dänisch)

 

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Fünen

Fünen (dänisch: Fyn [fyːʔn]) ist eine Insel in der Region Syddanmark in Dänemark. Mit 2.985 km² ist Fünen nach Seeland und Vendsyssel-Thy die drittgrößte Insel Dänemarks (abgesehen von Grönland).

Geographie

Fünen liegt zwischen dem Kleinen und Großen Belt. Es ist in Dänemark zentral gelegen und neben Seeland mit 454.358 Bewohnern (1. Januar 2010[1]) einer der Mittelpunkte in wirtschaftlicher, verkehrstechnischer und kultureller Hinsicht.

Größte Stadt auf Fünen ist Odense (Dänemarks drittgrößte Stadt), der ehemalige Verwaltungssitz des aufgelösten Fyns Amtes. Der Odense-Fjord bedeckt eine Fläche von rund 63 km².Der höchste Berg der Insel ist der Frøbjerg Bavnehøj mit einer Höhe von 131 Metern.

Verkehr

Die Insel ist durch eine aufwändige Brücken-Tunnelkonstruktion mit Seeland und durch Brücken mit Jütland und Langeland verbunden. Von Nyborg aus geht der Verkehr (Autos und Züge) über die 6,6 km lange Westbrücke zur Insel Sprogø. Von dort erreichen Züge den Ort Halskov bei Korsør auf Seeland durch einen 7,7 km langen, zweiröhrigen Tunnel. Autos fahren weiter über die 6,8 km lange Ostbrücke, die sich an ihrem Scheitelpunkt 65 m über die Schifffahrtsroute durch den Großen Belt spannt. Mit einer Spannweite von 1.624 m ist sie die längste Hängebrücke Europas. Die älteste Hängebrücke Dänemarks, die Lillebæltsbro, verbindet Fünen bei Middelfart mit Jütland. Langeland ist über die Inseln Tåsinge und Siø und über Brücken erreichbar. Fünen ist auch Mittels Fähre von Alsen aus erreichbar und unterhält Fährverbindungen zu den kleinen südlichen Inseln wie Ærø und Lyø. Wichtige Städte auf Fünen sind Odense, Fåborg, Svendborg, Nyborg, Assens und Middelfart.

Geschichte

Die mesolithischen Wohnplätze Møllegabet I und II zwischen Fünen und Ærø und Tybrind vig vor Middelfart gehören zu den ältesten Spuren des Menschen im Norden. Die 7000 Jahre alten Funde stammen aus der Ertebølle-Kultur. Hier fand man den älteste Hüttengrundriss zusammen mit einem eigenartigen Begräbnis in einem Einbaum. Die Trichterbecherkultur hinterließ die Erdwerke bei Sarup und zahlreiche Megalithanlagen (Alleskov, Ellestedt, Jordløse, Lindeskov und Pipstorn). Das Gebiet von Gudme im Südosten der Insel erbrachte vorwikingerzeitliche Funde eines eisenzeitlichen Handels- und Herrschaftszentrums. Aus etwas späterer Zeit ist das Ladbyschiff ein archäologischer Fundplatz von Bedeutung.

Das älteste Dokument, welches Bewohner der Insel bezeichnet, wird auf das Jahr 1085 n. Chr. datiert. Bis 1300 n. Chr. sind nur ungefähr 1/10 der damals existierenden Siedlungen in erhaltenen Dokumenten nachweisbar. Bis zum 15. Jahrhundert waren dann neun von 10 Dörfern in den schriftlichen Quellen festgehalten. Erst ab dem 16. Jahrhundert wurde jedes Dorf und jedes Gut in Büchern festgehalten.

Die Besiedlung Fünens kann man im Wesentlichen in drei Zonen untergliedern:

  1. das ebene Inland
  2. die großen Waldgebiete
  3. die Küste

Die ältesten Siedlungen befanden sich auf Grund der reichen Fischgründe der Ostsee in Küstennähe. Von 1000 bis 1300 n. Chr. verdoppelte sich die Zahl der Dörfer auf Fünen. Aufgrund der Angreifbarkeit an der Küste (durch die Slawen) zogen sich viele Siedler jedoch in das sicherere Inland zurück und gründeten dort neue Siedlungen – vor allem in den Waldgebieten der Insel. Im Südosten wurden aber auch weitere Küstendörfer gegründet, die sich durch Befestigungen sicherten. Hierzu gehören Nyborg mit Magelund bzw. Lykkesholm, Svendborg mit Ørkild und Fåborg. Zwischen 1300 und 1450 n. Chr. kam es zu einer Stagnation bzw. zum Verlassen der Insel und erst später erfolgte eine neue Siedlungswelle in Küstennähe, welche durch den nur knapp 2 km von der Südküste entfernten Waldgürtel begünstigt wurde. Speziell Fischersiedlungen bildeten sich auch auf den kleinen Inseln und den Landzungen.

Fünen bildete bis 1970 niemals eine administrative Einheit. Um 1500 gehörte die Hälfte der knapp 7000 Güter auf der Insel der Aristokratie, ein Viertel der Kirche und das restliche Viertel der dänischen Krone. Als der spätere König Christian VIII. 1816 vom norwegischen Thron gestoßen worden war, setzte sein Vetter König Frederik VI. ihn als Gouverneur von Fünen ein, was jedoch mehr ein Ehrentitel als eine administrative Funktion war. War Fünen seit dem Mittelalter in zahlreiche Lehnsdistrikte eingeteilt, bestand es im 20. Jahrhundert nur noch aus den Ämtern Odense und Svendborg. 1970 wurden diese zu Fyns Amt zusammengelegt. Wappen der Insel sind drei Hopfenblätter. 2007 geht Fünen jedoch in der Region Syddanmark auf.

Etymologie

In altisländischen Texten wurde die Insel Fjón bezeichnet. Adam von Bremen nannte sie im Jahre 1075 n. Chr. Fune. 1231 n. Chr. hieß sie Fyun, lateinisch wurde sie Fionia und Feonia genannt und die Niederdeutschen nannten sie Vüne. Als Hans Christian Andersen gefragt wurde, was Fyn – wie man es heute in Dänemark schreibt – bedeutet, antwortete er in dichterischer Freiheit: „fin“. Das heißt auf deutsch schlicht: fein. Neben dieser Etymologie gibt noch eine andere. Danach soll es einen König Fin (Finn) gegeben haben, der sein Land gut verteidigt haben soll.

Einzelnachweise

  1. ↑ a b Statistikbanken -> Befolkning og valg -> BEF4: Folketal pr. 1. januar fordelt på øer (dänisch)

 

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Luebeck-Schlutup

Schlutup ist ein altes Fischerdorf am Breitling des unteren Laufs der Trave und mit etwa 6000 Einwohnern der kleinste Stadtteil der Hansestadt Lübeck in Schleswig-Holstein.

Lage

Der Ortsteil liegt östlich der Trave und ist vom Zentrum Lübecks durch den Stadtteil St. Gertrud mit seinen ausgedehnten Stadtforsten des Lauerholzes getrennt. Schlutup ist über die B 104 sowohl mit der A 20 in Mecklenburg-Vorpommern als auch durch den Herrentunnel und die A226 mit der A 1 verbunden. Schlutup fand seine erste urkundliche Erwähnung im Jahre 1225 unter dem Namen Vretup.

In Schlutup liegt das gleichnamige Landschaftsschutzgebiet, das mit gehölzreichen Brachflächen, Mager- und Trockenrasen sowie Feuchtbiotopen, wie dem Mühlenteich, der Speckmoorniederung, dem Schwarzmühlenteich, dem ehemaligen Müllermoor und dem unbebauten Uferabschnitt der Untertrave, eine Gesamtfläche von etwa 170 Hektar umfasst.[1]

Wirtschaft und Infrastruktur

Als Fischereihafen ist Schlutup Standort fischverarbeitender Betriebe, der Hauptumschlag der Lübecker Hafengesellschaft im Schlutuper Hafen besteht heute jedoch in Papier und Zellulose. Schlutup besitzt einen alten, unter Denkmalschutz stehenden Bahnhof. In den sechziger Jahren wurde der Personenverkehr dort eingestellt und in der Folgezeit nur noch Güter dort umgeschlagen. Inzwischen ist der Bahnhof als Bahnanlage geschlossen, nur noch die Gleise werden als Rangier- und Sammelplatz für die mit Papierrollen beladenen Waggons benutzt, die am Schlutuper Hafen vom Schiff auf die Bahn verladen und bis nach Italien weiterversendet werden. Für den Personenverkehr ist Schlutup mit zwei Buslinien der Stadtwerke Lübeck mit der Hansestadt verbunden, die tagsüber im 20-Minuten-Takt verkehren. Und es gibt mit Dahmetal und GBB (Grevesmühlener Busbetriebe) Verbindung gen Osten über Selmsdorf und Schönberg bis nach Grevesmühlen.

Geschichte

In der Zeit des Nationalsozialismus befand sich an der heutigen Mecklenburger Straße hinter dem Behnturm das Travelager Schlutup, ein Lager für ausländische Zwangsarbeiter. Es hatte im Mai 1945 1.100 Insassen.[2] Ab 1933 bis zum Ende des Krieges befand sich auch eine Fabrik für Spezialmunition der Deutsche Waffen und Munitionsfabriken in der Mecklenburger Straße. Sie umfasste eine Fläche von 400 Hektar Land. Hier wurden unter anderem die Minenmunition und die Luft-Luft-Rakete R4M entwickelt. Als Arbeitskräfte waren Zwangsarbeiter aller Nationen beschäftigt.

Schlutup als Grenzort

Bis zur Deutschen Einheit 1990 lag Schlutup direkt an der innerdeutschen Grenze. Der Grenzübergang Schlutup war der nördlichste Grenzübergang zur DDR für den Transitverkehr nach Skandinavien über Rostock und Rügen. Auch sämtlicher Verkehr in der unmittelbaren Nachwendezeit durchquerte das Dorf, so die Gift- und Sondermülltransporte zur wenige Kilometer entfernten DDR-Sondermülldeponie Schönberg, die Sondermüll aus ganz Europa anzog.

In der Grenz-Dokumentationsstätte Lübeck-Schlutup, einem ehemaligen Zollhaus, wird an die Geschichte der Teilung Deutschlands und insbesondere an die Situation in Lübeck und dessen Stadtteil Schlutup erinnert.

Nach 1989

Nach der Wende wurde insbesondere der Straßenabschnitt östlich des Schlutuper Markts zum Engpass, bis eine Umgehungsstraße auf dem ehemaligen Grenzstreifen Entlastung brachte. Heute ist die Ortsdurchfahrt verkehrsberuhigt. Die Umgehungsstraße und die A 20 nehmen den Verkehr auf. Im Bereich des ehemaligen Grenzübergangs befinden sich heute die Gewerbegebiete der mecklenburgischen Nachbargemeinde Selmsdorf, die vom Fördergefälle profitieren.

Schulen

Die Integrierte Gesamtschule Willy-Brandt-Schule erhielt ihren Namen nach dem in Lübeck geborenen früheren Bundeskanzler und Friedensnobelpreisträger Willy Brandt im März 2007.

Die Realschule in Schlutup wurde 1999 aufgelöst.

Mit Beginn des Schuljahres 2010/ 11 wurde die Grundschule Schlutup Teil der Willy-Brandt-Schule. Die Willy-Brandt-Schule hat je einen Gebäudekomplex für die Grundschule im Krümmling, der Orientierungsstufe in der Schlutuper Kirchstraße und die Sekundarstufe I in der Straße Beim Meilenstein.

Kirchen

Die evangelisch-lutherische St.-Andreas-Kirche in der Schlutuper Kirchstraße wurde als Saalkirche der Backsteingotik 1436 errichtet. Der Turm wurde Ende des 16. Jahrhunderts im Zuge einer Erneuerung hinzugefügt. Weitere Überarbeitungen erfolgten 1826 und 1874. Die Kirche verfügt über eine reiche Ausstattung des 16. bis 18. Jahrhunderts.

Die römisch-katholische St.-Ansgar-Kirche in der Wesloer Straße wurde am 1. März 2004 geschlossen ("profaniert"). Am 29. Februar 2004 fand der letzte Gottesdienst in der St.-Ansgar-Kirche statt. Im September 2006 wurde das Kirchengebäude abgerissen.

Die Neuapostolische Kirche befindet sich Am Schlutuper Markt.

Schlutup und die Fischverarbeitung

Bereits in den 1860er Jahren wurden im kleinen Stil Fischräuchereien betrieben. Im Zuge der Industrialisierung wurde dann die Fischverarbeitung der bedeutendste Wirtschaftszweig der Region. Im Jahre 1907 gab es 24 Betriebe in Schlutup; 1929 waren es schon 40. Im großen Stil wurden Aushilfskräfte aus weiten Bereichen Mecklenburgs für die Filetierung und Weiterverarbeitung im wesentlichen von Heringen beschäftigt. Diese Situation fand ein jähes Ende mit der Entwicklung der ersten Fisch-Filetiermaschine durch die Maschinenbaufabrik Rudolf Baader aus Lübeck im Jahr 1921. Sie ersetzte die Arbeitsleistung von acht Frauen. Maschinen aus den 1950er Jahren erledigten das Pensum von bis zu 30 Frauen. Da für die Haltbarmachung von Fisch auch Essig benötigt wurde, gründete die Firma Kühne 1915 eine Essigfabrik in Schlutup. Sie wurde im Jahr 2002 geschlossen. Darüber hinaus wurden für die Vermarktung als Dauerkonserve entsprechende Behältnisse aus Weißblech benötigt. Auf die Herstellung von Fischdosen hatte sich die Fa. Ewers & Co in der Lübecker Waisenhofstraße, später die Fa. Schmalbach-Lubeca im Glashüttenweg spezialisiert. Noch heute ist mit der 1909 gegründeten Firma Hawesta die Fischverarbeitung in Schlutup präsent.

Fischverarbeitung und Umweltschutz

Die schnelle Expansion der Schlutuper Fischverarbeitung führte zu großen Umweltproblemen. So wurden anfangs alle Fischabfälle und Waschwässer unbehandelt in die Trave geleitet. Beim Filetieren von Heringen entstehen immerhin 60% Abfälle. Zusammen mit den zum Teil giftigen Abwässern des gegenüberliegenden Hochofenwerks Lübeck verwandelte sich die Trave speziell in den Sommermonaten, wenn sie wenig Wasser führte, in eine stinkende Kloake. Abhilfe brachte eine Fischmehlfabrik, die um 1900 in Schlutup ihren Betrieb aufnahm. In der jüngeren Vergangenheit werden nur noch importierte Heringsfilets verarbeitet, so dass der Fischabfall deutlich abnahm. Durch das seit vielen Jahren arbeitende Klärwerk und die nicht mehr vorhandene industrielle Verschmutzung hat die Trave vor Schlutup inzwischen wieder nahezu Badewasserqualität. Ein Beweis hierfür ist die jährliche Wanderung der Heringe flussaufwärts bis in den Lübecker Hafen, da der Hering hinsichtlich der Wasserqualität sehr empfindlich ist und verschmutzte Gewässer meidet.

Einzelnachweise

  1. ↑ Landschaftsschutzgebiet "Schlutup" auf travemuende.de
  2. ↑ Werner Petrowsky/Arbeitskreis „Geschichte der Lübecker Arbeiterbewegung“: Lübeck - eine andere Geschichte, Einblicke in Widerstand und Verfolgung in Lübeck 1933-1945, Zentrum - Jugendamt der Hansestadt Lübeck (Hrsg.), Lübeck 1986 ISBN 3-923814-02-X, S. 199

 

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Jütland

Jütland (dän. Jylland [ˈjylanʔ], Eigenschaftswort jütisch oder jütländisch, dän. jysk) ist ein zwischen Nordsee und Ostsee gelegener Teil des europäischen Festlands. Mit dem Begriff Jütland wird - je nach Definition - das dänische Festland, aber auch die gesamte jütische Halbinsel bis nach Schleswig-Holstein und Hamburg beschrieben.

Abweichende Definitionen

Jütland macht nach einer von mehreren abweichenden Definitionen den dänischen Teil der Kimbrischen Halbinsel aus. Es ist gemäß dieser Begriffsdefinition der Nordteil jener Halbinsel zwischen Ostsee und Nordsee, die sich von der Elbmündung im Süden über eine Länge von ca. 450 km bis Kap Skagen erstreckt. Genauer betrachtet stellt der nördlichste Teil Jütlands, durch den Limfjord getrennt, seit 1825 eine Insel dar, mit dem Namen Nordjütische Insel oder Vendsyssel-Thy. Jütland stellt den kontinentaleuropäischen Teil Dänemarks dar. Jütland ist 29.775 km² groß (das sind ca. 70 % der Gesamtfläche Dänemarks), hat aber nur 2,188 Mio. Einwohner (ca. 40 % der Gesamteinwohnerzahl).

Die Definition des Namens Jütland als dänischer Teil der Kimbrischen Halbinsel ist jedoch nicht unumstritten, weil der Bezeichnung Jütland dadurch der Rang eines politischen Begriffs zugesprochen wird und die Anwendbarkeit der Bezeichnung historisch zwischen Elbe und der Kolding-Ribe-Linie schwankt. Teilweise wird Jütland mit der Kimbrischen Halbinsel als geographischer Begriff gleichgesetzt; so wird in Dänemark die gesamte Halbinsel zumeist als Jyske halvø (Jütische Halbinsel) bezeichnet. Der Begriff „Jütische Halbinsel“ taucht auch in Texten von Historikern und enzyklopädischen Werken als Bezeichnung der gesamten Halbinsel auf. Eine weitere abweichende Begriffsdefinition kommt im rechtlichen Gewande daher: die juristische Legaldefinition des Namens Jütland ergibt sich aus dem festgelegten Geltungsbereich des Jütischen Low (Jütisches Recht) von 1240. Danach gehören zu Jütland der Gesamtbereich zwischen Skagen und der Kieler Förde-Levensau-Eider-Linie einschließlich angrenzender Inseln sowie Fünen, Fehmarn und Helgoland.

Geschichte

Jütland hat seinen Namen von den Jüten, einem germanischen Volksstamm [1], der im 5. Jahrhundert mit den Angeln und Sachsen nach England (an den Medway) auswanderte, aber deren zurückgebliebener größerer Teil in den nordgermanischen Dänen aufging, die ihre Heimat verließen und Jütland von den Dänischen Inseln aus besiedelten. Aus dieser Periode stammt der Siedlungsplatz Hvolris bei Viborg. Die Jüten/Dänen stießen südwärts bis an die Eider vor, wo sie auf Sachsen und Slawen stießen. Der Fluss sollte ab 811 über ein Jahrtausend die dänische Südgrenze bilden. Der Name der Halbinsel geht auf die Kimbern zurück, einen nordgermanischen Volksstamm, der um das 1. Jahrhundert v. Chr. mit den Teutonen in die heutige Schweiz und dann − aufgespalten − durchs Rhonetal nach Frankreich oder über den Brennerpass nach Italien zog.

Seit im 9. Jahrhundert im Süden der jütischen Halbinsel das dänisch Königreich und das Frankenreich aneinander stießen, war die Südgrenze Jütlands politisch-rechtlich zu definieren und hat sich demzufolge mehrmals verschoben. Im Mittelalter bestanden jeweils in Nørrejylland (Norderjütland) und Sønderjylland (Süderjütland) regionale Landstinge.

1240 wurde Jütland namengebend für das Jütische Low (Jütische Recht). Es galt auf der Halbinsel von Skagen im Nordens bis an die Kieler Förde-Levensau-Eider-Linie im Süden einschließlich angrenzender Inseln sowie Fünen, Fehmarn und Helgoland. Damit gehörte das Herzogtum Schleswig zu Jütland, solange es unter dänischer Hoheit stand, also bis zur Übernahme der Hoheit durch den Deutschen Bund im Jahre 1866. Mit der Abtretung Nordschleswigs vom Deutschen Reich 1920 liegt die Grenze im Bereich des sprachlichen Übergangs zwischen Sønderjysk und Standarddänisch (Rigsdansk) im Norden und dem Schleswigschen Plattdeutsch und Hochdeutsch im Süden.

Geografie

Im dänischen Jütland setzt sich das schleswig-holsteinische Landschaftsbild nach Norden fort, mit Marschen an der Nordseeküste im Westen, einem Endmoränenrücken (Geest), der die Halbinsel in Nord-Süd-Richtung durchzieht, in der Mitte und lehmigem Hügelland, das aus den Grundmoränen der Eiszeit besteht, im Osten, insbesondere auf der Halbinsel Djursland fort, die zum Amt Århus gehört. Die heutige Topographie ist aber noch nicht alt, da sich Jütland entlang einer diagonal verlaufenden Kippachse im nordöstlichen Teil immer noch (10 mm/Jahr, ursprünglich 75 mm/Jahr) hebt und im Südwesten senkt. Die Halbinsel Djursland war z. B. bis in die jüngere Vergangenheit vom Kolindsund (einem Meeresarm) geteilt, der heute gänzlich verlandet, aber immer noch als flache, mitteldjursländische Talebene erkennbar ist. Nördlich von Esbjerg findet sich im Westen eine Ausgleichsküste mit hohen Sanddünen. Vom Limfjord wird Jütland in ost-westlicher Richtung durchschnitten. Mitten durch Jütland läuft, in Viborg beginnend und in Wedel bei Hamburg endend, der Ochsenweg oder dänisch. Hærvejen (Heerweg). Historiker vermuten, dass die Anfänge dieses Weges bis in die Steinzeit zurückreichen.

Größte Stadt in Jütland und zweitgrößte Stadt Dänemarks ist Aarhus, höchste Erhebung (und mit 171 m über NN auch die höchste Dänemarks) ist der Ejer Bavnehøj (oder der nahegelegene Yding Skovhøj) bei Skanderborg, längster Fluss und auch längster Fluss Dänemarks ist der Gudenå mit 173 km Länge. Unter abweichender Definition des Begriffes Jütland wird der Gudenå von der Eider mit 188 km in der Länge übertroffen.

Verwaltungsgliederung

Wenn auch Jütland neben Fünen, Seeland und Bornholm einer der traditionellen Landesteile Dänemarks ist, bildet es keine eigene Verwaltungseinheit. Es umfasst seit der Kommunalreform von 2007 die dänischen Regionen Nordjylland, Midtjylland sowie den größten Teil der Region Syddanmark.

Jütland bildet jedoch einen Obergerichtsbezirk, für den das Westliche Obergericht (Vestre Landsret) mit Sitz in Viborg zuständig ist. Bis zur Anpassung des Wahlgesetzes infolge der Kommunalreform bildete ganz Jütland einen Oberwahlbezirk, neben Hovedstaden ("die Hauptstadt", d.h. Kopenhagen und Frederiksberg) und Øerne ("die Inseln", traditionelle Bezeichnung für Fünen, Seeland, Lolland, Falster u.a.). Das Dänische statistische Amt erhält eine doppelte Gebietsunterteilung aufrecht, wodurch statistische Informationen sowohl unter den Verwaltungseinheiten (Regionen, Kommunen) als unter den geographischen Einheiten (Jütland, Fünen usw.) abgerufen werden können.

Gelegentlich werden in dänischen Medien die Begriffe West- und Ostdänemark verwendet. Ersterer kann je nach Kontext Jütland und Fünen, nur Jütland oder nur das westliche Jütland bezeichnen.

Zu Jütland werden auch die Wattenmeerinseln Rømø, Mandø und Fanø an der Westküste gerechnet, sowie Alsen (Als), Samsø, Anholt und Læsø an der Ostküste und die Inseln im Limfjord. Die Bewohner Alsens bezeichnen sich jedoch gelegentlich als zugehörig zu sowohl Jütland als den dänischen Inseln. Samsø war bis 1970 verwaltungsmäßig unter Holbæk Amt und Seeland eingeordnet. Anholt gehörte im Mittelalter zu dem damals noch dänischen Halland.

Wirtschaft

Die weltbekannte Firma Lego hat ihren Sitz in Billund. Bedeutende Wirtschaftszweige sind unter anderem der Tourismus, vor allem an der Nordseeküste, sowie die Fischerei und Nahrungsmittelproduktion. Wichtige Industrie- und Hafenstädte wie Kolding, Horsens oder Aarhus sind besonders an der Ostsee oder an Fjorden zu finden. In Esbjerg, der fünftgrößten Stadt Dänemarks, befindet sich der bedeutendste Nordseehafen des Landes mit einer mehrmals wöchentlich nach Harwich (Großbritannien) verkehrenden Auto- und Personenfähre.

Sehenswürdigkeiten

Neben den unzähligen Zeugnissen der Vorzeit, den Megalithanlagen, die sich in der Osthälfte Jütlands ballen, existieren Klöster, Museen, Schlösser sowie 22 Herrensitze und an die 50 Dorfkirchen.

etwa:

  • Den Gamle By in Aarhus
  • Hjerl Hede (Freilichtmuseum)
  • Jelling (Taufstein Dänemarks, Runenstein)
  • Fregatte Jylland
  • Kirche von Thorsager (Rundkirche)
  • Moesgård (Freilichtmuseum)
  • Mønsted-Kalkgruben in (Stoholm)
  • Schloss Clausholm
  • Schloss Rosenholm
  • Skjern Egvad Museum (Freilichtmuseum)
  • Vrå (Fresken in der Kirche)
  • Abelines Gard

Unter der Definition des Jütischen Low kommen auf deutscher Seite diverse Schlösser und Herrenhäuser wie Schloss Gottorf und Schloss Glücksburg hinzu, außerdem unter anderem

  • der Schleswiger Dom
  • Haithabu und das Danewerk
  • Friedrichstadt (Holländersiedlung)
  • die Insel Helgoland und der nordfriesische Teil des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer

Städte

Die wichtigsten Städte in Jütland

  • Aabenraa (dt. Apenrade)
  • Aalborg
  • Aarhus
  • Billund
  • Brønderslev
  • Ebeltoft
  • Esbjerg
  • Fredericia
  • Frederikshavn
  • Grenaa
  • Grindsted Haderslev (dt. Hadersleben)
  • Hanstholm
  • Herning
  • Hirtshals
  • Hjørring
  • Holstebro
  • Horsens
  • Kolding
  • Randers
  • Ribe (dt. Ripen)
  • Ringkøbing Silkeborg
  • Skanderborg
  • Skagen
  • Skive
  • Sønderborg (dt. Sonderburg) (liegt größtenteils auf der Insel Alsen)
  • Struer
  • Thisted
  • Tønder (dt. Tondern)
  • Vejle
  • Viborg

Früher zu Jütland aber heute zu Deutschland zählende Städte

(Jütisches Low, Herzogtum Schleswig)

  • Arnis
  • Bredstedt
  • Büdelsdorf
  • Eckernförde
  • Fehmarn
  • Flensburg
  • Friedrichstadt
  • Garding
  • Glücksburg
  • Husum
  • Kappeln
  • Kiel (nordöstliche Stadtteile)
  • Niebüll
  • Rendsburg (nördliche Stadtteile)
  • Schleswig (Stadt)
  • Tönning
  • Westerland (auf Sylt - bis 2008)
  • Wyk auf Föhr

Jütisches Low außerhalb der Jütischen Halbinsel

  • Assens
  • Fåborg Middelfart
  • Nyborg
  • Odense und
  • Svendborg

Einzelnachweise

  1. ↑ Meyers Neues Lexikon (Mannheim 1979) und Meyers Enzyklopädisches Lexikon (Mannheim 1975) definieren die Jüten als nordgermanisch, während der Atlas zur Universalgeschichte von Oldenbourg/Westermann die Jüten als westgermanisch beschreibt; Brockhaus (Mannheim 2006), die Encyclopædia Britannica (Chicago 2005), das Duden-Lexikon (1980) und das dtv-Lexikon (München 1971) beschreiben die Jüten allgemeiner als germanischen Stamm in Jütland

 

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Festung Varberg

Die Festung Varberg (schwedisch: Varbergs Fästning) liegt am Hafen der Stadt Varberg in der Provinz Hallands län. Sie wurde in der Neuzeit nur wenig zerstört und kann daher fast originalgetreu Besichtigt werden. Auf dem Gelände findet sich eine Jugendherberge, Restaurants und das historische Museum. Seit 1993 wird die Festung vom Swedish National Property Board im zusammenarbeit mit der Gemeinde Varberg verwaltet.

Geschichte

Als Erik V. von Dänemark 1286 ermordet wurde, geriet sein Cousin Jakob Nielsen († ca. 1308) , Graf von Halland in Verdacht Drahtzieher der Tat gewesen zu sein. Dieser begann daher im Jahre 1287 mit der Bau einer Burg zu seinem Schutz. Um 1300 waren die Baumaßnahmen beendet. Der Bau erfolgte auf einer Klippe oberhalb des Hafens von Varberg, wo auch die Warnfeuer der Hafenwachen entzündet wurden. Jacob Nielsen stand seinerzeit unter dem Schutz des Königs von Norwegen Håkon V. (Norwegen). 1305 musste Jakob aber Halland an Erik Magnusson, den Schwiegersohn des Königs abgeben. Es begann eine unruhige Zeit und bis 1365 waren acht Besitzerwechsel zu vermelden, darunter Albrecht II. von Mecklenburg (er hatte eine Tochter von Erik Magnusson geheiratet) und Margarethe I. von Dänemark (sie war mit dem Norwegischen König Haakon VI. (Norwegen) verheiratet). 1366 eroberte der Dänenkönig Waldemar IV. die Festung. Sie bleib danach für 300 Jahre dänisch.

1535 wurde hier im Zuge der Grafenfehde der Lübecker Kriegshauptmann Marx Meyer festgesetzt, dem es gelang, sein Gefängnis in ein Widerstandsnest zu verwandeln. Er wurde erst 1536 überwältigt und hingerichtet.

In den folgenden Jahren entwickelten sich die Waffen weiter und auch die Festung wurde ausgebaut. Palisaden und Festungsgräben sollten Kanonen widerstehen können. Dennoch konnten während des siebenjährigen Nordischen Krieges die Schweden von 1564 bis 1569 das Gebiet erobern. 1569 eroberten die Dänen unter ihrem Feldherrn Daniel Rantzau, der in der Schlacht fiel, die Festung. Ein Gedenkstein kennzeichnet seinen Todesort. Im Frieden von Stettin mussten die Schweden Halland aufgeben.

Anfang 1588 begann man die Festung auszubauen. Man verpflichtete dafür den niederländischen Architekten Hans van Steenwinckel der Ältere (1545-1601). Bis 1618 wurde die Festung zu einer der modernsten in ganz Europa, fertiggestellt von Sohn Hans van Steenwinckel der Jüngere (1587-1639). Die Festung musste sich nie beweisen. Im Frieden von Brömsebro 1645 verzichtete Dänemark auf Halland und übergab die Festung.

Nach dem 30jährigen Krieg begann für die Festung eine lange Ruhezeit; das schwedische Militär baute sie weiter aus, um sie 1830 aufzugeben. Danach wurde die Festung ein Gefängnis. Es wurden zwar zwischendurch immer wieder Gefangene untergebracht aber erst zwischen 1848 und 1880 stieg ihre Zahl auf 400 bis 500. Ab 1856 wurden auch Zellen für die Gefangenen gebaut. 1880 wurde das Gefängnis geschlossen.

Um 1920 begann man mit der Renovierung der Festung, Kasematten und Wehrgänge wurden ausgegraben. Seit dieser Zeit wird sie als Museum benutzt.

 

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Narva (Stadt)

Narva (deutsch Narwa) ist die drittgrößte Stadt Estlands. Sie ist das Zentrum der großen russischen Minderheit Estlands, zu der ca. 95% der Einwohner Narvas gehören. Narva ist eine wichtige Industriestadt Estlands und hat mit großen ökologischen Problemen zu kämpfen.

Geografie

Narva ist die östlichste Stadt Estlands an der Grenze zu Russland am Fluss Narva, der hier den Grenzfluss bildet und in der Nähe der Stadt in die Ostsee mündet. Zusammen mit Iwangorod auf der russischen Seite bildet Narva eine Zwillingsstadt.

Vorgeschichte

Zwischen 4600 bis 4100 v. Chr. ist die auch Narva-Kultur genannte Baltische Haffküstenkultur hier verbreitet. Sie gilt als Substratkultur der späteren Westbalten[1].

Geschichte

Durch seine günstige Lage war Narva schon im Mittelalter ein bedeutender Handelsplatz. In der Nowgoroder Chronik wird die Siedlung 1171 erwähnt. 1302 erhielt sie Stadtrecht. Die Dänen verkauften das Gebiet 1346 an den Deutschen Orden. 1492 erbaute Iwan III. (Russland) auf der östlichen Seite der Narva die Festung Iwangorod. Der Livländische Krieg führte zur Besetzung Narvas durch Russland im Jahre 1558. 1581 begann die schwedische Herrschaft. Mit der Schließung des Hansekontors Peterhof in Nowgorod durch Zar Iwan III. nahm die Bedeutung Narvas für den Handel nochmals zu.

Während des Großen Nordischen Krieges fand am 30. November 1700 hier die Schlacht von Narva statt, in der die russische Armee unter Peter I. eine verheerende Niederlage erlitt. Nach der Reorganisierung seiner Truppen eroberte Peter jedoch 1704 (→ Belagerung von Narva) Narva und verleibte mit dem Frieden von Nystad 1721 große Gebiete des Baltikums und Kareliens dem Russischen Reich ein.

Im 19. Jahrhundert verlor Narva seine Bedeutung als Hafenstadt und entwickelte sich zu einem Zentrum der Textilherstellung (das Unternehmen Kreenholm hat lange Zeit eine erhebliche Rolle für die Stadt gespielt). Von 1918 bis 1940 gehörte die Stadt zu Estland, danach bis 1991 zur Estnischen SSR.

Narva wurde im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig zerstört, die historischen Bauten wurden danach in der Regel nicht wieder aufgebaut. Das Stadtbild wird heute von Wohnblöcken mit unverputzten Ziegelfassaden geprägt, die in sowjetischer Zeit gebaut wurden. In dieser Zeit kamen viele russische Zuwanderer in die Stadt, aber auch aus anderen Unionsrepubliken wurden Arbeiter für die Narvaer Industriebetriebe angesiedelt, während die evakuierte estnische Bevölkerung lange Zeit nicht zurückkehren durfte. Daher rührt der heutige hohe russischsprachige Bevölkerungsanteil.

In Narva bestand das sowjetische Kriegsgefangenenlager 393 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[2] Schwer Erkrankte wurden im Kriegsgefangenenhospital 1011, Kiviõli, versorgt. Direkt am estnischen Ufer des Narwa-Flusses befindet sich eine der schönsten Kriegsgräberstätten für Gefallene des Zweiten Weltkrieges im Osten Europas. Die sehr weitläufige Anlage, auf der rund 15 000 Kriegstote ruhen, wurde vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge am 29. August 1999 eingeweiht. Sie wurde errichtet auf der Grundlage eines bereits 1943 von der Wehrmacht angelegten Kriegsfriedhofes. Es finden immer noch Zubettungen Gefallener statt.

Iwangorod

Nach der Gründung von Iwangorod auf dem anderen Ufer der Narva im Jahr 1492 entstand über viele Jahrzehnte eine enge Beziehung zwischen den beiden Städten. In der Zeit der ersten Unabhängigkeit Estlands von 1918 bis 1940 lag auch Iwangorod auf estnischem Territorium, da die Grenze zur damaligen Sowjetunion weiter östlich lag. Nach der Okkupation Estlands durch die Sowjetunion 1940 und Konstituierung der Estnischen SSR wurde der Narvafluss zur Grenze zwischen den damaligen Unionsrepubliken Estland und Russland. Mit der erneuten Unabhängigkeit Estlands 1991 entstand wieder eine bewachte Grenze, die seit dem Beitritt Estlands zur Europäischen Union am 1. Mai 2004 Außengrenze der EU ist.

Politik

Städtepartnerschaften

  • Karlskoga, Schweden
  • Tinglev, Dänemark
  • Donezk, Ukraine
  • Lahti, Finnland
  • Iwangorod, Russland
  • Pärnu, Estland

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Museen

Narva Muuseum mit umfangreicher Ausstellung in der Hermannsfeste zur Geschichte von Stadt, Festung und Region sowie der in einem barocken Altstadtgebäude aus dem 18. Jahrhundert untergebrachten Kunstgalerie.

Bauwerke

Sehenswert ist die Hermannsfeste (Hermanni Linnus), eine restaurierte Festung des Deutschen Ordens, der gegenüber am rechten Ufer Narva die russische Festung Iwangorod liegt. Im Turm der Festung ist die geschichtliche Ausstellung des Narva Museums untergebracht.

Das barocke Rathaus wurde nach schweren Kriegsbeschädigungen wieder aufgebaut.

Erhalten sind die im Wiederaufbau befindliche evangelische Kirche sowie die orthodoxe Kirche.

Parks

Am Stadtrand von Narva liegt, direkt am Grenzfluss Narva, ein deutscher Kriegsgräberfriedhof, der bereits 1943 von der deutschen Wehrmacht angelegt wurde. Er wird seit der Mitte der 1990er Jahre vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betreut und unterhalten.

Wirtschaft und Infrastruktur

Verkehr

Durch Narva verlaufen sowohl die wichtigste Fernstraße von Tallinn nach Sankt Petersburg als auch die Haupteisenbahnlinie, die vor allem im Güterverkehr mit Russland bedeutsam ist. Im Eisenbahnpersonenverkehr fahren nur zwei Zugpaare: Narva-Tallinn und Moskau-Narva-Tallinn. Wie überall in Estland hat der Busverkehr einen größeren Anteil im Personenverkehr.

Ansässige Unternehmen

Eine wichtige Rolle im Wirtschaftsleben Narvas spielt das 1857 gegründete Textilunternehmen Kreenholm, das heute zur schwedischen Boras Wäfveri AB gehört.

Medien

Die Zeitung "Narva Postiljon" ist mit 5.000 Exemplaren die einzige der Stadt. Sie wird einmal pro Woche (am Samstag) in estnischer Sprache herausgegeben. Zweimal wöchentlich erscheint sie unter dem Namen "Narvskaja Gazeta" auf russisch.

Bildung

In Narva gibt es eine Außenstelle der Universität Tartu, das Narva Kolledž, wo hauptsächlich Lehrer ausgebildet werden. Unterrichtssprache ist vor allem Russisch.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Waleri Georgijewitsch Karpin, russischer Fußballspieler
  • Paul Keres, Schachspieler
  • Paul Felix Schmidt, Schachspieler
  • Ortvin Sarapu, Schachspieler, später nach Neuseeland ausgewandert
  • Johann Ludwig Werder (* 1808), Fabrikant und Techniker, Leiter der Klettschen Maschinenfabrik in Nürnberg
  • Napoléon Peltzer (1802–1889), deutscher Tuchfabrikant und Förderer der russischen Feintuchindustrie
  • Alexander Ritter (1833-1896), Komponist

Literatur

  • Anton Weiss-Wendt: Must-valge linn / Schwarz-weiße Stadt. Vana-Narva fotoajalugu / Fotogeschichte Narvas. Kataloog / Katalog. Tallinn, 1997
  • Karsten Brüggemann (Hrsg.): Narva und die Ostseeregion. Beiträge der II. Internationalen Konferenz über die Politischen und Kulturellen Beziehungen zwischen Russland und der Ostseeregion (Narva, 1. - 3. Mai 2003) = Narva and the Baltic sea region. Narva Kolledž, Narva 2004, ISBN 9985-4-0417-3

Einzelnachweise

  1. ↑ Marija Gimbutas: Die Ethnogenese der europäischen Indogermanen. Innsbruck, Inst. f. Sprachwissenschaft d. Univ., 1992
  2. ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962-1977.

 

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Tartu - Dorpat

Tartu (deutsch und schwedisch: Dorpat, früher deutsch auch Dörpt; russ. Дерпт/Derpt, 11.–17. Jahrhundert, 1893–1918 Юpьeв/Jurjew) ist Estlands zweitgrößte Stadt und Sitz der Universität Tartu. Sie liegt beiderseits des Flusses Emajõgi (deutsch Embach). Die Betonung der Bezeichnungen Dorpat und Tartu liegt auf der ersten Silbe.

Geschichte

Die erste urkundliche Erwähnung Tharbatas datiert aus dem Jahre 1030. Der Großfürst von Kiew, Jaroslaw der Weise, zerstörte im Jahre 1030 eine von damaligen, vermutlich ebenfalls finno-ugrischen Einwohnern errichtete Holzfestung und errichtete unter dem Namen Jurjew (Nach Juri, dem Taufnamen Jaroslaws) eine Festung. Im Jahre 1224 wurde die Estenburg Tharbatum durch den Schwertbrüderorden erobert. Sie wurde Sitz des Bischofs (bis 1558); vor der Burg entwickelte sich seit dem 13. Jahrhundert die Hansestadt. Im Mittelalter war Dorpat ein Bindeglied zwischen den Hansestädten (insbesondere Reval) und den russischen Städten Pleskau (Pskow) und Nowgorod. Dorpat gehörte seit 1721 zum russischen Zarenreich (Gouvernement Livland).

Ein Großfeuer zerstörte 1775 nahezu die gesamte Innenstadt. Die markantesten älteren Gebäude stammen aus dem 18. und vor allem aus dem 19. Jahrhundert. Nachdem das vorherige Rathausgebäude einem Brand zum Opfer fiel, wurde im 18. Jahrhundert das derzeitige Rathaus vom damaligen Stadtbaumeister, dem aus Rostock stammenden Johann Heinrich Bartholomäus Walter, entworfen und 1789 fertig gestellt.

1893 wurde die Stadt im Zuge der Russifizierung offiziell in Jurjew umbenannt; die Verwendung des estnischen oder deutschen Namens war teilweise verboten. Der russische Name setzte sich aber nicht durch, nicht einmal im Russischen. Als Estland 1918 die Unabhängigkeit erlangte, wurde der Name „Tartu“ offiziell. Sowohl Dorpat als auch Tartu stammen aus dem altestnischen Namen Tarbata, der vielleicht Auerochs bedeutet.

In der Stadt bestand das sowjetische Kriegsgefangenenlager 331 für deutsche Kriegsgefangene des Zweiten Weltkriegs.[1]

Universität

Tartu ist eine typische Studentenstadt, dominiert von der 1632 von König Gustav II. Adolf gegründeten Universität Dorpat, die 1802 von Deutsch-Balten mit Hilfe Zar Alexanders als einzige deutschsprachige Universität des Russischen Zarenreiches neu gegründet wurde. In dieser Eigenschaft wurde sie zu einer Mittlerin zwischen der russischen und der deutschen Kultur, gleichzeitig aber auch zum Geburtsort der estnischen und lettischen nationalen Erweckung. Die estnischen Nationalfarben waren ursprünglich die der Studentenverbindung „Verein Studierender Esten“ an der Universität. Während der Jahre 1886 bis 1889 fand eine kompromisslose Russifizierung statt, in deren Zuge Deutsch von Russisch als Lehrsprache abgelöst wurde, weshalb die Mehrzahl der einstmals zu über 90 % deutschen Lehrkräfte nach Deutschland wechselte. Nach 1919 wurde die Universität die Nationaluniversität (estnisch Eesti Vabariigi Tartu Ülikool) der nunmehr unabhängigen Republik Estland. Nach der Fremdherrschaft in den Jahren 1940–1991 ist die Universität Tartu heute die einzige Volluniversität Estlands und die Mutteruniversität für die Technische Universität Tallinn und die Universität für Biowissenschaften.

Im Jahr 2004 standen 18000 Studenten 135 Professoren und 700 weitere Lehrkräften gegenüber. Etwa 440 Personen sind in der Forschung tätig. Sie können mit 4000 wissenschaftlichen Veröffentlichungen jährlich aufwarten. An der Universität sind viele Studentenverbindungen aktiv, die im Vergleich zu Deutschland einen regen Zulauf an neuen Mitgliedern haben. In Tartu befindet sich auch eine moderne medizinische Forschungseinrichtung, das Biomeedikum.

Bevölkerung

Bevölkerungsentwicklung

  • 1825[2] 1833[3] 1840[4] 1847[5] 1856[6] 1863   1867[7] 1881[8] 1897[9] 1922[8] 1934[10] 1939[11] 1959[12] 1970[13] 1979[14] 1989[15] 2000[15] 2010
  • 8450     10020    12203   12185    12914   14386 21014    29974   42308    50342    58876     60281     74263      90459     104518   113977    98695     103284

Historische Bevölkerungsverteilung

  • Bevölkerung 1867[16]     1881[17]     1897[18]     1922[17]     1934[19]
  •                     Zahl %        Zahl %      Zahl %       Zahl %       Zahl %
  •     
  • Summe       21014 100    29974 100    42308 100   50342 100   58876 100
  • Esten            9720 46,3   16526 55,4   29039 68,6  42459 84,5  51559 87,6
  • Deutsche      8907 42,4   10486 35,2     7020 16,6     3210 6,4    2706   4,6
  • Russen         1866   8,9     1818   6,1       3689 8,7     2570 5,1    2640   4,5
  • Andere           521   2,5    1144  3,8       2560 6,1     2103 4,2    1971   3,3

Sehenswürdigkeiten

Sehenswert ist die gesamte Altstadt Tartus mit Rathaus, dem Rathausplatz, den Einkaufsstraßen und dem klassizistischen Universitätshauptgebäude. Zahlreiche andere Universitätsgebäude liegen über die Stadt verstreut. Weithin sichtbar ist die mittelalterliche Johanniskirche, ein gotischer Backsteinbau mit kunsthistorisch bedeutsamen Terrakottenfiguren, dessen Wiederaufbau nach Zerstörung im Zweiten Weltkrieg 2005 abgeschlossen wurde.

Auf dem Domberg, estnisch „Toomemägi“, befinden sich die Ruine des mittelalterlichen Doms (deren ausgebauter Chor erst als Universitätsbibliothek diente und jetzt das Universitätsmuseum beherbergt) sowie weitere Baulichkeiten der Universität, wie das Observatorium (58° 22′ 44″ N, 26° 43′ 12″ O, Teil des Weltkulturerbes Struve-Bogen) und das alte anatomische Theater, in dem bis Mitte der 1990er Jahre noch anatomische Vorlesungen gehalten wurden.

In Tartu gibt es mehrere Theater, Bühnen und Kunstprojekte sowie verschiedene Ausstellungen zur Geschichte der Stadt und der Universität. Neben dem Botanischen Garten der Universität gibt es mehrere Parks und Grünflächen in der Altstadt (z.B. Domberg, Barclay-Park) sowie am die Stadt durchkreuzenden Fluss Embach entlang.

Städtepartnerschaften

  • Lüneburg, Deutschland
  • Veszprém, Ungarn
  • Tampere, Finnland
  • Uppsala, Schweden
  • Pskow, Russland
  • Ferrara, Italien
  • Salisbury, Vereinigte Staaten
  • Turku, Finnland  Bærum, Norwegen
  • Frederiksberg, Dänemark
  • Hämeenlinna, Finnland
  • Hafnarfjörður, Island
  • Kaunas, Litauen
  • Deventer, Niederlande
  • Riga, Lettland
  • Zutphen, Niederlande

Zudem besteht eine „Städtefreundschaft“ mit Greifswald (seit 2006)[20].

Sport

Bei Tartu wird im Rahmen der Worldloppet der Skimarathon Tartu Maraton über 63 Kilometer von Otepää nach Elva ausgerichtet.

Sonstiges

Im Juli 2005 fanden in Tartu die 25. Internationalen Hansetage (Hansetage der Neuzeit) statt.

Persönlichkeiten

Söhne und Töchter der Stadt

  • Heinrich von Stackelberg (um 1305), Vertrauensmann und Vasall des Bischofs von Dorpat
  • Karl Ernst Claus (1796–1864), deutsch-russischer Pharmazeut und der Chemiker, der das Ruthenium entdeckte
  • Karl Ernst von Baer (1792–1876), Zoologe und Biologe, Entdecker der Eizelle
  • Walter von Engelhardt (1864–1940), Gartenarchitekt, Direktor des Gartenbauamtes Düsseldorf
  • Wolf von Engelhardt (1910–2008), Geologe und Mineraloge
  • Heinrich Friedrich Emil Lenz (1804–1865), Physiker
  • Lionel Kieseritzky (1806–1853), livländischer Schachmeister
  • Julie Wilhelmine Hagen-Schwarz (* 1824 auf Gut Klein-Wrangelshof (Väike-Prangli) bei Tartu, † 1902 ebenda), Malerin
  • Julius von Klever, (1850–1924), russischer Maler
  • Adolf von Harnack (1851–1930), Theologe
  • Alphons Thun (1853–1885), Nationalökonom
  • Kurt Heinrich Meyer (1883–1952), Chemiker und seit 1932 Prof. der Chemie in Genf
  • Herbert von Oettingen (1878–1946), Superintendent und Schulleiter
  • Leonid Alexejewitsch Kulik, (1883–1942), russischer Mineraloge
  • Paul Hoffmann, (1884–1962), Physiologe
  • Cezaria Anna Baudouin de Courtenay-Ehrenkreutz-Jędrzejewiczowa (1885–1967), polnische Ethnologin, Kunsthistorikerin und Linguistin
  • Else Hueck-Dehio (1897–1976), Schriftstellerin
  • Dimitrij Andrusov (1897–1976), slowakischer Geologe und Erforscher der Westkarpaten, Enkel von Heinrich Schliemann
  • Ernst Theodorowitsch Krenkel (1903–1971) Funker des gesunkenen Schiffes Tscheljuskin und der sowjetischen Nordpolexpedition Nordpol-1
  • Wilhelm Hahn, (1909–1996), deutscher evangelischer Theologe und Politiker (CDU)
  • Walter Kremser (1909–2000), deutscher Forstwissenschaftler
  • Eno Raud (1928–1996), estnischer Schriftsteller und Kinderbuchautor
  • Reginald Gruehn (1929-2002), deutscher Chemiker, Prof. f. Anorganische u. Analytische Chemie an der Universität Gießen
  • Gero von Wilpert (1933–2009), Autor und Literaturwissenschaftler
  • Endel Nõgene (* 1950), estnischer Dirigent
  • Mati Karmin (* 1956), estnischer Bildhauer
  • Jaan Kirsipuu (* 1969), Radsportler
  • Andrus Aug (* 1970) , Radsportler
  • Markko Märtin (* 1975), Autorennfahrer
  • Kristina Šmigun-Vähi (* 1977), Skilangläuferin
  • Illimar Pärn (* 1988), Skispringer

Persönlichkeiten, die mit Tartu in Verbindung stehen

  • Friedrich Amelung (1842–1909), baltischer Schachspieler und Schachkomponist
  • Nikolai Iwanowitsch Andrusow (1861–1924) russischer Geologe und Palöontologe, Professor an der Jurjew Universität
  • Andreas Ascharin (1843–1896), baltisch-russischer Literaturübersetzer und Schachspieler
  • Friedrich Robert Faehlmann (1798–1850) war ein estnischer Philologe, Arzt und Mitbegründer der 1838 eingerichteten Gelehrten Estnischen Gesellschaft.
  • Werner Gruehn (1887-1961) war ein evangelischer Theologe und Religionspsychologe, Gründer und Rektor der Privaten Deutschen Theologisch-Philosophischen Luther-Akademie in Dorpat.
  • Miina Härma (1864-1941), erste estnische Komponistin, Organistin und namhafte Chorleiterin, 1939 Ehrendoktor der Universität Tartu und Ernennung zur Ehrenprofessorin des Tallinner Konservatoriums
  • Traugott Hahn (1875–1919), deutscher evangelischer Theologe und Pfarrer, Professor in Dorpat, Märtyrer des estnischen Befreiungskampfes.
  • Melchior Hofmann (um 1500–1543), lutherischer Sendbote und späterer Täufer in Dorpat. Löste als Prediger 1524 durch seine Predigt den Dorpater Bildersturm aus.
  • August Alexander Kämmerer (1789–1858), deutscher Geologe und Apotheker, vermacht der Universität Dorpat eine Mineraliensammlung.
  • Friedrich Maximilian Klinger (1752–1831, deutscher Dichter des Sturm und Drang, in Dorpat gestorben
  • Johann Wilhelm Krause, (1757–1828), ab 1803 ordentl. Professor und Baudirektor bei der Wiedererrichtung der Univ. Dorpat
  • Karl Morgenstern (1770–1852), Philologe, ab 1802 ordentlicher Professor für Beredsamkeit und Klassische Philologie, Ästhetik und Geschichte der Literatur und Kunst
  • Carl Friedrich von Ledebour (1786–1851), Botaniker, ab 1811 Direktor des botanischen Gartens der Universität.
  • Jakob Michael Reinhold Lenz (1751–1792), deutscher Dichter des Sturm und Drang, 1759 mit seiner Familie nach Dorpat gezogen. Verließ die Stadt 1768 um in Königsberg zu studieren.
  • Juri Michailowitsch Lotman (1922–1993), Literaturwissenschaftler und Semiotiker, lehrte von 1950 bis zu seinem Tod an der Universität Tartu, war Mitbegründer der Tartuer Schule der Semiotik.
  • Walter Masing (1915–2004), Unternehmer, Professor an der TU München und der Universität Stuttgart, als Student in Dorpat
  • Wilhelm Maurenbrecher (1838–1892), Reformationshistoriker, Geschichtsprofessor in Dorpat von 1867–1869,
  • Wilhelm Ostwald (1853–1932), Chemiker, Nobelpreisträger, beginnt seine akademische Laufbahn an der Universität Dorpat
  • Friedrich Parrot (1792–1840), Arzt und Naturwissenschaftler, Forschungsreisender, Erstbesteiger des Ararat, in Dorpat gestorben
  • Friedrich Georg Wilhelm Struve (1793–1864), Astronom
  • August Thieme (1780–1860), war von 1805 bis 1811 von der Universität Dorpat als Schulinspektor des Finnischen Gouvernements für Wiborg und Kexholm berufen
  • Jaan Tõnisson (1868–vermutlich Juli 1941), estnischer Verleger, Politiker, Ministerpräsident und Staatsoberhaupt der Republik Estland
  • Edgar Valter (1929–2006), einer der bedeutendsten zeitgenössischen Kinderbuchautoren, Illustratoren und Karikaturisten in Estland, in Tartu gestorben
  • Arthur Võõbus (1909–1988), Theologe, Orientalist und Professor für Kirchengeschichte in Chicago, erhielt seine Ausbildung in Tartu und verbrachte dort seine ersten Berufsjahre
  • Johann Anton Weinmann (1782–1858), Botaniker, erster gärtnerischer Leiter des 1803 gegründeten botanischen Gartens

Einzelnachweise

  1. ↑ Maschke, Erich (Hrsg.): Zur Geschichte der deutschen Kriegsgefangenen des zweiten Weltkrieges. Verlag Ernst und Werner Gieseking, Bielefeld 1962–1977.
  2. ↑ Статистическое изображение городов и посадов Российской империи по 1825 год. Сост. из офиц. сведений по руководством директора Департамента полиции исполнительной Штера. Спб., 1829.
  3. ↑ Обозрение состояния городов российской империи в 1833 году / Изд. при министерстве внутренних дел. – Спб., 1834.
  4. ↑ Статистические таблицы о состоянии городов Российской империи. Сост. в Стат. отд. Совета МВД. – Спб., 1840.
  5. ↑ Статистические таблицы о состоянии городов Российской империи [по 1 мая 1847 года]. Сост. в Стат. отд. Совета МВД. Спб., 1852.
  6. ↑ Статистические таблицы Российской империи, составленные и изданные по распоряжению министра внутренних дел Стат. отделом Центрального статистического комитета. [Вып. 1]. За 1856-й год. Спб., 1858.
  7. ↑ Resultate der am 3. März 1867 in den Städten Livlands ausgeführten Volkszählung. Tab. 1. Summarische Gliederung der städtischen Bevölkerung in Livland, geschieden nach Civil und Miliair
  8. ↑ a b 1922 a. üldrahvalugemise andmed. Vihk 1. Rahva demograafiline koosseis ja korteriolud Eestis. – Tallinn, 1924, lk. 10.
  9. ↑ Первая Всеобщая перепись населения Российской империи 1897 года. Наличное население в губерниях, уездах, городах Российской Империи (без Финляндии)
  10. ↑ Rahvastiku koostis ja korteriolud: II rahvaloenduse tulemusi. Tallinn, 1935, lk. 1.
  11. ↑ Strukturbereicht über das Ostland. Teil I: Ostland in Zahlen. – Riga, 1942.
  12. ↑ Перепись населения СССР 1959 года
  13. ↑ Перепись населения СССР 1970 года
  14. ↑ Перепись населения СССР 1979 года
  15. ↑ a b 2000. aasta rahvaloenduse tulemused I Faktiline ja alaline rahvastik, rahvastiku paiknemine, soo- ja vanuskoosseis
  16. ↑ Resultate der am 3. März 1867 in den Städten Livlands ausgeführten Volkszählung. Tab. 4. Summarische Gliederung der städtischen Bevölkerung in Livland nach ihrer Nationalität für Civil und Militair getrennt
  17. ↑ a b 1922 a. üldrahvalugemise andmed. Vihk 1. Rahva demograafiline koosseis ja korteriolud Eestis. – Tallinn, 1924, lk. 33.
  18. ↑ Первая Всеобщая перепись населения Российской империи 1897 г. Под ред. Н. А. Тройницкого. 21: Лифляндская губерния. – Спб., 1905, с. 78–79.
  19. ↑ Rahvastiku koostis ja korteriolud: II rahvaloenduse tulemusi. Tallinn 1935, lk. 47–53.
  20. ↑ Liste Greifswalder Partnerstädte

 

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